VwGH 2013/15/0306

VwGH2013/15/030610.3.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Tanzer, über die Beschwerde der D GmbH in Liquidation in R, vertreten durch die Auxiliaris Steuerberatung GmbH in 8480 Mureck, Bahnhofstraße 16, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 29. Oktober 2013, Zl. RV/0804-G/12, betreffend Investitionszuwachsprämie 2004, zu Recht erkannt:

Normen

EStG §108e Abs3;
EStG §108e;
EStG §108e Abs3;
EStG §108e;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die beschwerdeführende GmbH machte für eine von ihr "geleaste Druckmaschine" mit Anschaffungskosten von ca. 1,5 Mio. EUR Investitionszuwachsprämie 2004 geltend.

2 Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung stellte der Prüfer fest, dass für diese Maschine sowohl die Leasinggeberin als auch die Beschwerdeführerin Investitionszuwachsprämie geltend gemacht haben. Die Leasinggeberin habe die Prämie sogar bei der Berechnung der Leasingraten berücksichtigt. Nach Ansicht des Prüfers sei die Leasinggeberin zivilrechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer der Maschine. Der Verkauf des Leasinggegenstandes von der Leasinggeberin an die Beschwerdeführerin sei nicht vereinbart gewesen, wenn auch - unter der Voraussetzung eines Rückkaufes - der Rückkaufpreis in Höhe der letzten Rate (ca. 18.000 EUR) sehr wohl zugesichert gewesen sei. Die Beschwerdeführerin habe sich im Zug der Erstellung des Jahresabschlusses 2004 entschlossen, die Prämie geltend zu machen. Sie habe dies im Wissen getan, nicht wirtschaftliche Eigentümerin der Maschine zu sein.

3 Gegen den Bescheid vom 30. Jänner 2007, mit dem das Finanzamt die Investitionszuwachsprämie mit Null festsetzte, erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie brachte vor, zur Finanzierung der Maschine sei ein Kaufpreisleasing gewählt worden. Die Leasinggeberin habe einen Vertrag mit siebenjähriger Laufzeit und einer Abschlagszahlung in Höhe einer weiteren Monatsrate angeboten. Die Leasingvereinbarung sei so gewählt worden, dass diese Abschlagszahlung nach dem Ende der Laufzeit eine eindeutige Zurechnung des Leasinggutes an den Leasingnehmer erfordere. Die Nutzungsdauer der Maschine betrage 7,5 Jahre bei einer Leasingdauer von 7 Jahren und 1 Monat. Im Übrigen handle es sich um "Spezialleasing". Die Maschine sei nach den Wünschen der Beschwerdeführerin produziert worden und es seien Ergänzungsinvestitionen (Raumcontainer, um das Betriebsgebäude zu vergrößern; Installationsarbeiten) erforderlich gewesen. Eine Verwertung wäre ohne erheblichen Wertverlust nicht möglich. Der Prüfer habe die Zurechnung allein auf die Aussagen der Leasinggeberin gestützt, die klarerweise ein Interesse daran habe, dass das Leasinggut ihr zugerechnet werde.

4 Die belangte Behörde gab der Berufung mit Bescheid vom 27. April 2011 keine Folge und begründete dies damit, dass nur der wirtschaftliche Eigentümer eines Wirtschaftsgutes Investitionszuwachsprämie beantragen könne. Wem beim Leasing ein Wirtschaftsgut ertragsteuerlich zuzurechnen sei, richte sich nach den vertraglichen Vereinbarungen des Einzelfalles. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sprächen ein Optionsrecht des Leasingnehmers auf späteren Kauf oder spätere Miete zu einem wirtschaftlich unbedeutenden Entgelt, eine Mietdauer im Ausmaß der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer sowie eine Anfertigung des Leasinggegenstandes nach den speziellen Bedürfnissen des Mieters, die eine anderweitige Verwendung nach Ablauf der Vertragsdauer wirtschaftlich nicht sinnvoll erscheinen lassen, für eine Zurechnung des Wirtschaftsgutes beim Leasingnehmer. Über die gegenständliche Druckmaschine sei ein schriftlicher Leasingvertrag abgeschlossen worden, nach dem keiner der drei Punkte erfüllt sei. Die belangte Behörde gelange daher zur Auffassung, dass die Druckmaschine auch nicht der Beschwerdeführerin zuzurechnen sei. Daher stehe ihr die beantragte Investitionszuwachsprämie nicht zu.

5 Einer gegen den Bescheid vom 27. April 2011 gerichteten Beschwerde gab der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 18. Oktober 2012, 2011/15/0096, Folge. Er hob den Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf, weil die belangte Behörde die Frage, wem die verfahrensgegenständliche Druckmaschine ertragsteuerlich zuzurechnen sei, nur anhand des schriftlichen Leasingvertrags beurteilt und den - offenkundig bestehenden - über den schriftlichen Leasingvertrag hinausgehenden Absprachen keine Bedeutung beigemessen habe.

6 Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung im fortgesetzten Verfahren neuerlich ab. Sie gelangte zur Überzeugung, dass die streitgegenständliche Druckmaschine im wirtschaftlichen Eigentum der Beschwerdeführerin stehe. Eine Investitionszuwachsprämie stünde der Beschwerdeführerin dennoch nicht zu, weil diese bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern, deren Anschaffung bzw. Herstellung sich über mehrere Jahre erstrecke, nur in jenem Jahr geltend gemacht werden könne, in welchem die jeweiligen Teilbeträge der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten zu aktivieren seien.

7 Anders als im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. November 2010, 2007/15/0288 (das den Erwerb einer Müllverbrennungsanlage betroffen habe, die in einem Zeitraum von drei Jahren errichtet und nach Baufortschritt abgerechnet worden sei), lägen im Streitfall keine abgrenzbaren Teilleistungen vor. Es sei der Erwerb einer zusammengebauten, funktionsfähigen Druckmaschine vereinbart worden. Dies ergebe sich sowohl aus dem Vertragsgegenstand laut Kaufvertrag (Lieferung einer voll funktionstüchtigen Maschine einschließlich Montage und Probebetrieb) als auch aus dem Beginn der Gewährleistung (18 Monate ab Inbetriebnahme). Aus den Aussagen des Verkaufsleiters des Lieferanten in Verbindung mit Protokollen über die im Jahr 2005 unbestrittenermaßen durchgeführten Arbeiten ergebe sich, dass im Dezember 2004 Teile der Druckmaschine angeliefert und offenbar provisorisch zusammengesetzt worden seien. Im Jänner 2005 seien Mitarbeiter des Lieferanten mit der Endmontage beschäftigt gewesen. Auch die Inbetriebnahme der Maschine habe nachweislich erst im Jänner 2005 stattgefunden. Der Vertragsgegenstand (funktionsfähige Druckmaschine) habe demnach erst im Jänner 2005 existiert, weshalb 2004 die Geltendmachung einer Investitionszuwachsprämie nicht möglich sei.

8 Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

9 § 108e Abs. 1 bis 3 EStG 1988 in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 133/2003 lauteten auszugsweise:

"(1) Für den Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern kann eine Investitionszuwachsprämie von 10% geltend gemacht werden. Voraussetzung ist, dass die Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung im Wege der Absetzung für Abnutzung (§§ 7 und 8) abgesetzt werden.

(2) Prämienbegünstigte Wirtschaftsgüter sind ungebrauchte körperliche Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens. ...

(3) Der Investitionszuwachs bei prämienbegünstigten Wirtschaftsgütern ist die Differenz zwischen deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Kalenderjahre 2002, 2003 und 2004 und dem Durchschnitt der Anschaffungs- oder Herstellungskosten dieser Wirtschaftsgüter der letzten drei Wirtschaftsjahre, die vor dem 1. Jänner 2002 bzw. dem 1. Jänner 2003 bzw. dem 1. Jänner 2004 enden. Dabei gilt Folgendes:

1. Erstreckt sich die Anschaffung oder Herstellung prämienbegünstigter Wirtschaftsgüter auf mehrere Jahre, sind in die Ermittlung des durchschnittlichen Investitionszuwachses die jeweils zu aktivierenden Teilbeträge der Anschaffungs- oder Herstellungskosten mit einzubeziehen. Ändern sich nachträglich die Anschaffungs- oder Herstellungskosten, ist die Investitionszuwachsprämie im Jahr der Änderung entsprechend anzupassen. ..."

10 § 108e EStG 1988 stellt für die Einbeziehung von Teilanschaffungs- oder Teilherstellungskosten ausdrücklich auf deren Aktivierungsfähigkeit bzw. -pflicht ab ("die jeweils zu aktivierenden Teilbeträge der Anschaffungs- oder Herstellungskosten"), weshalb die zur bilanziellen Darstellung und zur Teilgewinnrealisierung von Teillieferungen entwickelten Überlegungen (vgl. dazu Mayr, Gewinnrealisierung im Steuerrecht und Handelsrecht, 2001, 79 ff mwN) auch für die Investitionszuwachsprämie von Bedeutung sind.

11 Ob eigenständige Teilleistungen und damit Teilanschaffungen vorliegen, hängt demnach einerseits von der objektiven Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes und seiner (wirtschaftlichen) Teilbarkeit und andererseits von der Vertragsgestaltung und dem nach außen in Erscheinung getretenen Parteiwillen ab (so bereits Beiser, Die Gewinnrealisierung im Steuerrecht und im Handelsrecht, ÖStZ 2001, 335 f, Pkt. 10). Für die Annahme eines Teilanschaffungsvorgangs ist somit das Vorliegen einer vom Parteiwillen getragenen Teillieferung entscheidend (vgl. VwGH vom 28. Oktober 2010, 2007/15/0097).

12 Sind vertraglich klar abgegrenzte und definierte einzelne Teillieferungen vereinbart, die insbesondere eigene Teilentgeltsansprüche als von den weiteren Teilleistungen unabhängige Zahlungsansprüche begründen, und an deren Abnahme sich selbständige Rechtsfolgen, wie etwa der Beginn der diesbezüglichen Gewährungsfrist, knüpfen, so ist von selbständigen "Teilanschaffungskosten" auszugehen (vgl. VwGH vom 25. November 2010, 2007/15/0288).

13 Besteht dagegen nach dem Vertragswillen lediglich an der Gesamtleistung ein vertragliches Interesse des Käufers und sind keine nachvollziehbaren Teilentgeltsansprüche für einzelne Teilleistungen vereinbart, so erfolgt die Anschaffung erst zu einem einheitlichen Zeitpunkt mit der Verschaffung der Verfügungsmacht an der Gesamtleistung. Diesfalls kann auch eine frühere "Teilabnahme" durch den Käufer keine (beliebige) frühere Teilaktivierungsfähigkeit vermitteln (vgl. VwGH vom 26. April 2012, 2009/15/0165, VwSlg 8718/F).

14 Nach den Feststellungen der belangten Behörde im fortgesetzten Verfahren steht außer Streit, dass die Beschwerdeführerin wirtschaftlicher Eigentümer der hier in Rede stehenden Druckmaschine geworden ist. Strittig ist, wann die Anschaffungskosten der Maschine zu aktivieren waren.

15 Die Beurteilung der Frage, wann von einem aktivierungspflichtigen Anschaffungsvorgang auszugehen ist, hängt - wie oben ausgeführt - einerseits von der objektiven Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes und seiner (wirtschaftlichen) Teilbarkeit und andererseits von der Vertragsgestaltung und dem wechselseitigen nach außen in Erscheinung getretenen Parteiwillen ab.

16 Die belangte Behörde stellte - von der Beschwerde unwidersprochen - fest, dass die Lieferung einer voll funktionstüchtigen Druckmaschine einschließlich Montage und Probebetrieb vereinbart war.

17 Wann die vereinbarte Lieferung tatsächlich erbracht worden ist, ist eine Sachfrage, welche die belangte Behörde auf Grund der freien Beweiswürdigung (§ 167 Abs. 2 BAO) zu beantworten hatte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Beweiswürdigung der belangten Behörde vom Verwaltungsgerichtshof nur darauf hin zu überprüfen, ob die Tatsachenfeststellungen auf aktenwidrigen Annahmen oder auf logisch unhaltbaren Schlüssen beruhen oder in einem mangelhaften Verfahren zustande gekommen sind (vgl. etwa VwGH vom 16. Dezember 2003, 2001/15/0144).

18 Dass die Lieferung der Druckmaschine erst im Jahr 2005 erfolgte, leitet die belangte Behörde u.a. aus Aussagen des Verkaufsleiters des Herstellers der Maschine und aus Protokollen über Arbeiten, die vom Hersteller im Jahr 2005 durchgeführt worden sind, ab. Das stößt auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken, weil der Verkaufsleiter laut einer in den Verwaltungsakten einliegenden Niederschrift angegeben hat, dass die Maschine "im Zeitraum vom 21.12.2004 bis Ende Jänner 2005" aufgestellt worden ist und die "Übergabe der Maschine im vertraglich vereinbarten Zustand sowie auf Lasten und Gefahr des Käufers (...) durch Unterfertigung des Protokolles ‚Übernahmeprotokoll' (Bill of Acceptance) (Anm: auch dieses liegt in den Verwaltungsakten ein) am 2.2.2005" erfolgte.

19 Wenn die belangte Behörde angesichts dieser Sachlage die Annahme eines aktivierungspflichtigen Anschaffungsvorganges bereits im Jahr 2004 verneint hat, kann darin keine Rechtswidrigkeit erkannt werden. Folglich liegen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahmen einer Investitionszuwachsprämie 2004 nicht vor.

20 Die unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgetragene Rüge, wonach die belangte Behörde der Beschwerdeführerin keine Möglichkeit geboten habe, zu den Aussagen des Verkaufsleiters des Herstellers und zu den Protokollen über die Arbeiten, die vom Hersteller im Jahr 2005 durchgeführt worden sind, Stellung zu nehmen, ist nicht berechtigt. Die Aussagen des Verkaufsleiters und die Protokolle waren - worauf in der Gegenschrift der belangten Behörde zutreffend hingewiesen wird - Gegenstand einer über Antrag der Beschwerdeführerin durchgeführten mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde.

21 Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

22 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

23 Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am 10. März 2016

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte