VwGH 2012/22/0196

VwGH2012/22/019619.12.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde der S, vertreten durch Dr. Herbert Pochieser, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Schottenfeldgasse 2-4/II/23, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 11. Juli 2012, Zl. 321.545/2- III/4/11, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

32004L0038 Unionsbürger-RL Art7;
MRK Art14;
NAG 2005 §64 Abs3;
32004L0038 Unionsbürger-RL Art7;
MRK Art14;
NAG 2005 §64 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer albanischen Staatsangehörigen, auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsbewilligung

für den Zweck "Studierender" gemäß § 64 Abs. 1 und 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) und § 8 Z 7 lit. b Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV) ab.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe am 11. Oktober 2011 den gegenständlichen Verlängerungsantrag gestellt. Sie habe aber keinen Studienerfolg erbracht. Sie habe vorgebracht, dass ihre Großmutter Ende 2010 verstorben wäre und sie sich deshalb nicht mehr auf das Studium hätte konzentrieren können. "Tatsache" sei aber, dass bereits ein Jahr zuvor ihr Studienerfolg nicht ausreichend gewesen sei. Mit Schreiben vom 12. Juni 2012 sei die Beschwerdeführerin zwecks Nachweises des Studienerfolges zur Urkundenvorlage aufgefordert worden. Dieser Aufforderung sei sie bis dato nicht nachgekommen. Es lägen keinerlei Gründe vor, die der Einflusssphäre der Beschwerdeführerin entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar wären, sodass die Aufenthaltsbewilligung trotz Fehlens eines Studienerfolges verlängert werden könnte. Die Beschwerdeführerin habe in der Vergangenheit ausreichend Gelegenheit gehabt, den geforderten Studienerfolg zu erbringen.

Entgegen § 64 Abs. 3 NAG habe die Beschwerdeführerin somit keinen Studienerfolgsnachweis erbracht, weshalb es an einer besonderen Erteilungsvoraussetzung fehle. Somit komme eine Vorgangsweise nach § 25 NAG nicht in Betracht und es sei eine Prüfung nach Art. 8 EMRK entbehrlich.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Im vorliegenden Beschwerdefall (Zustellung des angefochtenen Bescheides am 12. September 2012) kommt das NAG idF BGBl. I Nr. 50/2012 zur Anwendung.

Gemäß § 64 Abs. 3 NAG ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für Studierende nur zulässig, wenn nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften ein Studienerfolgsnachweis erbracht wird. Liegen Gründe vor, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind, kann trotz Fehlens des Studienerfolges eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden.

Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass sie im maßgeblichen Studienjahr 2010/2011 keinen Studienerfolg erbracht und somit auch nicht nachgewiesen hat.

Soweit in der Beschwerde Art. 8 EMRK angesprochen wird, genügt es, etwa auf das hg. Erkenntnis vom 22. September 2009, 2009/22/0169, zu verweisen, in dem ausgesprochen wurde, dass es zur Durchsetzung eines aus Art. 8 EMRK resultierenden Anspruchs nicht geboten ist, eine Prüfung im Sinn des § 11 Abs. 3 NAG auch dann vorzunehmen, wenn ein Aufenthaltstitel wegen des Fehlens besonderer Erteilungsvoraussetzungen versagt werden muss.

Weiters behauptet die Beschwerdeführerin eine Verfassungswidrigkeit des § 64 Abs. 3 NAG im Wesentlichen mit der Begründung, dass für "EU- und EWR-Bürger" die Erbringung eines Leistungsnachweises zur Fortsetzung des Studiums nicht erforderlich sei und somit § 64 Abs. 3 NAG gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot von Fremden untereinander sowie das Diskriminierungsverbot des Art. 14 EMRK verstoße.

Diesem Vorbringen kommt keine Berechtigung zu.

Wenn nämlich ein Unionsbürger in Österreich studiert, übt er sein Freizügigkeitsrecht nach der RL 2004/38/EG aus (vgl. Art. 7 der RL iVm dem vierten Erwägungsgrund). Nun gesteht der Verfassungsgerichtshof in der hier relevanten Materie (vgl. dessen Erkenntnis vom 16. Dezember 2009, G 244/09 u.a.) dem Gesetzgeber zu, an das Unionsrecht anknüpfende Sachverhalte anders zu regeln als solche ohne Bezug zum Unionsrecht. Somit ist es nicht gleichheitswidrig, die Voraussetzungen für den Aufenthalt als "Studierender" je nachdem unterschiedlich zu regeln, ob ein Unionsbürger oder ein Drittstaatsangehöriger betroffen ist. So ist die Differenzierung hinsichtlich der Erteilung von Aufenthaltstiteln nicht gleichheitswidrig, wenn es zur Sicherung und Förderung der Ausübung der Freizügigkeit (Art. 18 EG) und anderer Rechte nach dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften notwendig ist, dass in Umsetzung des Unionsrechts Aufenthaltsberechtigungen unter vereinfachten Bedingungen erteilt werden (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Oktober 2007, B 1462/06).

Weiters releviert die Beschwerdeführerin, dass sie sich nach dem Tod ihrer Großmutter im Jahr 2010 über Monate in einem Trauerzustand befunden habe, monatelang an Depressionen gelitten habe und somit nicht in der Lage gewesen sei, einen Studienerfolg zu verwirklichen.

In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen (vgl. das Erkenntnis vom 6. Juli 2010, 2010/22/0090), dass psychische Belastungen durch den Tod (oder die Erkrankung) eines Familienmitglieds nicht unter den Tatbestand des § 64 Abs. 3 NAG fallen. Aus diesem Grund konnten Ermittlungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin unterbleiben.

Letztlich ist dem Vorwurf, die Beschwerdeführerin sei zum Nachweis des Studienerfolgs nicht aufgefordert worden, der Boden entzogen, bringt die Beschwerdeführerin doch selbst vor, den Studienerfolg nicht erbracht zu haben.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 19. Dezember 2012

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