Normen
AsylG 2005 §10;
MRK Art8;
NAG 2005 §41a Abs9;
NAG 2005 §44b Abs1 Z1;
NAG 2005 §44b Abs1;
AsylG 2005 §10;
MRK Art8;
NAG 2005 §41a Abs9;
NAG 2005 §44b Abs1 Z1;
NAG 2005 §44b Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 2. August 2012 wies die Bezirkshauptmannschaft B den Antrag des Beschwerdeführers, eines georgischen Staatsangehörigen, auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" gemäß § 41a Abs. 9 und § 44b Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) zurück, weil sich der Sachverhalt seit der rechtskräftigen Ausweisung im Hinblick auf § 11 Abs. 3 NAG iVm Art. 8 EMRK nicht maßgeblich geändert habe. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die Bundesministerin für Inneres (im Folgenden: Behörde) die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers ab.
In ihrer Begründung führte die Behörde zunächst aus, dass der Beschwerdeführer am 21. August 2003 nach Österreich eingereist sei und einen Asylantrag gestellt habe. Nachdem ihm zunächst mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 30. Mai 2005 Asyl gewährt worden sei, habe ihm das Bundesasylamt den zuerkannten Status als Asylberechtigten mit Bescheid vom 20. Oktober 2008 wieder aberkannt und ihn aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde habe der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 26. Jänner 2012 abgewiesen und dabei festgestellt, dass eine Ausweisung unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 EMRK verhältnismäßig sei.
Die Behörde hielt weiters fest, dass für die Frage, ob ein maßgeblich geänderter Sachverhalt iSd § 44b Abs. 1 NAG vorliege, der Zeitraum zwischen der zweitinstanzlich erlassenen Ausweisung durch den Asylgerichtshof und der Entscheidung der erstinstanzlichen Niederlassungsbehörde heranzuziehen sei. Der Asylgerichtshof habe bei seiner detaillierten Interessenabwägung die guten Deutschkenntnisse des Beschwerdeführers, seine regelmäßige Teilnahme an Treffen der Glaubensgemeinschaft der Zeugen Jehovas, die nahezu durchgehende Erwerbstätigkeit seit Jänner 2006 und die Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers ebenso berücksichtigt wie seine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung durch das Landesgericht N vom 4. September 2009 wegen versuchter sexueller Belästigung, geschlechtlicher Nötigung und Amtsanmaßung zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von elf Monaten. Weiters habe der Asylgerichtshof auf den Gehörschaden des Beschwerdeführers und sein implantiertes Hörgerät sowie auf den Besuch der - vom Landesgericht N angeordneten - Psychotherapie Bezug genommen.
Neben diesen Aspekten habe der Beschwerdeführer in seinem Antrag - als neue Tatsachen - auf seine seit Februar 2012 verrichtete Freiwilligenarbeit beim Roten Kreuz und auf diverse Empfehlungsschreiben von Nachbarn verwiesen. Die Empfehlungsschreiben würden aber in erster Linie Umstände bestätigen, die schon vor dem 26. Jänner 2012 (somit vor der Ausweisung) vorgelegen seien. Der Freiwilligenarbeit wiederum könne kein solches Gewicht beigemessen werden, dass daraus bei Gesamtbetrachtung der Umstände eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes iSd § 44b Abs. 1 NAG resultiere, die im Hinblick auf Art. 8 EMRK eine anders lautende Entscheidung herbeiführen könnte. Eine Neubeurteilung unter dem Gesichtspunkt von Art. 8 EMRK sei somit nicht erforderlich, weshalb die Zurückweisung des Antrags durch die Bezirkshauptmannschaft B zu bestätigen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die Behörde erwogen hat:
Vorauszuschicken ist, dass es sich beim vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall nicht um einen Übergangsfall nach dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, handelt und somit gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.
Weiters wird festgehalten, dass sich die Beurteilung des gegenständlichen Falles im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (25. Februar 2013) nach den Bestimmungen des NAG idF BGBl. I Nr. 50/2012 richtet.
Gemäß § 44b Abs. 1 Z 1 NAG ist ein Antrag nach § 41a Abs. 9 NAG als unzulässig zurückzuweisen, wenn gegen den Antragsteller eine Ausweisung rechtskräftig erlassen wurde und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 11 Abs. 3 NAG ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.
Der Sache nach ist der Zurückweisungsgrund des § 44b Abs. 1 Z 1 NAG der Zurückweisung wegen entschiedener Sache (§ 68 Abs. 1 AVG) nachgebildet. Die zu § 68 Abs. 1 AVG entwickelten Grundsätze für die Beurteilung, wann eine Änderung des Sachverhaltes als wesentlich anzusehen ist, können daher auch für die Frage, wann eine maßgebliche Sachverhaltsänderung iSd § 44b Abs. 1 NAG vorliegt, herangezogen werden. Demnach ist eine Sachverhaltsänderung dann wesentlich, wenn sie für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die rechtskräftige Entscheidung gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann. Die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides (bezogen auf § 44b Abs. 1 NAG: eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK) muss also zumindest möglich sein; in dieser Hinsicht hat die Behörde eine Prognose zu treffen. Dabei ist die Wesentlichkeit der Sachverhaltsänderung nach der Wertung zu beurteilen, die das geänderte Sachverhaltselement in der seinerzeitigen Entscheidung erfahren hat. Für diese Prognose ist eine Gesamtbetrachtung anzustellen (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 11. November 2013, Zl. 2013/22/0252, mwN).
Der Beschwerdeführer verweist darauf, dass er seit nahezu zehn Jahren in Österreich lebe, regelmäßig einer Arbeit nachgegangen sei, deutsch gelernt habe und sich sozial in seiner Glaubensgemeinschaft sowie beim Roten Kreuz engagiert habe. Diese Integrationsleistung sei umso bedeutsamer, als sein Hörvermögen nachhaltig geschädigt sei. Der Asylgerichtshof sei kaum auf seinen Gesundheitszustand eingegangen und habe seine Deutschkenntnisse und die Selbsterhaltungsfähigkeit nicht entsprechend gewürdigt. Auch das soziale Engagement im Rahmen des Roten Kreuzes, den nennenswerten Freundes- und Bekanntenkreis sowie die erfolgreich abgeschlossene Psychotherapie habe der Asylgerichtshof nicht berücksichtigt bzw. noch gar nicht berücksichtigen können.
Soweit der Beschwerdeführer auf seine Deutschkenntnisse, seine Selbsterhaltungsfähigkeit und sein geschädigtes Hörvermögen verweist und diesbezüglich eine entsprechende Würdigung durch den Asylgerichtshof vermisst, bringt er damit keine Sachverhaltsänderungen vor, sondern er wendet sich der Sache nach gegen die Ausweisungsentscheidung durch den Asylgerichtshof; die Überprüfung der im Asylverfahren ergangenen Ausweisung ist aber nicht Gegenstand des Verfahrens vor der Niederlassungsbehörde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. April 2013, Zlen. 2013/22/0051 bis 0053).
Aus den vom Beschwerdeführer neu vorgebrachten Umständen - den vorgelegten Empfehlungsschreiben und seinem sozialen Engagement beim Roten Kreuz - allein musste die Behörde nicht auf eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes schließen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 11. November 2013, Zl. 2013/22/0250, und Zl. 2013/22/0217). Auch bei einer Gesamtbetrachtung - unter Einbeziehung der zwischen der rechtskräftigen Ausweisung des Beschwerdeführers (vom 26. Jänner 2012) und der (hier maßgeblichen) erstinstanzlichen Zurückweisung seines Antrages (mit Bescheid vom 2. August 2012) liegenden Dauer von etwas über einem halben Jahr - kann nicht gesehen werden, dass Sachverhaltsänderungen vorlägen, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen bei der hier anzustellenden Prognose den Schluss zugelassen hätten, es wäre eine andere Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Rechte nach Art. 8 EMRK zumindest möglich. Daran vermag fallbezogen auch die (zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Zurückweisung seines Antrags) bestehende Aufenthaltsdauer in Österreich von knapp neun Jahren nichts zu ändern.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG sowie § 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, iVm § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 30. Juli 2014
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