VwGH 2013/07/0064

VwGH2013/07/006423.4.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des GB in S, vertreten durch Jura Rechtsanwälte Denkmayr & Partner OG Dr. Georg Schwarzmayr-Lindinger in 4950 Altheim, Stadtplatz 12, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 6. März 2013, Zl. VwSen-310486/2/Kü/Ba/HK, betreffend Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (weitere Partei: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §1;
AWG 1990 §2 Abs1 Z1;
AWG 2002 §79 Abs2 Z6;
VStG §27 Abs1;
VStG §51 Abs1;
VStG §9 Abs1;
AVG §1;
AWG 1990 §2 Abs1 Z1;
AWG 2002 §79 Abs2 Z6;
VStG §27 Abs1;
VStG §51 Abs1;
VStG §9 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde über den Beschwerdeführer wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs. 2 Z 6 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) eine Geldstrafe in Höhe von EUR 1.800,--, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von vier Tagen verhängt.

Der Beschwerdeführer habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der B.-Erdbewegung GmbH und somit als das gemäß § 9 VStG verantwortliche Organ dieser Firma zu verantworten, dass die Sammlung von nichtgefährlichen Abfällen ausgeübt worden sei, ohne im Besitz der dafür gemäß § 24a Abs. 1 AWG 2002 erforderlichen Erlaubnis des Landeshauptmannes zu sein.

Durch die B.-Erdbewegung GmbH seien nachstehende Materialien gesammelt und auf einem näher bezeichneten Grundstück gelagert worden:

a) Im Zeitraum vom 26. April 2011 bis 29. September 2011 insgesamt 202,20 m3 Asphaltabbruch, Schlüsselnummer 54012 (Bitumen, Asphalt) gemäß Abfallverzeichnis entsprechend der Verordnung BGBl. II Nr. 498/2008, Stand 31.12.2008;

b) im Zeitraum vom 2. Mai 2011 bis 30. August 2011 insgesamt 915,70 m3 Bauschutt gemischt mit Erde, Schlüsselnummer 31411 zur Spezifikation 35 (Bodenaushub, technisches Schüttmaterial, ab 5 Vol.-% bodenfremder Bestandteile) und Schlüsselnummer 31409 (Bauschutt) gemäß Abfallverzeichnis entsprechend der Verordnung BGBl. II Nr. 498/2008, Stand 31.12.2008;

c) im Zeitraum vom 30. April 2011 bis 26. September 2011 insgesamt 1.298,70 m3 Betonabbruch, Schlüsselnummer 31427 (Betonabbruch) gemäß Abfallverzeichnis entsprechend der Verordnung BGBl. II Nr. 498/2008, Stand 31.12.2008;

d) im Zeitraum vom 2. Mai 2011 bis 19. August 2011 insgesamt 602 m3 Ziegelbruch, Schlüsselnummer 31409 (Bauschutt) gemäß Abfallverzeichnis entsprechend der Verordnung BGBl. II Nr. 498/2008, Stand 31.12.2008.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass die gegenständlichen Materialen und zwar Asphaltabbruch, Bauschutt vermischt mit Erde, Betonabbruch und Ziegelabbruch von verschiedenen Baustellen, auf denen die B.-Erdbewegung GmbH Abbruchtätigkeiten durchgeführt habe, stammten und vor einer weiteren Verwendung auf dem näher angeführten Gelände zwischengelagert worden seien. In diesem Fall könne von einer Absicht des jeweiligen Bauherrn ausgegangen werden, sich der bei den Abbruchtätigkeiten anfallenden Materialien zu entledigen, weshalb die von der B.-Erdbewegung GmbH abtransportierten Materialien den subjektiven Abfallbegriff erfüllten und somit Abfälle im Sinne des AWG 2002 darstellen würden. Die Abfalleigenschaft könnten diese Materialien erst bei zulässiger Wiederverwendung bei einem anderen Bauvorhaben allenfalls nach entsprechender Aufbereitung verlieren. Zum Zeitpunkt der Übernahme und nachfolgenden Zwischenlagerung der Materialien auf dem näher beschriebenen Gelände der B.-Erdbewegung GmbH habe demnach jedenfalls noch die Abfallegeinschaft bestanden. Dies führe auch zur berechtigten Annahme, dass die B.-Erdbewegung GmbH Asphaltabbruch, Betonabbruch sowie Bauschutt, welche bei Abbrucharbeiten angefallen seien, als Abfälle entgegengenommen habe und diese in eigener Verantwortung auf ihr Gelände verbracht habe. Aus der von der B.-Erdbewegung GmbH selbst erstellten Auflistung über die gelagerten Materialien ergäben sich die angeführten Abfallarten, die Zeiträume der Übernahme sowie die übernommenen Mengen der Abfälle. Die Übernahme selbst sei vom Beschwerdeführer auch nie bestritten worden. Ebenso unbestritten stehe fest, dass die B.-Erdbewegung GmbH zum fraglichen Zeitpunkt nur im Besitz der Berechtigung zur Sammlung von Abfällen der Schlüsselnummer 31411 Spezifikation 29 (Bodenaushub) gewesen sei. Weitere Abfälle seien nachweislich vom Berechtigungsumfang nicht umfasst, weshalb auch das Berufungsvorbringen, wonach der Beschwerdeführer über die entsprechende Erlaubnis zur Sammlung und Behandlung von Abfällen gemäß § 24a AWG 2002 verfüge, nicht den Tatsachen entspreche.

Sofern der Beschwerdeführer meine, dass er kein tatbestandsmäßiges Handeln gesetzt habe, zumal nur auf die Übernahme abgestellt worden und die Übernahme allein nicht strafbar sei, sei dem zu entgegnen, dass er selbst anführe, dass die fraglichen Materialien bei Abbrucharbeiten angefallen seien, er diese Materialen abtransportiert und auf dem näher angeführten Grundstück zwischengelagert habe. Diese Situation verdeutliche für die belangte Behörde aber, dass die bei den Abbrucharbeiten angefallenen Materialien in den Verantwortungsbereich des Beschwerdeführers übergegangen seien. Der jeweilige Bauherr habe sich der Materialien somit entledigen wollen. Der Beschwerdeführer habe die Gewahrsame über diese Materialien übernommen. Damit habe er eine Sammlung der Materialien im Sinne des § 2 Abs. 6 Z 3 AWG 2002 vorgenommen. Nicht richtig sei der Einwand, dass die Materialien im eigenen Betrieb, nämlich bei der Durchführung von Abbrucharbeiten, angefallen seien. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die B.-Erdbewegung GmbH vom jeweiligen Bauherrn mit Abbrucharbeiten beauftragt worden sei, weshalb die gesamte Baustelle nur dem Bauherrn zugerechnet werden könne. Der diesbezügliche Einwand des Beschwerdeführers gehe damit ins Leere.

Der Einwand, wonach kein Tatort genannt sei, entspreche nicht den Tatsachen. Beim gegenständlichen Vorwurf handle es sich um ein Unterlassungsdelikt, nämlich der Sammlung von Abfällen ohne die entsprechende Erlaubnis. Deshalb sei der Sitz des Unternehmens, der im Tatvorwurf eindeutig beschrieben sei, als Tatort anzunehmen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

Für den vorliegenden Beschwerdefall sind die Bestimmungen der §§ 2, 24a und 79 AWG 2002 relevant, die auszugsweise wie folgt lauten:

"§ 2. (1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen,

1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

...

(6) Im Sinne dieses Bundesgesetzes

...

3. ist 'Abfallsammler' jede Person, die von Dritten erzeugte Abfälle selbst oder durch andere

  1. a) abholt,
  2. b) entgegennimmt oder
  3. c) über deren Abholung oder Entgegennahme rechtlich verfügt;

    ...

§ 24a. (1) Wer Abfälle sammelt oder behandelt bedarf einer Erlaubnis durch den Landeshauptmann. Der Antrag kann, sofern dieser Teilbereich in einem Register gemäß § 22 Abs. 1 eingerichtet ist, über dieses Register erfolgen.

...

§ 79. ...

(2) Wer

...

6. die Tätigkeit eines Sammlers oder Behandlers von nicht gefährlichen Abfällen ausübt, ohne im Besitz der gemäß § 24a Abs. 1 erforderlichen Erlaubnis zu sein, oder entgegen § 25a Abs. 6 oder § 26 Abs. 5 die Tätigkeit nicht einstellt,

...

begeht - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 450 EUR bis 8 400 EUR zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 2 100 EUR bedroht."

Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsstrafverfahrens ist, dass dem Beschwerdeführer die Ausübung der Tätigkeit des Sammlers von nichtgefährlichen Abfällen ohne die erforderliche Erlaubnis vorgeworfen wurde.

Entgegen den Beschwerdeausführungen sind im angefochtenen Bescheid sehr wohl Ausführungen zur Abfalleigenschaft der verfahrensgegenständlichen Materialien enthalten.

Der Beschwerdeführer brachte selbst vor, dass die verfahrensgegenständlichen Materialien, Asphaltabbruch, Bauschutt vermischt mit Erde, Betonabbruch und Ziegelabbruch von verschiedenen Baustellen, auf denen die Firma B.-Erdbewegung GmbH Abbruchtätigkeiten durchgeführt hat, stammten und vor einer weiteren Verwendung auf dem näher angeführten Gelände zwischengelagert wurden. In diesem Fall ist somit von einer Absicht des jeweiligen Bauherrn, sich der bei den Abbruchtätigkeiten anfallenden Materialien zu entledigen, auszugehen.

In Anbetracht des unbestrittenen Umstandes, dass die gegenständlichen Materialien bei den Abbrucharbeiten angefallen sind, bestehen keine Zweifel daran, dass zumindest ein Hauptmotiv für die Verbringung von den jeweiligen Baustellen darin gelegen war, dass die Bauherren diese Abbruchmaterialien loswürden, und somit insoweit eine Entledigungsabsicht bestand. Damit waren die Voraussetzungen des subjektiven Abfallbegriffs im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 erfüllt (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 15. September 2005, Zl. 2003/07/0022, und vom 22. März 2012, Zl. 2008/07/0204, jeweils mwN).

Abfall liegt vor, wenn entweder der objektive oder der subjektive Abfallbegriff erfüllt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2014, Zl. 2011/07/0080, mwN).

Nach der hg. Judikatur ist eine Sache als Abfall zu beurteilen, wenn bei irgendeinem Voreigentümer oder Vorinhaber die Entledigungsabsicht bestanden hat; diese Eigenschaft ginge erst wieder durch eine zulässige Verwertung verloren (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2003, Zlen. 2002/07/0133, 0138, mwN). Zum Zeitpunkt der Übernahme und nachfolgenden Zwischenlagerung der Materialien auf dem Gelände der B.- Erdbewegung GmbH hat demnach jedenfalls noch die Abfalleigenschaft bestanden. Die Beurteilung der gegenständlichen Materialien als Abfall begegnet daher keinem Einwand.

Der vorliegende Tatvorwurf richtet sich auch entgegen den Beschwerdeausführungen nicht darauf, dass Granitsteine und Pflastersteine gelagert worden seien. Vielmehr handelt es sich um Asphaltabbruch, Bauschutt gemischt mit Erde, Betonabbruch und Ziegelbruch mit der jeweiligen Schlüsselnummer. Es existiert daher kein Tatvorwurf dahingehend, dass vom Beschwerdeführer Natursteine gesammelt worden seien.

Auch der Beschwerdeeinwand, wonach im angefochtenen Bescheid der Tatort nicht ausreichend umschrieben sei, erweist sich als unzutreffend.

Wird ein zur Vertretung einer juristischen Person nach außen befugtes Organ gemäß § 9 Abs. 1 VStG - wie im Beschwerdefall - verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen, so ist Tatort der Verwaltungsübertretung der Sitz der Unternehmensleitung, weil an diesem Ort die Dispositionen und Anordnungen zur Verhinderung der Verstöße gegen das AWG 2002 zu treffen gewesen wären (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Juni 1994, Zl. 94/02/0021, vom 15. September 2005, Zl. 2003/07/0022, vom 14. Dezember 2007, Zl. 2007/02/0277, und vom 12. Juli 2012, Zl. 2011/02/0029). Der Sitz der Unternehmensleitung ist jedoch bereits im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses angeführt.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 23. April 2014

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