VwGH 2012/06/0097

VwGH2012/06/009730.6.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie die Hofrätin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Beschwerde 1. des H F, 2. der M F, 3. des DI I B, alle in G, alle vertreten durch die Ochsenhofer & Heindl Rechtsanwälte OG in 7400 Oberwart, Schulgasse 11, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 15. Mai 2012, Zl. OW-02-04-106-4, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Dipl. Ing. J W, 2. M W, beide in G, 3. Marktgemeinde G), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs3;
AVG §52 Abs1;
AVG §53 Abs1;
AVG §8;
BauG Bgld 1997 §21 Abs2;
BauG Bgld 1997 §21 Abs4;
BauG Bgld 1997 §3 Z4;
BauG Bgld 1997 §5 Abs1;
BauG Bgld 1997 §5 Abs3;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §45 Abs3;
AVG §52 Abs1;
AVG §53 Abs1;
AVG §8;
BauG Bgld 1997 §21 Abs2;
BauG Bgld 1997 §21 Abs4;
BauG Bgld 1997 §3 Z4;
BauG Bgld 1997 §5 Abs1;
BauG Bgld 1997 §5 Abs3;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit Bauansuchen vom 12. Juli 2011 beantragten die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien (im Folgenden: Bauwerber) die Errichtung eines Wohnhauses und Nebengebäudes (Ausbau - Bestand samt Zubau bzw. Neubau) auf den Grundstücken Nr. 6197 und 6198 KG G, mit der Flächenwidmung Bauland-Wohngebiet.

Die zur mündlichen Verhandlung am 24. August 2011 geladenen Beschwerdeführer erhoben mit Schreiben vom 23. August 2011 bzw. 24. August 2011 Einwendungen, auf die sie in der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Mit Bescheid vom 5. September 2011 erteilte der Bürgermeister der drittmitbeteiligten Marktgemeinde den Bauwerbern die Bewilligung zum Neubau eines Wohnhauses und eines Nebengebäudes auf den näher angeführten Grundstücken.

2. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung vom 21. September 2011 (u.a.) der Beschwerdeführer wurde mit Bescheid des Gemeinderates der drittmitbeteiligten Marktgemeinde vom 28. Oktober 2011 als unbegründet abgewiesen.

3. Der dagegen gerichteten Vorstellung vom 16. November 2011 gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 25. November 2011 Folge, hob den Bescheid des Gemeinderates auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die drittmitbeteiligte Marktgemeinde zurück (erster Vorstellungsbescheid).

Begründend legte die belangte Behörde im Wesentlichen dar, gegenständlich könnten die Beschwerdeführer weitere Einwendungen nachtragen, weil Präklusion (Teilpräklusion) ihnen gegenüber nicht eingetreten sei. Ein (auch teilweiser) Verlust der Parteistellung gemäß § 42 AVG seit der Novelle BGBl. Nr. 158/1998 setze nämlich eine gehörige Ladung zur bzw. eine gehörige Kundmachung der Bauverhandlung voraus, was nur dann der Fall sei, wenn in dieser Ladung auf die § 42 AVG vorgesehenen Rechtsfolgen verwiesen werde. Diesem Erfordernis sei im Gegenstandsfall nicht entsprochen worden.

Auf die Abstandsvorschriften könnten sich Nachbarn nur insoweit berufen, als es sich um den Abstand zu ihrem Grundstück bzw. die Baulinie der ihrem Grundstück zugewandten Seite des zu bebauenden Grundstückes handle. Es sei im Beschwerdefall nicht erkennbar, dass das Fehlen einer bescheidmäßigen Festlegung der Bebauungsweise und einer Ausnahme nach § 5 Abs. 3 Bgld BauG 1997 Rechte der Beschwerdeführer verletze. Die Grundstücke der Beschwerdeführer hätten keine gemeinsame Grenze mit den Baugrundstücken, grenzten weder seitlich noch hinten an diese an und seien von den Grundstücken der Bauwerber durch eine 5 m breite Straße voneinander getrennt. Zudem sei kein Antrag auf Festlegung einer ausnahmsweise anders verlaufenden Abstandslinie im Sinne des § 5 Abs. 3 leg. cit. gestellt worden.

Weiters führte die belangte Behörde aus, ein sachlich gerechtfertigter Anrainerschutz im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation des § 5 Abs. 3 Bgld BauG 1997 führe dazu, dass der Nachbar als subjektiv-öffentliches Recht im Zusammenhang mit der Gebäudehöhe (nur) geltend machen könne, dass der auf seiner Liegenschaft vorhandene Baubestand in der gesetzlich erforderlichen Belichtung und Belüftung nicht beeinträchtigt werde und dass eine sachgemäße widmungskonforme Bebauung seines Grundstückes im Hinblick auf die dafür notwendige Belichtung und Belüftung angesichts der Gebäudehöhe des verfahrensgegenständlichen Objektes möglich bleibe (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2006, Zl. 2005/05/0259). Im Beschwerdefall sei von den Regelungen des § 5 Abs. 1 Bgld BauG 1997 abgewichen worden. Die Gemeindebehörden hätten es unterlassen, dem Anrainerschutz in Zusammenhang mit der Gebäudehöhe die erforderliche Bedeutung im Sinne der obigen Ausführungen zuzumessen. Sie hätten es verabsäumt, taugliche Entscheidungsgrundlagen zu schaffen (Einholung von Gutachten), die belegten, dass eine ausreichende Belichtung und Belüftung der bestehenden und bewilligten sowie der künftig bewilligungsfähigen Gebäude der Beschwerdeführer gegeben seien. Der Gemeinderat der drittmitbeteiligten Marktgemeinde habe insoweit den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhalts belastet.

Bezüglich des behaupteten Rutschgeländes sei ein Mitspracherecht der Beschwerdeführer insoweit anzunehmen, als eine unmittelbare Betroffenheit ihrer Bauten durch das zu bewilligende Bauvorhaben zu erwarten sei. Die vorgelegten statischen Berechnungen stammten von einem nichtamtlichen Sachverständigen. Würden nicht nach der Maßgabe des § 52 AVG Amtssachverständige oder von der Behörde bestellte Sachverständige herangezogen, sondern Gutachten anderer Sachverständiger ("Privatgutachten") von einer Partei vorgelegt, seien diese einer Überprüfung durch Sachverständige im Sinne des § 52 AVG zu unterziehen, wobei gegebenenfalls dann aber nicht noch ein (zusätzliches) Gutachten eines Sachverständigen im Sinne des § 52 AVG notwendig sei. Im Beschwerdefall fehlten Ausführungen über das Ergebnis der Überprüfung des "Privatgutachtens".

4. Mit Bescheid des Gemeinderates der drittmitbeteiligten Marktgemeinde vom 17. April 2012 (Beschlussfassung am 27. März 2012) wurde die Berufung (u.a.) der Beschwerdeführer vom 21. September 2011 gegen den Bescheid des Bürgermeisters der drittmitbeteiligten Marktgemeinde vom 5. September 2011 unter Spruchpunkt I neuerlich als unbegründet abgewiesen, unter Spruchpunkt II wurden Bebauungsrichtlinien festgelegt und unter Spruchpunkt III den Bauwerbern die baubehördliche Bewilligung für das gegenständliche Bauvorhaben erteilt.

5. Gegen diesen Bescheid richtete sich die Vorstellung vom 8. Mai 2012, der mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 15. Mai 2012 keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt wurde (zweiter Vorstellungsbescheid).

Begründend führte die belangte Behörde aus, sie halte an ihren rechtlichen Erwägungen im ersten Vorstellungsbescheid fest, weshalb mit dem Vorbringen bezüglich der Widmung und der verfügten Baulinien keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt werde.

Der Bauwerber und die drei namentlich genannten Gemeinderäte gehörten dem Lehrkörper der HTL P an, der Gutachter DI N habe bis vor kurzem diesem Lehrkörper angehört. Dieser umfasse über 150 Personen. Naturgemäß seien die Kontakte unterschiedlich intensiv. Dies sei kein Beweis für eine Befangenheit, ebenso nicht ein allenfalls freundschaftliches Verhältnis zwischen den einzelnen Kollegen.

Bezüglich des behaupteten Rutschgeländes gebe es nun eine schlüssige fachliche Äußerung. Dr. W stelle in seinem Gutachten vom 22. Februar 2012 unmissverständlich fest, dass eine Gefährdung der Standsicherheit der unmittelbar benachbarten Objekte aus jetziger Sicht nicht gegeben sei. Diese Äußerungen habe er in Kenntnis und Berücksichtigung der statischen Berechnung von DI H vom 26. Juli 2011 und des Einreichplanes getätigt (verwendete Unterlagen bei der Erstellung des Gutachtens). Die Aussage habe Prognosecharakter. Es wäre an den Beschwerdeführern gelegen, diesem Gutachten auf gleichem fachlichem Niveau entgegenzutreten.

Hinsichtlich der Gebäudehöhen werde zunächst auf den Rechtsstandpunkt im ersten Vorstellungsbescheid verwiesen und ergänzend dazu ausgeführt, dass Punkt 9 der OIB - Richtlinie 3 Belichtung und Beleuchtung regle. Bei Aufenthaltsräumen müsse die gesamte Lichteintrittsfläche der Fenster mindestens 10 % der Bodenfläche dieses Raumes betragen, es sei denn, die spezielle Nutzung erfordere dies nicht. Dieses Maß vergrößere sich ab einer Raumtiefe von mehr als 5 m um jeweils 1 % pro Meter Raumtiefe (Punkt 9.1.1). Es müsse für die gemäß 9.1.1 notwendigen Lichteintrittsflächen ein zur Belichtung ausreichender freier Lichteinfall gewährleistet sein. Dies gelte jedenfalls als erfüllt, wenn ein freier Lichteinfallswinkel von 45 Grad, bezogen auf die Unterkante der Belichtungsöffnung in der Fassadenflucht nicht überschritten werde. Die Lichteinfallsrichtung dürfe dabei seitlich um nicht mehr als 30 Grad verschwenkt werden (Punkt 9.1.2). Die Ausführungen auf Seite 11 des Gutachtens des DI N vom 13. Februar 2012 belegten eindeutig, dass ein ausreichender freier Lichteinfall auf die Nachbargrundstücke gegeben sei und deshalb der auf den Liegenschaften der Beschwerdeführer vorhandene Baubestand in der gesetzlich erforderlichen Belichtung und Belüftung nicht beeinträchtigt werde und dass eine sachgemäße widmungskonforme Bebauung dieser Grundstücke im Hinblick auf die dafür notwendige Belichtung und Belüftung angesichts der Gebäudehöhe des verfahrensgegenständlichen Objektes möglich bleibe.

6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.

Die mitbeteiligten Parteien haben sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht beteiligt.

7. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

7.1. Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Im Beschwerdefall ist folgende Rechtslage im Hinblick auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung des Gemeinderates der drittmitbeteiligten Marktgemeinde von Bedeutung:

Burgenländisches Baugesetz 1997 (Bgld BauG 1997) idF LGBl. Nr. 18/2005:

"§ 5

Bebauungsweisen und Abstände

(1) Sofern Bebauungspläne/Teilbebauungspläne oder Bebauungsrichtlinien nicht vorliegen, hat die Baubehörde unter Berücksichtigung des Baubestandes und des Ortsbildes für ein Baugrundstück eine der folgenden Bebauungsweisen zuzulassen:

1. geschlossene Bebauung, wenn die Hauptgebäude in geschlossener Straßenfront beidseitig an die seitlichen Grundstücksgrenzen anzubauen sind,

2. halboffene Bebauung, wenn die Hauptgebäude an einer seitlichen Grundstücksgrenze anzubauen sind und gegen die andere seitliche Grundstücksgrenze ein Abstand von mindestens 3 m einzuhalten ist,

3. offene Bebauung, wenn gegen beide seitlichen Grundstücksgrenzen ein Abstand von mindestens 3 m einzuhalten ist.

Für die offene Bebauungsweise ist eine Grundstücksbreite von mindestens 15 m erforderlich.

(2) Bei allen Bebauungsweisen ist vom Hauptgebäude gegen die hintere Grundstücksgrenze ein Mindestabstand von 3 m einzuhalten. In der seitlichen und hinteren Abstandsfläche sind Nebengebäude und andere untergeordnete Bauten bis zu einer Außenwandhöhe von 3 m, bezogen auf das verglichene Gelände, und mit einer Dachneigung von höchstens 45 Grad zulässig, sofern die maßgeblichen baupolizeilichen Interessen nicht verletzt werden.

(3) Die Baubehörde kann in Ausnahmefällen unter besonderer Berücksichtigung des Anrainerschutzes, der Baugestaltung und der örtlichen Gegebenheiten abweichend von den Bestimmungen der Abs. 1 und 2 die Abstände von Bauten zu den Grundstücksgrenzen durch die Festlegung von vorderen, seitlichen und hinteren Baulinien bestimmen, die auch als zwingende Baulinien festgelegt werden können. Baulinien sind die Grenzlinien, innerhalb derer Bauten errichtet werden dürfen; zwingende Baulinien sind jene Grenzlinien, an die anzubauen ist.

...

§ 21

Parteien

(1) Parteien im Bauverfahren sind

  1. 1. der Bauwerber,
  2. 2. der Grundeigentümer bzw. die Miteigentümer, wenn der Bauwerber nicht Alleineigentümer ist, sowie

    3. die Eigentümer jener Grundstücke, die von den Fronten des Baues weniger als 15 m entfernt sind (Nachbarn).

(2) Ein Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, dass er durch das Vorhaben in seinen Rechten verletzt wird.

(3) Ist das Recht, dessen Verletzung behauptet wird, im Privatrecht begründet (privatrechtliche Einwendung), so hat die Baubehörde einen gütlichen Ausgleich zu versuchen. Kommt eine Einigung zustande, ist sie in der Verhandlungsschrift festzuhalten und im Bescheid darauf hinzuweisen; kommt keine Einigung zustande, sind die streitenden Parteien hinsichtlich dieser Einwendung auf den Rechtsweg zu verweisen. Dies ist unter Anführung der Einwendung in der Verhandlungsschrift und im Bescheid ausdrücklich anzuführen.

(4) Wird die Verletzung von Vorschriften dieses Gesetzes oder von sonstigen bau- und raumplanungsrechtlichen Vorschriften (zB Bauverordnung, Flächenwidmungsplan, Bebauungsplan, Bebauungsrichtlinien) behauptet, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse des Nachbarn dienen (öffentlichrechtliche Einwendung), hat die Baubehörde hierüber im Bescheid zu erkennen und gegebenenfalls die Baubewilligung zu versagen oder die Einwendung als unbegründet abzuweisen und die Baubewilligung zu erteilen.

(5) Andere Einwendungen sind als unzulässig zurückzuweisen.

..."

Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) idF

BGBl. I Nr. 5/2008:

"Befangenheit von Verwaltungsorganen

§ 7. (1) Verwaltungsorgane haben sich der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen:

1. in Sachen, an denen sie selbst, einer ihrer Angehörigen (§ 36a) oder einer ihrer Pflegebefohlenen beteiligt sind;

2. in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder noch bestellt sind;

3. wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;

4. im Berufungsverfahren, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides oder der Berufungsvorentscheidung (§ 64a) mitgewirkt haben.

..."

Kundmachung über die Wiederverlautbarung der Burgenländischen

Gemeindeordnung idF LGBl. Nr. 33/2010:

"§ 49

Befangenheit

(1) Die Mitglieder der Kollegialorgane der Gemeinde sind von der Beratung und der Beschlussfassung über einen Verhandlungsgegenstand wegen Befangenheit ausgeschlossen:

1. in Sachen, an denen sie selbst, der andere Eheteil, ein Verwandter oder Verschwägerter in auf- oder absteigender Linie, ein Geschwisterkind oder eine Person, die noch näher verwandt oder im gleichen Grad verschwägert ist, beteiligt sind;

2. in Sachen ihrer Wahl- oder Pflegeeltern, Wahl- oder Pflegekinder, ihres Mündels oder Pflegebefohlenen;

3. in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder noch bestellt sind;

4. im Berufungsverfahren, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheids in unterer Instanz mitgewirkt haben;

5. wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu setzen.

..."

7.2. Die Beschwerdeführer bringen im Wesentlichen vor, der Gemeinderat der drittmitbeteiligten Marktgemeinde habe - unabhängig davon, dass laut Plan die tatsächliche Höhe des Gebäudes zum öffentlichen Weg Grundstück Nr. 6196 mit 7,2 m höher sei als von der Behörde vorgegeben - nicht diese mit 7 m festgelegte "maximale Gebäudehöhe" begründet. Es sei nicht ausreichend, dass sich die Behörde ohne nähere Begründung auf das Gutachten des Architekten DI N vom 13. Februar 2012 stütze.

Der Gemeinderat der drittmitbeteiligten Marktgemeinde habe in seiner Sitzung am 12. November 2010, ca. ein dreiviertel Jahr vor dem Ansuchen der Bauwerber, den Beschluss gefasst, das Grundstück Nr. 6198 im Ausmaß von 330 m2 unter der Voraussetzung um EUR 1.500,-- an die Bauwerber zu verkaufen, dass im Rahmen der nächsten Flächenwidmungsplanänderung eine teilweise Rückwidmung von Bauland/Wohngebiet in Grünland erfolgen müsse. Diese Rückwidmung, eine existentielle Grundvoraussetzung, sei aber bis zum heutigen Tag nicht durchgeführt worden. Offensichtlich habe die drittmitbeteiligte Marktgemeinde bzw. die Baubehörde dem inzwischen geänderten Wunsch der Bauträger, auf den Grundstücken ein wesentlich größeres Gebäude zu errichten, durch ein Abgehen von diesem Gemeinderatsbeschluss vom 12. November 2010 (in unrechtmäßiger Weise) Rechnung getragen. Aus der Sicht der Beschwerdeführer solle dadurch und durch eine erfolgte Vereinigung der beiden Grundstücke Nr. 6197 und 6198 eine für eine Bebauung gar nicht geeignete Fläche einer solchen zugänglich gemacht werden.

Im Spruch II des Bescheides des Gemeinderates der drittmitbeteiligten Marktgemeinde vom 17. April 2012 sei die vom Sachverständigen empfohlene offene Bebauung nicht festgelegt worden. Offene Bebauung im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 3 Bgld BauG 1997 liege dann vor, wenn gegen beide seitlichen Grundstücksgrenzen ein Abstand von mindestens 3 m einzuhalten sei. Darüber hinaus sei für eine derartige Bebauungsweise eine Grundstücksbreite von 15 m erforderlich. Es sei gemäß § 5 Abs. 2 Bgld BauG 1997 vom Hauptgebäude gegen die hintere Grundstücksgrenze ein Mindestabstand von 3 m einzuhalten und es seien in der seitlichen und hinteren Abstandsfläche nur Nebengebäude und andere untergeordnete Bauten bis zu einer Außenwandhöhe von 3 m, bezogen auf das verglichene Gelände, zulässig. Die Baubehörde habe die Baulinie zum öffentlichen Weg Grundstück Nr. 6196 und somit zur hinteren Grundstücksgrenze in einem Abstand von 1 m zu dieser festgelegt, eine Vorgangsweise, die gegen § 5 Abs. 2 Bgld BauG 1997 verstoße. Die Baubehörde könne zwar gem. § 5 Abs. 2 (gemeint wohl Abs. 3) Bgld BauG 1997 in Ausnahmefällen unter besonderer Berücksichtigung des Anrainerschutzes, der Baugestaltung und der örtlichen Gegebenheit abweichend von den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 die Abstände von Bauten zu den Grundstücksgrenzen durch die Festlegung von Baulinien bestimmen, jedoch müsse eine derartige Vorgangsweise auch begründet werden, was im konkreten Fall unterblieben sei.

Im Zeitpunkt des Ansuchens der Bauwerber seien die beiden Grundstücke Nr. 6197 mit 237 m2 und Nr. 6198 mit 330 m2, beide GB G, noch getrennt vorhanden gewesen. Während des Bauverfahrens seien diese beiden Grundstücke vereinigt worden. Die Bauwerber wären verpflichtet gewesen, ein neuerliches Bauansuchen einzubringen, weshalb wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt worden seien.

Der Gemeinderat der drittmitbeteiligten Marktgemeinde habe, ohne die Beschwerdeführer über die Person des in Aussicht genommenen Sachverständigen zu informieren, Architekt DI N mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Die Beschwerdeführer hätten den Sachverständigen abgelehnt, wenn dieser ihnen namhaft gemacht worden wäre. Es sei bei der ersten Gelegenheit nachvollziehbar und glaubwürdig auf Gründe im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 4 (gemeint wohl Z. 3) AVG hingewiesen worden. Diese Verfahrensverletzung könne auch durch den Hinweis der belangten Behörde, wonach der Lehrkörper der HTL P 150 Personen umfasse, nicht entkräftet und saniert werden. Eine weitere Verletzung von Verfahrensvorschriften liege darin, dass an der Sitzung des Gemeinderates der drittmitbeteiligten Gemeinde vom 27. März 2012 drei (namentlich genannte) Lehrerkollegen des erstmitbeteiligten Bauwerbers teilgenommen hätten, was ein geeigneter Umstand sei, die Unbefangenheit des Gemeinderates in Zweifel zu ziehen.

Die Beweiswürdigung bleibe unschlüssig; die Behörde stütze sich auf eine Sachverständigenäußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles erschöpfe, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründe, noch die Art, wie diese Tatsachen beschafft worden seien, erkennen lasse. Es wäre Aufgabe der belangten Behörde gewesen, sich auch mit der Umgebungsbeschreibung des Sachverständigen auseinander zu setzen. Es sei in der Umgebung die ein- und zweigeschossige Bebauung vorherrschend. Im Gutachten von Dr. W finde sich kein Hinweis auf die Grundstücksnummer, eine Nachprüfung des Bescheides sei daher nicht möglich. Dr. W begnüge sich, auf die Schlüssigkeit sowie die Lastansätze der statischen Berechnung von DI H vom 26. Juli 2011 zu verweisen und auszuführen, dass mit diesem Gutachten die Tragfähigkeit und Gebrauchsfähigkeit nachgewiesen wären. Den Behauptungen der Beschwerdeführer vom 12. März 2012 begegne Dr. W lapidar damit, dass keine Anzeichen für ein Rutschgelände festgestellt worden sei. Ebensowenig sei eine Schlussfolgerung ausreichend, wonach eine Gefährdung zur Standsicherheit der unmittelbar benachbarten Objekte aus jetziger Sicht nicht gegeben sei. Mangels nachvollziehbarer fachlicher Begründung sei die Stellungnahme des Dr. W vom 22. Februar 2012 kein Gutachten im Sinne des AVG.

7.3. Wenn keine Bebauungspläne oder Teilbebauungspläne bzw. Bebauungsrichtlinien vorliegen, ist bei der Ermittlung der zulässigen Gebäudehöhe gemäß § 5 Abs. 1 Bgld BauG 1997 das Ortsbild und auch der vorhandene Baubestand zu berücksichtigen. Gemäß § 5 Abs. 3 Bgld BauG 1997 ist bei der Beurteilung einer Abweichung von der festgesetzten Bebauungsweise jedenfalls auch der Anrainerschutz zu beachten. Den beschwerdeführenden Nachbarn kommt daher im Sinne des § 21 Abs. 2 und 4 Bgld BauG 1997 ein subjektives öffentliches Recht auf Einhaltung der Gebäudehöhe insoweit zu, dass sich dieses Bauvorhaben in das Ortsbild, soweit es die Gebäudehöhe betrifft, derart einfügt, dass ihr Nachbargrundstück nicht beeinträchtigt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2008, Zl. 2007/05/0195).

Ein sachlich gerechtfertigter Anrainerschutz im Sinne einer verfassungskonformen Interpretation des § 5 Abs. 3 Bgld BauG 1997 führt dazu, dass der Nachbar als subjektiv-öffentliches Recht im Zusammenhang mit der Gebäudehöhe (nur) geltend machen kann, dass der auf seiner Liegenschaft vorhandene Baubestand in der gesetzlich erforderlichen Belichtung oder Belüftung nicht beeinträchtigt wird und dass eine sachgemäße widmungskonforme Bebauung seines Grundstückes im Hinblick auf die dafür notwendige Belichtung und Belüftung angesichts der Gebäudehöhe des verfahrensgegenständlichen Objektes möglich bleibt (vgl. dazu das von der belangten Behörde bereits im ersten Vorstellungsbescheid angeführte hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 2006, Zl. 2005/05/0259).

Ein tragender Aufhebungsgrund des ersten Vorstellungsbescheides war, dass es die Gemeindebehörden unterlassen hätten, dem Anrainerschutz in Zusammenhang mit der Gebäudehöhe die erforderliche Bedeutung zuzumessen und insoweit taugliche Entscheidungsgrundlagen (Einholung von Sachverständigengutachten) zu schaffen, die belegten, dass eine ausreichende Belichtung und Belüftung der bestehenden und bewilligten sowie der künftig bewilligungsfähigen Gebäude der Beschwerdeführer gegeben seien.

Die belangte Behörde verweist im angefochtenen Bescheid auf die Ausführungen des Sachverständigen DI N in seinem Gutachten vom 13. Februar 2012 (Seite 11), wonach ein ausreichender freier Lichteinfall auf die Nachbargrundstücke gegeben sei und deshalb der auf den Liegenschaften der Beschwerdeführer vorhandene Baubestand in der gesetzlich erforderlichen Belichtung und Belüftung nicht beeinträchtigt werde; eine sachgemäße widmungskonforme Bebauung dieser Grundstücke bleibe im Hinblick auf die dafür notwendige Belichtung und Belüftung angesichts der Gebäudehöhe des verfahrensgegenständlichen Objektes möglich. Diesem nicht als unschlüssig oder unvollständig zu erkennenden Gutachten sind die Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Ein mit den Erfahrungen des Lebens und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch stehendes Gutachten kann in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten, somit auf gleicher fachlicher Ebene (durch Einholung eines Gutachten eines Privatsachverständigen), bekämpft werden. Widersprüche zu den Erfahrungen des Lebens und zu den Denkgesetzen können aber auch ohne sachverständige Untermauerung aufgezeigt werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Oktober 2014, Zl. 2012/06/0192 mwN). Derartiges wurde von den Beschwerdeführern aber nicht dargetan.

Wenn sich die Beschwerdeführer auf die Einhaltung eines Beschluss des Gemeinderates der drittmitbeteiligten Marktgemeinde vom 12. November 2010 berufen, wonach das Grundstück Nr. 6198 im Ausmaß von 330 m2 nur unter der Voraussetzung um EUR 1.500,-- an die Bauwerber verkauft werde, dass im Rahmen der nächsten Flächenwidmungsplanänderung eine teilweise Rückwidmung von Bauland/Wohngebiet in Grünland erfolgen müsse, diese Rückwidmung aber bis zum heutigen Tag nicht durchgeführt worden sei, ist ihnen zu entgegnen, dass ihnen diesbezüglich ein subjektiv-öffentliches Recht nicht zukommt.

Soweit sich die Beschwerdeführer dagegen wenden, dass im Bescheid des Gemeinderates der drittmitbeteiligten Marktgemeinde vom 17. April 2012 die vom Sachverständigen empfohlene offene Bebauung nicht festgelegt worden sei, ist auszuführen, dass mit dem genannten Bescheid iS des § 5 Abs. 3 Bgld BauG Baulinien festgelegt worden sind (Spruchpunkt II dieses Bescheides), die von einer Festlegung der Bebauungsweisen iS des Abs. 1 des § 5 Bgld BauG - wie die belangte Behörde nachvollziehbar begründet - zulässigerweise abweicht.

Insoweit die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang weiters darlegen, die Baubehörde könne zwar gemäß § 5 Abs. 2 (gemeint wohl Abs. 3) Bgld BauG 1997 in Ausnahmefällen unter besonderer Berücksichtigung des Anrainerschutzes, der Baugestaltung und der örtlichen Gegebenheit abweichend von den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 die Abstände von Bauten zu den Grundstücksgrenzen durch die Festlegung von Baulinien bestimmen, jedoch müsse eine derartige Vorgangsweise auch begründet werden, was im konkreten Fall unterblieben sei, ist ihnen zu entgegnen, dass die belangte Behörde mit ausdrücklichem Verweis auf ihren ersten Vorstellungsbescheid diese Vorgangsweise (im Bezug auf die Rechte der Beschwerdeführer) begründet, wonach die Grundstücke der Beschwerdeführer keine gemeinsame Grenze mit den Baugrundstücken hätten, weder seitlich noch hinten an diese angrenzten und von den Grundstücken der Beschwerdeführer durch eine 5 m breite Straße voneinander getrennt seien. Die Beschwerdeführer legen nicht dar, dass diese begründenden Ausführungen unzutreffend seien. Dies ist auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen.

Mit dem Vorbringen, während des Bauverfahrens seien die beiden Grundstücke Nr. 6197 und 6198 vereinigt worden, weshalb die Bauwerber verpflichtet gewesen wären, ein neuerliches Bauansuchen einzubringen, wird eine Verletzung von subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten nicht dargetan.

Den Beschwerdeführern ist beizupflichten, dass die Wahrung des Parteiengehörs betreffend ein Sachverständigengutachten auch die Bekanntgabe des Namens und des Fachgebiets des Sachverständigen an die Partei umfasst, weil diese andernfalls nicht in die Lage versetzt wird, allfällige Einwendungen gegen die Person des Sachverständigen oder seine Eignung vorzubringen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. April 2014, Zl. 2012/05/0113 mwN). Das Vorbringen führt aber schon mangels Relevanzdarstellung in den Beschwerdeausführungen nicht zum Erfolg, legen die Beschwerdeführer doch nicht dar, inwiefern dies (selbst bei Bestellung eines anderen Sachverständigen) zu einem anderen Ergebnis der sachverständigen Beurteilung geführt hätte.

Wenn die Beschwerdeführer des Weiteren geltend machen, an der Sitzung des Gemeinderates der drittmitbeteiligten Marktgemeinde vom 27. März 2012 hätten drei Lehrerkollegen des erstmitbeteiligten Bauwerbers teilgenommen, zeigen sie keine konkreten Gründe auf, weshalb eine Befangenheit gegeben sei.

Wenn sich die Beschwerdeführer gegen das Gutachten des Dr. W vom 22. Februar 2012 wenden, das auf Grund des aufhebenden ersten Vorstellungsbescheides zwecks Überprüfung des bereits zuvor eingeholten Privatgutachtens des DI H vom 26. Juli 2011 eingeholt wurde, ist der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie dieses Gutachten als schlüssig ihrer Beurteilung zu Grunde gelegt hat. Die Ausführungen, Dr. W stelle in seinem Gutachten vom 22. Februar 2012 unmissverständlich fest, dass eine Gefährdung der Standsicherheit der unmittelbar benachbarten Objekte aus jetziger Sicht nicht gegeben sei, weiters, dass er diese Äußerungen in Kenntnis und Berücksichtigung der statischen Berechnung des DI H vom 26. Juli 2011 und des Einreichplanes getätigt habe (verwendete Unterlagen bei der Erstellung des Gutachtens), begegnen keinen Bedenken. Die belangte Behörde ist im Recht, dass es an den Beschwerdeführern gelegen wäre, diesem Gutachten auf gleichem fachlichem Niveau zu entgegnen (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 16. Oktober 2014, Zl. 2012/06/0192, mwN).

8. Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

9. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (siehe § 3 Z. 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 idF BGBl. II Nr. 8/2014).

Wien, am 30. Juni 2015

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