Normen
AVG §10 Abs4
AVG §14
AVG §37
AVG §42
BauO NÖ 1976 §118 Abs8
BauO NÖ 1976 §118 Abs9
BauO NÖ 1976 §120 Abs4
BauO NÖ 1976 §87 Abs2
BauRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:1986:1986050036.X00
Spruch:
1. Auf Grund der Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Bundesland Niederösterreich hat dem Erstbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 21.861,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren des Erstbeschwerdeführers wird abgewiesen.
2. Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wird als unbegründet abgewiesen.
Die Zweitbeschwerdeführerin hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 5.860,--, der erst- und zweitmitbeteiligten Partei zusammen Aufwendungen in der Höhe von S 21.878,-- sowie der mitbeteiligten Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von S 360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Die Mehrbegehren der erst- und zweitmitbeteiligten Partei sowie der mitbeteiligten Gemeinde werden abgewiesen.
Begründung
Mit Eingabe vom 12. Februar 1985 beantragten die mitbeteiligten Bauwerber des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bei der mitbeteiligten Gemeinde die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. n1, KG. Gföhl. Zu der für 21. März 1985 anberaumten mündlichen Verhandlung wurden die Beschwerdeführer als Nachbarn unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG 1950 geladen. Als Adressaten der Ladung sind beide Beschwerdeführer genannt; die Zweitbeschwerdeführerin hat die Übernahme dieser Ladung bestätigt.
In der am 21. März 1985 aufgenommenen Verhandlungsschrift wird auf Seite 1 die Anwesenheit eines Anrainers nicht festgehalten, jedoch war offensichtlich der Erstbeschwerdeführer bei dieser Verhandlung anwesend, weil unter dem Titel "Erklärungen" unter anderem festgehalten wird, dass sich der Anrainer H vor Schluss der Verhandlung mit dem Bemerken entfernt habe, eine Stellungnahme erst dann abzugeben, wenn die Auswechslungspläne vorgelegt worden seien. Im Zuge der Verhandlung war nämlich festgehalten worden, dass die Aufmauerung im Dachbereich nicht 1,70 m, sondern nur 1,00 m hoch gehalten werden soll. Diese Änderung solle bewirken, dass die Gebäudehöhe um 1,00 m niedriger sei, und ein entsprechender Auswechslungsplan werde der Baubehörde vorgelegt werden. Unter Vorschreibung einer Reihe von Auflagen erachtete der Amtssachverständige das Projekt als genehmigungsfähig.
Mit einer Eingabe vom 28. April 1985 beantragten beide Beschwerdeführer eine Fristerstreckung von sechs Monaten bezüglich "meiner Stellungnahme" zur Niederschrift. Begründet wurde dies damit, dass es zwingend notwendig erscheine, die mit der geplanten Bauausführung entstandenen Rechtsfragen durch die zuständigen Behörden abklären zu lassen.
Mit Bescheid vom 4. Mai 1985 erteilte der Bürgermeister die angestrebte Baubewilligung. Im Spruch des Bescheides wurde festgehalten, dass das Protokoll über die Bauverhandlung in Abschrift beiliege und einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bilde. Auf das Vorbringen der Nachbarn wurde weder im Spruch noch in der Begründung des Bescheides eingegangen.
In der dagegen vom Erstbeschwerdeführer erhobenen Berufung führte er aus, dass er bei der Bauverhandlung an Ort und Stelle unter anderem gegen die Errichtung der Garage direkt an seiner Grundstücksgrenze Einwand erhoben habe, jedoch vom Bausachverständigen die Bemerkung geäußert worden sei, dies entspräche den gesetzlichen Vorschriften, obwohl die Garage laut Plan an der Grundstücksgrenze höher als 2,50 m sei, eine Verbauung im seitlichen Bauwich wie auch im Vorgarten vorsehe und eine Entfernung des Zaunes der Beschwerdeführer bei der Errichtung der Garage zur Voraussetzung habe. Es sei zu prüfen, ob nicht im Sinne der ständigen Judikatur die Garage an einer unverbauten, gegenüberliegenden Seite anzuordnen wäre, um dadurch eine Beseitigung des bestehenden Lärchen-Naturzaunes zu vermeiden. Außerdem sei die Kostenfrage für die Entfernung und Wiederherstellung des Zaunes nicht geklärt. Es sei nicht geklärt, ob eine Verbauung im seitlichen Bauwich und zugleich Vorgarten gestattet sei. Es bestehe nur die Pflicht, die Gesamtbreite des seitlichen Bauwiches zu verbauen, im Vorgarten könne jedoch der entsprechende Abstand von der Grundgrenze, der sich aus der Bauhöhe der Garage ergebe, eingehalten werden. Beim Auswechslungsplan bestünden Mängel, so sei der Niveauunterschied Straße - Gebäude - Garage nicht ersichtlich. Die Bauparzelle liege mit dem Straßenniveau nicht in einer Ebene, sondern weise eine fallende Tendenz auf. Der Niveauunterschied von der Straße bis zum eingezeichneten Gebäudeende betrage laut Bauplan zirka 1,50 m. Es sei daher der mittlere Gebäudefixpunkt für das Haus auf dem Plan nicht ersichtlich, schon gar nicht sei dieser durch einen Techniker in der Natur geprüft und bei der Verhandlung mitgeteilt worden. Dadurch könne die exakte Gebäudehöhe Fixpunkt Gelände - Dachtraufe nicht ermittelt werden. Nachdem das Niveau der Garage laut Gesetz vom Straßenniveau unabhängig sei und die Gebäudehöhe an jedem Punkt der 6-metrigen Garagenlänge entlang der Grundgrenze höchstens 2,50 m betragen dürfe, müssten auch die Fixpunkte aus dem Plan ersichtlich sein und im fallenden Gelände vom Techniker ersichtlich gemacht werden. Der Erstbeschwerdeführer habe sich sehr bemüht, mit dem Bauwerber ein klärendes Gespräch zu führen und auch entsprechende Vorschläge zu erstatten (diese Vorschläge werden sodann im einzelnen genannt). Diese Berufung hat auch die Zweitbeschwerdeführerin unterfertigt.
In einem Aktenvermerk vom 2. Juli 1985 hielt ein Organwalter der mitbeteiligten Gemeinde fest, ein Jurist des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung habe die Rechtsansicht vertreten, dass ein Gutachten eines Amtssachverständigen des Gebietsbauamtes zur Berufung einzuholen und dieses "dem Berufungswerber" vor Entscheidung zur Kenntnis zu bringen sei. In der Folge erstattete ein technischer Amtssachverständiger am 9. Juli 1985 ein Gutachten, in dessen Begleitschreiben insbesondere darauf hingewiesen wurde, dass vor Entscheidung im Gemeinderat noch das Parteiengehör gewahrt werden müsse. In diesem Gutachten wurde unter anderem festgehalten, dass nach dem Flächenwidmungsplan die Widmung Bauland-Wohngebiet gegeben sei und ein Bebauungsplan nicht existiere. In der hier maßgeblichen Siedlung seien 33 Parzellen bebaut, bei 18 Liegenschaften seien die Garagen im Untergeschoß des Hauptgebäudes errichtet worden, bei 6 Liegenschaften seitlich im Bauwich, bei 3 Liegenschaften seitlich, nicht jedoch an der Grenze, bei einer Liegenschaft freistehend nicht an der Grenze und bei 5 Liegenschaften sei keine Garage vorgesehen. Von den seitlich im Bauwich angeordneten Garagen seien zwei gekuppelt errichtet. Nach weiteren Ausführungen vertrat der Amtssachverständige die Auffassung, es sei als gesichert anzunehmen, dass die offene Bauweise gegeben sei, die Errichtung einer Garage entlang der Anrainergrundgrenze nicht ausdrücklich verboten sei und die vorherrschende Baufluchtlinie von 4,00 m Abstand zur Straßenfluchtlinie auch bei Garagen respektiert werde. Da das eingereichte Projekt auf Grund seiner Gestaltung das Ortsbild in keiner Weise beeinträchtige, sondern recht entsprechend wirke, sei die Errichtung der Garage grundsätzlich möglich. Zur Frage der Garage im Vorgarten bzw. im Bauwich sei zu bemerken, dass die Garage im vorliegenden Fall praktisch zur Gänze vor dem Gebäude liege und nur 95 cm hinter die vordere Gebäudeflucht in den Bauwich reiche. Nach Auseinandersetzung mit dem Begriff "Vorgarten" vertrat der Amtssachverständige die Ansicht, die Garage liege nicht im "Vorgarten" im rechtlichen Sinn, so daß ein grundsätzliches gesetzliches Hindernis für ihre Errichtung nicht bestehe. Welche Seite für die an der Anrainergrundgrenze vorgesehene Kleingarage in Anspruch genommen werde, sei im Gesetz nicht geregelt und unterliege somit nicht der behördlichen Einflussnahme, sofern nicht Ortsbildgründe dagegen sprechen würden. Dies sei hier nicht der Fall. Die maximale Höhe der Garage sei im Gesetz mit 2,50 m klar festgelegt, im Auswechslungsplan nochmals einkotiert und in einer Auflage zusätzlich vorgeschrieben. Da die Höhenlage an der Anrainergrundgrenze durch die Einfriedungsmauer der Beschwerdeführer eindeutig feststellbar und auch später rekonstruierbar sei, erscheine die monierte Ersichtlichmachung von Fixpunkten für die Höhe entbehrlich. Zusammenfassend seien auf Grund der örtlichen Situation keine gesetzlich zwingenden Gründe zu finden, die eine Abweisung des Baugesuches erfordern würden. Das Projekt entspreche den Erfordernissen von § 87 Abs. 2 und § 120 Abs. 4 Niederösterreichische Bauordnung. Die Berufung wäre daher in technisch-sachlicher Hinsicht als nicht begründet abzuweisen und die Entscheidung der Baubehörde erster Instanz zu bestätigen, sofern nicht aus dem gesamten Vorgang überhaupt eine Präklusion der Beschwerdeführer abzuleiten sei.
Dieses Gutachten langte bei der mitbeteiligten Gemeinde am 11. Juli 1985 ein. Mit demselben Datum erging der Bescheid der mitbeteiligten Gemeinde, mit welchem die Berufung als unbegründet abgewiesen wurde; gleichzeitig wurde jedoch der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides insofern ergänzt, als der Antrag auf Fristerstreckung abgelehnt und die einen Bestandteil des erstinstanzlichen Bescheides bildende Niederschrift dahingehend ergänzt wurde, als unter den anwesenden Beteiligten bei der Verhandlung noch der Erstbeschwerdeführer angeführt wird. Im übrigen wurden die Beschwerdeführer hinsichtlich der zivilrechtlichen Gründe ihrer Berufung auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Dieser Bescheid beruft sich auf einen Beschluss des Gemeinderates vom 4. Juni 1985, welchem tatsächlich dieser Bescheidentwurf schon zu Grunde lag, wie sich aus den vorgelegten Akten des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung ergibt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, dass den Bestimmungen des § 87 Abs. 2 der Niederösterreichischen Bauordnung Rechnung getragen werde und im betreffenden Siedlungsgebiet die vorherrschende Bauweise in keinem Gegensatz zum gegenständlichen Projekt stehe. Die Beseitigung des bestehenden Zaunes sei eine zivilrechtliche Angelegenheit und dasselbe betreffe auflaufende Kosten. Ein Versagungsgrund sei nicht vorhanden.
Die dagegen von den Beschwerdeführern erhobene Vorstellung wies die Niederösterreichische Landesregierung mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 16. Oktober 1985 als unbegründet ab. Die Gemeindeaufsichtsbehörde vertrat zusammenfassend die Rechtsauffassung, dass die Beschwerdeführer in keinem subjektivöffentlichen Anrainerrecht verletzt worden seien, da sie es unterlassen hätten, bis zum Abschluss der Bauverhandlung rechtswirksame Einwendungen vorzubringen. Selbst unter der Annahme der Richtigkeit der Behauptung der Beschwerdeführer in ihrer Berufung hätte der Erstbeschwerdeführer bei der Verhandlung sich nur gegen die Errichtung der Garage unmittelbar an der Grundstücksgrenze gewendet, was jedoch nicht die Erhebung einer rechtswirksamen Einwendung bedeute, lasse doch dieses Vorbringen nicht erkennen, in welchem subjektiv-öffentlichen Anrainerrecht eine Verletzung gelegen sein solle. Dem Vorbringen der Beschwerdeführer komme aber auch bei inhaltlicher Beurteilung keine Berechtigung zu, da § 87 Abs. 2 Niederösterreichische Bauordnung die ausnahmsweise Bebauung von Vorgärten und seitlichen Bauwichen durch Kleingaragen bei offener Bebauungsweise, die hier unbestritten gegeben sei, zulasse. Die Begründung des Berufungsbescheides erweise sich sohin als richtig.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 1. März 1986, Zl. B 880/85, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In ihrem ergänzenden Schriftsatz an den Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer in ihrem Recht "auf gesetzmäßige Entscheidung des Bauansuchens" der mitbeteiligten Bauwerber verletzt, wobei insbesondere auf die Bestimmungen der §§ 42 und 45 AVG sowie der §§ 87 und 118 der Niederösterreichischen Bauordnung 1976 verwiesen wird. Über diese Beschwerde sowie über die von der belangten Behörde und den mitbeteiligten Bauwerbern erstatteten Gegenschriften hat der Verwaltungsgerichtshof nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung erwogen:
Zunächst war die Frage zu prüfen, ob die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen durfte, dass den Nachbarn gegenüber die Rechtsfolgen der Präklusion nach § 42 AVG 1950 eingetreten sind. Bezüglich der Zweitbeschwerdeführerin trifft diese Annahme zweifelsfrei zu, weil sie unter Hinweis auf die Rechtsfolgen der Präklusion nach § 42 AVG 1950 zur mündlichen Verhandlung vor der Baubehörde erster Instanz rechtzeitig geladen worden ist, bei dieser Verhandlung der Aktenlage nach nicht anwesend war und sohin rechtzeitig jedenfalls keine Einwendungen erhoben hat. Wenn in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof auf die Vertretungsbefugnis durch den Ehegatten Bezug genommen worden ist, so wird mit diesem Vorbringen übersehen, dass durch die Änderung des Familienrechts die früher bestandene allgemeine Vertretungsmacht des Ehegatten weggefallen ist. Ein Vollmachtsverhältnis wurde dagegen gar nicht behauptet. Mangels rechtzeitiger Erhebung von Einwendungen wurde die Zweitbeschwerdeführerin also zu Recht als präkludiert betrachtet. Da die Vorlage des neuen Planes nach der Verhandlung vor der Behörde erster Instanz ausschließlich eine Reduktion der Gebäudehöhe zum Gegenstand hatte, war sie dem Bauvorhaben gegenüber als solchem gemäß § 42 AVG 1950 als zustimmend anzusehen. Schon aus diesem Grunde erweist sich die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin nach § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet.
Der Erstbeschwerdeführer hat dagegen die Ladung zur Verhandlung erhalten und er war bei der Verhandlung vor der Baubehörde erster Instanz anwesend; er hat sich seinem Vorbringen in der Berufung zufolge gegen die Erteilung der Baubewilligung für die Garage direkt an seiner Grundgrenze ausgesprochen, wobei weder durch Zeugeneinvernahmen noch durch sonstige geeignete Erhebungen festgestellt worden ist, was der Beschwerdeführer anlässlich dieser Verhandlung tatsächlich gesagt hat, insbesondere, ob er eine entsprechende Einwendung gegen die Errichtung der Garage an der Grundgrenze erhoben hat oder nicht; zu solchen Schritten wäre aber schon die Berufungsbehörde verpflichtet gewesen (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis vom 24. November 1975, Zl. 1320/75). Die Verhandlungsschrift entspricht nämlich nach Form und Inhalt nicht den Vorschriften des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950. So wurden die anwesenden Personen nicht festgehalten und es fehlt ein Vermerk gemäß § 14 Abs. 3 AVG 1950 über die Richtigkeit der Wiedergabe des Geschehens, hat sich doch der Erstbeschwerdeführer vor Abschluss der Niederschrift entfernt.
Ist aber sohin die Verhandlungsschrift nicht formgerecht abgefasst worden, unterliegt ihr Inhalt der freien Beweiswürdigung, wie in dem erwähnten Erkenntnis vom 24. November 1975 dargetan worden ist.
Die Rechtsansicht der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides, das Vorbringen in der Berufung, der Erstbeschwerdeführer habe gegen die Errichtung der Garage unmittelbar an der Grundstücksgrenze Einwand erhoben, lasse nicht erkennen, in welchen subjektiv-öffentlichen Anrainerrechten er sich verletzt glaubt, verkennt, dass zunächst jedenfalls hätte festgestellt werden müssen, was der Beschwerdeführer bei der mündlichen Verhandlung tatsächlich vorgebracht hat. Es trifft aber auch die Auffassung der belangten Behörde nicht zu, dass ein solches Vorbringen, wie geschildert, nicht erkennen lasse, welche Rechtsverletzung behauptet wird, hatte sich doch der Erstbeschwerdeführer eindeutig gegen die Errichtung der Garage an seiner Grundgrenze gewandt, ein Vorbringen, welches jedenfalls eine Verletzung von Abstandsvorschriften zu seinem Gegenstand hat. Eine bestimmte Vorschrift muss aber der Nachbar jedenfalls nicht nennen, sollte die belangte Behörde dies gemeint haben. Da die belangte Behörde davon ausging, dass auch der Erstbeschwerdeführer bis zum Abschluss der Bauverhandlung rechtswirksame Einwendungen nicht erhoben hat, hat sie schon aus diesem Grunde den angefochtenen Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet, weil ohne Vornahme der erforderlichen Ergänzung des Ermittlungsverfahrens eine solche Annahme nicht berechtigt ist.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag aber auch der Auffassung der Verwaltungsbehörden nicht zu folgen, dass im Hinblick auf § 120 Abs. 4 im Zusammenhalt mit § 87 Abs. 2 Niederösterreichische Bauordnung 1976 jedenfalls auch die Verbauung des Seitenabstandes im Beschwerdefall zulässig gewesen sei; im Hinblick auf das Fehlen eines Bebauungsplanes könnte die Errichtung einer Garage im Seitenabstand unzulässig sein (vgl. hiezu das Erkenntnis vom 20. November 1984, Zl. 84/05/0131, Baurechts-Slg. Nr. 335).
Zu dem eingeholten Gutachten hat die Gemeindebehörde zweiter Instanz das Recht auf Parteiengehör nicht gewahrt, ja sie hat vor Einholung des Gutachtens die Abweisung der Berufung beschlossen, so daß dem Gutachten für das Verwaltungsgeschehen auf Gemeindeebene überhaupt keine rechtliche Bedeutung zukam.
Da schon auf Grund der oben dargelegten Erwägungen gegenüber dem Erstbeschwerdeführer der angefochtene Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet ist, war dieser auf Grund seiner Beschwerde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die Bestimmungen der §§ 47 ff VwGG sowie die Verordnung BGBl. Nr. 243/1985. Die Abweisung der Mehrbegehren betrifft den pauschalierten Aufwand übersteigende Beträge sowie nicht erforderliche Fahrtkosten (vgl. § 49 Abs. 3 VwGG sowie den Beschluss vom 18. September 1967, Slg. N.F. Nr. 7115/A). Wien, am 4. November 1986
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