VwGH 2013/08/0136

VwGH2013/08/013629.4.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätinnen Dr. Julcher und Mag. Rossmeisel sowie den Hofrat Dr. Pürgy als Richterinnen und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse in St. Pölten, vertreten durch die Bartlmä Madl Köck Rechtsanwälte OG in 1090 Wien, Liechtensteinstraße 45a, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 31. Mai 2013, Zl. GS5-A- 1620/509-2013, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 4. Juni 2013, Zl. GS5-A-1620/509-2013, betreffend Zurückweisung eines Feststellungsantrags nach § 410 Abs. 1 Z 7 ASVG (mitbeteiligte Partei: C A in F, vertreten durch die Dr. Karl Claus & Mag. Dieter Berthold Rechtsanwaltspartnerschaft KG in 2130 Mistelbach, Hauptplatz 1), zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §6;
ABGB §7;
ASVG §410 Abs1 Z7;
ASVG §417a;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §59;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
VwGG §28 Abs1 Z4;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass der erstinstanzliche Zurückweisungsbescheid ersatzlos aufgehoben wird.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid vom 3. April 2013 wies die beschwerdeführende Gebietskrankenkasse den Antrag der mitbeteiligten Partei vom 10. Mai 2011 auf Feststellung des Rückstandes auf ihrem Beitragskonto zurück, weil sie kein Recht auf Antragstellung und Bescheiderlassung habe. Die Gebietskrankenkasse begründete dies damit, dass ein Antragsrecht nach § 410 Abs. 1 Z 7 ASVG nicht jedermann, sondern nur jenen Personen zukomme, die im Verhältnis zum angerufenen Versicherungsträger im Zeitpunkt der Bescheiderlassung entweder Versicherte oder Dienstgeber seien. Der geforderte Konnex zum Versicherungsträger sei im Fall der mitbeteiligten Partei nicht gegeben. Ihre letzte Dienstnehmerin sei am 31. Dezember 2013 abgemeldet worden, woraus der Verlust der Dienstgebereigenschaft resultiere.

1.2. Die belangte Behörde hat dem dagegen erhobenen Einspruch der mitbeteiligten Partei mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 31. Mai 2013 (in der Fassung der Berichtung vom 4. Juni 2013) "Folge gegeben, den angefochtene(n) Bescheid behoben und die Angelegenheit zur Ergänzung der Ermittlungen und der Begründung sowie zur Erlassung eines neuen Bescheides an die NÖ Gebietskrankenkasse zurückverwiesen". Die belangte Behörde stützte sich dabei auf die §§ 410 Abs. 1 Z 7, 413 Abs. 1 Z 1 und § 417a ASVG sowie § 66 Abs. 4 AVG.

In der Begründung führte sie aus, die Gebietskrankenkasse habe nach § 410 Abs. 1 Z 7 ASVG insbesondere einen Bescheid zu erlassen, wenn der Versicherte oder der Dienstgeber die Bescheiderteilung zur Feststellung der sich für ihn aus diesem Gesetz ergebenden Rechte und Pflichten verlangt. Aus dem Wortlaut und der Systematik ergebe sich, dass der Versicherungsträger jedenfalls auch in anderen Fällen einen Bescheid zu erlassen habe und zwar, wenn er die Rechte und Pflichten von Versicherten und deren Dienstgebern oder die gesetzliche Haftung Dritter für die Sozialversicherungsbeiträge feststelle und nicht das Bescheidrecht der Versicherungsträger in diesem Bundesgesetz ausgeschlossen sei. Abgesehen davon, dass das Bescheidrecht in der gegenständlichen Angelegenheit nirgends dezidiert ausgeschlossen sei, bestehe auch kein Zweifel darüber, dass die Stellung von Versicherten und Dienstgebern zeitraumbezogen zu betrachten sei; anderenfalls könnten über Tatbestände in der Vergangenheit nie Bescheide erlassen werden, zB auch keine Beiträge von ehemaligen Dienstgebern nachgefordert werden. Maßstab hiefür sei § 8 AVG, der gemäß § 357 ASVG auch nach der geltenden Rechtslage von der Krankenkasse anzuwenden sei. Parteistellung im Verfahren und somit eine Antragsberechtigung nach § 410 ASVG komme einer Person zu, die an einer Rechtssache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sei, was bei einer Person, gegen die wegen angeblicher Beitragsrückstände Exekution geführt werde und die deshalb Klage beim Arbeits- und Sozialgericht eingebracht habe, nicht ernstlich bestritten werden könne. Dies insbesondere in Hinblick darauf, dass das Gericht sein Verfahren mittels Beschluss zur bescheidmäßigen Feststellung des Beitragsrückstandes unterbrochen habe. Allein dieser Umstand verpflichte die Krankenkasse, wenigstens von amtswegen über den Beitragsrückstand einen Bescheid zu erlassen. In der Sache sei die Zurückweisung des Antrages auf Feststellung des Beitragsrückstandes eine Rechtsverweigerung (gesetzwidrige Verweigerung der Sachentscheidung) und damit eine Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter gemäß Art. 83 Abs. 2 B-VG.

Nach § 417a ASVG könne der Landeshauptmann, wenn der ihm vorliegende entscheidungsrelevante Sachverhalt mangelhaft erhoben und aus diesem Grund umfangreiche Ermittlungen notwendig seien oder die Begründung des angefochtenen Bescheides in wesentlichen Punkten unvollständig sei, den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur Ergänzung der Ermittlungen oder der Begründung und zur Erlassung eines neuen Bescheides an den Versicherungsträger zurückverweisen.

Aus der unzulässigen Zurückweisung des Feststellungsbegehrens der mitbeteiligten Partei sei ersichtlich, dass der angefochtene Bescheid an einem erheblichen Begründungsmangel leide. Es sei schlicht nicht erkennbar, warum die mitbeteiligte Partei überhaupt noch Beitragsrückstände bei der Krankenkasse habe, woraus diese resultierten und wie sich diese zusammensetzten. Insbesondere seien Verzugszinsen nach § 59 ASVG gesondert auszuweisen und zu begründen. Auf das Vorbringen der mitbeteiligten Partei wäre in der Begründung einzugehen, wobei nicht unbedingt den darin genannten Beweisanträgen zu folgen sei. Würden diese jedoch nicht berücksichtigt, müsste dies begründet werden. Jedenfalls habe der neuerlich zu erlassene Bescheid eine Feststellung des Sachverhalts unter Anführung der ihn bestätigenden Beweismittel, im Fall widersprechender Beweismittel oder Äußerungen eine Beweiswürdigung und Rechtsausführungen zu enthalten, die einer ordnungsmäßen Sachentscheidung entsprächen.

1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.

1.4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

 

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.

Gemäß § 410 Abs. 1 erster Satz ASVG hat der Versicherungsträger in Verwaltungssachen, zu deren Behandlung er nach § 409 ASVG berufen ist, einen Bescheid zu erlassen, wenn er die sich aus diesem Bundesgesetz in solchen Angelegenheiten ergebenden Rechte und Pflichten von Versicherten und von deren Dienstgebern oder die gesetzliche Haftung Dritter für Sozialversicherungsbeiträge feststellt und nicht das Bescheidrecht der Versicherungsträger in diesem Bundesgesetz ausgeschlossen ist. Nach § 410 Abs. 1 Z 7 ASVG hat der Versicherungsträger in Verwaltungssachen insbesondere Bescheide zu erlassen, wenn der Versicherte oder der Dienstgeber die Bescheiderlassung zur Feststellung der sich für ihn aus diesem Gesetz ergebenden Rechte und Pflichten verlangt.

Nach § 413 Abs. 1 Z 1 ASVG entscheidet der Landeshauptmann über die bei ihm eingebrachten Einsprüche und Vorlageanträge.

Ist der dem Landeshauptmann bzw. dem Bundesminister vorliegende entscheidungsrelevante Sachverhalt mangelhaft erhoben und sind aus diesem Grund umfangreiche Ermittlungen notwendig oder ist die Begründung des angefochtenen Bescheides in wesentlichen Punkten unvollständig, so kann gemäß § 417a ASVG der Landeshauptmann bzw. der Bundesminister den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur Ergänzung der Ermittlungen oder der Begründung und zur Erlassung eines neuen Bescheides an den Versicherungsträger oder den Landeshauptmann zurückverweisen.

Der mit BGBl. I Nr. 138/1998 geschaffene § 417a ASVG sieht gegenüber § 66 Abs. 2 AVG insofern ein erweitertes Zurückverweisungsrecht vor, als eine Zurückverweisung an die untere Instanz nicht nur in jenen Fällen für zulässig erachtet wird, in denen sich der Mangel nicht anders als durch Vornahme einer mündlichen Verhandlung beheben lässt (vgl. RV 1234 BlgNR 20. GP , 40 f).

§ 66 AVG lautet auszugsweise wie folgt:

"§ 66. (1) (...).

(2) Ist der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft, daß die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, so kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

(3) (...).

(4) Außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern."

2.2. Wird von der Unterbehörde - wie im vorliegenden Fall - der Antrag der Partei mit der Begründung zurückgewiesen, dass eine Prozessvoraussetzung fehle, hat die angerufene Berufungsbehörde nur über die Zurückweisung zu entscheiden. Demnach ist Sache des gegenständlichen Berufungsverfahrens nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung des Antrages der mitbeteiligten Partei.

Erweist sich die Zurückweisungsentscheidung als rechtswidrig und kann der dem materiellen Recht entsprechende Zustand nur durch Kassation des zu Unrecht ergangenen Bescheides hergestellt werden, hat die Berufungsbehörde den Bescheid ersatzlos, das heißt ohne darüber hinausgehende Sachentscheidung zu beheben. Dabei handelt es sich um eine "negative" Sachentscheidung der Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG, die von der Kassation und Zurückverweisung der Angelegenheit durch verfahrensrechtlichen Bescheid nach § 66 Abs. 2 AVG (bzw. § 417a ASVG) zu unterscheiden ist (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG (2007) § 66 Rz. 97). Eine Kassation und Zurückverweisung kommt in einem solchen Fall nur dann in Betracht, wenn die Berufungsbehörde die Zurückweisungsentscheidung der Unterbehörde auf Grund einer mangelhaften Sachverhaltsfeststellung im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG (bzw. § 417a ASVG) für rechtswidrig erachtet.

2.3. Der in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entwickelte Grundsatz, dass für die Auslegung von Bescheiden - in Hinblick auf deren Normqualität - die für Gesetze zu beachtenden Auslegungsregeln der §§ 6 und 7 ABGB analog heranzuziehen sind (vgl. - auch zum Folgenden - das hg. Erkenntnis vom 16. Juni 2004, Zl. 2001/08/0034, VwSlg 16.383 A/2004), hat zwar zur Folge, dass der Spruch eines Bescheides (analog zum Gebot verfassungskonformer Auslegung von Gesetzen) gesetzeskonform auszulegen (zu den Grenzen einer solchen Vorgangsweise vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 1996, Zl. 95/07/0221, und - betreffend die verfassungskonforme Interpretation - das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2011, Zl. 2008/05/0156) und seine Begründung zur Deutung, nicht aber auch zur Ergänzung des Spruchs heranzuziehen ist. Dies gilt jedoch in erster Linie für den Fall der Auslegung von Bescheiden, die nicht mehr aufgehoben oder abgeändert werden können, setzt dies doch gedanklich voraus, dass eine Unklarheit oder Mehrdeutigkeit eines Bescheides vorliegt, die aus der Sicht einer diesen Bescheid beurteilenden Behörde (oder eines Gerichtes) nicht im klarstellenden Sinne abgeändert, sondern nur mehr ausgelegt werden kann.

Im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geht es hingegen - insoweit nicht anders als im Rechtsmittelverfahren vor der belangten Behörde - nicht in erster Linie darum, ob ein zumindest mehrdeutig formulierter Bescheid von Dritten (Parteien und Behörden) allenfalls gesetzeskonform ausgelegt werden kann. Es obliegt dem Verwaltungsgerichtshof auf Grund seiner Kognition vielmehr, einen bei ihm angefochtenen Bescheid im Rahmen des Beschwerdepunktes in jeder Hinsicht auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen, wozu auch gehört, ob der Spruch des Bescheides in einer dem § 59 AVG entsprechenden Weise deutlich abgefasst ist. Entspricht ein Bescheid nicht dem Gebot der hinreichenden Bestimmtheit des § 59 Abs. 1 AVG, so ist er - ungeachtet der Frage, wie er sonst auszulegen wäre - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. November 2013, Zl. 2013/03/0104, mwN).

2.4. Der angefochtene Bescheid erfüllt diese Voraussetzungen nicht, da ihm nicht entnommen werden kann, ob die belangte Behörde den Zurückweisungsbescheid der Gebietskrankenkasse gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben hat oder ob es sich bei der von ihr getroffenen Entscheidung um eine Kassation und Zurückverweisung der Angelegenheit nach § 417a ASVG handelt.

Für Zweiteres spricht zunächst, dass im Spruch von einer Behebung und Zurückverweisung die Rede ist und zudem § 417a ASVG in den "Rechtsgrundlagen" aufscheint und in der Begründung wörtlich wiedergegeben wird. Gleichzeitig ist in den "Rechtsgrundlagen" des angefochtenen Bescheides aber auch § 66 Abs. 4 AVG angeführt, was sich - wie unter Pkt 2.2. dargelegt - nicht in Einklang bringen lässt. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht weiters klar hervor, dass die belangte Behörde die Antragslegitimation der mitbeteiligten Partei (zutreffend) bejaht und somit den Zurückweisungsbescheid für rechtswidrig erachtet, was auf eine ersatzlose Behebung gemäß § 66 Abs. 4 AVG hindeutet.

Die belangte Behörde stützt sich in der weiteren Folge jedoch auf § 417a ASVG und führt aus, dass der angefochtene Bescheid an einem erheblichen Begründungsmangel leide, weil nicht ersichtlich sei, warum die mitbeteiligte Partei überhaupt noch Beitragsrückstände habe, woraus diese resultierten und wie sich diese zusammensetzten. Ebenso wären Verzugszinsen nach § 59 ASVG gesondert auszuweisen und dies zu begründen gewesen und hätte die Gebietskrankenkasse auf das Vorbringen der mitbeteiligten Partei eingehen müssen. Der "neuerlich zu erlassende Bescheid" habe diese Mängel zu beheben.

Die von der belangten Behörde hier angesprochenen Punkte betreffen jedoch das eigentliche Feststellungsbegehren der mitbeteiligten Partei, über das die Gebietskrankenkasse noch gar nicht abgesprochen hat. Die belangte Behörde verkennt damit, dass bei einer Behebung und Zurückverweisung gemäß § 417a ASVG der neu zu erlassende Bescheid im vorliegenden Fall nicht das Feststellungsbegehren selbst, sondern nur die verfahrensrechtliche Frage der Antragslegitimation zum Gegenstand haben kann. Angesichts der offensichtlichen Vermengung der beiden Verfahrensstränge ist nicht erkennbar, worüber die Unterbehörde im neu zu erlassenden Bescheid abzusprechen hat.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher als inhaltlich rechtswidrig und wäre somit gemäß § 42 Abs. 1 Z 1 VwGG aufzuheben. Das in das Verfahren eintretende Bundesverwaltungsgericht hätte sodann über die Rechtmäßigkeit des erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheides abzusprechen.

2.5. Gemäß § 42 Abs. 3a VwGG (idF BGBl. I Nr. 51/2012) kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt.

Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall, in dem es ausschließlich um die verfahrensrechtliche Frage der Rechtmäßigkeit des erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheides geht, vor.

Die Gebietskrankenkasse hat den Antrag der mitbeteiligten Partei auf Feststellung des Rückstandes auf ihrem Beitragskonto mangels Antragslegitimation zurückgewiesen. Ein Antragsrecht nach § 410 Abs. 1 Z 7 ASVG komme nicht jedermann, sondern nur jenen Personen zu, die im Verhältnis zum angerufenen Versicherungsträger im Zeitpunkt der Bescheiderlassung entweder Versicherte oder Dienstgeber seien.

Damit hat die Gebietskrankenkasse die Rechtslage verkannt:

Wie bereits ausgeführt, ist der Versicherungsträger auf Antrag verpflichtet, die sich aus dem Gesetz ergebenden Rechte und Pflichten der Versicherten und der Dienstgeber mit Bescheid festzustellen (§ 410 Abs. 1 Z 7 ASVG). In Verwaltungssachen besteht daher eine im Prinzip unbeschränkte Bescheiderlassungspflicht des Sozialversicherungsträgers (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2006, Zl. 2003/08/0202). § 410 Abs. 1 Z 7 ASVG unterscheidet sich vom allgemeinen Feststellungsanspruch hinsichtlich von Rechten und Rechtsverhältnissen bei Nachweis eines rechtlichen Interesses dadurch, dass das Feststellungsinteresse hier in Z 7 vertypt ist und hinsichtlich der Rechte und Pflichten nach dem ASVG gleichsam unwiderleglich vermutet wird (vgl. Kneihs in Mosler/Müller/Pfeil (Hrsg),

Der SV-Komm, § 417 ASVG, Rz. 21 (104. Lfg.)). So kann ein Antrag gemäß § 410 Abs. 1 Z 7 ASVG unter anderem auf die Feststellung allenfalls noch bestehender aktueller Beitragsrückstände abzielen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Juni 2009, Zl. 2007/08/0033).

Die Gebietskrankenkasse versucht ihr tragendes Argument, wonach der mitbeteiligten Partei im vorliegenden Fall die Dienstgebereigenschaft und somit der geforderte Konnex zum angerufenen Versicherungsträger gefehlt habe, mit dem Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 26. April 1994, Zl. 93/08/0286, zu untermauern. Dabei übersieht sie, dass die dortigen Ausführungen zur fehlenden Dienstgeber- bzw. Versicherteneigenschaft des Antragstellers einen Sachverhalt betreffen, wo der Feststellungsantrag auf hypothetische und in der Zukunft liegende Konstellationen gerichtet war.

Entgegen der Ansicht der Gebietskrankenkasse kommt es bei § 410 Abs. 1 Z 7 ASVG allein darauf an, dass der Antrag auf die Feststellung von konkreten, zwischen dem Versicherungsträger und dem Versicherten oder Dienstgeber bestehenden Rechten (Rechtsverhältnissen) abzielt. Damit sind auch ehemalige Dienstgeber, die aber noch - wie im vorliegenden Fall - Rechte und Pflichten aus dem ASVG treffen, von der Antragslegitimation nach § 410 Abs. 1 Z 7 ASVG erfasst.

Die Gebietskrankenkasse hat den Antrag der mitbeteiligten Partei auf Feststellung des Rückstandes auf ihrem Beitragskonto somit zu Unrecht zurückgewiesen. Der Bescheid war daher gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos aufzuheben.

2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 29. April 2015

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