VwGH 87/16/0059

VwGH87/16/005910.3.1988

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Karlik und die Hofräte Dr. Närr und Mag. Meinl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Samonig, über die Beschwerden 1. bis 3. je des Landes Oberösterreich, vertreten durch Dr. Helmut Wildmoser, Rechtsanwalt in Linz, Schillerstraße 1, 1. auch des Dr. Helmut Wildmoser selbst, gegen die Bescheide 1. und 2. je des Präsidenten des Handelsgerichtes Wien vom 1. 15. Dezember 1986, Zl. Jv 1704-33/86, 2. 28. Oktober 1986, Zl. Jv 1444-33/86, und 3. des Präsidenten des Landesgerichtes Linz vom 19. Mai 1987, Zl. Jv 2085-33/85, alle betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Normen

GebG 1957 §2 Z2;
GGG 1984 §10 Z2;
GJGebG 1962 §10 Z2;
GebG 1957 §2 Z2;
GGG 1984 §10 Z2;
GJGebG 1962 §10 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben zu 1. dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 2.760,-- zu gleichen Teilen binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Land Oberösterreich hat weiters zu 2. und 3. dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 2.760,-- (zusammen daher S 5.520,--) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zu 1. und 2.:

Aus den mit den vorgelegten Verwaltungsakten und den beim Verwaltungsgerichtshof im Sinn des § 45 Abs. 1 AVG 1950 offenkundigen Entscheidungsgründen des Urteiles des Obersten Gerichtshofes vom 8. Juli 1986, AZ 5 Ob 537/86, übereinstimmenden Darstellungen des Sachverhaltes (§ 28 Abs. 1 Z. 3 VwGG) in diesen Beschwerden, deren Behandlung der Verfassungsgerichtshof je mit Beschluß vom 19. März 1987, (1. B 19/87-4 und 2. B 1106/86-6) - mit gleichzeitiger Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof - abgelehnt hat, ergibt sich im wesentlichen folgendes:

Das Land Oberösterreich hatte beim Handelsgericht Wien am 10. Jänner 1984 gegen die ÖMV Aktiengesellschaft eine Klage eingebracht, und zwar a) mit dem Feststellungsbegehren, daß die zwischen diesen Streitteilen in den Jahren 1965 und 1967 abgeschlossenen Vereinbarungen, auf Grund derer die Beklagte der Klägerin zur Leistung eines bestimmten Förderungszinses in vier in Oberösterreich gelegenen Aufsuchungsgebieten verpflichtet sei, aufrecht bestünden, und b) mit einem diesbezüglichen (zeitlich bestimmten) Begehren, "Ab"rechnung"en" zu legen und den sich aus diesen Abrechnungen ergebenden Betrag binnen 14 Tagen zu zahlen. In dieser Rechtssache war das Land Oberösterreich durch ihren nunmehrigen Vertreter vertreten gewesen und "die Republik Österreich" der Beklagten als Nebenintervenientin beigetreten. Das Klagebegehren war mit Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 30. August 1985 abgewiesen worden. Der Revision der Klägerin gegen das ihrer Berufung gegen das angeführte erstinstanzliche Urteil nicht Folge gebende Urteil des Berufungsgerichtes hat der Oberste Gerichtshof mit dem zitierten Urteil nicht Folge gegeben.

Zu 3.:

Aus der mit den vorgelegten Verwaltungs- und den (vom Verwaltungsgerichtshof beigeschafften) Gerichtsakten übereinstimmenden Darstellung des Sachverhaltes in dieser Beschwerde ergibt sich im wesentlichen folgendes:

Das Land Oberösterreich sei am 12. März 1938 Eigentümer mehrerer im Grundbuch der (im Sprengel des BG. Linz gelegenen) KG. Waldegg eingetragenen Liegenschaften gewesen. Grundstücke dieser - und auf Grund gerichtlicher Vergleiche in der Folge auch Grundstücke weiterer Liegenschaften des Landes Oberösterreich - seien zugunsten des Deutschen Reichsschatzes (Deutsche Reichsbahn) zum Zwecke des Baues des geplant gewesenen neuen Personenbahnhofes in Linz enteignet worden. Bis zum Ende des 2. Weltkrieges sei dieser Bau nicht ausgeführt worden. Der Bund, der auf Grund des Staatsvertrages vom 15. Mai 1955 Eigentümer dieser enteigneten Grundstücke geworden sei, habe durch deren schrittweise Veräußerung ab dem Jahre 1956 zum Ausdruck gebracht, offenbar gar nicht daran zu denken, sie dem Enteignungszweck zuzuführen. Hinsichtlich der ihm noch verbliebenen Grundstücke sei auf Grund des Bundesbahngesetzes das Eigentumsrecht der Österreichischen Bundesbahnen im Grundbuch eingetragen worden. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sei die Aufrechterhaltung einer einmal verfügten Enteignung unzulässig, wenn der Zweck, zu dessen Verwirklichung das Gesetz eine Enteignungsmöglichkeit vorgesehen habe, nicht verwirklicht worden sei. In einem solchen Fall bestehe ein Anspruch des von der Enteignung Betroffenen auf deren Rückgängigmachung. Über den Bestand der oben angeführten gerichtlichen Vergleiche müßten die ordentlichen Gerichte entscheiden.

Unter Berufung auf diese Rechtsansicht hatte das Land Oberösterreich beim Landesgericht Linz am 3. Mai 1985 gegen den Bund, Österreichische Bundesbahnen, eine Klage eingebracht, und zwar mit dem Begehren a) auf Feststellung der rechtlichen Unwirksamkeit der oben angeführten gerichtlichen Vergleiche, b) auf Rückstellung der mit diesen Vergleichen übertragenen Grundstücke (für den Fall der Unmöglichkeit der Rückstellung - auf Zahlung eines bestimmten Preises pro m2), c) auf Rechnungslegung und d) auf Zahlung eines bestimmten Betrages für die Verwendung dieser übertragenen Grundstücke durch den Bund. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 9. Juli 1987 hatten die Streitteile "einfaches" Ruhen dieses Verfahrens vereinbart.

Zu 1. bis 3.:

In den nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren, deren Verbindung zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung der Verwaltungsgerichtshof wegen ihres engen sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges beschlossen hat, ist die Frage streitentscheidend, ob (wie das Land Oberösterreich und dessen Vertreter vermeinen) das Land Oberösterreich im Rahmen seines öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises von der Zahlung der (der Art und der Höhe nach nicht bestrittenen) Gerichtsgebühren, hinsichtlich derer mit den im Spruch dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Bescheiden den jeweiligen Berichtigungsanträgen des Landes Oberösterreich - im Beschwerdefall 1. auch dem Berichtigungsantrag dessen (für den Fall der Bejahung der strittigen Gebührenpflicht auch seine Haftung nach § 7 GJGebGes 1962 nicht bestreitenden) Vertreters - nicht Folge gegeben wurde, befreit ist oder (wie die belangten Behörden vermeinen) nicht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. VI Z. 1 GGG tritt dieses Bundesgesetz mit dem 1. Jänner 1985 in Kraft.

Nach Art. VI Z. 8 GGG ist dieses Bundesgesetz auf Verfahren anzuwenden, die nach dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anhängig gemacht worden sind. Auf Verfahren, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bei Gericht oder einer Justizverwaltungsbehörde anhängig sind, sind die bisherigen Vorschriften anzuwenden.

Sowohl auf Grund des somit für die Beschwerdefälle 1. und 2. maßgebenden § 10 Z. 2 GJGebGes 1962 als auch gemäß dem auf den Beschwerdefall 3. anzuwendenden § 10 Z. 2 GGG sind von der Zahlung der Gebühren (JGebGes 1962) bzw. der Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren (GGG) die übrigen Gebietskörperschaften - das sind die nicht in der jeweiligen Z. 1 angeführten, also auch das Land Oberösterreich - (nach GGG: einschließlich der Sozialhilfeverbände) im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises befreit.

Zutreffend wird in den Beschwerden auf den Gleichklang dieser Befreiungsbestimmung mit der des § 2 Z. 2 GebG 1957 hingewiesen, wonach die übrigen Gebietskörperschaften im Rahmen ihres öffentlich-rechtlichen Wirkungskreises von der Entrichtung von Gebühren befreit sind.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung (siehe zuletzt die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG angeführten Erkenntnisse vom 11. September 1987, Zl. 87/15/0015, vom 3. September 1987, Zl. 86/16/0067, ÖStZB 4/1988, S. 122, vom 13. März 1986, Zl. 86/16/0034, ÖStZB 24/1986, S. 432, und vom 27. September 1984, Zl. 83/15/0170, ÖStZB 11/1985, S. 164, bzw. Anw. 4/1985, S. 202, mit Anmerkung von Arnold) dargetan, daß der hier in Rede stehende Wirkungskreis nicht mit den Aufgaben einer Gebietskörperschaft ident ist, die der Hoheitsverwaltung zuzurechnen sind, sondern daß er, darüber hinausgehend, einen Teil der sogenannten Privatwirtschaftsverwaltung mitumfaßt. Die Abgrenzung ist darin zu erblicken, daß nur jener Teil der Privatwirtschaftsverwaltung dem öffentlich-rechtlichen Wirkungskreis zuzurechnen ist, der in der Ausführung einer gesetzlichen Verpflichtung erfolgt, mit anderen Worten: diese persönliche Gebührenbefreiung setzt voraus, daß die Gebietskörperschaft im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung Tätigkeiten entwickelt, die innerhalb des Kreises der gesetzlich geregelten Pflichtaufgaben der betreffenden Gebietskörperschaft liegen, d.h. sie muß eine Tätigkeit entfalten, zu der sie in Besorgung öffentlich-rechtlicher Aufgaben unmittelbar durch Gesetz verpflichtet ist.

In den Beschwerden wird zutreffend gar nicht behauptet, die Tätigkeiten des Landes Oberösterreich in beiden hier zu beurteilenden Fällen seien der Hoheitsverwaltung zuzurechnen oder das Land sei dazu unmittelbar durch Gesetz verpflichtet.

Die in den Beschwerden - vermutlich in Anlehnung an die Bestimmung des Art. 126b Abs. 5 B-VG, wonach sich die Überprüfung des Rechnungshofes auf die ziffernmäßige Richtigkeit, die Übereinstimmung mit den bestehenden Vorschriften, ferner auf die Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu erstrecken hat - allgemein behauptete Verpflichtung des Bundes und der Länder, ihr Vermögen gegenüber jedermann zu verteidigen, vermag (ganz abgesehen davon, ob eine solche allgemeine Verpflichtung in einem Bundesstaat auch wechselseitig gegenüber den Ländern bzw. dem Bund sinnvoll wäre oder nicht) jedenfalls eine Verpflichtung unmittelbar durch Gesetz nicht zu ersetzen. Daran vermag auch der Umstand, daß allfällige Unterlassungen nicht gebührenbefreiter Tätigkeiten politische (oder auch strafrechtliche) Verantwortung nach sich ziehen könnten, nichts zu ändern, weil andernfalls eine Gebietskörperschaft im Sinn der zitierten Befreiungsbestimmungen nie gebührenpflichtig werden könnte. An dieser Stelle ist zur Vermeidung von Mißverständnissen und der Vollständigkeit halber auf das u.a. eine Beschwerde des durch denselben Vertreter vertreten gewesenen Landes Oberösterreich betreffende Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. März 1987, B 675/85-19 u.a., zu verweisen. In diesem Erkenntnis wird nämlich u.a. auch begründet, warum hinsichtlich der Bestimmung des § 10 Z. 2 GGG kein Gesetzesprüfungsverfahren eingeleitet wurde.

Bereits die bisherigen Ausführungen erweisen die vorliegenden Beschwerden als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG durch den nach § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat abzuweisen sind.

Von einer Verhandlung hat der Verwaltungsgerichtshof aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG absehen können.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 10. März 1988

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