VwGH 81/05/0159

VwGH81/05/015913.9.1983

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Straßmann und die Hofräte Dr. Draxler, DDr. Hauer, Dr. Degischer und Dr. Domittner als Richter, im Beisein des Schriftführers Richter Mag. Dr. Walter, über die Beschwerde des Dr. KZ, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 21. Oktober 1981, Zl. MA 50/S 24.150/81, betreffend Wohnbeihilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 litc Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb impl;
WFG 1968 §27 Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 8.060,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Dem Beschwerdeführer wurde - soweit dies für den vorliegenden Rechtsfall noch von Bedeutung ist - mit Bescheid vom 23. Juni 1981 zum Wohnungsaufwand für seine Wohnung in Wien, S-Straße 44/B/5/192, ab 1. Mai 1981 bis 30. April 1982 eine Wohnbeihilfe von monatlich S 3.342,-- gewährt. Mit Eingabe vom 5. August 1981 teilte der Beschwerdeführer mit, daß er die bisherige Wohnung zum 30. Juni 1981 aufgegeben habe und nunmehr ab 1. Juli 1981 mit seiner Gattin und seinen beiden minderjährigen Kindern im selben Objekt im Block A/Stock 5/Tür 014 wohne. Im übrigen habe sich seit seinem letzten Ansuchen für die Gewährung der Wohnbeihilfe ab 1. Mai 1981 keine Änderung ergeben, sodaß er auf den diesbezüglichen Akt verweise. Unter Vorlage von Schreiben der Wohnbauvereinigung und weiterer Beilagen beantragte der Beschwerdeführer, ihm ab 1. Juli 1981 für die oben genannte neue Wohnung eine Wohnbeihilfe zu gewähren.

Die Wiener Landesregierung stellte sohin mit Bescheid vom 24. August 1981 die mit Bescheid vom 23. Juni 1981 gewährte Wohnbeihilfe ein und trug dem Beschwerdeführer auf, die zu Unrecht empfangene Wohnbeihilfe von S 6.684,-- rückzuerstatten. Die Einstellung der Wohnbeihilfe begründete die Wiener Landesregierung damit, daß das Mietrecht, Nutzungsrecht bzw. Eigentumsrecht an der Wohnung beendet worden sei.

Über Aufforderung der Wiener Landesregierung legte der Beschwerdeführer mit Eingabe vom 13. Oktober 1981 Meldezettel über die Ab- und Anmeldung "aller vier Bewohner" und den Mietvertrag vor. Gleichzeitig teilte er mit, daß er erst auf Grund dieser Aufforderung die Ummeldung (nach den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde erst am 12.

bzw. 13. Oktober 1981) vorgenommen habe, da er der Ansicht gewesen sei, daß bei Übersiedlung bloß innerhalb desselben Hauses eine Ummeldung nicht unbedingt erforderlich sei. Weiters bot er die Bestätigung einer Nachbarin an, daß er mit seiner Familie tatsächlich ab 1. Juli 1981 ausschließlich in der neuen Wohnung wohne.

Ohne Durchführung eines weiteren Ermittlungsverfahrens erließ die Wiener Landesregierung den Bescheid vom 21. Oktober 1981, mit dem dem Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf § 15 des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 und die dazu ergangene Verordnung der Wiener Landesregierung, LGBl. für Wien Nr. 1/1973, beide in der damals geltenden Fassung, auf Antrag vom 25. September 1981 ab 1. Oktober 1981 bis 30. September 1982 eine Wohnbeihilfe von monatlich S 3.298,-- gewährt wurde. In der Begründung stellte die Behörde ausschließlich Erwägungen über die Berechnung der Wohnbeihilfe an.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Durchführung des Verfahrens nach den gesetzlichen Vorschriften durch Verletzung der Bestimmungen des § 37, § 58 Abs. 2 und § 59 Abs. 1 AVG 1950 sowie in seinem Recht auf Zuerkennung der Wohnbeihilfe für die neue Wohnung für den Zeitraum vom 1. Juli 1981 bis 30. September 1981 in der Höhe von monatlich S 3.298,-- durch unrichtige Anwendung gesetzlicher Bestimmungen, insbesondere der §§ 15, 27 und 28 des Wohnbauförderungsgesetzes 1968, verletzt erachtet.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte. In dieser Gegenschrift führt die belangte Behörde u.a. aus, dem Beschwerdeführer sei telefonisch mitgeteilt worden, daß "lediglich aus computertechnischen Gründen" im Bescheid das Datum der Bearbeitung als Datum der Antragstellung aufscheine, was auf die "Zuerkennungsfrist" keinen Einfluß habe. Außerdem sei dem Beschwerdeführer mitgeteilt worden, daß er für die Zeit vom 1. Juli 1981 bis 30. September 1981 keinen abweisenden Bescheid zu erwarten habe, da über seinen Antrag vom 5. August 1981 mit dem Bescheid vom 21. Oktober 1981 abgesprochen worden sei.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 58 Abs. 2 AVG 1950 sind Bescheide zu begründen; wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Nach § 59 Abs. 1 leg. cit. hat der Spruch die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichst gedrängter, deutlicher Fassung und unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen. Läßt der Gegenstand der Verhandlung eine Trennung nach mehreren Punkten zu, so kann, wenn dies zweckmäßig erscheint, über jeden dieser Punkte, sobald er spruchreif ist, gesondert abgesprochen werden.

Wie der vorstehenden Sachverhaltsdarstellung entnommen werden kann, hat die belangte Behörde über das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 5. August 1981, ihm ab 1. Juli 1981 zum Wohnungsaufwand für seine neue Wohnung Wohnbeihilfe zu gewähren, mit dem angefochtenen Bescheid vom 21. Oktober 1981 eine Wohnbeihilfe erst ab 1. Oktober 1981 (bis zum 30. September 1982) zuerkannt. Der Spruch des angefochtenen Bescheides läßt nicht erkennen, daß sich die belangte Behörde eine Entscheidung über den Zeitraum vom 1. Juli 1981 bis 30. September 1981 für einen weiteren Bescheid vorbehalten hätte. Daß die belangte Behörde über das Ansuchen des Beschwerdeführers vom 5. August 1981 zur Gänze absprechen wollte, geht vielmehr aus den oben wiedergegebenen Ausführungen der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift deutlich hervor. Eine Begründung, weshalb dem Antrag des Beschwerdeführers für die Monate Juli, August und September 1981 nicht stattgegeben worden ist, enthält der angefochtene Bescheid nicht.

Fehlt einem Bescheid, ohne daß dies in § 59 Abs. 2 AVG 1950 oder sonst gesetzlich gedeckt wäre, jegliche Begründung und läßt sich aus ihm dementsprechend auch nicht entnehmen, von welcher Sachverhaltsannahme die Behörde ausgegangen ist, so ist dieser Bescheid (insbesondere auch deshalb, weil der erwähnte Mangel den Verwaltungsgerichtshof daran hindert, die inhaltliche Rechtmäßigkeit des Bescheides im Sinne des § 41 Abs. 1 VwGG 1965 auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu prüfen) schon gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 aufzuheben (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. Jänner 1979, Slg. 9747/A).

Der angefochtene Bescheid war daher auf Grund des Fehlens einer Begründung, warum die Wohnbeihilfe für drei Monate nicht gewährt wurde, gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 2 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich jedoch aus verfahrensökonomischen Gründen noch zu folgenden Bemerkungen veranlaßt:

Die erst in der Gegenschrift vertretene Ansicht der belangten Behörde, die polizeiliche Meldung sei anspruchsbegründend, widerspricht offensichtlich dem Gesetz; wäre diese Auffassung bereits im angefochtenen Bescheid vertreten worden, litte dieser an einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Gemäß § 27 Abs. 4 des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 sind zum Antrag auf Gewährung einer Wohnbeihilfe die Nachweise über das Familieneinkommen beizubringen und die einzelnen der im Haushalt lebenden Familienmitglieder anzugeben. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde kann daher zufolge dieses Wortlautes der Meldezettel nicht als ein zur Erlangung einer Wohnbeihilfe erforderlicher Nachweis angesehen werden. Vielmehr hat die Behörde in einem Ermittlungsverfahren gemäß den §§ 37 ff AVG 1950 jene Umstände, auf die sie ihre Entscheidung stützt, von Amts wegen zu klären. Eine polizeiliche An- oder Abmeldung kann zwar, da § 46 AVG 1950 die Beweismittel nicht einschränkt, als Beweismittel in Betracht kommen, doch ist die Behörde verpflichtet, im Falle eines Widerspruches einer polizeilichen An- oder Abmeldung und den Angaben der Parteien oder Beteiligten für eine Klarstellung des Sachverhaltes, z.B. durch die Befragung von Wohnungsnachbarn, zu sorgen (siehe dazu die hg. Erkenntnisse vom 29. Juni 1982, Zl. 82/05/0047, und vom 19. Mai 1983, Zl. 82/06/0083; hinsichtlich des zweifelhaften Beweiswertes polizeilicher An- und Abmeldebestätigungen siehe im übrigen auch das hg. Erkenntnis vom 2. Juli 1981, Zl. 2628/78).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG 1965 in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981. Das auf den Ersatz von Barauslagen und auf Kosten für Fotokopien gerichtete Begehren war abzuweisen, weil das VwGG 1965 den Ersatz dieser Kosten nicht vorsieht.

Wien, am 13. September 1983

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte