Normen
AVG §14;
AVG §37;
AVG §42;
AVG §68 Abs1;
BauG Vlbg 1972 §23 Abs1 litb;
BauG Vlbg 1972 §30;
BauG Vlbg 1972 §55;
BauG Vlbg 1972 §6 Abs10;
BauRallg;
AVG §14;
AVG §37;
AVG §42;
AVG §68 Abs1;
BauG Vlbg 1972 §23 Abs1 litb;
BauG Vlbg 1972 §30;
BauG Vlbg 1972 §55;
BauG Vlbg 1972 §6 Abs10;
BauRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.020,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte ist auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Jänner 1987, Zl. 86/06/0194, zu verweisen. Mit diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof in Erledigung einer Säumnisbeschwerde das Ansuchen des Beschwerdeführers auf Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung für ein auf seiner Liegenschaft errichtetes Bienenhaus abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wurde darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die endgültige Versagung der Baubewilligung der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde in Wahrnehmung seiner Amtspflicht einen Beseitigungsauftrag zu erlassen haben wird.
Mit Eingabe vom 22. März 1987 ersuchte der Beschwerdeführer bei der mitbeteiligten Gemeinde um die Erteilung der nachträglichen Baubewilligung für den auf dem Grundstück Nr. 3563 KG XY errichteten Geräte- und Lagerraum. Der beigeschlossene Bauplan lässt erkennen, dass es sich bei diesem Geräte- und Lagerraum um jenes Bienenhaus handelt, welches Gegenstand der eingangs erwähnten verwaltungsgerichtlichen Entscheidung war. Auf diesen Umstand hat der Beschwerdeführer in seinem Ansuchen auf Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung nicht Bezug genommen.
Zu der für 23. April 1987 anberaumten mündlichen Verhandlung wurde der mitbeteiligte Nachbar, der die eingangs erwähnte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes erwirkte, geladen.
Bei dieser Verhandlung wurde zunächst festgehalten, dass der Beschwerdeführer um die baupolizeiliche Bewilligung für das bereits errichtete Gebäude ersuche, in dem Geräte und sonstige Materialien, wie z.B. Saatgut, aber auch leere Bienenkisten (Magazineinheiten), Bienenwaben sowie diverse Kleingeräte für die Bienenzucht gelagert werden sollen. Der Raum soll als Hobbyraum Verwendung finden. Bei der Begehung des Gebäudes sei festgestellt worden, dass derzeit leere Bienenkisten, Wabenschränke und sonstige Kleingeräte für die Bienenzucht gelagert wären, Bienen seien keine vorhanden. Nach einer näheren Beschreibung des Gebäudes wurde festgehalten, dass die Bienenöffnungen an der Ostseite mit Hartfaserplatten verschlossen seien. Bei der Verhandlung anwesende Nachbarn erklärten, keine Einwendungen gegen das Bauvorhaben zu erheben. Sie wiesen ausdrücklich darauf hin, dass sie durch die bisherige Bienenhaltung in dem Lagerraum in keiner Weise belästigt oder gefährdet worden wären. Diesbezügliche Einwendungen des mitbeteiligten Nachbarn wurden als völlig unverständlich bezeichnet. Der mitbeteiligte Nachbar verließ, der Verhandlungsschrift zufolge, ohne weitere Stellungnahme den Verhandlungsort mit der Erklärung, die Verhandlungsschrift nicht zu unterzeichnen. Auf eine früher abgegebene Eingabe wurde verwiesen. Der Beschwerdeführer erklärte, dass seiner Meinung nach das vor 15 Jahren errichtete Gebäude überhaupt nicht bewilligungspflichtig sei. Wenn es nun, wie geschildert, als Geräte- und Lagerraum verwendet werde, sehe er keinerlei Widerspruch zu den geltenden Rechtsvorschriften und ersuche um die baupolizeiliche Bewilligung. Da die Bewilligung für eine Bienenhaltung letztinstanzlich versagt worden sei, würden alle baulichen Vorkehrungen (Fluglöcher), die eine Bienenhaltung ermöglichten, beseitigt. Da er die leeren Bienenkisten und dazugehörigen Zuchtgeräte nicht zerstören oder verbrennen wolle, sollten diese neben anderen Garten- und Kleingeräten in dem Gebäude gelagert werden.
In einer schriftlichen Eingabe vom 29. April 1987 erklärte der mitbeteiligte Nachbar, er habe sofort nach Beginn der Bauverhandlung eingewendet, dass diese Bauverhandlung rechtswidrig sei, weil hier kein Geräte- und Lagerraum, sondern das abzutragende Bienenhaus, "das noch in voller Ausrüstung" dastehe, verhandelt werde.
Mit Bescheid vom 27. Juli 1987 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Beschwerdeführer die von ihm angestrebte baubehördliche Bewilligung. Die Einwendungen des mitbeteiligten Nachbarn wurden gemäß § 30 Abs. 2 des Vorarlberger Baugesetzes zurückgewiesen. Im Vorspruch des Bescheides ist davon die Rede, dass das Gebäude, das bisher als Bienenhaus genutzt worden sei, zukünftig als Geräte- und Lagerraum für die üblichen Gartengeräte und -materialien, zum Teil auch als Hobbyraum verwendet werden solle. Weiters wurde u.a. festgehalten, dass die ehemaligen Bienenflugöffnungen an der Ostseite mit Hartfaserplatten verschlossen worden seien. Die Zurückweisung der Einwendungen des mitbeteiligten Nachbarn wurde damit begründet, dass er bei der kommissionellen Verhandlung gegen das Bauvorhaben keine Einwendungen erhoben habe. In seinem Schreiben vom 17. April 1987 habe der mitbeteiligte Nachbar zwar das Bauansuchen bezüglich seiner Bezeichnung sowie hinsichtlich der nicht angegebenen Lagerzwecke bemängelt, doch stelle ein solches Vorbringen keine Einwendung im Sinne des § 42 AVG 1950 dar, weil damit nicht die Verletzung eines konkreten Subjektivrechtes geltend gemacht worden sei. Dem Vorbringen hätte nur entnommen werden können, dass der Nachbar mit dem Bauvorhaben nicht einverstanden sei. Dies stelle jedoch keine Einwendung im Sinne des § 30 des Vorarlberger Baugesetzes dar. Die Planunterlagen seien ausreichend gewesen, um dem Nachbarn jene Informationen zu vermitteln, die er zur Verfolgung seiner Rechte benötige. Da der Bauwerber einen Rechtsanspruch auf die Erteilung einer baubehördlichen Bewilligung besitze, sei diese zu erteilen gewesen.
In seiner dagegen rechtzeitig erhobenen Berufung brachte der mitbeteiligte Nachbar vor, dass es sich bei dem bewilligten Geräte- und Lagerraum um das abzutragende Bienenhaus handle, das noch in voller Ausrüstung dastehe. Weiters wurde im wesentlichen ausgeführt, dass als Bauplan noch die alte Zeichnung des Bienenhauses diene.
Diese Berufung wies die Berufungskommission der mitbeteiligten Gemeinde mit Beschluss vom 25. August 1987 als unbegründet ab. In Ausfertigung des Sitzungsbeschlusses erging der Bescheid der mitbeteiligten Gemeinde vom 26. August 1987, in welchem die Auffassung des mitbeteiligten Nachbarn, es handle sich bei dem nunmehrigen Bauvorhaben nach wie vor um das Bienenhaus, deshalb als unrichtig bezeichnet wurde, weil seit der Auflassung der Bienenhaltung im Bauobjekt und nach der Verschließung der Bienenflugöffnungen mit Hartfaserplatten von einem Bienenhaus keine Rede mehr sein könne. Die Verwendung des Bauobjektes als Geräte- und Lagerraum stelle eine wesentliche Änderung der Verwendung des Bauobjektes dar, durch die die im früheren Bauverfahren für das Bienenhaus geltend gemachten Beeinträchtigungen nicht mehr gegeben seien.
In seiner dagegen erhobenen Vorstellung wiederholte der Beschwerdeführer sein Berufungsvorbringen, dass es sich bei dem angeblichen Geräte- und Lagerraum um das abzutragende Bienenhaus handle, für welches ein Verfahren betreffend seine Beseitigung laufe.
Im Zuge des aufsichtsbehördlichen Verfahrens stellte ein bautechnischer Amtssachverständiger am 14. Oktober 1987 fest, dass der Standort und das Bauwerk "Bienenhaus" der planlichen Abbildung entspreche. Am Holzbauwerk selbst seien keine baulichen Änderungen durchgeführt worden und es könnte jederzeit wieder als Bienenhaus verwendet werden. Seit dem Frühling 1987 würden keine Bienen mehr gehalten und die derzeitige Verwendung sei die eines Lagerraumes. Dieses Erhebungsergebnis wurde den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zur Kenntnis gebracht und die mitbeteiligte Gemeinde stellte in einem Schreiben vom 9. November 1987 fest, dass im Bienenhaus die Luftschlitze im Inneren mittels Hartfaserplatten, Bretter und auch Kartons verschlossen worden seien.
Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 9. Dezember 1987 behob die belangte Behörde den Berufungsbescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zurück. Zur Begründung führte die Gemeindeaufsichtsbehörde aus, dass für dasselbe Objekt, für welches der Verwaltungsgerichtshof die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung als Bienenhaus versagt habe, ohne Vornahme irgendwelcher Änderungen nunmehr die Baubewilligung als Geräte- und Abstellraum erteilt worden sei. Darin sei eine Gesetzwidrigkeit infolge Verletzung des § 68 Abs. 1 AVG 1950 (entschiedene Sache) zu erblicken. Die im Baubewilligungsbescheid enthaltene nominelle Änderung der Verwendungsart des streitgegenständlichen Bienenhauses reiche nach Ansicht der Bezirkshauptmannschaft nicht aus, die Nämlichkeit der Sache zweifelsfrei zu statuieren. Auf Grund des eingeholten Gutachtens des hochbautechnischen Amtssachverständigen vom 15. Oktober 1987 stehe fest, dass das Gebäude mit dem seinerzeitigen Bienenhaus baulich völlig übereinstimme. Die Bezirkshauptmannschaft sei überzeugt, dass zwar zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes im Falle eines bewilligten Umbaues es nicht unbedingt erforderlich sei, das Bienenhaus bis auf die Grundmauern abzutragen, jedoch sei das Objekt baulich so abzuändern, dass die tatsächliche Identität nicht mehr gegeben sei. Vor allem müsse aus den Eingabeunterlagen und aus den Bescheidauflagen einwandfrei hervorgehen, dass von der funktionellen Einrichtung des Bienenhauses nichts mehr vorhanden sein dürfe. Der Inhalt des Schreibens der mitbeteiligten Gemeinde vom 9. November 1987 stelle bereits einen gewissen Schritt in diese Richtung dar, die Maßnahmen seien jedoch im "offenen Bewilligungsverfahren zu behandeln und zum Abschluss zu bringen". Durch den Berufungsbescheid seien somit Rechte des mitbeteiligten Nachbarn (Nichtbeachtung der zu seinen Gunsten entschiedenen Sache) verletzt worden, weshalb wie im Spruch zu entscheiden gewesen sei.
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid dadurch in seinen Rechten verletzt, dass eine rechtmäßig erteilte Baubewilligung nicht aufgehoben werden dürfe. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.
Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und dem mitbeteiligten Nachbarn erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Im § 30 Abs. 1 des Vorarlberger Baugesetzes (BauG), LGBl. Nr. 39/1972, werden jene Vorschriften dieses Gesetzes angeführt, auf die sich Einwendungen der Nachbarn stützen können. Hiebei wird ausdrücklich auch § 6 (Abstandsflächen) genannt, insoweit er den Schutz der Nachbarn aus Rücksichten des Brandschutzes und der Gesundheit, insbesondere Belichtung, Luft und Lärm betrifft (lit. b). Nach § 30 Abs. 2 BauG sind Einwendungen der Parteien, mit denen die Verletzung anderer als im Abs. 1 genannter öffentlich-rechtlicher Vorschriften behauptet wird, als unzulässig zurückzuweisen, Einwendungen, die sich auf das Privatrecht stützen, sind auf den Rechtsweg zu verweisen.
Schon aus der Begriffsbestimmung des § 2 lit. i BauG ergibt sich, dass Nachbar der Eigentümer eines fremden Grundstückes ist, das zu einem Baugrundstück in einem solchen räumlichen Naheverhältnis steht, dass mit Auswirkungen des geplanten Bauwerkes oder dessen vorgesehener Benützung, gegen welche die Bestimmungen dieses Gesetzes einen Schutz gewähren, zu rechnen ist.
Aus dieser Begriffsbestimmung ergibt sich, dass der Eigentümer eines benachbarten Grundstückes im baubehördlichen Bewilligungsverfahren nur dann als Nachbar im Sinne des § 30 BauG anzusehen ist, wenn zu dem zu verbauenden Grundstück ein solches räumliches Naheverhältnis besteht, dass mit Auswirkungen des geplanten Bauwerkes oder dessen vorgesehener Benützung zu rechnen ist.
Bezüglich der auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers bestehenden Bienenhütte hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 14. Jänner 1987, Zl. 86/06/0194, auf Grund von Einwendungen des mitbeteiligten Nachbarn diesem ein subjektivöffentliches Recht auf Versagung des Bauvorhabens in Auslegung des § 6 Abs. 10 BauG zuerkannt. Nach dieser Gesetzesstelle kann die Behörde größere als in den Abs. 2 bis 8 vorgeschriebene Abstandsflächen und Abstände festsetzen, wenn der Verwendungszweck eines Bauwerkes eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder eine Gefährdung der Nachbarn erwarten lässt. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem zitierten Erkenntnis auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung durch Bienen als erwiesen angenommen. Aus der in Rechtskraft erwachsenen Versagung des Bauvorhabens besitzt der mitbeteiligte Nachbar in einem neuerlichen Baubewilligungsverfahren betreffend diese Bienenhütte das Recht, entschiedene Sache einzuwenden, wie die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides grundsätzlich zu Recht erkannt hat.
Der Beschwerdeführer als Eigentümer der Bienenhütte hat nun in seinem Antrag auf Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung nicht die Bewilligung einer Bienenhütte, sondern die eines Geräte- und Lagerraumes begehrt. In seinen schriftlichen Einwendungen vom 17. April 1987 hat der mitbeteiligte Nachbar nicht etwa entschiedene Sache eingewendet, sondern er hat formale Umstände gerügt, ohne eine Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten auch nur zu behaupten. Bei der Verhandlung vor der Behörde erster Instanz am 23. April 1987 hat der Beschwerdeführer nach der hierüber hufgenommenen Verhandlungsschrift nur erklärt, diese nicht zu unterzeichnen, ohne eine weitere Stellungnahme abzugeben. Da er unter Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 42 AVG 1950 geladen worden war, wäre er, würde diese Verhandlungsschrift den Verhandlungsverlauf richtig wiedergeben, im Sinne des § 42 AVG 1950 als präkludiert anzusehen. Eine solche Präklusion hätte zur Folge, dass die belangte Behörde als Gemeindeaufsichtsbehörde auf Grund der Vorstellung des Mitbeteiligten den bei ihr angefochtenen Berufungsbescheid nicht hätte aufheben dürfen, wäre doch die von der belangten Behörde angenommene Rechtsverletzung mangels rechtzeitig erhobener Einwendung nicht wahrzunehmen. Da die belangte Behörde auf Grund der Vorstellung des mitbeteiligten Nachbarn ohne Prüfung, ob eine Präklusion eingetreten ist oder nicht, den bei ihr angefochtenen Berufungsbescheid aufgehoben hat, hat sie ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit behaftet, wie der Beschwerdeführer mit Berechtigung ausgeführt hat.
Der mitbeteiligte Nachbar hat nun unmittelbar nach der Bauverhandlung in seiner Eingabe vom 29. April 1987 bereits behauptet, sofort nach Beginn der Bauverhandlung darauf hingewiesen zu haben, dass Gegenstand der Verhandlung nicht ein Geräte- und Lagerraum, sondern das abzutragende Bienenhaus sei, sodass dem Antrag des Beschwerdeführers nicht stattgegeben werden dürfe. Mit einem solchen Vorbringen hätte der mitbeteiligte Nachbar eindeutig erkennen lassen, dass er entschiedene Sache eingewendet habe, wie er in seiner Gegenschrift zutreffend ausführt. Für den Fall, dass, wie dies auch hier zutrifft, eine Person die Fertigung der Niederschrift verweigert, bestimmt § 14 Abs. 3 AVG 1950, dass unter Angabe des Grundes, aus dem die Fertigung nicht erfolgte, die Richtigkeit der schriftlichen Wiedergabe von dem die Amtshandlung leitenden Organ ausdrücklich zu bestätigen ist. Da dies nicht erfolgte, liefert die genannte Verhandlungsschrift über den Verlauf der Amtshandlung nicht vollen Beweis im Sinne des § 15 AVG 1950. Der Inhalt der Niederschrift unterliegt in einem solchen Fall der freien Beweiswürdigung gemäß § 45 Abs. 2 AVG 1950 (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. November 1986, Zl. 86/05/0036, BauSlg. Nr. 799). Hat also der mitbeteiligte Nachbar behauptet, bestimmte - nicht protokollierte - Einwendungen erhoben zu haben, so ist ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchzuführen. Hat der mitbeteiligte Nachbar in Wahrheit keine Einwendungen erhoben, so hätte die belangte Behörde, wie schon erwähnt, im Hinblick auf die eingetretene Präklusion seine Vorstellung als unbegründet abweisen müssen.
Ergibt dagegen das ergänzende Ermittlungsverfahren, dass er tatsächlich die Einwendung der entschiedenen Sache erhoben hat, so ist in diesem Fall zu prüfen, ob tatsächlich entschiedene Sache vorliegt. Entschiedene Sache setzt voraus, dass weder der maßgebliche Sachverhalt noch die Rechtslage eine Änderung erfahren haben. Im baubehördlichen Bewilligungsverfahren bedeutet dies inbesondere, dass entschiedene Sache infolge geänderten Sachverhaltes nicht mehr vorliegt, wenn sich ein nunmehr eingereichtes Projekt vom seinerzeitigen wesentlich unterscheidet (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. Oktober 1986, Zl. 85/06/0140, BauSlg. Nr. 778). Unbestritten steht nun fest, dass hinsichtlich der Situierung und der äußeren Gestalt das nunmehr eingereichte Bauvorhaben mit dem früheren Bauvorhaben ident ist, dass jedoch dieses Objekt seinerzeit als Bienenhütte dienen sollte, nun aber als Geräte- und Lagerraum Verwendung finden soll. In baurechtlicher Betrachtungsweise stellt eine wesentliche Änderung der Verwendung eines Gebäudes grundsätzlich eine rechtlich erhebliche Sachverhaltsänderung dar, wie etwa § 23 Abs. 1 lit. h BauG erkennen lässt, wonach die wesentliche Änderung der Verwendung von Gebäuden oder Gebäudeteilen einer Baubewilligung bedarf. Dass auch gerade bei der Festsetzung von Abständen der Verwendungszweck eines Bauwerkes eine maßgebliche Bedeutung besitzt, zeigt auch der bereits angeführte § 6 Abs. 10 BauG, also jene Regelung, die dem mitbeteiligten Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht auf Versagung der Bienenhütte einräumte. Gerade diese Gesetzesstelle würde aber dem mitbeteiligten Nachbarn ein Recht auf die Versagung der Bewilligung eines Geräte- und Lagerraumes im Hinblick auf die sonst gewahrten Abstände nicht einräumen.
Diese Überlegung zeigt, dass im Hinblick auf den nunmehr anderen Verwendungszweck der Nachbar nicht zu Recht die Einwendung der entschiedenen Sache erheben konnte, weil eben eine wesentliche Projektsänderung und sohin eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes vorgelegen ist. Daran ändert auch die Feststellung im angefochtenen Bescheid nichts, dass das Gebäude mit dem seinerzeitigen Bienenhaus (äußerlich) baulich völlig übereinstimmt. Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht die Gewichtigkeit der Befürchtung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer, der schon bisher baurechtliche Vorschriften missachtet hat, die erteilte baubehördliche Bewilligung allenfalls dazu missbrauchen könnte, neuerlich entgegen dem angegebenen Verwendungszweck in dem Gebäude Bienen zu halten. Allein die Rechtslage sieht Möglichkeiten, wie sie der belangten Behörde vorschweben, nicht vor, zumal auch dem Beschwerdeführer nicht schlechthin unterstellt werden kann, eine Verwaltungsübertretung begehen zu wollen. Die abermalige Verwendung des Gebäudes für Zwecke der Bienenhaltung würde nämlich den Straftatbestand des § 55 Abs. 1 lit. a BauG erfüllen und eine solche Verwaltungsübertretung könnte nach § 55 Abs. 2 leg. cit. von der Bezirkshauptmannschaft mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- bestraft werden. Wenn allerdings die Baubehörde erster Instanz nicht einmal den Versuch unternommen hat, den Beschwerdeführer als Bauwerber dazu zu veranlassen, zumindest hinsichtlich der Flugöffnungen das Bauwerk äußerlich umzugestalten, so wird es Aufgabe der Baubehörde erster Instanz sein, regelmäßig durch Überprüfungen dafür Sorge zu tragen, dass das Gebäude nicht gesetzwidrig für Zwecke der Bienenhaltung benützt wird.
Wenn der mitbeteiligte Nachbar in seiner Gegenschrift die Auffassung vertritt, eine bloß nominelle Umwidmung ohne Entfernung der für die Bienenzucht typischen Einrichtungen sei nicht ausreichend, so kann er für diese Auffassung keine Rechtsgrundlage nennen, was sich auch schon aus den bisherigen Darlegungen ergibt. Wenn der mitbeteiligte Nachbar in diesem Zusammenhang auf frühere Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes (ohne ausdrückliche Zitate) verweist, in denen der Gerichtshof auf Grund des Projektes die wahre Absicht eines Bauwerbers erkennen konnte, so handelte es sich hiebei doch jeweils um völlig anders gelagerte Sachverhalte, war doch Gegenstand der Prüfung die Frage, ob ein bestimmtes Bauvorhaben mit einer bestimmten nach dem Flächenwidmungsplan zulässigen Widmung vereinbar ist oder nicht, wogegen im Beschwerdefall der konkrete Verwendungszweck des Gebäudes entscheidend ist. Dass aber eine Bienenhütte bei der gegebenen Baulandwidmung auch für Lagerzwecke Verwendung finden kann, bedarf keiner näheren Erörterung.
Auf Grund der dargelegten Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG sowie auf die Verordnung BGBl. Nr. 243/1985.
Wien, am 23. Juni 1988
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