Normen
BAO §201;
BAO §239 Abs1;
Getränke- und SpeiseeisabgabeG Bgld 1994 §8;
LAO Bgld 1963 §153 Abs1 idF 1983/024;
LAO Bgld 1963 §186 Abs1;
BAO §201;
BAO §239 Abs1;
Getränke- und SpeiseeisabgabeG Bgld 1994 §8;
LAO Bgld 1963 §153 Abs1 idF 1983/024;
LAO Bgld 1963 §186 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Burgenland hat der Gemeinde O Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Mitbeteiligte betreibt im Gemeindegebiet der Beschwerdeführerin das Restaurant "X". In seiner Eingabe vom 2. April 1998, betreffend "Getränkesteuerrückforderung für 1995, 1996, 1997" brachte er vor, er habe für sein Unternehmen auf Grund des geltenden Getränkeabgabegesetzes laufend Getränkesteuer an die Beschwerdeführerin bezahlt. Nachdem die Getränkesteuer möglicherweise dem "EU-Recht" entgegenstehe, d.h. "EUrechtswidrig" sei, habe der Verwaltungsgerichtshof die Frage der "EU-Widrigkeit der Getränkesteuer" dem EuGH mit Beschluss vom 18. Dezember 1997 (Zlen. 97/16/0221, 0222) zur Vorabentscheidung vorgelegt. Um für sein Unternehmen finanzielle Nachteile zu vermeiden und die entsprechenden Rechte zu wahren, stelle er den Antrag auf Rückerstattung der für die Jahre 1995 mit S 31.344,--, 1996 mit S 26.752,-- und 1997 mit S 33.495,-- bezahlten Getränkesteuer. Um einen entsprechenden Bescheid werde höflichst ersucht.
Am 8. August 2001 erfolgte beim Mitbeteiligten eine Abgabennachschau betreffend die Getränkeabgabe für die Prüfungszeiträume 1998, 1999 und 2000.
Mit Erledigung vom 21. Juli 2004 teilte die Beschwerdeführerin dem Mitbeteiligten mit, sie sei mit einer Vielzahl von Verfahren betreffend die Rückerstattung der Getränkesteuer konfrontiert, in denen im Einzelfall zu prüfen sei, ob eine Überwälzung der Getränkesteuer stattgefunden habe und ob - bejahendenfalls - die Erstattung zu einer ungerechtfertigten Bereicherung führen würde. Die Feststellung der vorgenannten Tatsachen mache viele Ermittlungsschritte und Abwägungsentscheidungen notwendig, sodass die fristgerechte Erlassung eines Bescheides im vorliegenden Berufungsverfahren nicht möglich sei.
Mit einer weiteren Erledigung vom 20. August 2004 ersuchte sie den Mitbeteiligten um Beantwortung eines "Vorhaltes" für die Fortsetzung des Verfahrens "Getränkeabgabe-Effektivitätsprinzip", dem der Mitbeteiligte am 10. September 2004 Folge leistete.
Mit Bescheid vom 5. September 2008 sprach der Bürgermeister der Beschwerdeführerin wie folgt ab:
"Aufgrund des Antrages vom 02.04.1998 und gemäß § 153
Landesabgabenordnung - LAO ... in Verbindung mit den
Getränkesteuerverordnungen des Gemeinderates der Gemeinde O für
die Jahre 1995 bis 2000 wird ... für den Zeitraum 1995 bis 2000
folgende Getränkesteuer festgesetzt:
Jahr | BMG alkoholischeGetränke (10 %) | BMG alkoholfreieGetränke (5%) | BMG Speiseeis(10 %) | Steuerbetrag |
1995 | EUR 16.512,82 | EUR 19.254,338 | EUR 1.422,92 | EUR 2.490,63 |
1996 | EUR 13.350,12 | EUR 20.275,57 | EUR 1.477,79 | EUR 1.944,13 |
1997 | EUR 20.228,70 | EUR 20.468,59 | EUR 854,41 | EUR 2.434,01 |
1998 | EUR 21.801,69 | EUR 21.074,97 | EUR 662,77 | EUR 3.300,19 |
1999 | EUR 14.534,46 | EUR 12.717,65 | EUR 499,98 | EUR 2.139,33 |
2000 | EUR 0,-- | EUR 19.621,52 | EUR 581,38 | EUR 1.039,21 |
Getränkesteuer gesamt (gerundet gem. § 155 Abs. 1 LAO) | EUR 13.347,50 |
Abzüglich bisher entrichteter Steuer | EUR 12.222,03 |
Daher noch zu entrichtende Getränkesteuer | EUR 1.125,48 |
Die Restschuld wird innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Bescheides fällig und ist mit beiliegendem Zahlschein zu entrichten.
Gemäß § 186 Abs. 1 LAO wird der Antrag ... vom 02.04.1998 auf Rückzahlung der Getränkesteuer abgewiesen."
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung machte der Mitbeteiligte geltend, hinsichtlich der Getränkesteuer für die Jahre 1995 bis 2000 sei Verjährung eingetreten.
Mit Bescheid vom 6. November 2009 wies der Gemeinderat der Beschwerdeführerin diese Berufung gemäß § 213 der (Bürgenländischen) Landesabgabenordnung - LAO ab und bestätigte den Bescheid vom 5. September 2008. Durch die Getränkesteuerprüfung und die Aufforderung vom 20. August 2004 - so die für das weitere Verfahren wesentliche Begründung dieses Bescheides - seien nach außen wirksame und erkennbare Amtshandlungen gesetzt und damit die Verjährungsfrist zusätzlich unterbrochen worden. Der Antrag vom 2. April 1998 sei als solcher im Sinne des § 158a Abs. 2 LAO anzusehen und löse auch die angeführten Folgen - der Abgabenfestsetzung stehe der Eintritt der Verjährung nicht entgegen - aus.
In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung brachte der Mitbeteiligte vor, die Qualifikation seines Antrages vom 2. April 1998 als solchen gemäß § 158a Abs. 2 LAO sei unzutreffend. Ein gemäß § 158a Abs. 2 LAO wirksamer Antrag müsse in Abgabenvorschriften vorgesehen sein, damit es zu einer Abgabenfestsetzung kommen könne. Das Burgenländische Getränke- und Speiseeisabgabegesetz 1994 sehe einen solchen Antrag auf Abgabenfestsetzung nicht vor. Im konkret anzuwendenden Abgabengesetz gebe es somit keinen vorgesehenen Antrag gemäß § 158a Abs. 2 LAO. Im Übrigen basiere der Bescheid der Beschwerdeführerin nicht auf dem Antrag vom 2. April 1998, sondern auf den Feststellungen durchgeführter Getränkeabgabenprüfungen. Diese lägen alle außerhalb der Verjährungsfrist. Ebenso liege die Vorhaltbeantwortung vom 8. September 2004 außerhalb dieser Frist. Diese Unterbrechungshandlung habe die Verjährungsfrist bis zum 31. Dezember 2007 verlängert, der Bescheid des Bürgermeisters datiere jedoch vom 5. September 2008. Weiters werde darauf hingewiesen, dass sich der Antrag vom 2. April 1998 auf Rückzahlung von Getränkesteuer betreffend die Jahre 1995 bis 1998 beziehe, die Gemeinde jedoch einen Abgabenbescheid für die Jahre 1995 bis 2000 erlassen habe. Da kein Grund vorliege, weshalb die Verjährung nicht eingetreten sei, sei der Bescheid des Bürgermeisters vom 5. September 2008 ersatzlos aufzuheben.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde als Aufsichtsbehörde gemäß den §§ 84 und 86 Abs. 3 der Burgenländischen Gemeindeordnung der Vorstellung des Mitbeteiligten Folge, hob den Bescheid des Gemeinderates vom 6. November 2009 auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Beschwerdeführerin. Begründend führte sie zunächst aus, aus den vorgelegten Unterlagen der Beschwerdeführerin ergebe sich folgendes Verwaltungsgeschehen:
"Der Abgabepflichtige beantragte mit Eingabe vom 2.4.1998 die Rückerstattung der Getränkeabgabe für die Jahr 1995 bis 1997. Die Abgabenbehörde hielt zum Zweck der Verwaltung der Getränkeabgabe für die Jahre 1998, 1999 und 2000 am 8.8.2001 beim Abgabepflichtigen Nachschau und nahm über das Ergebnis der Nachschau eine Niederschrift auf.
Am 10.9.2004 ist ein auf Aufforderung der Abgabenbehörde vom Abgabepflichtigen ausgefüllter Erhebungsbogen betreffend die Festsetzung der Getränkeabgabe für die Jahre 1995 bis 2000 bei der Abgabenbehörde eingelangt.
In einem als 'Mitteilung gemäß § 55 Abs. 2 VwGG 1985' bezeichneten Schreiben vom 21.7.2004 teilte der Bürgermeister dem Abgabepflichtigen u.a. mit, dass 'die fristgerechte Erlassung eines Bescheides im vorliegenden Berufungsverfahren nicht möglich ist.'"
Nach weiterer Darlegung des Verwaltungsverfahrens erwog die belangte Behörde unter Zitierung des § 156, § 158 Abs. 1 und § 158a Abs. 1 LAO:
"Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind nur solche Amtshandlungen geeignet, die Verjährung zu unterbrechen, die von der sachlich zuständigen Abgabenbehörde zur Geltendmachung eines bestimmten Abgabenanspruches vorgenommen werden.
Die Amtshandlung muss, um Unterbrechungswirkung zu haben, nach außen wirksam und einwandfrei nach außen erkennbar sein. Schriftliche Erledigungen unterbrechen die Verjährung nur dann, wenn sie ihren Empfänger erreicht haben, diesem somit zugestellt wurden.
Die Verjährung wird durch abgabenbehördliche Prüfungen unterbrochen (vgl. Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. Juli 1996, Zl. 93/13/0040). Die Verjährung wird aber auch unterbrochen, wenn das Verwaltungsziel einer nach außen gerichteten Amtshandlung in der Feststellung des Abgabepflichtigen und in der Geltendmachung eines Anspruches besteht und der Weg zu diesem Ziel mit Hilfe von zur Zweckerreichung dienenden Verwaltungsmaßnahmen beschritten wird. Amtshandlungen, die objektiv geeignet sind, die Verjährung zu unterbrechen, wirken bereits mit ihrem Beginn auf die Verjährung und unterbrechen die Verjährungsfrist.
Im gegenständlichen Fall wurden in der Zeit zwischen 1.1.2005 und 31.12.2007 Amtshandlungen mit Unterbrechungswirkung nicht gesetzt; der erstinstanzliche Festsetzungsbescheid erging erst nach Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist am 2.10.2008. Das Recht zur Festsetzung der Getränkeabgabe für die Jahre 1995 bis 2000 ist somit verjährt. Daran ändert auch die vom Gemeinderat ins Treffen geführte Bestimmung des § 158a Abs. 2 LAO nichts. Der hier interessierende Tatbestand des § 158a Abs. 2 LAO erfasst Fälle, in denen eine Abgabenfestsetzung von der Erledigung eines 'in Abgabenvorschriften vorgesehenen Antrages' abhängig ist und der Antrag vor Verjährung des anknüpfenden Abgabenanspruches eingebracht wurde. Ist nun die Erledigung dieses Antrages für die Abgabenfestsetzung präjudiziell, so steht die Verjährung dem nachfolgenden Abgabenbescheid nicht entgegen, gleichgültig ob die grundlegende Erledigung vor oder nach Ablauf der Verjährung der Abgabe ergeht. Der auf § 186 Abs. 1 LAO gestützte und vor Ablauf der Bemessungsverjährungsfrist eingebrachte Antrag vom 2.4.1998 berührt aber die Abgabenfestsetzung nicht. Die Frage der Abgabenfestsetzung hängt weder mittelbar noch unmittelbar von der Frage der Rückzahlung eines Guthabens eines Abgabenpflichtigen ab. Der Antrag vom 2.4.1998 stellt somit keinen Antrag gemäß § 158a Abs. 2 LAO dar. Insofern deckt sich die Rechtsauffassung der erkennenden Behörde mit dem Rechtsstandpunkt des Vorstellungswerbers und kommt der Sichtweise des Gemeinderates in diesem Punkt keine rechtliche Relevanz zu. Sein Bescheid ist mit Rechtswidrigkeit behaftet."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich die Beschwerdeführerin u.a. in ihrem Recht auf Festsetzung der Getränkeabgabe verletzt erachtet; sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.
Weiters hat der Mitbeteiligte eine Gegenschrift erstattet, in der er die Abweisung der Beschwerde unter Zuerkennung von Aufwandersatz beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die beschwerdeführende Gemeinde sieht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen aufsichtsbehördlichen Bescheides zusammengefasst darin, im vorliegenden Fall sei die Getränkesteuer für die Jahre 1995 bis 1997 auf der Grundlage der Abgabenerklärung des Mitbeteiligten festgesetzt worden. Auf Grund seines Rückerstattungsantrages, mit dem er im Hinblick auf "möglicherweise entgegenstehendes EU-Recht" offenkundig eine Unrichtigkeit der Selbstbemessung geltend gemacht habe, habe die Abgabenbehörde im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zuerst über die Frage der Festsetzung der Getränkesteuer für die Jahre 1995 bis 1997 und danach über den Rückerstattungsanspruch vom 2. April 1998 zu entscheiden gehabt. Somit sei der Rückerstattungsanspruch vom 2. April 1998 als ein in den Abgabenvorschriften vorgesehener Antrag im Sinne des § 158a Abs. 2 LAO zu werten, von dessen Erledigung die Festsetzung der Getränkesteuer unmittelbar abhänge.
Gleiches gelte für den Schriftsatz des Mitbeteiligten vom 9. November 2000, der ebenfalls als Antrag auf Feststellung von Guthaben, nämlich jene für die Jahre 1995 bis 1999 bzw. als Antrag auf Rückerstattung dieser Guthaben in Form von Gegenverrechnung mit anderen Abgabenschulden, somit also gleichfalls als Antrag im Sinne des § 158a Abs. 2 LAO zu werten sei.
Gemäß § 83 Abs. 1 der mit Kundmachung LGBl. Nr. 55/2003 wiederverlautbarten Burgenländischen Gemeindeordnung geht der Instanzenzug gegen Bescheide des Bürgermeisters in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, an den Gemeinderat, gegen dessen Entscheidung eine weitere Berufung nicht zulässig ist. Dieser übt auch die in den verfahrensrechtlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse aus.
Wer durch den Bescheid eines Gemeindeorgans in einer aus dem Vollziehungsbereich des Landes stammenden Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, kann nach § 84 Abs. 1 leg. cit. nach Erschöpfung des Instanzenzuges (§ 83 Abs. 1) innerhalb von zwei Wochen nach Erlassung des Bescheides dagegen Vorstellung erheben. Die Aufsichtsbehörde hat den Bescheid, wenn Rechte des Einschreiters durch ihn verletzt werden, nach Abs. 5 leg. cit. aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen.
Zur Entscheidung über die Vorstellung (§ 84) ist, falls durch Gesetz nicht anderes bestimmt ist, nach § 86 Abs. 3 leg. cit. jedenfalls die Bezirkshauptmannschaft zuständig.
Nach § 7 des Getränke- und Speiseeisabgabegesetzes 1994, LGBl. Nr. 11/1995, entstand die Abgabeschuld mit dem Ablauf des Kalendermonates, in dem die Lieferung nach § 1 ausgeführt wurde.
Nach § 8 leg. cit. hatte der Abgabeschuldner, soweit nicht Abs. 2 anzuwenden war, die Abgabe binnen einem Kalendermonat und 15 Tagen nach Entstehung der Abgabeschuld unter Vorlage der Abgabeerklärung zu entrichten (Monatsabrechnung). Soweit für den Abgabeschuldner nach § 21 Abs. 2 Umsatzsteuergesetz 1972 das Kalendervierteljahr als Voranmeldungszeitraum galt, hatte dieser nach § 8 Abs. 2 des Getränke- und Speiseeisabgabegesetzes 1994 die Abgabe binnen einem Kalendermonat und 15 Tagen nach Ablauf des Kalendervierteljahres unter Vorlage der Abgabeerklärung zu entrichten (Vierteljahresabrechnung). In diesem Fall hatte der Abgabeschuldner bis zum 15. jedes Kalendermonates die Vorauszahlung in Höhe eines Drittels der voraussichtlichen Vierteljahresabgabe und bei Vorlage der Vierteljahresabrechnung einen allfälligen Abgabenrestbetrag zu entrichten.
Die §§ 150, 153, 156 Abs. 1 und 2, 157 lit. a, 158 Abs. 1 und 2, 158a, 185 Abs. 1, 2 und 3 sowie § 186 Abs. 1 der im Beschwerdefall anzuwendenden Burgenländischen Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 2/1963 (§ 150, § 153, § 158 Abs. 2, § 158a Abs. 1 und § 185 Abs. 1 und 2 in der Fassung durch die Novelle LGBl. Nr. 24/1983, § 156 Abs. 2 und § 158a Abs. 2 in der Fassung durch das Gesetz LGBl. Nr. 47/1995) - LAO, lauten auszugsweise:
"§ 150. (1) Soweit in Abgabenvorschriften nichts anderes vorgeschrieben ist, hat die Abgabenbehörde die Abgaben durch Abgabenbescheide festzusetzen.
(2) Abgabenbescheide haben im Spruch die Art und Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten. Führen Abgabenbescheide zu keiner Nachforderung, so ist eine Angabe über die Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeit entbehrlich. Ist die Fälligkeit einer Abgabenschuldigkeit bereits vor deren Festsetzung eingetreten, so erübrigt sich, wenn auf diesen Umstand hingewiesen wird, eine nähere Angabe über den Zeitpunkt der Fälligkeit der festgesetzten Abgabenschuldigkeit.
...
§ 153. (1) Wenn die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabenpflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung der Abgabe zulassen, ist ein Abgabenbescheid nur zu erlassen, wenn der Abgabepflichtige die Einreichung einer Erklärung, zu der er verpflichtet ist, unterlässt oder wenn sich die Erklärung als unvollständig oder die Selbstberechnung als nicht richtig erweist. ...
...
§ 156. (1) Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.
(2) Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre, bei hinterzogenen Abgaben zehn Jahre.
...
§ 157. Die Verjährung beginnt
a) in den Fällen des § 156 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist; ...
...
§ 158. (1) Die Verjährung wird durch jede zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 54) von der Abgabenbehörde unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.
(2) Die Verjährung ist gehemmt, solange die Geltendmachung des Anspruches innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist wegen höherer Gewalt nicht möglich ist.
...
§ 158a. (1) Die Abgabenfestsetzung, die in einer Berufungsentscheidung zu erfolgen hat, steht dem Eintritt der Verjährung nicht entgegen.
(2) Hängt eine Abgabenfestsetzung unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung oder eines in Abgabenvorschriften vorgesehenen Antrages ab, so steht der Abgabenfestsetzung der Eintritt der Verjährung nicht entgegen, wenn die Berufung oder der Antrag vor diesem Zeitpunkt oder wenn ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens rechtzeitig im Sinne des § 225 eingebracht wurde.
...
§ 185. (1) Das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, verjährt binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.
(2) Die Verjährung fälliger Abgaben wird durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung, wie durch Mahnung, durch Vollstreckungsmaßnahmen, durch Bewilligung einer Zahlungserleichterung oder durch Erlassung eines Bescheides gemäß § 153 unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.
(3) Die Verjährung ist gehemmt, so lange die Einhebung oder zwangsweise Einbringung einer Abgabe innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist wegen höherer Gewalt nicht möglich ist.
...
§ 186. (1) Der Abgabepflichtige kann die Rückzahlung von Guthaben (§ 163 Abs. 2) beantragen. Die Rückzahlung kann auch von Amts wegen erfolgen.
..."
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 20. Jänner 2003, Zl. 2002/17/0262, zum Verhältnis zwischen bescheidmäßiger Abgabenfestsetzung, der Selbstberechnung der Abgabe und dem Antrag auf Rückzahlung - zu der insofern vergleichbaren Rechtslage nach der Oberösterreichischen Landesabgabenordnung - u.a. ausgeführt:
"Die bescheidförmige Abgabenfestsetzung bewirkt die rechtswirksame und im Falle der letztinstanzlichen Festsetzung die rechtskräftige Feststellung, ob und in welcher Höhe ein Abgabenanspruch besteht. Liegt eine derartige rechtswirksame Abgabenfestsetzung vor, so richtet sich die Frage, ob eine Abgabe im Sinne des § 186 Abs. 1 Oö LAO zu Unrecht entrichtet wurde, zunächst (in Ermangelung späterer Rechtsgestaltungen betreffend die Höhe des Abgabenanspruches) danach, ob die geleistete Zahlung die bescheidmäßig festgesetzte Abgabe übersteigt.
Lassen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabenpflichtigen ohne abgabenbehördliche
Festsetzung der Abgabe zu oder ordnen sie solches ... an, gilt die
Abgabe durch die Einreichung der Erklärung über die Selbstbemessung als festgesetzt. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. Juni 1990, Zl. 88/17/0242, ... weiters ausgeführt hat, kommt der Einreichung der Erklärung kraft gesetzlicher Anordnung insofern dieselbe Rechtswirkung wie einer bescheidmäßigen Festsetzung zu, als damit die Abgabe als festgesetzt gilt. Von dieser Rechtswirkung ist solange auszugehen, bis eine Änderung der als festgesetzt geltenden Abgabe auf Grundlage einer im Verfahrensrecht enthaltenen, eine Abänderung ermöglichenden Bestimmung erfolgt. Eine solche Grundlage enthält § 149 Abs. 2 (nunmehr § 150 Abs. 2) Oö LAO. Dem § 185 (nunmehr § 186 Oö LAO) kommt im Bereich der Selbstbemessungsabgaben daher nur insoweit eine Bedeutung zu, als irrtümlich die Abgabe in einem höheren Ausmaß entrichtet wurde, als es der Selbstbemessungserklärung entsprach.
...
Solange eine bescheidmäßige Abgabenfestsetzung gemäß § 150 Abs. 2 Oö LAO noch nicht erfolgt ist, gilt für wirksam selbstbemessene Abgaben daher, dass sie auf Grundlage des § 186 Abs. 1 Oö LAO nur dann zurückgefordert werden können, wenn die geleistete Zahlung nicht der Selbstberechnung entspricht. In einem solchen Fall gelten diese Zahlungen als zu Unrecht entrichtet, sobald sie vom selbstbemessenen Betrag abweichen. Im Anschluss daran berechnet sich die Frist für die Stellung eines Rückzahlungsantrages nach § 186 Abs. 3 Oö LAO.
Von dieser Konstellation ist nun wiederum jene zu unterscheiden, in welcher ein Abgabepflichtiger einen Antrag auf Rückerstattung einer durch Selbstbemessung entrichteten Abgabe ausschließlich mit der Unrichtigkeit der Selbstbemessung begründet. Ein solcher Antrag, welcher innerhalb der Bemessungsverjährungsfrist gestellt werden kann, ist dahingehend zu deuten, die Behörde möge zuerst über die Abgabenfestsetzung und sodann erst über das Rückerstattungsbegehren absprechen. In einem solchen Fall setzt die Erledigung des Rückerstattungsbegehrens voraus, dass die Behörde - zunächst - die Rechtsfrage der Abgabenschuldigkeit beantwortet (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. März 1994, Zl. 92/17/0136).
In einem solchen Fall fälschlich zu hoch bemessener Selbstbemessungsabgaben ist für den Beginn des Laufes der Ausschlussfrist des § 185 (nunmehr: § 186) Abs. 3 Oö LAO nicht nur die Entrichtung der Abgabe bestimmend, sondern auch - als kumulatives Tatbestandselement - die bescheidmäßige (der Höhe nach richtige) Abgabenfestsetzung, mit der (erst) die entrichtete Abgabe zu einer solchen wird, die 'zu Unrecht entrichtet wurde' (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1991, Zl. 90/17/0404)."
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bewirkt die Einreichung der Erklärung betreffend eine Selbstbemessungsabgabe kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung die Festsetzung der Abgabe. Damit verbinden sich dieselben Rechtswirkungen wie mit einer bescheidmäßigen Festsetzung. Die "Quasirechtskraft" einer solchen Festsetzung durch Erklärung wird allerdings durch die bescheidmäßige Festsetzung der Abgabe wieder durchbrochen. Stellt der Abgabenpflichtige nach der durch Selbstbemessung erfolgten Festsetzung der Abgabe einen Antrag auf Rückerstattung und setzt die Entscheidung eines solchen Antrages voraus, dass die Behörde die Rechtsfrage der Abgabenschuldigkeit beantwortet, dann ist der Antrag auch als Begehren auf bescheidmäßige Festsetzung der Selbstbemessungsabgabe zu werten. In einem solchen Fall hat die Abgabenbehörde zuerst über die Frage der Abgabenfestsetzung und danach über das Rückerstattungsbegehren zu entscheiden. (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Februar 2008, Zl. 2006/16/0129, mwN).
Bei der beschwerdegegenständlichen Getränke- und Speiseeisabgabe handelt es sich um eine Selbstbemessungsabgabe.
Nach der dargelegten Rechtslage ist im vorliegenden Beschwerdefall entscheidend, dass die Abgabenbehörde durch den innerhalb der Bemessungsverjährungsfrist gestellten Antrag des Mitbeteiligten vom 2. April 1998 in die Lage versetzt wurde, einen bescheidmäßigen Abspruch nicht bloß über die Frage eines Guthabens und einer allfälligen Rückzahlung eines Guthabens zu erlassen, sondern primär über die Festsetzung der Selbstbemessungsabgabe (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 2004, Zl. 2000/17/0033, zur Rechtslage nach der Burgenländischen Landesabgabenordnung).
Damit erweist sich aber die tragende Rechtsansicht der belangten Behörde als unzutreffend, dass der im Ergebnis auf eine Rückzahlung gerichtete, auf § 186 Abs. 1 LAO gestützte Antrag die Frage der Festsetzung der Selbstbemessungsabgabe nicht berührt habe, weil nach der wiedergegebenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Antrag auf Rückzahlung auch als Begehren auf bescheidmäßige Festsetzung der Selbstbemessungsabgabe zu werten ist, sodass die Abgabenbehörde zuerst über die Frage der Abgabenfestsetzung und sodann über das Rückzahlungsbegehren zu entscheiden hat.
Entgegen der Ansicht des Mitbeteiligten und der belangten Behörde fand sein Antrag vom 2. April 1998 in Abgabenvorschriften, insbesondere auch in § 186 Abs. 1 LAO seine Grundlage und stellte daher sehr wohl einen Antrag im Sinne des § 158a Abs. 2 LAO dar.
Da die belangte Behörde den in Rede stehenden Antrag des Mitbeteiligten zu Unrecht die eingeschränkte Bedeutung eines bloßen Rückzahlungsbegehrens unterstellte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG in toto - er hatte seinerseits untrennbar den Bescheid des Gemeinderates vom 6. November 2000 betreffend alle Abgabenzeiträume aufgehoben - aufzuheben war.
Soweit die vorliegende Beschwerde den Eintritt der Verjährung - insbesondere in Ansehung auch des Jahres 1999 - auch durch einen Schriftsatz des Mitbeteiligten vom 9. November 2000, der gleichfalls als Antrag im Sinne des § 158a Abs. 2 LAO zu werten sei, für unterbrochen erachtet, stellt dieses Vorbringen eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung dar, zumal auch die vorgelegten Verwaltungsakten einen solchen Schriftsatz nicht enthalten.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Das Mehrbegehren betrifft die Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG, von welcher die Beschwerdeführerin gemäß § 24 Abs. 3 Z. 3 leg. cit. befreit ist.
Wien, am 24. Juni 2010
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