Normen
GSpG 1989 §52 Abs2;
StGB §168;
VStG §30 Abs2;
VStG §31 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
GSpG 1989 §52 Abs2;
StGB §168;
VStG §30 Abs2;
VStG §31 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Büro für Waffen- und Veranstaltungsangelegenheiten, vom 4. April 2012 wurde der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer der A GmbH und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ einer Übertretung der §§ 2 Abs. 4, 52 Abs. 1 Z 1, 4. Fall Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt und eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2000,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen, verhängt.
Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid setzte die belangte Behörde das Berufungsverfahren gemäß § 30 Abs. 2 VStG aus, weil nach dieser Bestimmung eine Tat von den Behörden nur zu ahnden sei, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit anderer Verwaltungsbehörden oder der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bilde. Wenn es zweifelhaft sei, ob diese Voraussetzung erfüllt sei, so habe die Behörde das Strafverfahren auszusetzten, bis über diese Frage von der sonst in Betracht kommenden Verwaltungsbehörde oder vom Gericht rechtskräftig entschieden sei. Gemäß § 52 Abs. 2 GSpG, BGBl. Nr. 620/1989, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010, handle es sich, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über EUR 10,-- von Spielern oder anderen geleistet würden, nicht mehr um geringe Beträge und es trete insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück.
Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 14. Dezember 2011, Zl. 2011/17/0233, für den Fall, dass tatsächlich Einsätze von mehr als EUR 10,-- getätigt worden seien, ausgeführt, dass der Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung vorliege, welcher die Behörde verpflichte, Strafanzeige zu erstatten.
Es sei im Zuge des gegen den Beschwerdeführer geführten Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung des Glücksspielgesetzes festgestellt worden, dass bei den angeführten Spielgeräten verbotene Glücksspiele durchgeführt und dabei tatsächlich Einsätze von bis zu EUR 50,-- getätigt worden seien. Dies sei im Zuge der Feststellung der Funktionstauglichkeit der Geräte durch die amtshandelnden Kontrollorgane erhoben worden. Daher werde Anzeige an die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachtes der Tatbegehung gemäß § 168 StGB erstattet. Aus diesem Grund sei das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 30 Abs. 2 VStG auszusetzen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete keine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des § 52 Glücksspielgesetzes (GSpG), BGBl. Nr. 620/1989, in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 54/2010, haben folgenden auszugsweisen Wortlaut:
"Verwaltungsstrafbestimmungen
§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde mit Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen
1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;
…
(2) Werden in Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über 10 Euro von Spielern oder anderen geleistet, so handelt es sich nicht mehr um geringe Beträge und tritt insoweit eine allfällige Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurück. …"
§ 30 Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) lautet:
"(2) Ist aber eine Tat von den Behörden nur zu ahnden, wenn sie nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit anderer Verwaltungsbehörden oder der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, und ist es zweifelhaft, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, so hat die Behörde das Strafverfahren auszusetzen, bis über diese Frage von der sonst in Betracht kommenden Verwaltungsbehörde oder vom Gericht rechtskräftig entschieden ist."
§ 168 Strafgesetzbuch (StGB) lautet:
"(1) Wer ein Spiel, bei dem Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen oder das ausdrücklich verboten ist, veranstaltet oder eine zur Abhaltung eines solchen Spieles veranstaltete Zusammenkunft fördert, um aus dieser Veranstaltung oder Zusammenkunft sich oder einem anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, es sei denn, daß bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib und um geringe Beträge gespielt wird.
(2) Wer sich gewerbsmäßig an einem solchen Spiel beteiligt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen."
Fraglich könnte im Beschwerdefall sein, ob der Beschwerdeführer durch die Aussetzung des Verwaltungsstrafverfahrens in seinen Rechten verletzt werden konnte. Der Beschwerdeführer steht auf dem Standpunkt, das vorliegende, gegen ihn geführte Verwaltungsstrafverfahren hätte nicht ausgesetzt, sondern zur Gänze eingestellt werden müssen. Eine Einstellung des Verfahrens würde gemäß § 52 VStG bewirken, dass dieses nur innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist des § 31 Abs. 2 VStG wiederaufgenommen werden dürfte. Die Aufhebung des Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof aufgrund der geltend gemachten Rechtswidrigkeit hätte somit Auswirkung auf die Rechtsstellung des Beschwerdeführers, weshalb die Möglichkeit einer Rechtsverletzung des Beschwerdeführers gegeben und dieser daher zur Erhebung der Beschwerde legitimiert ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. August 2012, Zl. 2012/17/0156, bereits ausgeführt hat, hat der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 52 Abs. 2 GSpG in der Novelle BGBl. I Nr. 54/2010, ausdrücklich die bis zum Inkrafttreten dieser Novelle nur im Wege verfassungskonformer Auslegung zu ermittelnde Subsidiarität "eine(r) allfällige(n) Strafbarkeit nach diesem Bundesgesetz" gegenüber einer "allfälligen Strafbarkeit" nach § 168 StGB festgelegt.
In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur Novelle BGBl. I Nr. 54/2010, Blg NR, XXIV. GP, zu den §§ 52 sowie 60 Abs. 21 GSpG wird u.a. Folgendes ausgeführt:
"Strafzuständigkeit der Verwaltungsbehörden ist ausschließlich bei Einsätzen pro Spiel bis zu 10 Euro nach diesem Bundesgesetz gegeben. Mit § 52 Abs. 2 wird auch der unbestimmte Gesetzesbegriff der geringen Beträge im Sinne des § 168 Abs. 1 letzter Halbsatz StGB legal definiert. Nur bei Vorliegen solcher geringen Beträge ist eine Strafbarkeit nach § 168 Abs. 1 letzter Halbsatz ausgeschlossen, gleichgültig ob bloß zu gemeinnützigen Zwecken oder bloß zum Zeitvertreib gespielt wird. Ab Übersteigen dieses Betrages ist die Anzeige an die Staatsanwaltschaft zu übermitteln und besteht Gerichtszuständigkeit."
Wie in dem oben zitierten Erkenntnis vom 22. August 2012, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, bereits ausgeführt, stellt § 52 Abs. 2 GSpG somit auf die Leistung eines Einsatzes von mehr als EUR 10,-- in einem einzelnen Spiel ab. Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden hat daher nach den für die Spiele geleisteten Einsätzen zu erfolgen. Eine Subsidiarität der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit gegenüber dem gerichtlichen Straftatbestand ergibt sich daher nur für die Veranstaltung von Spielen, bei denen der Einsatz EUR 10,-- überstieg. Im Übrigen verbleibt die Zuständigkeit bei den Verwaltungsstrafbehörden.
Da somit im Beschwerdefall die Zuständigkeit des Gerichts nur für jene Spiele gegeben ist, bei denen der geleistete Einsatz EUR 10,-- überstieg, im Übrigen aber die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden besteht, durfte die belangte Behörde aus der Feststellung, dass an den gegenständlichen Apparaten tatsächlich Einsätze von bis zu EUR 50,-- getätigt worden seien, nicht ableiten, dass hinsichtlich sämtlicher, mit den Automaten durchgeführter Spiele eine Zuständigkeit des Gerichts nach § 168 Abs. 1 StGB und somit eine Verpflichtung zur Aussetzung nach § 30 Abs. 2 VStG gegeben gewesen sei.
Die belangte Behörde hat daher den angefochtenen Bescheid durch Aussetzung des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens zur Gänze, ohne eine Differenzierung im Sinne obiger Ausführungen vorzunehmen, mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet.
Der angefochtene Bescheid war daher zur Gänze (mangels Unterscheidung) gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 27. Februar 2013
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