Normen
AVG §40 Abs1;
AVG §42 Abs2;
AVG §52;
AVG §8;
BauO Bgld 1969 §94 Abs3;
BauO Bgld 1969 §94;
BauRallg;
RPG Bgld 1969 §14 Abs3 lita idF 1981/020;
RPG Bgld 1969 §14 Abs3 lita;
AVG §40 Abs1;
AVG §42 Abs2;
AVG §52;
AVG §8;
BauO Bgld 1969 §94 Abs3;
BauO Bgld 1969 §94;
BauRallg;
RPG Bgld 1969 §14 Abs3 lita idF 1981/020;
RPG Bgld 1969 §14 Abs3 lita;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.250,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit den am 3. und 6. Februar 1989 bei der Gemeinde X eingelangten Ansuchen wurde die Umwidmung eines Gebäudes in "Wohnhaus mit Caferestaurant" und die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Kellerstüberls (S-Stüberl) in X, F-Straße 12, beantragt. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 17. Februar 1989, zu der die Beschwerdeführerin trotz ihrer Parteistellung als Nachbarin nicht geladen wurde, erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Erst- und Zweitmitbeteiligten mit Bescheid vom 17. Februar 1989 eine bis 31. Juli 1989 befristete Baubewilligung für die Umwidmung und den Einbau eines Cafe-Restaurants im Kellergeschoß des Objektes X Grundstück Nr. 133/2, EZ 282, KG X. An die Bewilligung wurden 12 Auflagen geknüpft.
Nach der erst auf einen diesbezüglichen Antrag hin erfolgten Zustellung dieses Baubewilligungsbescheides an die Beschwerdeführerin erhob diese dagegen Berufung. Sie führte im wesentlichen aus, das Verfahren sei mangelhaft, da sie nicht zur Verhandlung geladen worden sei. Darüber hinaus handle es sich bei dem gegenständlichen Grundstück um ein als "Bauland-Wohngebiet" gewidmetes Gelände, woraus allein sich ergebe, daß ein Cafe- oder Restaurantbetrieb nicht vorgesehen sei. Eine Umwidmung zugunsten der Bauwerber mache die ursprüngliche Widmung als Wohngebiet für den ganzen Bereich zunichte. Es sei nicht richtig, wenn die Behörde erster Instanz darauf verweise, daß ein Tages-Cafe im Wohngebiet durchaus zulässig sei. Die Behörde selbst widerlege dies dadurch, daß sie einerseits von einer Umwidmung spreche und andererseits die Bewilligung befriste. Es sei wohl ohne Zweifel, daß ein derartiger Betrieb einen die Nachbarn beeinträchtigenden Lärm verursache, sei es durch an- und abfahrende Pkw oder durch die Gäste selbst. Überdies erweise sich von der Örtlichkeit her die gegenständliche Straße als viel zu schmal, um mehrere parkende Pkw verkraften zu können. Auch diene der Betrieb keineswegs den Bedürfnissen der dortigen Bewohner. Hinzu komme noch die Belästigung durch die Abgase der Pkw. Auch insoweit sei darauf zu verweisen, daß es sich um einen Kurort handle, der vor allem von älteren Menschen frequentiert werde und bei dem umweltbezogene Bedenken wohl im Vordergrund stehen müßten. Von der Behörde erster Instanz wäre auf alle Fälle ein lärmtechnischer Sachverständiger und im Hinblick auf den Kurort auch ein medizinischer Sachverständiger beizuziehen gewesen.
Mit Bescheid vom 17. März 1989 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die Berufung der Beschwerdeführerin ab. Zur Begründung führte er im wesentlichen aus, daß die Frage, ob ein bestimmtes Bauvorhaben im Wohngebiet gemäß § 14 Abs. 3 lit.a des Raumplanungsgesetzes zulässig sei, von der in Betracht kommenden Betriebstype abhänge, bei einem Cafe-Restaurant handle es sich um eine typische Betriebsform eines Wohn-(Kur)gebietes. Die Burgenländische Bauordnung gebe dem Nachbarn kein umfassendes Recht auf den Schutz vor Immissionen. Zur Beurteilung des Bedarfes nach einem Gastgewerbebetrieb sei die Baubehörde nicht kompetent, die österreichischen Bauordnungen räumten dem Nachbarn kein subjektiv-öffentliches Recht hinsichtlich der Straßenbreite ein.
Die dagegen eingebrachte Vorstellung wurde mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Zum Vorbringen der Beschwerdeführerin wurde im wesentlichen ausgeführt, das Auftreten einer übergangenen Partei rechtfertige allein noch nicht die Aufhebung des Bewilligungsbescheides und die Anordnung einer neuerlichen Verhandlung, vielmehr habe die übergangene Partei lediglich das Recht auf nachträgliche Durchführung eines zusätzlichen, auf sie und die betreffende Hauptpartei beschränkten Verfahrens. Das von der Berufungsbehörde durchgeführte Verfahren sei daher nicht mit Mangelhaftigkeit belastet. Gegenstand des Ansuchens der Bauwerber war die Betriebsart Cafe-Restaurant und dies sei im Bescheid vom 17. Februar 1989 ausdrücklich festgehalten. Damit sei die "Sache" des Verfahrens auch eindeutig umschrieben. Eine Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Rechtes liege damit nicht vor. Die Ausführungen des angefochtenen Bescheides über Immissionsschutz und Verkehrsverhältnisse entsprächen der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie die Erst- und Zweitmitbeteiligten, eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Wie bereits in der Sachverhaltsdarstellung ausgeführt, wurde die Beschwerdeführerin zu keiner mündlichen Verhandlung geladen. Gegenüber der Beschwerdeführerin konnten daher die Präklusionsfolgen des § 42 Abs. 2 AVG 1950 nicht eintreten. Allerdings irrt die Beschwerdeführerin, wenn sie meint, die übergangene Partei hätte grundsätzlich einen Anspruch auf Wiederholung und nachträgliche Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Wie der Verwaltungsgerichtshof in einhelliger Rechtsprechung dargetan hat, besteht in einem solchen Fall kein Rechtsanspruch auf Durchführung einer (neuerlichen) Verhandlung (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 1983, Zl. 82/05/0124, BauSlg. Nr. 5, vom 20. September 1983, Zl. 83/05/0054, BauSlg. Nr. 101 u.a.).
In der Beschwerde wird vorgebracht, die Einwendungen der Beschwerdeführerin hätten sich insbesondere auf Immissionen in Form von Lärm, Abgasen und Geruchsbelästigung, auf das Problem des Abstellens von Kfz, den Umweltschutz, den Bedarf, die Bezugnahme auf das Wohngebiet sowie die Einhaltung der Raumhöhe und der Abstandsvorschriften bezogen.
Dieses Vorbringen findet insofern in der Aktenlage keine Deckung, als es sich auf Einwendungen in Bezug auf Raumhöhe und Abstandsvorschriften bezieht. Hinsichtlich dieser beiden, erstmals in der Beschwerde vorgebrachten Einwendungen liegt eine unzulässige Neuerung im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG vor.
Zu Recht ist die belangte Behörde davon ausgegangen, daß zur Beurteilung des Bedarfes nach einem Gastgewerbebetrieb die Baubehörde nicht zuständig ist, weil eine solche Bedarfsprüfung bei verfassungskonformer Auslegung der anzuwendenden Bauvorschriften gar nicht Gegenstand einer Prüfung der Baubehörde sein könnte (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. April 1978, Slg. Nr. 9529/A).
Sofern sich allerdings das Beschwerdevorbringen auf die Einhaltung der Widmung und im Zusammenhang damit auf den durch die Gäste verursachten Lärm, die Geruchsbelästigung sowie den Lärm und die Abgase durch Kfz auf der öffentlichen Straße bezieht, kommt ihm im Ergebnis Berechtigung zu. Obwohl diesbezüglich keine klare Aussage getroffen wurde, ging der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde offenbar davon aus, daß für die gegenständliche Liegenschaft die Widmung "Wohngebiet" besteht. Gemäß § 14 Abs. 3 lit. a des Burgenländischen Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 18/1969, in der Fassung LGBl. Nr. 20/1981, sind als Wohngebiete solche Flächen vorzusehen, die für Wohngebäude samt den dazugehörigen Nebenanlagen (wie z. B. Garagen, Gartenhäuschen) bestimmt sind. Darüberhinaus ist die Errichtung von Einrichtungen und Betrieben zulässig, die der täglichen Versorgung und den wesentlichen sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Bevölkerung des Wohngebietes dienen (wie z.B. Bauten des Einzelhandels und Dienstleistungsgewerbes, Kindergärten, Kirchen, Schulen) und keine das örtlich zumutbare Maß übersteigende Gefährdung oder Belästigung von Nachbarn oder übermäßige Belastung des Straßenverkehrs verursachen.
Gemäß § 94 Abs. 3 der Burgenländischen Bauordnung können öffentlich-rechtliche Einwendungen insbesondere auf die Vorschriften über die Bebauungsweise, die Entfernung der Bauten von den Nachbargrenzen oder Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Beschaffenheit des Bauplatzes und die Vorschriften, die den Schutz der Nachbarn vor Immissionen zum Gegenstand haben, gestützt werden. Aus der Zusammenschau dieser beiden Bestimmungen ergibt sich, daß den Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht darauf zusteht, daß keine Betriebe bewilligt werden, die eine das örtlich zumutbare Maß übersteigende Gefährdung oder Belästigung der Nachbarn oder eine übermäßige Belastung des Straßenverkehrs verursachen. Im Gegensatz z.B. zur Wiener Bauordnung oder zum Steiermärkischen Raumordnungsgesetz, die den Nachbarn hinsichtlich der Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Straßen kein Mitspracherecht einräumen, normiert das Burgenländische Raumplanungsgesetz in seinem § 14 Abs. 3 lit. a ein derartiges Mitspracherecht. Daß der letzte Satz dieser Bestimmung nicht (nur) eine vom Gemeinderat bei der Erstellung von Flächenwidmungsplänen zu beachtende Anordnung enthält, sondern ein subjektiv-öffentliches Recht der Nachbarn normiert, geht schon daraus hervor, daß sich auch die Formulierung "oder übermäßige Belastung des Straßenverkehrs verursachen" auf die ERRICHTUNG von Einrichtungen und Betrieben .... bezieht. Damit ist klargestellt, daß die Zulässigkeit derartiger Einrichtungen und Betriebe jeweils im einzelnen Baubewilligungsverfahren zu prüfen ist.
Aus § 14 Abs. 3 lit. a des Raumplanungsgesetzes läßt sich nun aber nicht generell und ohne eingehende Erhebungen ableiten, ob ein Bauvorhaben typenmäßig der Widmung entspricht. Die Behörde hätte demnach durch Sachverständige erheben lassen müssen, welche Belastung des Straßenverkehrs und welche Immissionen (Lärm, Geruchsbelästigung) durch den Betrieb des Cafe-Restaurants typenmäßig von dem eingereichten Bauprojekt zu erwarten sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist sodann hinsichtlich der Wirkung auftretender gesundheitlicher Gefahren und Belästigungen des menschlichen Organismus das Gutachten eines medizinischen Amtssachverständigen einzuholen (vgl. das Erkenntnis vom 18. Februar 1986, Zl. 85/05/0157, BauSlg. Nr. 630, vom 17. Mai 1988, Zl. 87/05/0206, BauSlg. Nr. 1117). Erst auf Grund des solcherart ergänzten Ermittlungsverfahrens hätte die belangte Behörde beurteilen können, ob das eingereichte Bauvorhaben mit § 14 Abs. 3 lit. a des Raumplanungsgesetzes vereinbar ist.
Wohl ist die Vorstellungsbehörde nicht verpflichtet, den für ihre Entscheidung maßgebenden Sachverhalt selbst zu klären, vielmehr kann sie zu diesem Zweck mangelhafte Gemeindebescheide aufheben und die Sache an die Gemeinde zurückverweisen. Da die belangte Behörde jedoch weder die erforderlichen Ermittlungen selbst durchführte, noch den Bescheid des Gemeinderates aufgehoben hat, belastete sie ihren eigenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Angesichts der Erledigung der Beschwerde erübrigte sich eine gesonderte Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da in der zuletzt genannten Verordnung der Schriftsatzaufwand mit S 10.110,-- pauschaliert ist und mit diesem Pauschalsatz die Umsatzsteuerbelastung abgegolten ist.
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