VwGH 2012/08/0228

VwGH2012/08/022826.5.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richterin, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde der G KG in S, vertreten durch Dr. Georg Peterlunger, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Kajetanerplatz/Schanzlgasse 8, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom 29. August 2012, Zl. 20305- V/14.574/21-2012, betreffend Beitragszuschläge gemäß § 113 ASVG (mitbeteiligte Partei: Salzburger Gebietskrankenkasse in 5020 Salzburg, Engelbert-Weiß-Weg 10), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §113 Abs1 Z1;
ASVG §113 Abs1;
ASVG §113 Abs2;
ASVG §413;
ASVG §415;
AVG §38;
AVG §68 Abs1;
ASVG §113 Abs1 Z1;
ASVG §113 Abs1;
ASVG §113 Abs2;
ASVG §413;
ASVG §415;
AVG §38;
AVG §68 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin als Dienstgeberin des ÜS und des AT aufgrund begangener Meldepflichtverletzungen jeweils ein Beitragszuschlag von EUR 1.300,-- vorgeschrieben.

Die belangte Behörde stellte fest, dass am 14. Jänner 2008 und am 27. Jänner 2008 ÜS und am 27. Jänner 2008 TA im Zuge durchgeführter Kontrollen durch Organe der KIAB (Kontrolle illegaler Arbeitnehmerbeschäftigung) im Betrieb der Beschwerdeführerin für diese als Dienstgeberin entgeltlich tätig betreten worden seien, ohne rechtmäßig zur Sozialversicherung gemeldet gewesen zu sein. Der Status der Betretenen als der Pflicht(Teil)-Versicherung in der Sozialversicherung unterlegen gewesene Dienstnehmer und die Stellung der Beschwerdeführerin als Dienstgeberin seien mit Bescheid des Bundesministeriums (gemeint wohl: Bundesministers) für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz rechtskräftig festgestellt worden. Dieser entfalte für das Beitragszuschlagsverfahren absolute Bindungswirkung.

Die Tatbestandsvoraussetzungen zur Vorschreibung des Beitragszuschlages im Sinn des § 113 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG in der Höhe von jeweils EUR 1.300,-- seien erfüllt. Allfällige Gründe für eine Herabsetzung oder einen Entfall des Beitragszuschlages lägen nicht vor und würden von der Beschwerdeführerin auch nicht mit ausreichender Substanz geltend gemacht. Das Vorbringen, dass die SGKK den Beitragszuschlag nicht auf EUR 400,-- herabgesetzt hätte, wenn er zu Recht in der Höhe von EUR 1.300,-- vorgeschrieben worden wäre, sei in sich nicht schlüssig nachvollziehbar. Die erstinstanzliche Feststellung des Beitragszuschlages von jeweils EUR 1.300,-- sei sowohl rechnerisch als auch rechtlich korrekt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die belangte Behörde hat keine Gegenschrift erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof im hg. Verfahren 2012/08/0207 die von der nunmehrigen Beschwerdeführerin erhobene Beschwerde gegen den von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegten Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz mit Erkenntnis vom heutigen Tag als unbegründet abgewiesen hat.

2. Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

Gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG kann ein Beitragszuschlag vorgeschrieben werden, wenn die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde. Gemäß § 113 Abs. 2 ASVG setzt sich der Beitragszuschlag nach einer unmittelbaren Betretung aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf EUR 500,-- je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf EUR 800,--. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf EUR 400,-- herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

3. Die Beschwerdeführerin macht geltend, § 113 Abs. 2 ASVG biete die Möglichkeit, dass bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen sowohl der Teilbetrag für die Bearbeitung als auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen könne. Es sei dem angefochtenen Bescheid auch nicht zu entnehmen, welche über das gesetzlich definierte Ausmaß der "unbedeutenden Folgen" hinausgehenden Folgen der gegenständliche Fall nach sich gezogen hätte, um von dieser Bestimmung auf Nichtfestsetzung und Entfall des Beitragszuschlages keinen Gebrauch zu machen. Der Beitragszuschlag habe zur Gänze zu entfallen.

Der Beitragszuschlag nach § 113 Abs. 1 ASVG stellt eine pauschalierte Abgeltung des durch die Säumigkeit des Beitragspflichtigen verursachten Verwaltungsaufwandes und des Zinsentganges infolge der verspäteten Beitragsentrichtung dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Juli 2012, Zl. 2009/08/0091).

Dem Einwand der Beschwerdeführerin, es habe keine Versicherungspflicht vorgelegen, kommt schon deshalb keine Berechtigung zu, da - wie die belangte Behörde zutreffend ausführte - die Dienstnehmer- und Dienstgebereigenschaft bindend durch den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz festgestellt wurde. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ändert daran jedenfalls nichts. Unstrittig ist zudem, dass die genannten Dienstnehmer zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht zur Sozialversicherung gemeldet waren.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Landeshauptmann bei der Entscheidung über die Beitragspflicht, wenn er vorfrageweise die Versicherungspflicht zu beurteilen hat, wegen der Grundsätze der Unabänderlichkeit eigener Entscheidungen und der Einheitlichkeit und Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung an seinen (vorherigen oder gleichzeitigen) Ausspruch über die Versicherungspflicht (als Hauptfragenentscheidung) auch dann gebunden, wenn diese Entscheidung noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist, sondern einem Rechtszug an den Bundesminister unterliegt. Der Abspruch über die Beiträge kann daher nicht mit dem Argument angegriffen werden, es habe im zu prüfenden Zeitraum keine Pflichtversicherung bestanden. Dies gilt gleichermaßen für die ebenfalls an das Bestehen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung anknüpfende Vorschreibung von Beitragszuschlägen nach § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2013, Zl. 2012/08/0003). Dies trifft auf den vorliegenden Fall umso mehr zu, weil bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde ein rechtskräftiger Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vorlag.

Der belangten Behörde kann diesbezüglich auch keine grobe Mangelhaftigkeit im Ermittlungsverfahren vorgeworfen werden, sodass die Voraussetzungen für die Vorschreibung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG vorlagen.

4. Die Beschwerdeführerin bekämpft auch die Höhe des vorgeschriebenen Beitragszuschlages.

Es läge ein Fall der erstmaligen verspäteten Anmeldung mit unbedeutenden Folgen vor, sodass der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung zu entfallen habe. Auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz habe zu entfallen, da besonders berücksichtigungswürdige Umstände vorlägen. Selbst bei Fehlen dieser Umstände sei der Betrag für den Prüfeinsatz höchstens mit EUR 400,-- festzusetzen.

Das Verfahren sei grob mangelhaft geblieben, da die belangte Behörde ohne Begründung und ohne entsprechende Feststellungen und Beweisergebnisse davon ausgegangen sei, dass entgegen den Einspruchsvorentscheidungen vom 28. August 2008 keine erstmalige verspätete Anmeldung mit unbedeutenden Folgen und kein besonders berücksichtigungswürdiger Fall vorläge. Die Behörde hätte die Beschwerdeführerin zudem auffordern müssen, ihre wirtschaftlichen Verhältnisse offenzulegen.

Die Höhe des angeblichen Entgeltanspruches sei dem Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz nicht entnehmbar. Die belangte Behörde hätte jedenfalls die nachzuzahlenden Beiträge feststellen müssen.

Auch dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg:

Dem Beschwerdevorbringen, Voraussetzung für eine dem Gesetz entsprechende Bemessung des Beitragszuschlages sei, dass die Höhe der nachzuzahlenden Beiträge festgestellt werde, ist entgegen zu halten, dass im vorliegenden Fall § 113 Abs. 2 ASVG in der hier anzuwendenden, ab 1. Jänner 2008 geltenden Fassung BGBl. I Nr. 31/2007 bei einem Beitragszuschlag nach § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG nicht auf die Höhe nachzuzahlender Beiträge abstellt.

Im Hinblick auf § 113 Abs. 2 zweiter Satz ASVG, wonach bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf EUR 400,-- herabgesetzt werden kann, bringt die Beschwerde vor, die belangte Behörde sei begründungslos und ohne dies festzustellen davon ausgegangen, dass keine erstmalige verspätete Anmeldung vorliege. Eine derartige Feststellung war jedoch im vorliegenden Fall nicht erforderlich. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass die Anmeldungen hinsichtlich ÜS und TA zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet worden sind. Unbedeutende Folgen liegen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs etwa dann vor, wenn sie hinter dem typischen Bild eines Meldeverstoßes zurückbleiben, beispielsweise wenn die Anmeldung zwar verspätet erfolgte, im Zeitpunkt der Durchführung der Kontrolle aber bereits vollzogen gewesen ist (also entgegen dem typischen Regelfall feststeht, dass Schwarzarbeit nicht intendiert war). Im vorliegenden Fall wurde die Meldung von zwei Dienstnehmern unterlassen und war auch zum Zeitpunkt der zweiten Kontrolle durch die KIAB noch nicht nachgeholt worden. Es liegt somit das typische Bild eines Meldeverstoßes vor. Von unbedeutenden Folgen im Sinn des § 113 Abs. 2 ASVG kann deshalb nicht die Rede sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Juli 2012, Zl. 2010/08/0218). Die Höhe der zu zahlenden Beiträge ergibt sich ausschließlich aus § 113 Abs. 2

ASVG.

Daher kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgeht, dass die Folgen des Meldeverstoßes nicht unbedeutend gewesen sind. Die Beschwerdeführerin vermochte auch keine die rechtzeitige Meldung hindernden Umstände aufzuzeigen, die den Fall als besonders berücksichtigungswürdig iSd vierten Satzes des § 113 Abs. 2 ASVG erscheinen lassen könnten. (vgl. zu alldem die hg. Erkenntnisse vom 14. März 2013, Zl. 2012/08/0125, und vom 18. November 2009, Zl. 2008/08/0246).

Der belangten Behörde hatte zu Recht keinen Anlass, die Teilbeträge iSd § 113 Abs. 2 ASVG herabzusetzen oder ganz entfallen zu lassen.

5. Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 26. Mai 2014

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte