Normen
WFG 1968 §15;
WFG 1968 §2 Abs1 Z13;
WohnbeihilfenV Wr 1973 §2 Abs2 idF 1982/003;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 8.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 18. Juni 1980 wurde der Beschwerdeführerin unter Bezugnahme auf § 15 des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 und die dazu ergangene Verordnung der Wiener Landesregierung, LGBl. für Wien Nr. 1/1973, beide in der damals geltenden Fassung, für die Zeit vom 1. August 1980 bis 31. Juli 1981 eine Wohnbeihilfe von monatlich S 1.883,-- gewährt. Dieser Bescheid wurde mit dem Bescheid der genannten Behörde vom 18. Februar 1981 dahin gehend geändert, daß die Wohnbeihilfe der Beschwerdeführerin ab 1. Jänner 1981 mit monatlich S 2.502,-- neu festgesetzt wurde. Für die Zeit vom 1. August 1981 bis 31. Juli 1982 wurde der Beschwerdeführerin mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 2. Juli 1981 eine Wohnbeihilfe in der Höhe von S 2.432,-- pro Monat gewährt.
Auf Grund eines der Behörde zugegangenen anonymen Schreibens, demzufolge die Beschwerdeführerin in der den Gegenstand der Wohnbeihilfe bildenden Wohnung mit einem Herrn K. zusammen wohne, wurde eine Auskunft des Zentralmeldeamtes eingeholt, derzufolge Heinz K. seit 17. Oktober 1980 in der in Rede stehenden Wohnung der Beschwerdeführerin gemeldet sei.
Am 23. Dezember 1981 erklärte die Beschwerdeführerin gegenüber der Behörde entsprechend einer aus diesem Anlaß aufgenommenen Niederschrift, Herrn K. bis spätestens 31. Dezember 1981 polizeilich abzumelden und seine Einkommensnachweise für die Zeit vom 17. Oktober 1980 bis 31. Dezember 1981 vorzulegen.
Am 30. Dezember 1981 gab Heinz K. entsprechend einer mit ihm aufgenommenen Niederschrift an, wohl am 17. Oktober 1980 in die Wohnung der Beschwerdeführerin eingezogen, jedoch nach zwei Wochen wegen Zwistigkeiten wieder ausgezogen zu sein. Seither habe er in seiner Eigentumswohnung in Wien 22. gewohnt, dabei aber nicht beachtet, daß er dort gar nicht polizeilich gemeldet gewesen sei. Dies habe er erst am 23. Dezember 1981 nachgeholt. Im übrigen deponierte der Genannte bei dieser Gelegenheit, daß er nicht bereit sei, für die Zeit vom 17. Oktober 1980 bis 22. Dezember 1981 seine Einkommensnachweise vorzulegen. Die Beschwerdeführerin habe von ihm ausschließlich die Alimente für seine Tochter Manuela erhalten.
Die Wiener Landesregierung erließ daraufhin den mit 16. Februar 1982 datierten Bescheid, dessen Spruch nachstehenden Wortlaut hat:
"1) Das mit Bescheid des Amtes der Wiener Landesregierung vom 18.6.1980, Zl.: MA 50/S-12822/80, abgeändert mit Bescheid vom 18.2.1981, Zl.: MA 50/S-12822/80, abgeschlossene Wohnbeihilfeverfahren der Frau K... Liliane wird gemäß § 69 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 (AVG 1950) wieder aufgenommen und ausgesprochen, daß ihr ab 1.11.1980 keine Wohnbeihilfe gebührt.
Die mit obzitierten Bescheiden gewährte bzw. abgeänderte Wohnbeihilfe wird daher rückwirkend mit 31.10.1980 eingestellt.
2) Die mit Bescheid der Magistratsabteilung 50 vom 2.7.1981, Zl.: MA 50/S-16255/81, für die Dauer vom 1.8.1981 bis 31.7.1982 in der Höhe von monatlich S 2.432,-- zuerkannte Wohnbeihilfe gemäß § 15 des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 (WFG 1968) und der dazu ergangenen Verordnung der Wiener Landesregierung, LGBl. für Wien Nr. 1/73, beide in der derzeit geltenden Fassung, wird mit 1.8.1981 eingestellt.
3) Die für den Zeitraum vom 1.11.1980 bis 31.12.1980 und vom 1.1.1981 bis 31.7.1981 bzw. vom 1.8.1981 bis 31.12.1981 zu Unrecht empfangene Wohnbeihilfe in der Höhe von insgesamt S 33.444,-- ist gemäß § 15 Abs. 7 des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 (WFG 1968) bis längstens 31.12.1983 mittels beiliegenden Zahlscheinen rückzuerstatten."
Die Spruchteile 1) und 2) begründete die belangte Behörde mit einem Hinweis auf § 69 Abs. 1 und 3 AVG 1950 sowie § 2 Abs. 2 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 12. Dezember 1972, LGBl. für Wien Nr. 1/1973, in der derzeit geltenden Fassung, wonach der Empfänger der Wohnbeihilfe verpflichtet sei, der Magistratsabteilung 50 alle Tatsachen, die eine Änderung der Höhe der Wohnbeihilfe oder den Verlust des Anspruches zur Folge hätten, binnen einem Monat nach deren Eintritt anzuzeigen. Dies gelte insbesondere für jede Änderung des Familieneinkommens und des Familienstandes. Da die Beschwerdeführerin sowohl die Bekanntgabe der Anmeldung ihres Lebensgefährten in der gemeinsamen Wohnung als auch die Meldung über dessen Einkommen unterlassen habe, sei der im § 69 Abs. 1 lit. a AVG 1950 umschriebene Tatbestand erfüllt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei. Zur Begründung des Spruchteiles 3) verwies die belangte Behörde auf § 15 Abs. 7 des Wohnbauförderungsgesetzes 1968, wonach die zu Unrecht empfangene Wohnbeihilfe zurückzuerstatten sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Nach Wiedergabe des Wortlautes des § 2 Abs. 2 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 12. Dezember 1972, LGBl. für Wien Nr. 1/1973, bringt die Beschwerdeführerin vor, in der genannten Bestimmung finde sich kein Hinweis auf eine Lebensgemeinschaft, und dem Gesetz zufolge seien nur folgende Arten des Familienstandes möglich: ledig, verheiratet, verwitwet oder geschieden. Eine Lebensgemeinschaft verändere demgemäß den Familienstand nicht. Daraus ergebe sich, daß auf Grund der erwähnten Verordnung der Wiener Landesregierung selbst dann, wenn von der Beschwerdeführerin tatsächlich eine Lebensgemeinschaft eingegangen worden wäre, dadurch ihr Familienstand nicht verändert worden wäre, sohin die Wiener Landesregierung keinen Anspruch auf Bekanntgabe dieses Umstandes gehabt habe und überdies auf Grund der zitierten Verordnung die Lebensgemeinschaft keinen Grund für die Entziehung der Wohnbeihilfe darstelle. Der angefochtene Bescheid sei daher unter diesem Gesichtspunkt rechtswidrig.
Mit dieser Auffassung ist die Beschwerdeführerin aus nachstehenden Erwägungen nicht im Recht:
Sowohl aus § 15 Abs. 8 des Wohnbauförderungsgesetzes 1968, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 560/1980, als auch aus § 1 Abs. 2 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 12. Dezember 1972, LGBl. Nr. 1/1973, in der Fassung der Verordnung LGBl. für Wien Nr. 3/1932, ergibt sich, daß für die Gewährung der Wohnbeihilfe dem "Familieneinkommen" eine entscheidende Bedeutung zukommt. Zufolge § 2 Abs. 1 Z. 13 des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 ist darunter die Summe der Einkommen im Sinne der Z. 12 des Förderungswerbers oder Mieters (Nutzungsberechtigten), dessen Ehegatten, Verwandten in gerader Linie einschließlich der Wahlkinder und Verwandten im zweiten Grad der Seitenlinie sowie Verschwägerten in gerader Linie, sofern diese Personen im gemeinsamen Haushalt mit dem Förderungswerber oder Mieter (Nutzungsberechtigten) wohnen, soweit diese Personen nicht ohnehin zusammen veranlagt, werden, zu verstehen. Nach dem zweiten Halbsatz dieser Bestimmung ist das Einkommen jener Person ebenso zu berücksichtigen, mit der der Förderungswerber oder Mieter (Nutzungsberchtigte) dauernd in einer Haushaltsgemeinschaft lebt, die in wirtschaftlicher Hinsicht gleich einer Ehe eingerichtet ist.
Daraus geht mit der gebotenen Deutlichkeit hervor, daß der Bestand oder das Eingehen einer Haushaltsgemeinschaft der in Rede stehenden Art zu jenen "Tatsachen" zählt, die der Empfänger der Wohnbeihilfe zufolge § 2 Abs. 2 der erwähnten Verordnung der Wiener Landesregierung vom 12. Dezember 1972 der Wiener Landesregierung anzuzeigen hat, weil dies eine Änderung der Höhe der Wohnbeihilfe oder den Verlust des Anspruches zur Folge haben kann (vgl. dazu auch § 15 Abs. 6 des Wohnbauförderungsgesetzes 1968). Im Fall einer der Behörde nicht angezeigten Haushaltsgemeinschaft (im Sinne des schon zitierten § 2 Abs. 1 Z. 13 des Wohnbauförderungsgesetzes 1968), die für den Anspruch auf die Wohnbeihilfe wegen der Höhe des Einkommens der die Haushaltsgemeinschaft mit dem Förderungswerber begründenden Person relevant ist, besteht daher die Möglichkeit der Erlassung eines auf § 15 Abs. 7 leg.cit. gegründeten Bescheides, mit welchem der Förderungswerber verpflichtet wird, eine - im Hinblick auf die Haushaltsgemeinschaft allenfalls zu Unrecht bezogene Wohnbeihilfe zurückzuerstatten.
In weiterer Folge rügt die Beschwerdeführerin, daß die belangte Behörde im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens festzustellen gehabt hätte, ob von der Beschwerdeführerin überhaupt eine Lebensgemeinschaft eingegangen worden ist. Die Behörde habe nämlich einerseits keine diesbezüglichen Erhebungen durchgeführt und andererseits darauf keine Rücksicht genommen, daß sowohl die Beschwerdeführerin als auch Heinz K. erklärt hätten, keine Lebensgemeinschaft eingegangen zu sein. Allein aus der Tatsache, daß Heinz K. bei der Beschwerdeführerin seit ca. einem Jahr polizeilich gemeldet gewesen sei, könne noch nicht das Bestehen einer Haushaltsgemeinschaft mit der Beschwerdeführerin geschlossen werden, da eine solche ein gemeinsames Wohnen und Wirtschaften voraussetze.
Zu diesem Vorbringen ist Nachstehendes zu bemerken:
Wie schon in der Sachverhaltsdarstellung ausgeführt worden ist, hat die belangte Behörde ein anonymes Schreiben zum Anlaß einer Anfrage an das Zentralmeldeamt genommen, welche ergeben hat, daß Heinz K. seit 17. Oktober 1980 in der gegenständlichen Wohnung der Beschwerdeführerin polizeilich gemeldet sei.
Die Beschwerdeführerin hat anläßlich der am 23. Dezember 1981 mit ihr aufgenommenen Niederschrift zur Frage des allfälligen Bestehens einer Haushaltsgemeinschaft mit dem Genannten keine Angaben gemacht, sondern lediglich erklärt, ihn bis spätestens 31. Dezember 1981 polizeilich abzumelden und seine Einkommensnachweise für die Zeit vom 17. Oktober 1980 bis 31. Dezember 1981 der Behörde vorzulegen.
Heinz K. hat, wie ebenfalls schon ausgeführt worden ist, am 30. Dezember 1981 gegenüber der Behörde erklärt, "wohl am 17. 10. 80 in die Wohnung" der Beschwerdeführerin "eingezogen" zu sein, "jedoch nach zwei Wochen wegen Zwistigkeiten wieder ausgezogen" zu sein. Seither habe er in seiner "eigenen Eigentumswohnung in Wien 22., gewohnt ..."
Ungeachtet dessen, und ohne der Beschwerdeführerin Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu diesen Angaben des Heinz K. zu geben, ist die belangte Behörde der Ansicht gewesen, daß die Voraussetzungen für die Erlassung des angefochtenen Bescheides gegeben sind, wobei sie entsprechend der Begründung desselben davon ausgegangen ist, daß die Unterlassung der "Bekanntgabe der Anmeldung ihres Lebensgefährten in der gemeinsamen Wohnung als auch die Meldung über dessen Einkommen" seitens der Beschwerdeführerin zur Wiederaufnahme der mit den erwähnten Bescheiden abgeschlossenen Verfahren genügt habe.
Der Verwaltungsgerichtshof ist in Übereinstimmung mit der Beschwerdeführerin der Auffassung, daß die polizeiliche Meldung des Heinz K. in der in Rede stehenden Wohnung der Beschwerdeführerin noch keinen Beweis dafür darstellt, daß der Genannte mit der Beschwerdeführerin in einer Haushaltsgemeinschaft gelebt hat, die in wirtschaftlicher Hinsicht gleich einer Ehe eingerichtet ist.
Dies umsoweniger, als Heinz K. ausdrücklich erklärt, hat, "nach zwei Wochen wieder ausgezogen" zu sein, und die Verwaltungsakten keinen Anhaltspunkt dafür bieten, daß dieses Vorbringen den Tatsachen nicht entspricht. Die belangte Behörde wäre daher gehalten gewesen, diesbezügliche ergänzende Erhebungen -
vor allem durch Befragung von Bewohnern des Hauses der Beschwerdeführerin bzw. von solchen in jenem Hause, in welchem sich die Eigentumswohnung des Heinz K. befindet - festzustellen, ob die Annahme des Bestehens einer Haushaltsgemeinschaft in der in Rede stehenden Art gerechtfertigt ist.
Da die belangte Behörde bei dem ihr vorliegenden Ergebnis des Ermittlungsverfahrens sohin nicht von einer Haushaltsgemeinschaft zwischen der Beschwerdeführerin und Heinz K. während des für die Zuerkennung der Wohnbeihilfe im Beschwerdefall maßgeblichen Zeitraumes ausgehen durfte, war sie auch nicht berechtigt, das Unterbleiben der "Bekanntgabe der Anmeldung" des Heinz K. in der Wohnung der Beschwerdeführerin sowie die Unterlassung einer Meldung über dessen Einkommen zum Anlaß für eine Wiederaufnahme der erwähnten Verfahren zu nehmen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 lit. c Z. 3 VwGG 1965 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht nur hinsichtlich des auf § 69 Abs. 1 lit. a AVG 1950 gestützten Teiles des Spruches, sondern auch hinsichtlich des Ausspruches über die Zurückerstattung der zu Unrecht empfangenen Wohnbeihilfe aufzuheben, da unter den gegebenen Umständen nicht feststeht, daß die Wohnbeihilfe von der Beschwerdeführerin zu Unrecht empfangen worden ist. Schließlich soll auch nicht unerwähnt bleiben, daß die ergänzenden Ausführungen in der Gegenschrift die fehlenden Feststellungen und Erörterungen im angefochtenen Bescheid - zumal dieser in einem erstinstanzlichen Verfahren ergangen ist - nicht zu ersetzen vermögen (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1967, Zl. 1567/66).
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 lit. a und b VwGG 1965 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 316/1976 in Verbindung mit Art. 1 Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 221/1981. Das Mehrbegehren der Beschwerdeführerin war abzuweisen, da in dem nach der zitierten Verordnung vorgesehenen Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer bereits enthalten ist.
Wien, am 29. Juni 1982
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