VwGH 2012/13/0107

VwGH2012/13/010724.9.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des R in M, vertreten durch MMag. Gustav Walzel, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Walfischgasse 12/3, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 4. September 2012, Zlen. RV/1415-W/08, RV/1416-W/08, betreffend Einkommensteuer 2006 und Verspätungszuschlag, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §115 Abs1;
BAO §119;
BAO §184 Abs1;
BAO §184 Abs3;
BAO §184;
BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;
EStG §23 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
BAO §115 Abs1;
BAO §119;
BAO §184 Abs1;
BAO §184 Abs3;
BAO §184;
BAO §288 Abs1 litd;
BAO §93 Abs3 lita;
EStG §23 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 3. Dezember 2007 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer gegenüber dem Beschwerdeführer für das Jahr 2006 fest. Dabei wurden im Wesentlichen Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 50.000 EUR angesetzt. Begründend wurde hiezu ausgeführt, wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen seien die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO im Schätzungswege ermittelt worden. Mit einem weiteren Bescheid vom 3. Dezember 2007 setzte das Finanzamt einen Verspätungszuschlag betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2006 wegen Nichtabgabe der Steuerklärung in Höhe von 10% der Einkommensteuer fest.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diese Bescheide Berufungen und machte geltend, die Einkünfte aus "selbständiger Arbeit" seien tatsächlich negativ gewesen, der genaue Betrag sei für ihn derzeit aber nicht ermittelbar. Wie er bereits in der Berufung betreffend das Jahr 2005 mitgeteilt habe, befänden sich Teile der Unterlagen, die er zur Aufstellung der Einkommensteuererklärung benötige, nicht in seinem Besitz, darunter auch die Anlagenverzeichnisse und -abschreibungen aus den Vorjahren. Da ihm auch betreffend anderer "Einkommensarten" noch Unterlagen fehlten, ersuche er um Gewährung einer angemessenen Frist.

Das Finanzamt wandte sich mit Schreiben vom 10. Jänner 2008 an den Beschwerdeführer. Die Delogierung und Einbehaltung von Unterlagen (durch den Vermieter) sei im Mai 2005 erfolgt. Inwiefern diese Unterlagen jene für die Erstellung der Steuererklärung des Jahres 2006 betreffen sollten, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorhanden gewesen seien und daher vom Vermieter auch nicht hätten einbehalten werden können, sei nicht nachvollziehbar. Sollte der Beschwerdeführer binnen gesetzter Frist (bis zum 8. Februar 2008) keine genauen Zahlen betreffend die Einkünfte im Jahr 2006 vorlegen, werde die Berufung als unbegründet abgewiesen werden. Auch werde der Beschwerdeführer ersucht, bekanntzugeben, wovon er 2006 seinen Lebensunterhalt bestritten habe, wenn die gewerblichen Einkünfte angeblich negativ gewesen seien und der Beschwerdeführer ansonsten nur Arbeitslosengeld in Höhe von 2.089 EUR bezogen habe.

Eine Äußerung des Beschwerdeführers hiezu erfolgte nicht. Im Hinblick auf eine Anfrage des Finanzamtes vom 18. Dezember 2007 das Jahr 2005 betreffend, ob der Beschwerdeführer die gewerbliche Tätigkeit überhaupt noch ausüben wolle oder einstelle (hiezu wurde vorgehalten, dass die gewerbliche Tätigkeit in den Jahren 1998 bis 2004 meist Verluste oder geringfügige Gewinne erbracht habe und eine Festsetzung der gewerblichen Einkünfte mit null erfolgen könnte), teilte der Beschwerdeführer am 18. Jänner 2008 mit, er möchte die gewerbliche Tätigkeit - zumindest nach derzeitigem Stand - weiterhin ausüben.

Mit Berufungsvorentscheidungen vom 18. Februar 2008 wies das Finanzamt die Berufungen als unbegründet ab. Das Finanzamt führte aus, der Beschwerdeführer habe innerhalb der gesetzten Frist keine Unterlagen vorgelegt, aus denen die Höhe des Gewinnes oder Verlustes ersichtlich gewesen sei. Die betreffenden Belege hätten vom ehemaligen Vermieter nicht einbehalten werden können, da der Beschwerdeführer bereits 2005 delogiert worden sei. Die Schätzung sei daher zu Recht erfolgt.

Der Beschwerdeführer beantragte die Entscheidung über die Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Im Zuge einer Nachschau gemäß § 144 BAO betreffend Einkommensteuer 2007 und 2008 wurde der Beschwerdeführer am 11. September 2009 niederschriftlich vernommen. Dabei gab er u. a. an, er bestreite die Lebenshaltungskosten aus den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft. Er betreibe eine Landwirtschaft mit derzeit ca. 40 ha; er werde dazu die Beilagen zur Einkommensteuer betreffend Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft ausfüllen und nachreichen. Die Frage, ob er Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung habe, verneinte er; er besitze und vermiete aber gemeinsam mit seinem Vater Liegenschaften. Dem Beschwerdeführer wurde sodann vorgehalten, er habe im Zeitraum 2004 bis 2009 Liegenschaften im Wert von ca. 825.000 EUR erworben und in diesem Zeitraum Liegenschaften um ca. 196.000 EUR verkauft. Zur Finanzierung der Ankäufe gab der Beschwerdeführer an, es sei ein Bankkredit (Kontokorrentkredit) aufgenommen worden; der derzeitige Stand sei eine Schuld von ca. 250.000 EUR. Mit diesem Kredit sei der Erwerb von Grundstücken erfolgt. Weiter habe er Ersparnisse (Bargeld, Sparbücher, Wertpapiere) gehabt. Teilweise seien ihm Privatkredite von Familienmitgliedern gegeben worden. Im Moment könne er nicht sagen, von wem und in welcher Höhe. Eine detaillierte Aufstellung über den An- und Verkauf der Liegenschaften bzw. eine Aufstellung und den Nachweis der Finanzierung der Liegenschaften werde er bis 12. Oktober 2009 nachreichen. Derartige Unterlagen legte der Beschwerdeführer (jedenfalls bis zum 12. Oktober 2009) nicht vor.

Im Bericht über die Nachschau kam der Prüfer zum Ergebnis, dass Einkünfte aus Gewerbebetrieb, und zwar aus einem gewerblichen Grundstückshandel vorlägen; der Beschwerdeführer habe laufend Grundstücke erworben und weiter veräußert. Betreffend die Höhe der Einkünfte würden als Schätzungsgrundlage die Lebenshaltungskosten herangezogen; für die Jahre 2007 und 2008 werde sohin ein Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von jeweils 30.000 EUR angesetzt. (Wie aus dem Akteninhalt hervorgeht, kam das Finanzamt aber in der Folge aufgrund eines Schreibens des Beschwerdeführers vom 11. April 2010 zu der Ansicht, dass kein gewerblicher Grundstückshandel vorliege; die Lebenshaltungskosten würden aus der Landwirtschaft gedeckt werden; die Einkünfte aus Gewerbebetrieb für die Jahre 2007 und 2008 würden auf null gesetzt.)

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 17. Juni 2011 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, binnen vier Wochen Fragen zu beantworten und Unterlagen vorzulegen:

a) Im Schreiben vom 18. Jänner 2008 habe er angegeben, dass er die gewerbliche Tätigkeit weiterhin ausüben wolle. Vom Finanzamt seien daher wegen Nichtabgabe der Steuererklärung die im Jahr 2006 erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit 50.000 EUR geschätzt worden. Da der Beschwerdeführer bislang die Höhe der im Jahr 2006 erzielten Einkünfte aus Gewerbebetrieb nicht bekannt gegeben habe und auch keine Unterlagen vorgelegt habe, sei - falls weiterhin die Einkommensverhältnisse nicht offen gelegt würden - beabsichtigt, die vom Finanzamt vorgenommene Schätzung aufrecht zu erhalten, wobei im Hinblick auf die Aussage des Beschwerdeführers vom 11. September 2009 davon ausgegangen werde, dass die Einkünfte im Rahmen eines gewerblichen Wertpapierhandels erzielt worden seien.

b) Darüber hinaus habe das Finanzamt im Rahmen der Nachschau festgestellt, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2006 Liegenschaften veräußert habe, die er im Jahr 2005 erworben habe. Der daraus entstandene Spekulationsgewinn ergebe sich mit

72.325 EUR. Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer anlässlich des Ankaufs der Liegenschaften Grunderwerbsteuer entrichtet habe; sofern der Beschwerdeführer nicht weitere Anschaffungsnebenkosten geltend mache, würden nur diese Beträge in Abzug gebracht werden.

c) Unter der Voraussetzung, dass der Beschwerdeführer keine Aufklärung gebe, würden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Anlehnung an die von der Betriebsprüfung für 2007 vorgenommene Schätzung angesetzt werden.

d) In der Berufung habe der Beschwerdeführer angegeben, aus selbständiger Arbeit einen Verlust erlitten zu haben. Ein derartiger Verlust könne aber nur berücksichtigt werden, wenn der Beschwerdeführer die selbständige Tätigkeit sowie die dabei erzielten Einnahmen und Ausgaben offen lege.

Eine Äußerung des Beschwerdeführers hiezu erfolgte nicht.

Mit dem angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde die Bescheide betreffend Einkommensteuer 2006 und Verspätungszuschlag ab.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei seit 1. April 2005 bei der Sozialversicherung der Bauern als selbständiger Landwirt versichert. Im Hinblick auf seine Angaben vom 11. September 2009 gehe die belangte Behörde davon aus, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2006 Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 8.106,17 EUR erzielt habe. Von der Betriebsprüfung sei für das Jahr 2007 unter Berücksichtigung der zugepachteten Flächen ein Einheitswert von 35.072,76 EUR festgestellt worden. Mangels Angaben über die Höhe des vom Beschwerdeführer entrichteten Pachtzinses werde dieser mit 700 EUR geschätzt. Da der Beschwerdeführer weder gegen die Ermittlung des maßgebenden Einheitswertes noch gegen die Höhe des schätzungsweise in Ansatz gebrachten Pachtzinses Einwände erhoben habe und den Vorhalt unbeantwortet gelassen habe, werde davon ausgegangen, dass diese Ermittlungen zutreffend erfolgt seien. Ausgehend vom Einheitswert seien die Einkünfte nach der Pauschalierungsverordnung unter Abzug der Pachtzinse sowie der Sozialversicherungsbeiträge ermittelt worden. Die Schätzung erfolge analog der von der Betriebsprüfung für das Folgejahr durchgeführten Gewinnermittlung, da keinerlei Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass sich die Verhältnisse in den Jahren 2006 und 2007 gravierend geändert hätten.

Betreffend Einkünfte aus Gewerbebetrieb habe der Beschwerdeführer keinerlei Angaben zum Gewinn und auch dazu, um welchen Betrieb es sich handle, gemacht. Im Hinblick darauf, dass er am 11. September 2009 angegeben habe, dass er den Kapitalbedarf für die Anschaffung diverser Grundstücke unter anderem aus dem Verkauf von Wertpapieren gedeckt habe, werde davon ausgegangen, dass er Einkünfte aus einem gewerblichen Wertpapierhandel in Höhe von 50.000 EUR erzielt habe. Mangels näherer Angaben des Beschwerdeführers könne dieser Betrag nur mittels Globalschätzung ermittelt werden; der Beschwerdeführer habe keine Einwände gegen die Höhe der Schätzung vorgebracht.

Betreffend Spekulationseinkünfte habe der Beschwerdeführer im Jahr 2006 zwei Liegenschaften veräußert, die er im Jahr 2005 angekauft habe. Da der Beschwerdeführer erklärt habe, dass er den Ankauf der Grundstücke keineswegs mit der Absicht getätigt habe, diese kurzfristig wieder zu verkaufen, und auch in den Folgejahren keine Einkünfte aus Grundstückverkäufen festgestellt worden seien, werde davon ausgegangen, dass der Erwerb und der Verkauf nicht im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels erfolgt seien. Die Höhe der Spekulationseinkünfte ergebe sich ausgehend von der Differenz zwischen Ankaufs- und Verkaufspreisen unter Abzug der vom Beschwerdeführer zu entrichtenden Grunderwerbsteuer.

Der Verspätungszuschlag sei in Höhe von 10% der nunmehr festgesetzten Einkommensteuer festzusetzen gewesen.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde und Einbringung einer Replik durch den Beschwerdeführer erwogen hat:

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde, soweit sie die Grundlagen für die Abgabenerhebung nicht ermitteln oder berechnen kann, diese zu schätzen, wobei alle Umstände zu berücksichtigen sind, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Zu schätzen ist nach dem zweiten Absatz dieser Bestimmung insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen wesentlich sind. Nach Abs. 3 leg. cit. ist ferner zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt, oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Die Schätzungsberechtigung setzt kein Verschulden z.B. am Fehlen von Aufzeichnungen voraus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 2004, 2000/13/0015: Fehlen der Aufzeichnungen wegen Diebstahls). Der Umstand, dass Aufzeichnungen allenfalls vom Vermieter rechtswidrig zurückbehalten wurden, steht daher einer Schätzungsberechtigung nicht entgegen.

Ist eine Schätzung zulässig, so steht die Wahl der anzuwendenden Schätzungsmethode der Abgabenbehörde im Allgemeinen frei, doch muss das Schätzungsverfahren einwandfrei durchgeführt werden, müssen die zum Schätzungsergebnis führenden Gedankengänge schlüssig und folgerichtig sein und muss das Ergebnis, das in der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen besteht, mit der Lebenserfahrung im Einklang stehen. Das gewählte Verfahren muss stets auf das Ziel gerichtet sein, diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben. Hiebei muss die Behörde im Rahmen des Schätzungsverfahrens auf alle vom Abgabepflichtigen substantiiert vorgetragenen, für die Schätzung relevanten Behauptungen eingehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 2011, 2010/15/0088, 0089, mwN).

Auch Schätzungsergebnisse unterliegen der Begründungspflicht. Die Begründung hat die für die Schätzungsbefugnis sprechenden Umstände, die Schätzungsmethode, die der Schätzung zugrunde gelegten Sachverhaltsannahmen und die Ableitung der Schätzungsergebnisse darzulegen. Die Begründung muss in einer Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Jänner 2011, 2007/15/0226, mwN).

Der Grundsatz der Amtswegigkeit des Verfahrens befreit den Beschwerdeführer nicht von seiner Verpflichtung, zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes auch hinsichtlich einer Schätzung gemäß § 184 BAO beizutragen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geht es nicht an, im Verwaltungsverfahren untätig zu bleiben, um sodann im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu behaupten, die belangte Behörde hätte Verfahrensvorschriften verletzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. März 2008, 2008/15/0017, mwN).

Festzuhalten ist zunächst, dass im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer Aufzeichnungen zu seinen gewerblichen Einkünften nicht vorgelegt hat, eine Schätzungsberechtigung (und Verpflichtung) der Abgabenbehörden bestand. Weiter ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer gegen seine Mitwirkungspflichten im Schätzungsverfahren - in der Beschwerde unbestritten (er habe den Vorhalt der belangten Behörde "vergessen") - verstoßen hat. Dies entbindet die belangte Behörde aber nicht von der Durchführung eines ordnungsgemäßen Schätzungsverfahrens samt zureichender Begründung der Schätzungsergebnisse.

Die belangte Behörde geht davon aus, dass der Beschwerdeführer Einkünfte aus einem gewerblichen Wertpapierhandel erzielt hat.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Tätigkeit erst dann gewerblich im Sinne des § 23 Z 1 EStG 1988, wenn sie den Rahmen der Vermögensverwaltung überschreitet. Dies ist dann der Fall, wenn das Tätigwerden des Steuerpflichtigen nach Art und Umfang deutlich jenes Ausmaß übersteigt, das üblicherweise mit der Verwaltung eigenen Vermögens verbunden ist, wenn also durch die Marktteilnahme nach Art und Umfang der Tätigkeit ein Bild erzeugt wird, das der privaten Vermögensverwaltung fremd ist. In Zweifelsfällen ist darauf abzustellen, ob die Tätigkeit, wenn sie in den gewerblichen Bereich fallen soll, dem Bild entspricht, das nach der Verkehrsauffassung einen Gewerbebetrieb ausmacht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 2013, 2009/13/0077, mwN; zum gewerblichen Wertpapierhandel vgl. näher Jakom/Baldauf, EStG, 2014, § 23 Tz 49 ff).

Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides (und auch dem Akteninhalt) können keine Anhaltspunkte für die Annahme abgeleitet werden, diese Voraussetzungen wären im vorliegenden Fall erfüllt. Der Aussage des Beschwerdeführers vor dem Finanzamt kann nur entnommen werden, dass er den Erwerb von Grundstücken u.a. durch den Verkauf von Wertpapieren finanziert habe. Wenn auch die Angaben des Beschwerdeführers - auch zu den von ihm behaupteten Privatkrediten - wenig konkret waren und er die von ihm zugesagte detaillierte Aufstellung über die Finanzierung nicht nachgereicht hat, so ist aus seiner Aussage schon nicht zu entnehmen, dass die Finanzierung des Ankaufes (auch) durch Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren (und nicht bloß aus einer allenfalls ergebnisneutralen Veräußerung dieser Wertpapiere) erfolgte. Anhaltspunkte für eine gewerbliche Betätigung auf diesem Gebiet sind in keiner Weise ersichtlich.

Das Finanzamt war nicht von einem gewerblichen Wertpapierhandel, sondern von der bisherigen gewerblichen Betätigung des Beschwerdeführers im Bereich "Technische Dienste" ausgegangen. Im Hinblick auf die vom Vermieter durchgeführte Räumung des Büros und die in den Vorjahren erzielten geringen Einkünfte erschienen diese Einkünfte aber bereits dem Finanzamt - schon für das Jahr 2005 - als zweifelhaft (vgl. die geschilderte Anfrage für das Jahr 2005). In der Folge nahm der Prüfer für die Jahre 2007 und 2008 einen gewerblichen Grundstückshandel an, den wiederum die belangte Behörde verneinte.

Die Schätzung der Höhe der gewerblichen Einkünfte durch das Finanzamt erfolgte - soweit erkennbar - ausgehend von der Annahme, dass ein Betrag zur Deckung des Lebensunterhaltes (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 29. November 2006, 2002/13/0227, mwN) des Beschwerdeführers erforderlich gewesen sei (vgl. den Vorhalt des Finanzamtes im Zuge der Erlassung einer Berufungsvorentscheidung sowie in der Folge die Ausführungen im Bericht des Prüfers über die Nachschau). Im Zuge des Berufungsverfahrens konnten freilich weitere Einkünfte des Beschwerdeführers ermittelt werden. Entsprechend den - von der belangten Behörde nicht als unglaubwürdig beurteilten - Angaben des Beschwerdeführers bestreite er die Lebenshaltungskosten aus den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft. Weiter ergaben sich Spekulationseinkünfte im Jahr 2006 in Höhe von etwa 70.000 EUR, sodass für eine Zuschätzung aus dem Grunde der mangelnden Deckung des Lebensunterhaltes kein Anlass ersichtlich ist.

Was schließlich eine - in der Begründung der belangten Behörde anklingende - Schätzung an Hand des Vermögenszuwachses betrifft, so setzt diese eine in einem mängelfreien Verfahren getroffene Feststellung eines Vermögenszuwachses voraus, den der Abgabepflichtige nicht aufklären kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2014, 2009/15/0212, mwN). Wenn auch feststeht, dass der Beschwerdeführer Liegenschaften in erheblichem Umfang angekauft hat, so kann daraus noch nicht unmittelbar auf einen Vermögenszuwachs (gegenüber einer allfälligen bloßen Vermögensumschichtung) im Streitzeitraum geschlossen werden; Feststellungen hiezu wurden von der belangten Behörde nicht getroffen.

Im Übrigen verweist der Beschwerdeführer auch zutreffend darauf, dass die belangte Behörde es unterlassen hat, (negative) Einkünfte des Beschwerdeführers aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen. Dass derartige Einkünfte vorlagen, war aus der von der belangten Behörde verwerteten Aussage des Beschwerdeführers vom 11. September 2009 abzuleiten. Darüber hinaus befindet sich bereits im Akt des Finanzamtes betreffend das Jahr 2006 ein mit 30. November 2007 datierter Vermerk, wonach neben (offenkundig gewerblichen) Einkünften von 50.000 EUR auch negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (in Höhe von 3.321,76 EUR) zu berücksichtigen seien.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.

Wien, am 24. September 2014

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