VwGH 87/03/0042

VwGH87/03/004222.2.1989

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Baumgartner und Dr. Leukauf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Regierungskommissär Dr. Schmidt, über die Beschwerde des HS in D, vertreten durch Dr. Josef Lenz, Rechtsanwalt in Wien VI, Gumpendorferstraße 11, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 12. Dezember 1986, Zl. Ib-540-1/1986, betreffend Übertretungen des Luftfahrtgesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
LVR 1967 §25 Abs1;
LVR 1967 §28 Abs1;
LVR 1967 §36 Abs1;
LVR 1967 §4 Abs2;
LVR 1967 §42 Abs1;
LVR 1967 §45 Abs1;
LVR 1967 §45 Abs2;
LVR 1967 §45 Abs3;
LVR 1967 §46 Abs1;
LVR 1967 §46 Abs2;
LVR 1967 §46;
VStG §25 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §44a litb;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a Z2 impl;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 9.780,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Beim Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZ) langte am 26. September 1985 eine Meldung der Flugverkehrskontrollstelle Wien ein, wonach der Beschwerdeführer als Pilot eines bestimmten (zweimotorigen) Luftfahrzeuges (mit sechs Personen an Bord), gestartet auf dem Flugplatz Punitz-Güssing in Richtung Wien, am 21. September 1985 um 17,39 Uhr GMT Freigabe für einen Instrumentenflug (IFR-Flug) verlangt habe. Bereits um 17,37 (richtig: 17,36) GMT habe der Beschwerdeführer Kontakt mit der Fluginformationszentrale in Wien aufgenommen und nach Hinweis auf den Nachtbeginn 17,27 GMT für den Flughafen Wien-Schwechat einen Flugplan abgegeben. Er sei dann nach IFR geführt um 18,03 GMT in Wien-Schwechat gelandet. In einem nach der Landung mit dem Beschwerdeführer geführten Telefongespräch habe dieser angegeben, man habe ihm in Punitz versprochen, einen Flugplan aufzugeben, sei aber nicht durchgekommen.

Das BAZ setzte den Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10. Oktober 1985 vom Vorwurf, daß er als verantwortlicher Pilot einen Sichtflug von Punitz nach Wien durchgeführt und erst 10 Minuten nach dem Ende der bürgerlichen Abenddämmerung auf dem Flughafen Wien eine Sprechfunkverbindung hergestellt und einen Flugplan für die Fortsetzung des Sichtfluges als Instrumentenflug übermittelt und dadurch eine Übertretung nach § 42 Abs. 1 und § 46 der Luftverkehrsregeln 1967 (LVR), BGBl. Nr. 56, idgF, begangen habe, zwecks Stellungnahme in Kenntnis.

Dem erwiderte der Beschwerdeführer am 31. Oktober 1985, er sei wegen Zeitknappheit um 17,20 GMT vom Flugplatz Punitz abgeflogen, wobei ihm versprochen worden sei, den Flug telefonisch anzumelden. Offensichtlich sei man nicht durchgekommen. Er habe sofort Kontakt mit Wien aufgenommen, wobei dies mehrere Minuten gedauert habe. Wie es zu der 10 Minuten verspäteten Sprechfunkverbindung gekommen sei, sei ihm nicht erklärbar, da ihm am Flugplatz die Abflugzeit mit 17,20 GMT bekanntgegeben worden sei.

Daraufhin erstattete das BAZ am 27. November 1985 Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft Oberwart unter Bezugnahme auf § 146 Abs. 1 des Luftfahrtgesetzes (LFG) in Verbindung mit §§ 75, 42 Abs. 1, 45 Abs. 1, 46 Abs. 1 lit. b und 25 Abs. 1 LVR in der Fassung BGBl. Nr. 153/1985. Der Beschwerdeführer sei um 17,20 GMT (18,20 Uhr Ortszeit) zu einem Sichtflug in Richtung Flughafen Wien gestartet. Er habe diesen Sichtflug von 17,29 GMT (Nachtbeginn für Flugplatz Punitz-Güssing) bis 17,39 GMT zur Nachtzeit durchgeführt (Nacht-Sichtflug), ohne für diesen Nachtsichtflug eine Freigabe bei der zuständigen Flugverkehrskontrollstelle eingeholt zu haben. Er habe erst um 17,37 GMT (8 Minuten nach Nachtbeginn) bei der Fluginformationszentrale Wien durch Übermittlung eines Flugplanes die Fortsetzung des Fluges als Instrumentenflug beantragt. Der Zeitraum der Nacht sei im Luftfahrthandbuch für alle Flughäfen Österreichs verlautbart und könne durch Interpolation für jeden Ort in Österreich leicht errechnet werden. Gemäß § 36 Abs. 1 LVR habe der Pilot vor Beginn eines kontrollierten Fluges eine Freigabe einzuholen. Diese Freigabe sei durch Übermittlung eines Flugplanes (§ 25 Abs. 1 LVR) an die Flugverkehrskontrollstelle (§ 69 LVR) rechtzeitig zu beantragen. Neben der Tabelle über die Nachtzeit wurde ein Tonbandauszug (in englischer Sprache) über den Sprechfunkverkehr von 17,36 GMT bis 17,39 GMT vorgelegt. Der Beschwerdeführer habe sich zum Zeitpunkt der Kontaktaufnahme mit der Flugverkehrskontrollstelle Wien ca. 30 NM vom Funkfeuer Sollenau entfernt befunden (Luftraum Oberwart).

Vor der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn (nach Abtretung des Verfahrens gemäß § 29a VStG) verantwortete sich der Beschwerdeführer zu den drei Vorwürfen nach § 146 Abs. 1 LFG in Verbindung mit § 25 Abs. 1 LVR bzw. § 45 Abs. 2 LVR bzw. § 46 Abs. 1 lit. b LVR am 30. Jänner 1986, da die Flugzeit Punitz-Wien 23 bis 24 Minuten betrage und er um 18,01 GMT in Wien gelandet sei, könne die Zeit seines Abfluges nicht 17,20 GMT gewesen sein, sondern später. Er habe sich damals beim diensthabenden Kontroller am Flughafen Punitz erkundigt und sei ihm die Abflugzeit mit 17,20 GMT bekanntgegeben worden. Der Kontroller habe ihm auch erklärt, er werde seinen Flug anmelden, er könne beruhigt abfliegen. Unmittelbar nach dem Abflug habe er versucht, mit Wien Kontakt aufzunehmen und habe diesen glaublich nach 5 bis 7 Minuten hergestellt. Offensichtlich sei ihm die Abflugzeit in Punitz falsch angegeben worden.

Das BAZ führte hiezu am 19. Februar 1986 u. a. aus, daß der Beschwerdeführer unter Berücksichtigung der von ihm angeführten Flugdauer um 17,39 oder 17,40 GMT gestartet sein müsse. Da jedoch der erste Sprechfunkkontakt um 17,36 GMT erfolgt sei und die Angabe des Beschwerdeführers, 5 bis 7 Minuten nach dem Abflug Sprechkontakt bekommen zu haben, glaubhaft sei, müsse er um 17,31 Uhr bzw. 17,29 GMT gestartet sein, also bei oder nach Nachtbeginn in Punitz (17,29 GMT). Ohne Flugplan dürfe der Flug nicht durchgeführt werden. Bezüglich der Flugplanabgabe sei auf das Tonbandprotokoll zu verweisen, wonach er um 17,37 GMT über Befragen hinsichtlich des Flugplanes mit "Nein, wir würden jetzt gerne einen aufgeben", geantwortet habe. In der Startliste des Flugplatzes Punitz sei der Abflug mit 17,20 GMT eingetragen. Der dienstverrichtende Flugplatzbetriebsleiter sei bisher nicht ermittelt worden.

In einer Stellungnahme an das BAZ vom 1. April 1986 - sie lag der Erstbehörde nach der Aktenlage erst nach Erlassung des Straferkenntnisses vor - wies der Beschwerdeführer nochmals darauf hin, daß er den Flugbetriebsleiter des Flugplatzes Punitz (ein Pilot) ersucht habe, den Flugplan durchzugeben. Bei der Flugvorbereitung sei ihm auf seine Frage, ob der Flugplan durch sei, gesagt worden, man habe jetzt Telefonverbindung und werde den Flugplan gleich durchgeben. Die Abflugzeit sei ihm mit 17,20 GMT durchgegeben worden. Dies sei offensichtlich falsch gewesen. Im nachhinein sei die Abflugzeit mit ca. 17,30 GMT zu errechnen, doch habe er dies nicht gewußt. Es sei relativ hell mit Sicht von etwa 50 km gewesen. Der Funkspruch hinsichtlich des Flugplanes, "Nein, ....." sei damit zu erklären, daß er aus der Fragestellung entnommen habe, daß tatsächlich kein Flugplan durchgegeben worden sei.

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 3. Juni 1986 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er sei am 21. September 1985 um 17,20 GMT als verantwortlicher Pilot des genannten Luftfahrzeuges auf dem Flugplatz Punitz-Güssing zu einem Sichtflug in Richtung Flughafen Wien-Schwechat gestartet und habe dabei die LVR folgendermaßen mißachtet:

1. Vor Beginn dieses kontrollierteh Fluges habe er keinen Flugplan abgegeben.

2. Er habe diesen Flug teilweise als Nacht-Sichtflug (von 17,29 bis 17,39 GMT) durchgeführt bzw. fortgesetzt, obwohl er den hiefür erforderlichen Flugplan nicht spätestens 10 Minuten vor Beginn des Nacht-Sichtfluges abgegeben habe.

3. Außerdem habe er den Flug als Instrumentenflug fortgesetzt, ohne spätestens 10 Minuten vor Beginn des Instrumentenfluges der Flugverkehrskontrollstelle einen neuen Flugplan zu übermitteln.

Er habe hiedurch Übertretungen zu 1. nach § 25 Abs. 1 LVR in Verbindung mit § 146 Abs. 1 LFG, zu 2. nach § 45 Abs. 2 LVR in Verbindung mit § 146 Abs. 1 LFG und zu 3. nach § 46 Abs. 1 lit. b LVR in Verbindung mit § 146 Abs. 1 LFG begangen. Über ihn wurden Geldstrafen gemäß § 146 Abs. 1 LFG von je S 400,--(Ersatzarrest von je 24 Stunden) verhängt. Zur Begründung wurde ausgeführt, daß der Sachverhalt im wesentlichen unbestritten sei. Der Beschwerdeführer gebe aber an, daß ihn kein Verschulden treffe, weil der dienstverrichtende Flugplatzbetriebsleiter in Punitz falsche Zeitangaben gemacht und außerdem die Flugplanabgabe zugesagt habe. Dazu sei festzustellen, daß für die Einhaltung der luftfahrtrechtlichen Bestimmungen der jeweilige Pilot voll verantwortlich sei. Er könne dies nicht auf andere Personen abwälzen.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung, der er zur Begründung eine Kopie seines schon genannten Schreibens an das BAZ vom 1. April 1986 beilegte.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 12. Dezember 1986 wurde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG nicht Folge gegeben. Sodann wurde nach Wiedergabe des erstinstanzlichen Bescheidspruches sowie des Berufungsvorbringens im wesentlichen ausgeführt, auf dem Flughafen Punitz müsse wohl ein Flugplatzbetriebsleiter anwesend sein. Dieser übe aber keine Kontrolltätigkeit aus. Gemäß § 4 Abs. 2 LVR sei der Pilot für die Einhaltung der Vorschriften verantwortlich. Nach § 25 Abs. 1 LVR sei vor Beginn jedes kontrollierten Fluges ein Flugplan abzugeben. Dafür trage der Pilot die Verantwortung. Vorliegend sei zum Zeitpunkt des Abfluges noch kein Flugplan übermittelt worden. Bei der Flugplanabgabe seien die Bestimmungen der §§ 45 Abs. 2 und 46 Abs. 1 LVR zu beachten. Gemäß § 45 Abs. 2 LVR sei, wenn ein Flug als Nacht-Sichtflug begonnen werde, der Flugplan spätestens 30 Minuten vor dem Abflug abzugeben, wenn der Flug nicht ausschließlich im Flugplatzverkehr durchgeführt werden solle. Werde ein bei Tag begonnener Sichtflug als Nacht-Sichtflug fortgesetzt, so sei der Flugplan spätestens 10 Minuten vor dem Zeitpunkt abzugeben, ab welchem der Flug als Nacht-Sichtflug durchgeführt werden soll. Im vorliegenden Fall habe der Beschwerdeführer im nachhinein eine Abflugzeit von ca. 17,30 GMT errechnet. Um 17,37 GMT sei er von der Fluginformationszentrale in Wien befragt worden, ob er für den Flug von Punitz nach Wien einen Flugplan aufgegeben habe. Der Beschwerdeführer habe mit "Nein, wir würden gerne jetzt einen aufgeben" geantwortet. Daraus sei ersichtlich, daß er den Bestimmungen des § 45 Abs. 2 LVR nicht entsprochen habe. § 46 Abs. 1 LVR bestimme, daß ein Pilot, der vom Sichtflug zum Instrumentenflug überzugehen beabsichtigt, spätestens 10 Minuten vor dem beabsichtigten Beginn des Instrumentenfluges der Flugverkehrskontrollstelle einen neuen Flugplan zu übermitteln habe. Auch dieser Bestimmung habe der Beschwerdeführer nicht entsprochen. Die Verantwortung des Beschwerdeführers könne ihn nicht vor Bestrafung schützen, da er als Pilot voll verantwortlich sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind insbesondere folgende Bestimmungen der LVR 1967, BGBl. Nr. 56, in der Fassung BGBl. Nr. 153/1985, von Bedeutung:

"§ 4

(2) Der Pilot ist für die Einhaltung der Luftfahrtrechtsvorschriften, insbesondere der Luftverkehrsregeln verantwortlich, auch wenn er einem Flugbesatzungsmitglied die Erfüllung von Aufgaben überträgt, die nach den Bestimmungen dieser Verordnung dem Piloten obliegen.

§ 25

(1) Vor Beginn jedes kontrollierten Fluges ist ein Flugplan abzugeben.

(2) Vor dem Abflug ist ein Flugplan für Flüge abzugeben, bei denen die Bundesgrenze überflogen werden soll.

§ 28

(1) Der Flugplan ist vom verantwortlichen Piloten oder von seinem Stellvertreter abzugeben. Bei Flügen im Rahmen eines Luftbeförderungsunternehmens kann er auch von einem Beauftragten dieses Unternehmens abgegeben werden.

§ 36

(1) Der Pilot hat vor Beginn eines kontrollierten Fluges eine Freigabe einzuholen. Diese Freigabe ist durch Übermittlung eines Flugplanes (§ 25 Abs. 1) an die in Betracht kommende Flugverkehrskontrollstelle (§ 69) zu beantragen.

§ 42

(1) Soweit in den §§ 44 und 45 nichts anderes bestimmt wird, dürfen Sichtflüge nur bei Tag und unter Sichtflug-Wetterbedingungen durchgeführt werden. Sie sind so zu planen und so rechtzeitig zu beginnen, daß die Landung noch bei einer für ihre sichere Durchführung ausreichenden Helligkeit ausgeführt werden kann; für den Fall, daß ein Flug nicht in der vorgesehenen Weise durchgeführt werden kann, sind - insbesondere unter Berücksichtigung der vorliegenden Wetterinformationen - Ausweichmaßnahmen oder eine Zeitreserve vorzusehen, auf Grund deren die Einhaltung dieser Bestimmungen gewährleistet erscheint.

§ 45

(1) Nacht-Sichtflüge sind - außer im Flugplatzverkehr nicht kontrollierter Flugplätze - nur als kontrollierte Flüge und jedenfalls nur dann zulässig, wenn die im § 41 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 umschriebenen Wetterbedingungen sowie Erdsicht gegeben sind.

(2) Wird ein Flug als Nacht-Sichtflug begonnen, so ist der Flugplan spätestens 30 Minuten vor dem Abflug abzugeben, wenn der Flug nicht ausschließlich im Flugplatzverkehr durchgeführt werden soll; wird ein bei Tag begonnener Sichtflug als Nacht-Sichtflug fortgesetzt, so ist der Flugplan spätestens 10 Minuten vor dem Zeitpunkt abzugeben, ab welchem der Flug als Nacht-Sichtflug durchgeführt werden soll.

(3) Freigaben für Nacht-Sichtflüge dürfen nur für Flüge beantragt werden, die nicht als Instrumentenflüge durchgeführt werden können. Dies gilt jedoch nicht für Nacht-Sichtflüge, die ausschließlich im Flugplatzverkehr durchgeführt werden sollen, sowie für Ausbildungsflüge im Rahmen einer Zivilluftfahrerschule oder für Prüfungsflüge.

§ 46

(1) Beabsichtigt der Pilot, vom Sichtflug zum Instrumentenflug überzugehen, so hat er spätestens zehn Minuten vor dem beabsichtigten Beginn des Instrumentenfluges

  1. a) .......
  2. b) einen (neuen) Flugplan zu übermitteln.

(2) Der Flug darf erst nach Erhalt der Freigabe als Instrumentenflug fortgesetzt werden."

Von der belangten Behörde wurde der Bescheidspruch der ersten Instanz unverändert übernommen, sodaß dieser auch dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegt.

Im Spruchpunkt 1 wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, um 17,20 GMT von Punitz aus zu einem Sichtflug in Richtung Flughafen Wien-Schwechat gestartet zu sein und vor Beginn dieses kontrollierten Fluges keinen Flugplan abgegeben zu haben, weshalb eine Verletzung des § 25 Abs. 1 LVR vorliege.

Ein Flugplan ist erst vor Beginn eines kontrollierten Fluges abzugeben (§ 25 Abs. 1 LVR); dies ist nicht gleichbedeutend mit "vor dem Abflug" (vgl. Halbmayer-Wiesenwasser, Das österreichische Luftfahrtrecht, II zu § 25 LVR Pkt. 25.1.2. S. 144). Da nach dem Abspruch der Start um 17,20 GMT, also bei Tag (Beginn der Nacht am Flugplatz Punitz erst um 17,29 GMT), erfolgte, wobei es sich beim Flugplatz Punitz (überdies) um einen nicht kontrollierten Flugplatz handelt, also anfänglich ein Sichtflug unter Sichtwetterbedingungen bei Tag, somit ein nicht kontrollierter Flug vorlag, rügt der Beschwerdeführer mit Recht, daß ihm die Verletzung der Vorschrift des § 25 Abs. 1 LVR bereits ab 17,20 GMT vorgeworfen wurde (vgl. Halbmayer-Wiesenwasser, aaO, zu § 25 Abs. 1 LVR Pkt. 25.1.2. S. 144, zu § 42 LVR Pkt. 42.1.3. (3. Abs.) S. 184 b sowie zu § 45 LVR Pkt. 45.1.4. S. 194). Zum Verhältnis zwischen § 25 Abs. 1 und § 45 Abs. 2 LVR ist zu beachten, daß § 25 Abs. 1 LVR nur dann als verletzte Verwaltungsvorschrift herangezogen werden kann, wenn vor Beginn des kontrollierten Fluges überhaupt kein (oder kein entsprechender) Flugplan abgegeben wurde. Wurde hingegen noch vor Beginn des kontrollierten Fluges, aber verspätet, weil z. B. vor Beginn eines Nacht-Sichtfluges die 10-Minuten-Frist des § 45 Abs. 2 LVR nicht eingehalten wurde, ein Flugplan abgegeben, so macht sich der Pilot (in Ansehung der Flugplanabgabe) nur nach § 45 Abs. 2 LVR strafbar. Eine gleichzeitige Bestrafung wegen § 25 Abs. 1 und § 45 Abs. 2 LVR kommt daher insoweit nicht in Betracht.

Des weiteren liegt ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung insofern vor, als im Spruch von einer Startzeit um 17,20 GMT ausgegangen wird, während die Begründung des angefochtenen Bescheides offensichtlich den Angaben des Beschwerdeführers folgt, wonach die Abflugzeit tatsächlich 17,30 GMT gewesen sei. Um 17,30 GMT war aber bereits Nachtzeit, in welchem Fall ein Start allenfalls gar nicht hätte erfolgen dürfen (vgl. die Ausführungen des BAZ in seiner Stellungnahme vom 19. Februar 1986, S. 3). Es hätte jedenfalls eindeutiger Feststellungen über die tatsächliche Abflugzeit bedurft. Rechtserhebliche Widersprüche zwischen Spruch und Begründung (z. B. hinsichtlich Tatort und Tatzeit) ziehen die inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides nach sich (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens3, Anm. 8 vorletzter Absatz zu § 44 a VStG, S. 726). Auch insoweit ist daher der angefochtene Bescheid, soweit er den Spruchpunkt 1 betrifft, mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Es ist zwar der belangten Behörde beizupflichten, daß für die ordnungsgemäße Aufgabe des Flugplanes der Pilot verantwortlich ist (§ 4 Abs. 2 LVR). Doch ergibt sich aus § 28 Abs. 1 LVR, daß sich der Pilot auch eines Stellvertreters bedienen kann, sofern es sich um eine taugliche (also fachlich geeignete) Person handelt (vgl. Halbmayer-Wiesenwasser, aaO, zu § 28 LVR, Pkt. 28.1.5. und 28.4.2., S. 148 f bzw. 151). Der Beschwerdeführer hat sich von Anfang an, insbesondere in seiner Stellungnahme vom 1. April 1986, damit verantwortet, er habe den diensthabenden Flugplatzbetriebsleiter (Pilot), also eine taugliche Person, mit der Aufgabe des Flugplanes vor dem Abflug betraut. Dieser habe ihm nach anfänglichen Schwierigkeiten bekanntgegeben, daß man jetzt eine Verbindung habe, man werde den Flugplan gleich durchgeben. Es hätte daher im Sinne des § 25 Abs. 2 VStG, wonach die der Entlastung des Beschwerdeführers dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen sind wie die belastenden, einer Befragung des Flugplatzbetriebsleiters als Zeuge bedurft, mag auch der Tonbandauszug über den Sprechfunkverkehr eher dafür sprechen, daß die Verantwortung des Beschwerdeführers nicht zutrifft.

Der Beschwerde kommt aber auch im Ergebnis Berechtigung zu, soweit sie die Spruchpunkte 2 und 3 des erstinstanzlichen Straferkenntnisses betrifft. Dem Beschwerdeführer kann zwar nicht gefolgt werden, wenn er die Meinung vertritt, es handle sich bei der in § 45 Abs. 2 bzw. S 46 Abs. 1 LVR jeweils genannten 10- Minuten-Frist um eine bloße Ordnungsvorschrift ohne Straffolgen. Weder aus dem Wortlaut dieser, dem Interesse der Luftverkehrssicherheit dienenden, Bestimmungen noch aus dem Gesetzeszusammenhang läßt sich dies ableiten. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß der Pilot auch bei Einhaltung der Frist nicht damit rechnen kann, daß die erforderliche Freigabe innerhalb der 10-Minuten-Frist auch tatsächlich erfolgt. Die belangte Behörde hat jedoch den angefochtenen Bescheid schon deswegen hinsichtlich des Punktes 2 mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weil sie offensichtlich von der Möglichkeit einer Doppelbestrafung (§ 25 Abs. 1 und § 45 Abs. 2 LVR) ausgegangen ist, was jedoch nach den obigen Darlegungen nicht zutrifft. Überdies sind die vorstehenden Ausführungen hinsichtlich der maßgebenden Frage, ob ein Flugplan abgegeben wurde oder nicht bzw. wann tatsächlich der Abflug erfolgte, auch für die Übertretung nach § 45 Abs. 2 LVR von entscheidungswesentlicher Bedeutung. Die Frage, welche Verwaltungsvorschriften verletzt wurden, wenn der Beschwerdeführer erst zur Nachtzeit gestartet sein sollte, ist allerdings nicht Gegenstand dieser Entscheidung.

Der Spruchpunkt 3 erweist sich schon deshalb als mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weil die Fortsetzung eines Fluges als Instrumentenflug (ohne Freigabe) als Übertretung des § 46 Abs. 2 LVR zu qualifizieren ist, die belangte Behörde aber, wie der Wortlaut des Abspruches beweist, Tatbestandsmerkmale des Abs. 1 und des Abs. 2 des § 46 LVR in unzulässiger Weise zusammengefaßt hat. Es fehlt auch jedwede Feststellung darüber, zu welchem Zeitpunkt der Beschwerdeführer zum Instrumentenflug überzugehen beabsichtigte, da dies wiederum für die Feststellung, ob er die 10-Minuten-Frist des § 46 Abs. 1 LVR eingehalten hat, von wesentlicher Bedeutung ist. Es ist auch ungeklärt geblieben, ob der Beschwerdeführer tatsächlich zunächst in einen Nacht-Sichtflug überzugehen beabsichtigte und dann erst in einen IFR-Flug. Weiters ergibt sich aus § 45 Abs. 3 LVR, daß Freigaben für Nacht-Sichtflüge nur für Flüge beantragt werden dürfen, die nicht als Instrumentenflüge durchgeführt werden können. Auch damit hat sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt. Auch hält es der Verwaltungsgerichtshof für zweckmäßig, die Bestimmung des § 75 LVR zu zitieren. Beim weiteren Vorgehen wird vor allem auch zu prüfen sein, ob taugliche Verfolgungshandlungen innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale jener Delikte vorliegen, die der Beschwerdeführer durch sein Verhalten verwirklicht haben könnte.

Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 243/1985.

Wien, am 22. Februar 1989

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