VwGH 2013/06/0131

VwGH2013/06/013128.6.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie die Hofrätinnen Dr. Bayjones, Mag.a Merl und Mag. Rehak und den Hofrat Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Beschwerde

1. des F B, 2. der I B, 3. des Mag. E L, 4. des F M, 5. der E M, alle in H, alle vertreten durch Dr. Franz M. Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8/I, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 7. Juni 2013, Zl. ABT13- 12.10-H281/2013-3, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. DI H L in G, vertreten durch die Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6, 2. Stadtgemeinde H), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauG Stmk 1995 §13 Abs1;
BauG Stmk 1995 §13 Abs2;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z2;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z4;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1;
BauG Stmk 1995 §4 Z48;
BauG Stmk 1995 §4 Z64;
BauG Stmk 1995 §52;
BauRallg;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §13 Abs1;
BauG Stmk 1995 §13 Abs2;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z2;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1 Z4;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1;
BauG Stmk 1995 §4 Z48;
BauG Stmk 1995 §4 Z64;
BauG Stmk 1995 §52;
BauRallg;

 

Spruch:

I. Die Beschwerde der erst- und zweit- sowie der viert- und fünftbeschwerdeführenden Parteien wird abgewiesen.

Die erst- und zweit- sowie die viert- und fünftbeschwerdeführenden Parteien haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II. Der Beschwerde der drittbeschwerdeführenden Partei wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der drittbeschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bauansuchen vom 31. März 2011 (eingelangt bei der mitbeteiligten Stadtgemeinde am 1. April 2011) beantragte die erstmitbeteiligte Partei (Bauwerber) die Erteilung der Baubewilligung für den Zu- und Umbau beim bestehenden Objekt (Squashhalle) zwecks Nutzung als Wohngebäude mit neun Wohneinheiten, den Einbau eines Parkliftes für sechs PKW in die bestehende Doppelgarage und die Errichtung von drei PKW-Abstellflächen auf dem Gst. Nr. 295/3, KG G, im Gemeindegebiet der mitbeteiligten Stadtgemeinde.

2 Die erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien sind Eigentümer der südwestlich des Baugrundstückes liegenden Grundstücke Nr. 295/8, 16/1 und 393, KG G, wobei nur das Grundstück Nr. 16/1 einen Berührungspunkt mit dem Baugrundstück hat. Die drittbeschwerdeführende Partei ist Eigentümer des südlich an das Baugrundstück angrenzenden Grundstücks Nr. 264/5. Die viert- und fünftbeschwerdeführenden Parteien sind Eigentümer der nordöstlich gelegenen Grundstücke Nr. 20/1 und 391, die keine gemeinsame Grenze mit dem Baugrundstück haben.

3 Mit Schreiben vom 24. Mai 2011 wurden die beschwerdeführenden Parteien mit dem Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 27 Stmk BauG 1995 zur mündlichen Verhandlung am 8. Juni 2011 geladen.

4 Neben einem anderen Nachbarn erhoben die beschwerdeführenden Parteien gegen das Bauvorhaben rechtzeitig Einwendungen und führten (u.a.) aus, die derzeit vorhandene Gebäudefront stelle eine Feuermauer (Brandwand) dar, die nicht durchbrochen werden dürfe. Die vorgesehenen Fenster, Loggien und Terrassen dürften daher nicht errichtet werden. Überdies würden die Abstandsvorschriften nicht eingehalten.

5 Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 24. Jänner 2012 wurde dem Bauwerber die beantragte Baubewilligung unter Auflagen erteilt.

6 Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien die Berufung vom 10. Februar 2012. Auch der Nachbar X berief.

7 Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 14. Mai 2012 (Beschlussfassung am 26. März 2012) wurde der Berufung des X stattgegeben, der Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 24. Jänner 2012 aufgehoben und die gegenständliche Bauangelegenheit zur Ergänzung des Ermittlungsverfahrens an die Baubehörde erster Instanz zurückverwiesen.

8 Die beschwerdeführenden Parteien wurden mit Schreiben des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 19. September 2012 informiert, dass sich der Gemeinderat der mitbeteiligten Stadtgemeinde infolge der Aufhebung des Bescheides des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 24. Jänner 2012 nicht mehr mit ihrer Berufung befasst habe und keine Entscheidung getroffen worden sei. Unter einem wurde den beschwerdeführenden Parteien das (im Zuge der aufgetragenen Ergänzung des Ermittlungsverfahrens mittlerweile eingeholte) Gutachten des lärmtechnischen Sachverständigen DI Dr. T vom 24. Juli 2012 mit ergänzender Stellungnahme vom 3. September 2012 übermittelt.

9 Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 11. Dezember 2012 wurde dem Bauwerber neuerlich die beantragte Baubewilligung unter Auflagen erteilt.

10 Die beschwerdeführenden Parteien beriefen auch gegen diesen Bescheid. Ihre Berufung vom 31. Dezember 2012 wurde mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 20. Februar 2013 (Beschlussfassung am 4. Februar 2013) als unbegründet abgewiesen.

11 Die gegen diesen Bescheid erhobene Vorstellung vom 8. März 2013 wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vom 7. Juni 2013 als unbegründet ab.

Begründend legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, Gegenstand der Entscheidung einer Vorstellungsbehörde sei immer ein bekämpfter Bescheid des Gemeinderates; gegenständlich sei dies der Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 20. Februar 2013.

Im Hinblick auf das Vorbringen der Verletzung des Parteiengehörs durch die Nichtübermittlung von Stellungnahmen anderer Verfahrensparteien liege nach der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kein Verfahrensmangel vor, weil Stellungnahmen anderer Parteien kein unmittelbares Ergebnis der Beweisaufnahme darstellten und somit diesbezüglich kein Parteiengehör zu gewähren sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 3. September 2001, Zl. 99/10/0011).

Die Ergebnisse der Beweisaufnahme (Lärmgutachten) seien nachweislich den Parteien zur Kenntnis gebracht worden, weshalb die vorgebrachte Einwendung nicht geeignet sei, einen Verfahrensfehler zu begründen.

Das Baugrundstück grenze im Süden unmittelbar an das Grundstück Nr. 264/5 der drittbeschwerdeführenden Partei. Die erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien seien Eigentümer der Grundstücke Nr. 295/8, 16/1 und 393, wovon nur das Grundstück Nr. 16/1 einen Berührungspunkt zur südwestlich gelegenen Außenkante des Baugrundstückes aufweise. Den Grundstücken Nr. 295/8 bzw. 393 mangle es an einer gemeinsamen Grundgrenze. Die viert- und fünftbeschwerdeführenden Parteien seien grundbücherliche Eigentümer der östlich des Baugrundstückes gelegenen Grundstücke Nr. 20/1 und 391. Diese hätten keine gemeinsamen Grundgrenzen mit der gegenständlichen Baufläche, weshalb schon nach der Definition des § 13 Stmk BauG 1995 die Möglichkeit einer Grenzabstandsverletzung nicht bestehe. Entscheidungsrelevant in Bezug auf eine etwaige Abstandsverletzung sei somit nur das Grundstück Nr. 264/5 der drittbeschwerdeführenden Partei, weil nur dieses eine unmittelbare Gebäudefront gegenüber dem Baugrundstück und zugleich eine gemeinsame Grundstücksgrenze aufweise.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könnten subjektive Rechte aus Abstandsvorschriften von Nachbarn stets nur insoweit geltend gemacht werden, als es sich um den Abstand zu ihrem Grundstück handle (Hinweis auf den hg. Beschluss vom 9. Juni 1994, Zl. 91/06/0040).

Ob es sich beim geplanten Bauvorhaben um einen Zubau und nicht um einen Umbau handle, sei nicht von Entscheidungsrelevanz. Es werde vielmehr festgehalten, dass das Bestandsgebäude, auch wenn bereits im genehmigten Bestand Abstandsverletzungen und Grenzbebauungen vorliegen sollten, rechtmäßig bestehe. Etwaige Zubauten zum rechtmäßigen Bestand müssten die Grenzabstände einhalten und seien nicht, wie vorgebracht, aufgrund der bestehenden, möglicherweise rechtswidrigen, aber sicherlich rechtskräftigen Situation bereits im Grundsatz ausgeschlossen.

Die von den beschwerdeführenden Parteien geltend gemachte Einhaltung der Grenzabstände könne sich nur auf den geplanten Dachgeschossaufbau beziehen, weil ansonsten keinerlei grenzabstandsrelevanten Bauführungen projektiert seien. Somit komme es darauf an, ob sich der Dachgeschossausbau als abstandsrelevantes Geschoss im Sinne des § 13 Abs. 4 Stmk BauG 1995 darstelle.

Grundlage der Beurteilung sei der (jeweils mit Plannummern und Datum näher bezeichnete) Einreichplan. Das gegenständliche Dachgeschoss mit Satteldachausbildung habe eine Dachneigung von 40 Grad und sei ohne Kniestockaufmauerung in der südseitigen Gebäudefront projektiert worden. An der Südseite sollten zwei nicht überdachte Terrassen mit einer Grundfläche von jeweils 4,96 m2 aus der Satteldachkonstruktion "ausgeschnitten" werden. Die Länge der Dachterrassen betrage in der Gebäudefront jeweils ca. 2 m, wobei die Gesamtlänge der relevanten Gebäudefront mit 26,59 m angegeben werde. Da die Kniestockhöhe des projektierten Dachgeschosses jedenfalls weniger als 1,25 m sowie die Dachneigung weniger als 70 Grad betrage und die Dachterrassen aufgrund ihres geringen Ausmaßes nicht als eigenständige Gebäudefront in Erscheinung träten, sei das Dachgeschoss an der südseitigen Gebäudefront nicht abstandsrelevant im Sinne des § 13 Abs. 4 Stmk BauG 1995. Daher könne seitens der belangten Behörde dem Einwand der beschwerdeführenden Parteien hinsichtlich einer Abstandsverletzung nicht gefolgt werden.

Nach den vorliegenden Planunterlagen sei nur die südöstliche Gebäudewand des rechtmäßigen Bestandes an der Grundstücksgrenze (Grundstück Nr. 264/5 des Drittbeschwerdeführers) situiert. Demnach könne auch nur die drittbeschwerdeführende Partei von der mangelnden Ausführung einer Brandwand betroffen sein. Das Bestandsgebäude habe in der südöstlichen Wand eine bewilligte Öffnung in Form eines Fensters (Verhandlungsschrift; Befund des Sachverständigen). Diese Wand sei seinerzeit nicht als Brandwand im Sinne des § 51 Stmk BauG 1995 ausgeführt worden und werde durch die projektierte Bauführung weder vergrößert noch anderweitig in ihrer Ausdehnung adaptiert. Lediglich oberhalb der bereits bestehenden Öffnung seien weitere Öffnungen vorgesehen. Die südöstliche Gebäudewand sei nicht von den projektierten Zubaumaßnahmen betroffen und folglich nicht als Brandwand auszugestalten. Daher könnten die beschwerdeführenden Parteien nur von der durch die Öffnungen eingeschränkten Baufreiheit betroffen sein. Der Einbau zusätzlicher Öffnungen führe jedoch aufgrund der bereits bestehenden Öffnung im Erdgeschoss auf dem angrenzenden Grundstück Nr. 264/5 der drittbeschwerdeführenden Partei zu keiner Verschlechterung der durch den Bestand bereits eingeschränkten Bebauungsmöglichkeit.

Die Vorbringen betreffend Bebauungsdichte, Parkplätze bzw. Landschaftsschutz stellten keine Nachbarrechte nach § 26 Stmk BauG 1995 dar.

Der Verweis auf den Zivilrechtsweg hinsichtlich Lärm und Sichtschutzvereinbarung sei zu Recht erfolgt. Die im Zuge anderer Verfahren geschlossenen privatrechtlichen Vereinbarungen hätten auf das gegenständliche Bauverfahren keine Auswirkungen. Die Auflage Punkt 4 (Anmerkung: Schallschutz für die Bewohner der projektierten Wohneinheiten) diene eindeutig den Schutzinteressen der künftigen Bewohner vor Lärmeinwirkungen und sei als solche nicht geeignet, schutzwürdige Nachbarinteressen zu berühren.

12 Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

13 Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und - wie der Bauwerber - in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt. Die mitbeteiligte Stadtgemeinde hat sich am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht beteiligt.

14 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

15 Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

16 Im Beschwerdefall ist folgende Rechtslage im Hinblick auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung (4. Februar 2013) des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde von Bedeutung:

Steiermärkisches Baugesetz 1995 (Stmk BauG 1995) idF LGBl. Nr. 49/2010 (vgl. § 119k leg. cit und § 119j idF LGBl. Nr. 78/2012) (auszugsweise):

"§ 13

Abstände

(1) Gebäude sind entweder unmittelbar aneinander zu bauen oder müssen voneinander einen ausreichenden Abstand haben. Werden zwei Gebäude nicht unmittelbar aneinandergebaut, muß ihr Abstand mindestens so viele Meter betragen, wie die Summe der beiderseitigen Geschoßanzahl, vermehrt um 4, ergibt (Gebäudeabstand).

(2) Jede Gebäudefront, die nicht unmittelbar an einer Nachbargrenze errichtet wird, muß von dieser mindestens so viele Meter entfernt sein, wie die Anzahl der Geschosse, vermehrt um 2, ergibt (Grenzabstand).

(3) Steht ein Gebäude an der Grundgrenze, so hat der Nachbar, soferne durch einen Bebauungsplan oder durch Bebauungsrichtlinien nichts anderes bestimmt ist oder Gründe des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes nicht entgegenstehen, die Wahlmöglichkeit, entweder an die Grundgrenze anzubauen oder den erforderlichen Gebäudeabstand einzuhalten. Weist das Gebäude an der Grenze Öffnungen (Fenster, Türen und dgl.) auf, so ist der erforderliche Gebäudeabstand einzuhalten.

(4) Als Geschosse in der jeweiligen Gebäudefront sind jene anzurechnen,

(5) Nicht als Geschosse anzurechnen sind an der

(1) Der Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung Einwendungen erheben, wenn diese sich auf Bauvorschriften beziehen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (subjektiv-öffentlichrechtliche Einwendungen). Das sind Bestimmungen über

1. die Übereinstimmung des Vorhabens mit dem Flächenwidmungsplan und einem Bebauungsplan, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist

  1. 2. die Abstände (§ 13);
  2. 3. den Schallschutz (§ 77 Abs. 1)
  3. 4. die brandschutztechnische Ausführung der Außenwände von Bauwerken an der Nachbargrenze (§ 52 Abs. 2)

    5. die Vermeidung einer sonstigen Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung bzw. unzumutbaren Beeinträchtigung (§ 57 Abs. 2, § 58, § 60 Abs. 1, § 66 zweiter Satz und § 88)

    6. die Baueinstellung und die Beseitigung (§ 41 Abs. 6).

    ..."

    17 Die beschwerdeführenden Parteien bringen im Wesentlichen vor, es sei ihnen weder der Gemeinderatsbeschluss vom 26. März 2012 über die Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 24. Jänner 2012 noch die Stellungnahme der Vertreter des Nachbarn X noch die Eingabe des Vertreters des Bauwerbers vom 5. Oktober 2012 zugestellt worden, weshalb das Verfahren mangelhaft geblieben sei.

    Beim geplanten Projekt handle es sich nicht nur um einen Um- und Ausbau, sondern auch um eine Erweiterung, was sich darin zeige, dass die Bruttogeschossfläche um ein ganzes Geschoss, nämlich das Dachgeschoß, erweitert werde. Der Bauwerber gehe nach der Modifizierung des Projekts selbst von einem Zu- und Umbau aus. Der Dachstuhl solle zur Gänze abgetragen und statt mit einer Firsthöhe von ca. 2 m mit einer solchen von 5,5 m wieder errichtet werden; in der Folge solle ein Dachgeschoss ausgebaut werden. Demgemäß handle es sich nicht um einen Umbau, sondern um einen Ausbau und eine Erweiterung. Daran könne der Hinweis nichts ändern, dass der Kniestock nicht 1,5 m hoch sei, weil im Süden zwei Loggien, im Westen eine Terrasse mit 51,87 m2 und im Osten eine solche mit 47,20 m2 errichtet werden sollten und deren Brüstungen über 1 m hoch geplant seien. Ein derartiger Ausbau und eine derartige Erweiterung seien aber unzulässig, weil das bestehende Gebäude zum Teil unmittelbar an den Grundstücksgrenzen errichtet worden sei "und zum Teil mit geringem Abstand" und daher die Abstandsvorschriften nicht eingehalten würden (Hinweis auf die hg. Erkenntnisse vom 29. Juni 2000, Zl. 99/06/0087, und vom 5. Dezember 2000, Zl. 99/06/0096). Dass angeblich keine abstandsrelevanten Zubauten errichtet würden, ändere daran nichts. Außerdem könne die Veränderung der Firsthöhe des Dachstuhls von 2 m auf 5,5 m, die Errichtung von zwei Loggien mit je 4,96 m2 und zwei Terrassen (westlich mit 51,87 m2 und östlich mit 47 m2) nicht als nicht abstandsrelevante Maßnahme angesehen werden. Wo das Gebäude direkt an der Grundgrenze errichtet worden sei, habe es keine Öffnungen im Sinne einer Brandschutzmauer gegeben, sondern nur einen aus Glasbausteinen errichteten Lichteinfallsbereich. Die Brandschutzmauer solle durchbrochen werden, was ebenfalls unzulässig sei.

    Der Voreigentümer habe sich gegenüber der mitbeteiligten Stadtgemeinde verpflichtet, die Vereinbarung vom 24. Juni 1986 einzuhalten, nämlich die Unterlassung von ungebührlichem Lärm und die Verwendung von Milchglas bei den südostseitigen Fenstern, um eine unmittelbare Einsicht in das Grundstück der Nachbarn zu verhindern. Durch den Umbau/Ausbau/Zubau würde das Problem der unmittelbaren Lärmeinwirkung ebenso wieder auftreten wie das Problem der unmittelbaren Sicht auf die Nachbargrundstücke. "Es fehlt die Einhaltung der Abstandsvorschriften, es fehlen die nötigen Parkplätze, es fehlen die Besucherparkplätze, es fehlt ein Behindertenparkplatz, es fehlt ein Spielplatz, der geplante First ist zu hoch, durch die geplanten Terrassen-Fenster und die Loggien im Dachgeschoss und die Terrassen besteht die Möglichkeit, unmittelbar auf die Grundstücke der Beschwerdeführer einzusehen. Es wird die Bebauungsdichte überschritten".

    Es sei unmöglich von der Garage wegzufahren oder zuzufahren, ohne Fremdgrund in Anspruch zu nehmen.

    Im Bereich der Grundstücke der erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien befinde sich ein geschützter Landschaftsteil, dem das Projekt widerspreche.

    Die Auflage laut Punkt 4 sei unzulässig, weil sie unbestimmt sei.

    18 Wenn die beschwerdeführenden Parteien vorbringen, es sei ihnen der Gemeinderatsbeschluss vom 26. März 2012 über die Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides (vom 24. Jänner 2012) nicht zugestellt worden, sind sie darauf hinzuweisen, dass verfahrensgegenständlich die Beschwerde gegen den Bescheid vom 7. Juni 2013 ist, mit dem die Vorstellung gegen den Bescheid des Gemeinderates der zweitmitbeteiligten Stadtgemeinde vom 20. Februar 2013 (Beschlussfassung am 4. Februar 2013) als unbegründet abgewiesen wurde.

    Mit dem Vorbringen, es sei ihnen die Stellungnahme der Vertreter des Nachbarn X (nach der Aktenlage offensichtlich: vom 21. September 2012) und die Stellungnahme des Vertreters des Bauwerbers vom 5. Oktober 2012 nicht zugestellt worden, zeigen die beschwerdeführenden Parteien schon deswegen eine Verletzung in Rechten nicht auf, weil beide Stellungnahmen jedenfalls im (zweiten Baubewilligungs‑)Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 11. Dezember 2012 detailliert wiedergegeben wurden, womit die beschwerdeführenden Parteien die Möglichkeit hatten, in ihrer Berufung dazu Stellung zu nehmen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. April 2012, Zl. 2011/02/0324). Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob gegenständlich im erstinstanzlichen Verfahren überhaupt eine Verpflichtung bestand, zu diesen Stellungnahmen Parteiengehör zu gewähren.

    19 Das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ist in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektivöffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. April 2008, Zl. 2007/06/0303).

    20 Der Rüge der beschwerdeführenden Parteien, es fehlten die nötigen Parkplätze, Besucherparkplätze sowie ein Behindertenparkplatz, ist zu entgegnen, dass Nachbarn ein diesbezügliches Mitspracherecht nach § 26 Abs. 1 Stmk BauG 1995 nicht zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 8. Mai 2003, Zl. 2003/06/0051).

    Auch hinsichtlich der Errichtung eines Spielplatzes gewährt § 26 Abs. 1 Stmk BauG 1995 kein Mitspracherecht, auch nicht zur Frage, ob es am Baugrundstück möglich ist, von der Garage weg- oder zuzufahren ohne Fremdgrund in Anspruch zu nehmen.

    Mit dem Vorbringen, es bestehe die Möglichkeit unmittelbar auf die Grundstücke der beschwerdeführenden Parteien einzusehen, wird ebenso wenig ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht des § 26 Abs. 1 Stmk BauG 1995 geltend gemacht; dies trifft auch auf das Vorbringen zu, es befinde sich im Bereich der Grundstücke der erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien ein geschützter Landschaftsteil.

    Hinsichtlich der Bebauungsdichte kommt dem Nachbarn mangels Aufzählung im Katalog des § 26 Abs. 1 Stmk BauG 1995 gleichfalls kein Mitspracherecht zu (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2015, Zl. 2013/06/0066).

    Der belangten Behörde ist auch nicht entgegenzutreten, wenn sie darlegt, dass die Auflage Punkt 4 den Schutzinteressen der künftigen Bewohner vor Lärmeinwirkungen diene und als solche nicht geeignet sei, schutzwürdige Nachbarinteressen zu berühren. Betreffend die Frage, ob ein Zubau (Ausbau und Erweiterung) oder ein Neubau vorliegt, ist gemäß § 26 Abs. 1 Stmk BauG 1995 ein Nachbarrecht nicht eingeräumt. (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. März 2007, Zl. 2005/06/0255).

    21 Die beschwerdeführenden Parteien bringen vor, es liege eine Unterschreitung des zulässigen Abstandes vor, weil das Dachgeschoss als zusätzliches Geschoss zu zählen sei.

    22 Nach der Definition des § 4 Z. 44 Stmk BauG 1995 sind Nachbarn (u.a.) die Eigentümer oder Inhaber eines Baurechtes (Bauberechtigter) der an den Bauplatz angrenzenden Grundflächen sowie jener Grundflächen, die zum vorgesehenen Bauplatz in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, dass vom geplanten Bau oder dessen konsensgemäßer Benützung Einwirkungen auf diese Grundflächen ausgehen können, gegen welche die Bestimmungen dieses Gesetzes Schutz gewähren.

    Gemäß § 13 Abs. 1 Stmk BauG 1995 sind Gebäude entweder unmittelbar aneinander zu bauen oder müssen voneinander einen ausreichenden Abstand haben. Werden zwei Gebäude nicht unmittelbar aneinandergebaut, muss ihr Abstand mindestens so viele Meter betragen, wie die Summe der beiderseitigen Geschoßanzahl, vermehrt um 4, ergibt (Gebäudeabstand).

    Nach Abs. 2 dieser Gesetzesbestimmung muss jede Gebäudefront, die nicht unmittelbar an einer Nachbargrenze errichtet wird, von dieser mindestens so viele Meter entfernt sein, wie die Anzahl der Geschosse, vermehrt um 2, ergibt (Grenzabstand).

    Ein Nachbarrecht gemäß § 13 Abs. 2 Stmk BauG 1995 kommt Nachbarn nur hinsichtlich des ihrem Grundstück zugewandten Grenzabstandes zu (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2012, Zl. 2011/06/0023).

    Der gegenständliche Bauplatz hat gegenüber dem Grundstück Nr. 16/1 der erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien unstrittig keine Gebäudefront. Eine Grenzabstandsverletzung nach § 13 Abs. 2 Stmk BauG gegenüber diesen beschwerdeführerden Parteien ist fallbezogen auszuschließen.

    Aus der Regelung des § 13 Abs. 1 und 2 Stmk BauG 1995 geht hervor, dass Berechnungsparameter für den gesetzlichen Mindestabstand nicht die absolute Höhe eines Baus ist, sondern dessen Geschossanzahl. Insoweit in diesem Zusammenhang geltend gemacht wird, dass durch die erfolgte Anhebung des Dachfirstes der gesetzliche Mindestabstand gemäß § 13 Stmk BauG 1995 nicht eingehalten wird, ist zu entgegnen, dass - wie vorliegend - im Falle eines Verfahrens betreffend die Änderung eines rechtskräftig bewilligten Bestands nur solche bauliche Änderungen, die sich auf die Berechnung des Seitenabstandes auswirken (hier: Änderung der Geschosszahl) zu berücksichtigen sind. Die Frage des Seitenabstandes wäre nur in einem derartigen Fall neuerlich zu prüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 2004, Zl. 2002/06/0060).

    Mit der belangten Behörde ist davon auszugehen, dass an der südöstlichen Gebäudefront (Traufenseite) durch das gegenständliche Bauvorhaben eine Änderung der Geschosszahl nicht erfolgt (Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 Abs. 5 erster Spiegelstrich Stmk BauG 1995), weil das gegenständliche Dachgeschoss mit Satteldachausbildung an der Traufenseite eine Dachneigung von 40 Grad hat und ohne Kniestockaufmauerung in der südseitigen Gebäudefront projektiert wurde.

    Weder hinsichtlich des Gebäudeabstandes (§ 13 Abs. 1 Stmk BauG 1995) noch hinsichtlich des Grenzabstandes (§ 13 Abs. 2 Stmk BauG 1995) ist durch die gegenständliche Baubewilligung eine Verletzung in Rechten der drittbeschwerdeführenden Partei erfolgt.

    23 Die beschwerdeführenden Parteien machen geltend, dass es dort, wo das Gebäude direkt an der Grundgrenze errichtet worden sei, keine Öffnungen im Sinne einer Brandschutzmauer gegeben habe, sondern nur einen aus Glasbausteinen errichteten Lichteinfallsbereich. Die Brandschutzmauer solle durchbrochen werden, was ebenfalls unzulässig sei.

    Nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde ist nur die südöstliche Gebäudewand des rechtmäßigen Bestandes an der Grundstücksgrenze (Grundstück Nr. 264/5) der drittbeschwerdeführenden Partei situiert und könnte demnach nur diese von einer mangelnden Ausführung einer Brandwand betroffen sein. Ein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht nach § 26 Abs. 1 Z. 4 Stmk BauG 1995 kommt den erst- und zweit- sowie den viert- und fünftbeschwerdeführenden Parteien somit diesbezüglich von vornherein nicht zu.

    Betreffend das subjektiv-öffentliche Nachbarrecht nach § 26 Abs. 1 Z. 4 Stmk BauG 1995 sind bei einer Änderung des rechtmäßigen Bestandes nur solche bauliche Änderungen, die sich auf den Brandschutz auswirken können, zu berücksichtigen; andere Einwendungen (betreffend den Altbestand) können nicht erneut aufgerollt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. August 2015, Zl. 2012/06/0215).

    Nach den Ausführungen der belangten Behörde wurde diese Wand seinerzeit nicht als Brandwand im Sinne des § 51 Stmk BauG 1995 (vor der Stmk Baugesetz Novelle 2010) ausgeführt und wird durch die projektierte Bauführung weder vergrößert noch anderweitig in ihrer Ausdehnung adaptiert. Es sind lediglich oberhalb der bereits bestehenden Öffnung (rechtmäßiger Bestand) weitere Öffnungen vorgesehen. Bauliche Änderungen, die sich auf den Brandschutz auswirken können (wie die vorliegenden weiteren Öffnungen), sind allerdings zu berücksichtigen.

    24 Da sich die belangte Behörde in Verkennung der Rechtslage damit nicht auseinandergesetzt hat, war in Stattgebung der Beschwerde der drittbeschwerdeführenden Partei der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

    25 Hinsichtlich der erst- und zweit- sowie der viert- und fünftbeschwerdeführenden Parteien war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG abzuweisen, weil sie in den von ihnen geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten nicht verletzt wurden.

    26 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (siehe § 3 Z. 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl II Nr. 8/2014).

    Wien, am 28. Juni 2016

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