Normen
GehG 1956 §13a Abs1 idF 1966/109;
GehG 1956 §13a Abs1 idF 1966/109;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die 1958 geborene Beschwerdeführerin stand bis zu ihrer - mit Ablauf des 30. April 2009 gemäß § 14 Abs. 1 BDG 1979 erfolgten - Versetzung in den Ruhestand in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Dessen Begründung war mit 1. Jänner 1993 in der Verwendungsgruppe L2a1 erfolgt. Mit Wirksamkeit vom 1. Dezember 1995 wurde die Beschwerdeführerin gemäß Z. 23.3. der Anlage 1 zum BDG 1979 (unter Ansetzung eines Überstellungsverlustes von vier Jahren) in die Verwendungsgruppe L1 überstellt, weil sie zwei Lehrämter für allgemein Pflichtschulen (Hauptschule und Polytechnische Schule), eine sechsjährige Lehrpraxis mit hervorragenden pädagogischen Leistungen an einer Pflichtschule und einschlägige Publikationen nachweisen konnte. Am 30. Juni 2000 wurde ihr, nach erfolgreichem Abschluss des Studiums der Psychologie an der Universität Salzburg, der akademische Grad einer Magistra der Philosophie verliehen. Mit Eingabe vom 7. Juni 2001 ersuchte sie die belangte Behörde unter Bezugnahme darauf um Überprüfung, ob der erwähnte Überstellungsverlust auf Grund ihres nunmehrigen Studienabschlusses reduziert werden könne.
Die belangte Behörde äußerte sich dazu mit an die Dienststelle (Pädagogische Akademie der Diözese X) der Beschwerdeführerin gerichtetem Schreiben vom 25. September 2002, das auch dieser zur Kenntnis gebracht wurde, nach Befassung des Bundesministeriums für öffentliche Leistung und Sport (BMÖLS) wie folgt:
"§ 12 Abs. 11 GehG setzt voraus, dass sich der Beamte bereits in A 1 oder in einer vergleichbaren Verwendungsgruppe befindet, für die eine der Verwendung entsprechende abgeschlossene Hochschulbildung Ernennungserfordernis ist. Für die Verwendungsgruppe L 1 ist in den meisten Fällen eine abgeschlossene Hochschulbildung (Lehramt) Ernennungserfordernis. Da die Voraussetzungen aber für die Verwendungsgruppe L 1 nicht einheitlich formuliert sind, ist es geboten, das Ernennungserfordernis jeweils im gegebenen Kontext zu untersuchen. Dabei ergibt sich, dass die abgeschlossene Hochschulbildung bei den L 1-Verwendungen gemäß Z 23.3 Anlage 1 BDG 1979 lediglich Alternative zu einem Teilerfordernis, und nicht Ernennungserfordernis im Sinne des § 12 Abs. 11 GehG ist.
Von einem Ernennungserfordernis im Sinne des § 12 Abs. 11 GehG könnte nur gesprochen werden, wenn mit der betreffenden Hochschulbildung die Ernennungserfordernisse für die Verwendungsgruppe L 1 - allenfalls in einer anderen Verwendung - erfüllt werden können. Dies ist jedoch bezüglich der in Z 23.3 lit. a. sublit. bb Anlage 1 BDG 1979 genannten Studien nicht der Fall.
Aus demselben Grund ist auch für die Konstellation, dass einer dieser Studienabschlüsse bereits am Beginn des Dienstverhältnisses vorgelegen wäre, nicht von einem Studium, das Ernennungserfordernis gewesen ist (§ 12 Abs. 2 Z 8 GehG) bzw. von einer abgeschlossenen Hochschulbildung (Tabelle im § 12a Abs. 4 GehG) auszugehen.
Eine Anwendung des § 12 Abs. 11 GehG ist ausgeschlossen, wenn der Studienabschluss nicht die primäre Voraussetzung darstellt, also eine solche, deren Erfüllung den Zugang zur Verwendungsgruppe L 1 eröffnet, sondern lediglich als Alternative bezüglich eines Teilerfordernisses konstruiert ist.
Das BMBWK bedauert daher, für die Betreffende keine Reduzierung des Überstellungsverlustes von 4 auf 2 Jahre vornehmen zu können."
Am 27. April 2005 wurde allerdings durch nicht näher dokumentierten behördeninternen Vorgang der erwähnte Überstellungsverlust gehaltsrechtlich rückwirkend ab dem 1. April 2002, also für einen Zeitraum von drei Jahren, "auf zwei Jahre reduziert". Der Beschwerdeführerin wurde am 25. April 2005 eine Nachzahlung für die Monate April 2002 bis Mai 2005 in der Höhe von netto EUR 3.818,80 angewiesen und in den Folgemonaten bis zum April 2009 ein entsprechend höheres Gehalt ausbezahlt. Diese Umstände kamen nach der erwähnten Versetzung in den Ruhestand im Zuge des Verfahrens zur Ruhegenussbemessung hervor.
Die belangte Behörde setzte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 22. April 2009 davon in Kenntnis, dass die Reduzierung des Überstellungsverlustes auf einem Irrtum beruht habe, und forderte die Rückzahlung des sich hieraus für die letzten drei Jahre ergebenden Übergenusses von (zusammen) EUR 5.256,21 in monatlichen Raten zu je EUR 150,-- ein.
Dem trat die - rechtsfreundlich vertretene - Beschwerdeführerin mit Eingabe vom 3. Juni 2009 entgegen. Sie habe auf die Richtigkeit der Überweisungen und ihrer monatlichen Bezüge vertraut und daher allfällige Übergenüsse gutgläubig verbraucht. Die Forderung von Rückersatz erweise sich daher als unzulässig. Sollte eine "Bereinigung auf kurzem Wege" nicht möglich sein, ersuche sie um Erlassung eines anfechtbaren Bescheides.
Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde über diesen Antrag fest, der im Zeitraum von April 2006 bis April 2009 entstandene Nettoübergenuss von EUR 5.256,21 sei dem Bund gemäß § 13a Abs. 1 GehG idF BGBl. Nr. 109/1966 zu ersetzen. Der Übergenuss werde gemäß § 13a Abs. 2 GehG idF BGBl. I Nr. 147/2008 in monatlichen Raten in der Höhe von (je) EUR 150,-- einbehalten.
Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. April 2008, Zl. 2007/12/0039, näher aus, dass der Abschluss des erwähnten Hochschulstudiums auf den - richtig mit vier Jahren anzusetzenden -
Überstellungsverlust keinen Einfluss habe.
Dem Einwand, die Beschwerdeführerin habe "auf die Richtigkeit der Überweisungen und ihrer monatlichen Bezüge vertraut und den angeblich nicht zustehenden Übergenuss gutgläubig verbraucht", sei zu entgegnen, dass es für die Rückzahlungspflicht nach § 13a GehG nicht auf den gutgläubigen Verbrauch, sondern vielmehr auf den gutgläubigen Empfang der ungerechtfertigten Leistungen ankomme. Nach der Theorie der objektiven Erkennbarkeit sei dafür maßgebend, ob der Beamte objektiv Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Anspruches auf den ihm überwiesenen Bezug hätte haben müssen. Angesichts der eindeutigen Reaktion in der (oben wiedergegebenen) Erledigung vom 25. September 2002 sei dies zu bejahen. Da die belangte Behörde nach dieser expliziten schriftlichen Ablehnung irrtümlicherweise im April 2005 eine Nachzahlung angewiesen und in den Folgemonaten bis zur Versetzung der Beschwerdeführerin in den Ruhestand deren Bezüge ausgehend von einer Reduzierung des Überstellungsverlustes auf zwei Jahre berechnet habe, sei bei objektiver Betrachtungsweise kein guter Glaube anzunehmen. Zumindest hätte die Rechtmäßigkeit oder der Grund der Zahlungen, die ohne gesonderte Mitteilung erfolgt seien, hinterfragt werden müssen. Die Bewilligung der Ratenzahlung stütze sich auf § 13a Abs. 2 zweiter Satz GehG.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 23. Februar 2010, B 1512/09-3, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
In der im vorliegenden Verfahren ergänzten Beschwerde beantragte die Beschwerdeführerin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht, gemäß § 13a GehG "zu Unrecht empfangene Leistungen, die im guten Glauben empfangen worden sind, dem Bund nicht ersetzen zu müssen", verletzt. Sie wiederholt dazu ihr Vorbringen, auf die Richtigkeit der Überweisungen, die zu dem erwähnten Nettoübergenuss von EUR 5.256,21 geführt haben, vertraut zu haben. Sie habe diese Beträge gutgläubig erworben und verbraucht. Ein Rückersatzanspruch erweise sich daher als unzulässig, weil die belangte Behörde durch internen Aktenvermerk vom 27. April 2005 festgehalten habe, dass ihr abgeschlossenes Hochschulstudium bei den Bezügen Berücksichtigung finden werde. Sie sei daher in gutem Glauben darüber gewesen, dass es zu einer Nachverrechnung und Überweisung ihr tatsächlich zustehender Beträge gekommen sei.
Gemäß § 13a Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 - GehG idF der 15. GehG-Novelle, BGBl. Nr. 109/1966, sind zu Unrecht empfangene Leistungen (Übergenüsse), soweit sie nicht in gutem Glauben empfangen worden sind, dem Bund zu ersetzen.
Die Beschwerdeführerin zieht die mangelnde Gebührlichkeit der verfahrensgegenständlichen Übergenüsse nicht in Zweifel. Für die Beurteilung der - im vorliegenden Verfahren demnach allein strittigen - Frage, ob dem Empfänger eines nicht geschuldeten Betrages (eines Übergenusses), dessen Zahlung auf einen Irrtum der auszahlenden Stelle zurückgeht, Gutgläubigkeit zuzubilligen ist, hat es, wie der Verwaltungsgerichtshof seit seinem (noch zur Rechtslage vor der Einfügung des § 13a in das GehG durch die 15. GehG-Novelle) von einem verstärkten Senat beschlossenen Erkenntnis vom 30. Juni 1965, Zl. 1278/63 = Slg. 6736/A, in ständiger Rechtsprechung erkennt, nicht auf das subjektive Wissen des Leistungsempfängers, sondern auf die objektive Erkennbarkeit des Übergenusses (des Irrtums der auszahlenden Stelle) anzukommen. Demnach ist die Gutgläubigkeit beim Empfang von Übergenüssen schon dann nicht anzunehmen, wenn der Leistungsempfänger - nicht nach seinem subjektiven Wissen, sondern objektiv beurteilt - bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßes an Sorgfalt an der Rechtmäßigkeit der ihm ausbezahlten Leistung auch nur hätte Zweifel haben müssen. Erfolgt die Leistung deshalb, weil die Anwendung der Norm, auf Grund derer die Leistung erbracht wurde, auf einem Irrtum der auszahlenden Stelle beruht, den der Leistungsempfänger weder erkennt noch veranlasst hat, so ist dieser Irrtum nur dann im genannten Sinn objektiv erkennbar (und damit eine Rückersatzverpflichtung schon deshalb zu bejahen), wenn der Irrtum in der offensichtlich falschen Anwendung einer Norm, deren Auslegung keine Schwierigkeiten bereitet, besteht. Andernfalls, also bei einer zwar unrichtigen, aber nicht offensichtlich falschen Auslegung der Norm, ist die objektive Erkennbarkeit zu verneinen, sofern sie nicht durch andere Umstände indiziert wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2010, Zl. 2009/12/0091, mwN).
Das Vorliegen solcher Umstände ist hier deshalb zu bejahen, weil die belangte Behörde der von der Beschwerdeführerin gewünschten Bedeutung ihres Studienabschlusses zunächst mit ausführlich - im Einklang mit der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - begründeter Erledigung vom 25. September 2002 inhaltlich entgegengetreten ist. Schon bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßes an Sorgfalt hätte die Beschwerdeführerin daher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der ihr gegenüber später ohne jede Begründung faktisch veranlassten Auszahlungen hegen müssen.
Schließlich liegt der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Gutgläubigkeit in der Gutschrift des Gehalts am Konto des Beamten. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es daher auf einen allfälligen guten Glauben beim Verbrauch der zu Unrecht empfangenen Bezüge nicht an (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 28. März 2008, Zl. 2007/12/0038, und vom 16. September 2010, Zl. 2009/12/0191).
Die belangte Behörde hat daher insgesamt das Vorliegen von Gutgläubigkeit iSd § 13a Abs. 1 GehG zu Recht verneint und die Beschwerdeführerin zum Rückersatz verhalten.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 17. Oktober 2011
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