Normen
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
DMSG 1923 §1 Abs1 idF 1990/473;
DMSG 1923 §1 Abs1 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §1 Abs2 idF 1990/473;
DMSG 1923 §1 Abs2 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §1 Abs5 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §1 Abs8 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §1 Abs9 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §4 Abs1;
DMSG 1923 §4;
DMSGNov 1999;
VwRallg;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
DMSG 1923 §1 Abs1 idF 1990/473;
DMSG 1923 §1 Abs1 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §1 Abs2 idF 1990/473;
DMSG 1923 §1 Abs2 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §1 Abs5 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §1 Abs8 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §1 Abs9 idF 1999/I/170;
DMSG 1923 §4 Abs1;
DMSG 1923 §4;
DMSGNov 1999;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei ist Eigentümerin des eine Gesamtfläche von 24.747 m2 umfassenden Grundstückes Nr. 957, EZ 1201, Grundbuch XXXXX S.
Das Bundesdenkmalamt stellte mit Bescheid vom 29. Jänner 2010 fest, "dass die Erhaltung der Überreste der römischen Villa Vwiese" auf zwei näher bezeichneten Parzellen gemäß §§ 1, 3 des Denkmalschutzgesetzes (DMSG) im öffentlichen Interesse gelegen sei (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof).
Dem erstinstanzlichen Bescheid legte das Bundesdenkmalamt folgendes Amtssachverständigengutachten zugrunde:
"Anlässlich eines Luftbildfluges im Sommer 2002 konnte am Südrand des Ortes eine bis dahin gänzlich unbekannte römische Villa anhand negativer Bewuchsmerkmale erkannt werden. Es handelt sich dabei um zwei parallel liegende größere Gebäude, die im beiliegenden Luftbild gekennzeichnet sind. Der weiter östlich situierte Bau besitzt etwa quadratischen Grundriss und zeigt im Inneren Raumteilungen. Das östlich gelegene Gebäude ist langrechteckig mit einem kleinen Annex an der Nordost-Ecke. Zahlreiche vergleichbare Gebäudekomplexe in ganz Europa beweisen, dass die beiden Bauten zwei Steingebäude eines römischen Gutshofes darstellen. Mit diesen neuen Luftbildbefunden kann damit die erste römische Villa im Tal der Kleinen Tulln nachgewiesen werden.
Negative Bewuchsmerkmale kommen durch tief reichende menschliche Eingriffe in den Boden zustande. Auf die durch archäologische Störungen ausgelösten Feuchte - und Nährstoffunterschiede reagiert vor allem das Getreide, nach Arten abgestuft, empfindlich. Es quittiert nach längerer Trockenheit oder gar Dürre den geringeren Feuchtigkeitsgehalt über Mauerzügen mit früherer Reife, so dass sich Bauten in ihrer Struktur abzeichnen.
Mit der Eingliederung des Gebietes in die römische Provinz Noricum und der Gründung von Aelium Cetium/St. Pölten, zu dem der Raum westlich des Wienerwaldes gehörte, begann, wenn auch mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung, die Besiedlung des zugehörigen Stadtbezirkes, bot dieser doch die eigentlichen wirtschaftlichen Grundlagen. Solche Stadtbezirke dienten der Versorgung der Zentralorte mit Lebensmitteln, Baumaterialien und Gütern des täglichen Bedarfs. Die planmäßige Erschließung des Landes führte gleichzeitig zu einem intensiven Romanisierungsprozess und einer Zunahme der Siedlungsdichte. Weiträumige Verkehrswege brachten zahlreiche Errungenschaften der römischen Kultur auch in entlegene Gebiete des Imperiums.
Neben den seltenen weilerartigen Ansiedlungen waren Gutsbetriebe (Villen) die wichtigste Siedlungs- und Wirtschaftsform des ländlichen Raumes. Der Begriff Villa bezeichnet den Gesamtkomplex eines Landgutes mit Wohnbau, Badeanlage, Wirtschaftsbetrieben und Gräberfeld. Sie variieren in Bauform, Größe und Ausstattung, besaßen aber immer einen gehobenen Anspruch auf Wohnkultur und Ausstattung. Man hielt Pferde als Reit- und Zugtiere, Rinder für die Feldarbeit und als Fleischlieferanten, ferner Schweine, Schafe wegen ihrer Wolle und Ziegen wegen ihrer Milch. Als weitere Haustiere sind Hühner, Enten, Gänse, Hunde und Katzen belegbar. Die angebauten Getreidesorten waren Gerste, Hafer, Emmer, Dinkel, Lein und Fenchel. Hinzu kamen verschiedene Obstsorten und Schlafmohn. Zu diesen landwirtschaftlichen Produkten kamen eigene Ziegelei- und Töpfereibetriebe sowie Werkstätten für die Eisen- und Buntmetallverarbeitung. Römische Villen stellen historische Quellen ersten Ranges für eine Zeit dar, aus der so gut wie keine schriftlichen Nachrichten vorliegen. So lassen sich bei archäologischen Untersuchungen Aufschlüsse über Architektur, Ausstattung und Baudetails sowie die wirtschaftlichen Grundlagen dieser Zeit gewinnen. Jedes derartige Objekt ist daher eine historische Quelle von größter historischer und wissenschaftlicher Bedeutung.
Die entdeckte römische Villa von S. ist bisher archäologisch nicht erforscht. Ihre wissenschaftliche Untersuchung verspricht wesentlich neue Erkenntnisse zur ländlichen römischen Besiedlung im Stadtterritorium von Aelium Cetium/St. Pölten und des Gebietes am Rande des Wienerwaldes.
Zur ländlichen Besiedlung im Allgemeinen kann folgende Publikation herangezogen werden:
Bender, Helmut, Wolff, Hartmut (Hrg.), Ländliche Besiedlung und Landwirtschaft in den Rhein-Donau-Provinzen des römischen Reiches, Passauer Universitätsschriften zur Archäologie 2, Eselkamp 1994."
In der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides wurde festgehalten, dass im Bereich des römischen Landgutes im Jahr 2005 römische Kleinstfunde aufgesammelt und der Abteilung für Bodendenkmale des Bundesdenkmalamtes zur wissenschaftlichen Bestimmung übergeben worden seien (Bestimmung: Mag. H., Archäologieservice).
Gegen den Bescheid vom 29. Jänner 2010 erhob die beschwerdeführende Partei, Eigentümerin des Grundstückes Nr. 957, Berufung, in der im Wesentlichen geltend gemacht wurde, dass die Behörde trotz substanziierten Vorbringens der beschwerdeführenden Partei kein Ermittlungsverfahren geführt habe. Die Beschwerdeführerin bestritt, dass die Erhaltung der vermuteten Villa im öffentlichen Interesse gelegen sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 31. August 2011 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei "gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 29 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz (DMSG), BGBl. Nr. 533/1923 in der Fassung BGBl. I Nr. 2/2008, sowie in Zusammenhalt mit dem Bundesministeriengesetz 1986, BGBl. Nr. 76/1986 idgF, keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid vollinhaltlich bestätigt".
Die belangte Behörde begründete ihren Bescheid damit, dass gemäß § 1 Abs. 1 DMSG Denkmale von Menschen geschaffene bewegliche und unbewegliche Gegenstände (einschließlich Überresten und Spuren gestaltender menschlicher Bearbeitung sowie künstlich errichteter oder gestalteter Bodenformationen) von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung seien.
Ob einem Gegenstand die vom Gesetz geforderte Bedeutung zukomme, sei durch Amtssachverständigenbeweis zu ermitteln. Einem schlüssigen Amtssachverständigengutachten sei so lange zu folgen, als die Richtigkeit nicht durch Gegenausführungen und Gegenbeweise von vergleichbarem Aussagewert widerlegt sei. Von der Beschwerdeführerin seien keine Tatsachen vorgebracht worden, welche die im Amtssachverständigengutachten dargelegte Bedeutung entkräften hätten können.
Die Berufungsbehörde folge daher den schlüssigen Ausführungen des Amtssachverständigen, wonach es sich bei dem gegenständlichen Bodendenkmal um die Überreste einer römischen Villa handle. Belegt sei die Existenz dieses Bodendenkmales aufgrund von Luftbildern, welche Bewuchsmerkmale zeigen würden. Konkret seien zwei Gebäude zu erkennen, welche aufgrund von Vergleichen als Überreste einer römischen Villa zu bezeichnen seien. Belegt werde dies auch aufgrund der römischen Kleinstfunde, welche in diesem Gebiet aufgesammelt worden seien.
Auf das Vorbringen in der Berufung wurde erwidert, dass es sich bei der Luftbildarchäologie und den Streufunden um wichtige Beweismittel für das Vorliegen eines Bodendenkmals handle. Bei archäologischen Objekten (Bodendenkmalen) sei für den Beweis ein anderer Maßstab heranzuziehen und es sei diese Denkmalgattung nicht mit aufrecht stehenden, für jedermann erkennbaren Gebäuden zu vergleichen. Die Beweismittel seien daher zwingend anderer Natur. Auch wenn die Ergebnisse von Grabungen auch für Laien leicht nachvollziehbar seien, so sei doch diesbezüglich festzuhalten, dass eine Grabung stets nur eine ultima ratio sei, da sie in der Regel die Zerstörung des Objektes bedeute.
Für die Berufungsbehörde stehe vor diesem Hintergrund eindeutig fest, dass es sich bei den auf der berufungsgegenständlichen Parzelle befindlichen archäologischen Funden/Befunden um die Überreste einer römischen Villa handle. Aufgrund der Versorgungsfunktion, welche diesem Gebäudetypus innegewohnt habe, seien römische Villen wichtige Belege für das Wirtschafts- und Alltagsleben in römischer Zeit. Es sei daher eine geschichtliche und kulturelle Bedeutung gegeben gewesen.
Das öffentliche Interesse an der Erhaltung eines Denkmals sei gemäß § 1 Abs. 2 DMSG dann anzunehmen, wenn es sich aus überregionaler oder vorerst auch nur regionaler (lokaler) Sicht um Kulturgut handle, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde. Wesentlich sei auch, ob und in welchem Umfang durch die Erhaltung des Denkmals eine geschichtliche Dokumentation erreicht werden könne.
Das öffentliche Interesse sei ausschließlich anhand der Bedeutung zu prüfen (Bazil - Binder - Krieglstein - Kraft, Denkmalschutzrecht 2004, § 1 Anm. 15). Ein öffentliches Interesse an der Erhaltung bestehe jedenfalls dann, wenn ein Denkmal einmalig oder selten sei, über ähnliche Denkmale hinausrage oder ein besonders gut erhaltenes Beispiel seiner Art sei (Regierungsvorlage, 1769 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates, XX. GP).
Die Ermittlungsergebnisse hätten gezeigt, dass es sich bei der gegenständlichen römischen Villa um den ersten Beleg für eine römische Villa im Tal der Kleinen Tulln handle. Sie sei damit bislang die einzige Villa in diesem Bereich. Für das öffentliche Erhaltungsinteresse sei es nicht erforderlich, dass es sich bei dem Denkmal um eines von überregionaler Bedeutung handle. Es sei auch eine regionale Bedeutung ausreichend. Für die Rekonstruktion der Verwaltungsstrukturen und generell der Organisation des Alltagslebens in römischer Zeit seien gerade derartige Villen von großer Bedeutung, da sie über Bauweise, Ernährung, soziale Strukturen etc. Aufschluss gäben. Aufgrund der regional singulären Stellung dieser Villa sei jedenfalls ein öffentliches Erhaltungsinteresse anzunehmen gewesen. Die Berufungsbehörde halte aber fest, dass § 1 Abs. 2 DMSG als Kriterien für eine Unterschutzstellung "ausreichende Vielzahl, Vielfalt und Verteilung" nenne. Die Denkmalschutzbehörden hätten daher darauf zu achten, dass nicht nur einzelne Vertreter einer Denkmalgattung erhalten bleiben, sondern eine repräsentative Anzahl. So sei nicht nur eine einzige römische Villa Noricums denkmalschutzwürdig, sondern gerade die Verteilung von Villen in diesem Gebiet sei von denkmalpflegerischem Interesse. Da mit der gegenständlichen Villa die römische Besiedlung in einer Region dokumentiert werden könne, sei ein öffentliches Erhaltungsinteresse gegeben.
Das Denkmalschutzgesetz nenne als weiteres Kriterium die geschichtliche Dokumentation. Auch dieses Kriterium sei im gegenständlichen Fall erfüllt, da die Überreste der römischen Villa das Leben in römischer Zeit in der Provinz Noricum dokumentierten. Gerade für Zeiten, wo es wenig schriftliches Quellenmaterial gebe, seien materielle Hinterlassenschaften oft die einzigen historischen Zeugnisse.
Zu den Vorbringen der Berufung werde schließlich festgehalten, dass eine Unterschutzstellung nicht zwingend eine Grabung bedinge. Da eine Grabung in der Regel eine Zerstörung bedeute, sei die unversehrte Erhaltung des Bodendenkmals unter der Erde vorrangiges Ziel. Zu bedenken sei auch, dass es verschiedene zerstörungsfreie archäologische Untersuchungsmethoden gebe, welche sich stetig weiterentwickelten. Eine Unterschutzstellung sei aber dennoch erforderlich, um zu gewährleisten, dass es zu keiner Zerstörung des Bodendenkmals komme und Bodeneingriffe nur nach Bewilligung durch das Bundesdenkmalamt und sachgemäß durchgeführt würden. Eine landwirtschaftliche Nutzung, welche das Bodendenkmal nicht gefährde, sei jedoch weiterhin möglich.
Abschließend hielt die Berufungsbehörde fest, dass auf die in der Berufung vorgebrachten, wirtschaftliche und private Interessen betreffenden Argumente in einem Unterschutzstellungsverfahren gemäß §§ 1 und 3 DMSG nicht eingegangen werden könne. Entsprechend der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei die Feststellung des öffentlichen Interesses ausschließlich nach der geschichtlichen, künstlerischen und kulturellen Bedeutung des Objektes zu prüfen. Es finde auch keine Abwägung mit anderen öffentlichen oder privaten Interessen statt.
Gegen diesen Beschied richtet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes (DMSG), BGBl. Nr. 533/1923 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 170/1999 lauten:
"§ 1. (1) Die in diesem Bundesgesetz enthaltenen Bestimmungen finden auf von Menschen geschaffene unbewegliche und bewegliche Gegenstände (einschließlich Überresten und Spuren gestaltender menschlicher Bearbeitung sowie künstlich errichteter oder gestalteter Bodenformationen) von geschichtlicher, künstlerischer oder sonstiger kultureller Bedeutung ('Denkmale') Anwendung, wenn ihre Erhaltung dieser Bedeutung wegen im öffentlichen Interesse gelegen ist. Diese Bedeutung kann den Gegenständen für sich allein zukommen, aber auch aus der Beziehung oder Lage zu anderen Gegenständen entstehen. 'Erhaltung' bedeutet Bewahrung vor Zerstörung, Veränderung oder Verbringung ins Ausland.
(2) Die Erhaltung liegt dann im öffentlichen Interesse, wenn es sich bei dem Denkmal aus überregionaler oder vorerst auch nur regionaler (lokaler) Sicht um Kulturgut handelt, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde. Wesentlich ist auch, ob und in welchem Umfang durch die Erhaltung des Denkmals eine geschichtliche Dokumentation erreicht werden kann.
…
(5) Ob ein öffentliches Interesse an der Erhaltung eines Einzeldenkmals, eines Ensembles oder einer Sammlung besteht sowie ob oder wie weit es sich (auch) um eine Einheit handelt, die als einheitliches Ganzes zu erhalten ist, ist vom Bundesdenkmalamt unter Bedachtnahme auf diesbezügliche wissenschaftliche Forschungsergebnisse zu entscheiden. Bei der Auswahl der Objekte, die unter Denkmalschutz gestellt werden, ist die Bewertung in den vom Bundesdenkmalamt geführten bzw. verfassten Denkmalverzeichnissen zu berücksichtigen. Allgemein anerkannte internationale Bewertungskriterien können in die Beurteilungen mit einbezogen werden. Wenn eine ausreichende Erforschung von Denkmalen - wie insbesondere bei nicht ausgegrabenen Bodendenkmalen - noch nicht abgeschlossen ist, ist die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung der Denkmale nur dann zulässig, wenn die für die Unterschutzstellung erforderlichen Fakten auf Grund des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes wenigstens wahrscheinlich sind und die unversehrte Erhaltung der Denkmale andernfalls gefährdet wäre; eine solche Unterschutzstellung kann auch zeitmäßig begrenzt erfolgen.
(6) Die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung eines Denkmals erfolgt stets in jenem Zustand, in dem es sich im Zeitpunkt des Rechtswirksamwerdens der Unterschutzstellung befindet.
…
(8) Werden nur Teile eines Denkmals geschützt (Teilunterschutzstellung), so umfasst dieser Schutz auch die übrigen Teile in jenem Umfang, als dies für die denkmalgerechte Erhaltung der eigentlich geschützten Teile notwendig ist.
(9) Durch die Unterschutzstellung eines Denkmals werden auch alle seine Bestandteile und das Zubehör sowie alle übrigen mit dem Denkmal verbundenen, sein überliefertes oder gewachsenes Erscheinungsbild im Inneren oder Äußeren mitprägenden oder den Bestand (die Substanz) berührenden Teile mit einbezogen. Dazu zählt auch die auf einen besonderen spezifischen Verwendungszweck des Denkmals ausgerichtete Ausstattung oder Einrichtung, soweit sie auf Dauer eingebracht wurde.
(10) Die Erhaltung kann nicht im öffentlichen Interesse gelegen sein, wenn sich das Denkmal im Zeitpunkt der Unterschutzstellung in einem derartigen statischen oder sonstigen substanziellen (physischen) Zustand befindet, dass eine Instandsetzung entweder überhaupt nicht mehr möglich ist oder mit so großen Veränderungen in der Substanz verbunden wäre, dass dem Denkmal nach seiner Instandsetzung Dokumentationswert und damit Bedeutung als Denkmal nicht mehr in ausreichendem Maße zugesprochen werden könnte. Ausgenommen sind Denkmale, denen auch als Ruinen Bedeutung im obigen Sinn zukommt.
…"
Die beschwerdeführende Gesellschaft macht zunächst geltend, dass die belangte Behörde nicht ausreichend begründet habe, wie sie zur Feststellung komme, dass sich tatsächlich eine Villa auf der Liegenschaft der beschwerdeführenden Partei befinde.
In diesem Zusammenhang ist auf das hg. Erkenntnis vom 22. April 1993, Zl. 92/09/0356, hinsichtlich der Unterschutzstellung einer prähistorischen Siedlung auf mehreren Grundstücken, zu verweisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgeführt hat (nunmehr zu beziehen auf § 1 Abs. 5 letzter Satz DMSG):
"Wie die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (1275 BlgNR 17. GP) hiezu ausführen, musste diese Bestimmung im Hinblick darauf aufgenommen werden, dass eine genaue wissenschaftliche Erforschung vor allem teilweiser oder gänzlich verborgener Denkmale - insbesondere archäologischer Denkmale - erst dann möglich ist, wenn sie ausgegraben bzw. freigelegt wurden. Anderseits müssen bei der Unterschutzstellung solcher Denkmale eben noch viele Fragen offenbleiben, manchmal sogar die exakte Lage (etwa genaue Ausdehnung einer prähistorischen Siedlung).
Nach dem Bericht des Ausschusses für Wissenschaft und Forschung (1444 BlgNR 17. GP) dürfen, weil diese Bestimmung gleichzeitig eine Funktion zum Schutz von Fundhoffnungsgebieten hat, weder die Begriffe der 'Wahrscheinlichkeit' noch der 'Gefährdung' zu eng ausgelegt werden. Für die 'Gefährdung' genügt etwa der Umstand, dass verhindert werden soll, dass auf einem Grundstück Metallsuchgeräte verwendet werden dürfen. Für die 'Wahrscheinlichkeit' genügt, dass ein Grundstück in größerem Zusammenhang mit einem Gebiet steht, das konkret archäologisches Fundgebiet ist (z.B. Dürrnberg in Salzburg, Magdalensberg in Kärnten, Teile von Carnuntum) und das betreffende Grundstück sich innerhalb eines solchen, noch nicht exakt erforschten, ergrabenen Gebietes befindet.
Für das Vorhandensein von im Boden verborgenen Denkmalen als 'Überreste und Spuren gestaltender menschlicher Bearbeitung' (vgl. § 1 Abs. 1 erster Satz DMSG), die insbesondere Gegenstand der archäologischen Denkmalpflege sind, verlangt das Gesetz nicht den 'vollen Beweis', d.h. die Herbeiführung eines behördlichen Urteils über die Gewissheit von im Boden anzutreffenden archäologischen Sachen, sondern lässt als besondere Art der Beweisführung die bloße 'Wahrscheinlichkeit' genügen. Dieses geringere Beweismaß der behördlichen Überzeugung richtet sich danach, ob bei verständiger Würdigung aller glaubhaft gemachten Umstände die Beweisanzeichen mehr für als gegen das Vorhandensein von noch im Boden verborgenen Denkmalen sprechen.
Bei der - nach diesen rechtlichen Maßstäben gebotenen - prognostischen Feststellung des Vorhandenseins von Bodendenkmalen sind im besonderen Maße Erfahrungen von Sachverständigen zu berücksichtigen, wie dies die belangte Behörde getan hat."
Diese Beurteilung gilt im Wesentlichen auch für die im vorliegenden Fall anzuwendende Rechtslage des DMSG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 170/1999 (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 2011, Zl. 2009/09/0299, sowie vom 18. Dezember 2012, Zl. 2010/09/0175).
Der Verwaltungsgerichtshof vermag - unter Berücksichtigung des gegenständlich anzuwendenden Beweismaßes - keine Rechtswidrigkeit darin zu erblicken, dass die belangte Behörde nach Durchführung des auf sachverständiger Beurteilung basierenden Ermittlungsverfahrens, aufgrund der auf dem vorliegenden Luftbild erkennbaren Bewuchsmerkmale und der im Gebiet des streitverfangenen Areals aufgefundenen römischen Kleinstfunde zum Ergebnis gekommen ist, dass sich auf den verfahrensgegenständlichen Liegenschaften ein Bodendenkmal befinde, wobei es sich um Überreste einer römischen Villa handle.
Das nunmehrige - nur in der Beschwerde erstattete - Vorbringen, dass die Ursache für negative Bewuchsmerkmale nicht nur durch tief reichende menschliche Eingriffe, sondern auch durch natürliche unterirdische Risse und Spalten ausgelöst werden könnten, bzw. dass wenn es sich um unterirdisches Mauerwerk handeln sollte auch Mauern aus moderner Zeit vorliegen könnten, unterliegt dem Neuerungsverbot.
Dazu ist noch festzuhalten, dass die beschwerdeführende Partei nicht daran gehindert war, sich selbst einschlägige Äußerungen von Privatsachverständigen zu verschaffen und sie im Verwaltungsverfahren vorzulegen. Jedenfalls stand es der beschwerdeführenden Partei frei, die Richtigkeit der Sachverständigenäußerungen durch auf vergleichbarem wissenschaftlichem Niveau stehende Gegenbeweise, insbesondere durch Gutachten entsprechend qualifizierter anderer Sachverständiger, zu widerlegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2003, Zl. 2000/09/0118).
Für die Annahme der Gefährdung der unversehrten Erhaltung des Denkmals (§ 1 Abs. 5 DMSG) genügt im gegenständlichen Fall, die von der beschwerdeführenden Partei in ihrer Stellungnahme vom 5. November 2009 angesprochene potentielle Erweiterung des Produktionsstandortes auf dem Grundstück, auf dem sich das Bodendenkmal befindet.
Die beschwerdeführende Partei moniert weiters, dass die Erhaltung der "mutmaßlichen Villa" nicht im öffentlichen Interesse liege. Dies werde dadurch belegt, dass nicht nur keine Grabung, sondern überhaupt keine Untersuchung des Bodendenkmales stattfinden solle. Wenn mit einer Erforschung nicht zu rechnen sei, sei auch kein Erhaltungsinteresse gegeben. Das denkmalpflegerische Interesse an der Verteilung von Villen in der Provinz Noricum sei nicht gegeben, da eine ausreichende Dokumentation auch durch die Vielzahl der anderen, aber speziell einer in der Region bestehenden Villa in der Nähe von St. Pölten erreicht werden könne.
Für die Lösung der Frage, ob es sich bei einer Sache um ein Denkmal im Sinne des § 1 Abs. 1 DMSG handelt, und ob dessen Erhaltung im öffentlichen Interesse liegt, dass es sich also gemäß § 1 Abs. 2 DMSG um ein Denkmal handelt, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde, ist die in der Fachwelt vorherrschende Meinung ausschlaggebend, wobei insbesondere auf den Wissens- und Erkenntnisstand sachverständiger Kreise Bedacht zu nehmen ist. Grundlage einer solchen Feststellung kann nur ein Fachgutachten sein, in dem jene geschichtliche, künstlerische oder sonstige kulturelle Bedeutung und jener Dokumentationscharakter im Sinne des § 1 Abs. 2 DMSG näher dargelegt wird, aus dem der rechtliche Schluss gezogen werden kann, dass die Erhaltung des Denkmals im öffentlichen Interesse gelegen ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 15. September 2004, Zl. 2003/09/0010, sowie vom 4. Oktober 2012, Zl. 2010/09/0079).
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid unter Zugrundelegung des Amtssachverständigengutachtens die kulturelle und historische Bedeutung der Villa V-Wiese für die Rekonstruktion der Verwaltungsstrukturen und generell der Organisation des Alltagslebens in römischer Zeit dargelegt und festgehalten, dass eine Villa Aufschluss über Bauweise, Ernährung und soziale Strukturen in der genannten Epoche gebe. Ihre wissenschaftliche Untersuchung - die nicht zwingend eine Grabung bedingt - verspreche - gemäß dem von der belangten Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegten Sachverständigengutachten - wesentliche neue Erkenntnisse zur ländlichen römischen Besiedelung im Stadtterritorium von Aelium Cetium/St. Pölten und dem Gebiet am Rande des Wienerwaldes.
Wie dem eindeutigen Wortlaut des § 1 Abs. 2 DMSG zu entnehmen ist, kann das öffentliche Interesse an der Erhaltung nach der alternativen Umschreibung (arg.: "oder") auch darin gelegen sein, dass ein Denkmal aus regionaler (lokaler) Sicht als Kulturgut zu betrachten ist, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes bedeuten würde.
Im Beschwerdefall war es daher für die Unterschutzstellung entscheidend, dass es sich bei der gegenständlichen Villa um den ersten Beleg für eine römische Villa in der Region des Tales entlang der Kleinen Tulln handelt.
Die beschwerdeführende Partei moniert, die belangte Behörde habe indem sie den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt habe, ihr Grundstück zur Gänze unter Schutz gestellt. Im gegenständlichen Fall sei mehr unter Schutz gestellt worden als nötig, denn zur größtmöglichen Schonung der Interessen des Grundeigentümers sei die Unterschutzstellung des ganzen Grundstückes nur vorzunehmen, wenn wahrscheinlich sei, dass Bodendenkmäler auf dem gesamten Grundstück verborgen seien. Andernfalls sei die Unterschutzstellung auf bestimmte Bereiche zu beschränken.
Nach dem insoweit unmissverständlichen Spruch des von der belangten Behörde bestätigten erstinstanzlichen Bescheides sind aber nur die Überreste der römischen Villa V-Wiese und nicht das gesamte Grundstück der Beschwerdeführerin schlechthin Gegenstand der Unterschutzstellung.
Die derart im angefochtenen Bescheid erfolgte Umschreibung der unter Schutz gestellten Merkmale der verfahrensgegenständlichen Grundstücke ist im Sinne des Gesetzes näher zu ergründen, nämlich einerseits dahingehend, dass im Sinne der § 1 Abs. 2 und § 4 DMSG "(d)er Grundsatz der geringstmöglichen Unterschutzstellung" anzunehmen ist und die Unterschutzstellung "die unbedingt notwendige Eigentumsbeschränkung nicht überschreiten" darf (vgl. die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zur DSMG-Novelle 1999, 1789 BlgNR, 20. GP, 39), zum anderen aber im Sinne des § 1 Abs. 8 DMSG, wonach im Fall einer Teilunterschutzstellung der Schutz "auch die übrigen Teile in jenem Umfang (umfasst), als dies für die denkmalgerechte Erhaltung der eigentlich geschützten Teile notwendig ist" (vgl. zum Ganzen die hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 2008, Zl. 2007/09/0065, sowie vom 15. Dezember 2011, Zl. 2009/09/0299).
Damit bezieht sich das mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Verbot der Zerstörung sowie jeder Veränderung, die den Bestand (Substanz), die überlieferte (gewachsene) Erscheinung oder künstlerische Wirkung des unter Schutz gestellten Denkmals beeinflussen könnte, gemäß § 4 Abs. 1 DMSG auf solche der römischen Villa zuordenbaren Überreste (§ 1 Abs. 8 und 9 DMSG); es betrifft daher nicht die - keine Überreste enthaltenden Teile - der betroffenen Grundstücke.
Der Bewuchs der Grundstücke und Maßnahmen zu dessen Bewirtschaftung, wenn dabei auf Erfordernisse des Schutzes des Bodendenkmals Bedacht genommen wird, sind auch hinsichtlich jener Grundstücksteile, auf denen sich unter Schutz gestellte Überreste befinden, von dem mit der vorliegenden Unterschutzstellung bewirkten Verbot des § 4 Abs. 1 DMSG nicht erfasst.
Nach dem Gesagten war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 25. Juni 2013
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