VwGH 2009/12/0091

VwGH2009/12/009130.6.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Khorramdel, über die Beschwerde des J N in Wien, vertreten durch die Freimüller/Noll/Obereder/ Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1080 Wien, Alser Straße 21, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur vom 18. März 2009, Zl. BMUKK-127.018/0005-III/9d/2008, betreffend Rückforderung von Übergenuss nach § 13a iVm § 30 GehG, nach der am 30. Juni 2010 durchgeführten Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters und der Ausführungen des Vertreters des Beschwerdeführers, Dr. Michael Celar, sowie des Vertreters der belangten Behörde Kurt Rötzer, zu Recht erkannt:

Normen

BDG 1979 §137;
GehG 1956 §13a Abs1 idF 1966/109;
GehG 1956 §30 Abs1;
GehG 1956 §30 Abs2;
BDG 1979 §137;
GehG 1956 §13a Abs1 idF 1966/109;
GehG 1956 §30 Abs1;
GehG 1956 §30 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1947 geborene Beschwerdeführer stand bis zu der mit Ablauf des 30. November 2007 auf seinen Antrag hin verfügten Versetzung in den Ruhestand als Fachoberinspektor der Verwendungsgruppe A3, Funktionsgruppe 8, in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und im X-Museum seit 1. April 1999 als Leiter der Verwaltung in Verwendung.

Mit Bescheid vom 12. Juli 2002 hatte die belangte Behörde gegenüber dem Beschwerdeführer wie folgt abgesprochen:

"BESCHEID

1) Gemäß § 34 Abs. 1 Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54, in der geltenden Fassung, gebührt Ihnen ab 1.4.1999 (Verwendung auf dem Arbeitsplatz 7092) eine ruhegenussfähige Verwendungszulage im Ausmaß des halben Differenzbetrages zwischen dem Gehalt der Verwendungsgruppe A2, Gehaltsstufe 17, und dem Gehalt der Verwendungsgruppe A3, Gehaltsstufe 17 ab 1.4.1999 bis 31.12.1999 in Höhe von S 4.932,50 (EUR 348,46),

vom 1.1.2000 bis 31.12.2000 in Höhe von S 5.006,50 (EUR 363,80),

vom 1.1.2001 bis 31.12.2001 in Höhe von S 5.112,00 (EUR 371,50) und vom 1.1.2002 an in Höhe von EUR 374,50.

2) Weiters gebührt Ihnen gemäß § 30 Abs. 5 des genannten Gesetzes ab gleicher Wirksamkeit die Funktionszulage nach Verwendungsgruppe A2, Funktionsgruppe 5, Funktionsstufe 3 an Stelle Ihrer bisherigen Funktionszulage nach Verwendungsgruppe A3, Funktionsgruppe 8, Funktionsstufe 3.

BEGRÜNDUNG

ad 1)

Gemäß § 34 Abs. 1 des genannten Gesetzes gebührt einem Beamten des Allgemeinen Verwaltungsdienstes eine ruhegenussfähige Verwendungszulage, wenn er dauernd auf einem einer höherwertigen Verwendungsgruppe zugeordneten Arbeitsplatz verwendet wird, ohne in diese ernannt zu sein.

Diese Verwendungszulage beträgt 50 % des Betrages, um den das Gehalt des Beamten vom Gehalt derselben Gehaltsstufe der höherwertigen Verwendungsgruppe überschritten wird.

Sie sind derzeit Beamter der Verwendungsgruppe A3, Funktionsgruppe 8 und verrichten dauernd Dienst an einem Arbeitsplatz (Arbeitsplatznummer 7092), der der Verwendungsgruppe A2, Funktionsgruppe 5 zugeordnet ist.

Die Berechnung der Verwendungszulage stellt sich wie folgt dar:

1.4.1999

 

Einstufung (VWGr.)

A3

Gehaltsstufe

17

nächste Vorrückung (GSt.)

1.1.2001

Gehalt

S 24.526,00

Einstufung auf Grund der Zuordnung des Arbeitsplatzes nach A2

Einstufung (VWGr.)

A2

Gehaltsstufe

17

nächste Vorrückung (Gst.)

1.1.2001

Gehalt

S 34.391,--

...

ad 2)

Ist ein Beamter einer niedrigeren Verwendungsgruppe dauernd mit der Ausübung einer Funktion einer höheren Verwendungsgruppe betraut, gebührt ihm die für diese Funktion in der höheren Verwendungsgruppe vorgesehene Funktionszulage an Stelle der in seiner Verwendungsgruppe vorgesehenen Funktionszulage. Ist jedoch letztere höher, so gebührt sie an Stelle der in der höheren Verwendungsgruppe vorgesehenen Funktionszulage.

Ihre Verwendungszulage sowie Ihre Funktionszulage war daher in dem im Spruch festgesetzten Ausmaß zu bemessen."

Mit Erledigung vom 28. November 2007 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, im Zuge der "Datenmigration bei der Einführung des Personalverrechnungsprogrammes SAP" sei seine Verwendungszulage falsch berechnet worden. Ab dem Kalenderjahr 2007 sei die Funktionszulage der Verwendungsgruppe A2 irrtümlich in der Funktionsstufe 4 zur Berechnung herangezogen worden. Es sei somit vom 1. Jänner bis 30. November 2007 ein Übergenuss in der Höhe von EUR 3.033,80 entstanden. Der Übergenuss werde in Raten von seinen Pensionsbezügen hereingebracht werden.

Hiezu nahm der Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom 31. Dezember 2007 zunächst "zur Vorgeschichte" dahingehend Stellung, da ursprünglich die gesetzliche "Pensions-Hacklerregelung" im Jahr 2007 ausgelaufen wäre, habe er sich zu Beginn des Jahres von der Pensionsberatungsstelle des Bundeskanzleramtes unter Anwendung dieser Regelung beraten lassen. Dies habe ergeben, dass er alle Voraussetzungen im Jahr 2007 erfüllen werde und laut Lohnzettel habe es bereits die höchste Dienstalterszulage und die höchste Funktionsstufe 4, die der Beschwerdeführer erreichen könne, gegeben. Er habe daraufhin seiner Dienststelle mitgeteilt, dass er mit 1. Dezember 2007 auf Grund seiner schlechter werdenden Ruhestandsvoraussetzungen in den Ruhestand übertreten würde.

"Zur gegenständlichen Sache" brachte er weiters vor, er habe im Dezember 2007, also schon in seinem Ruhestand, das Schreiben des Ministeriums erhalten, wonach er einen Übergenuss von EUR 3.033,80 erhalten hätte, der in Raten von seinen Pensionsbezügen hereingebracht würde. Er sei mit dieser Sache "überhaupt nicht einverstanden". Er habe sich auf Grund von verbindlichen Unterlagen von der Pensionsberatungsstelle im Bundeskanzleramt beraten lassen und sich auf dieses Ergebnis verlassen. Er wäre noch nicht in den Ruhestand getreten, wenn die Unterlagen ein Fehlen der noch nicht erreichten Einstufungen aufgezeigt hätten. Aus Erfahrung wisse er, dass sogar die Beratungsstelle auf solche Umstände hinweise. Außerdem sei unterdessen die Hacklerregelung verlängert worden. Er solle jetzt für einen Programmfehler, der anscheinend im Dienstgeberbereich von niemanden durchschaubar gewesen sei, verantwortlich gemacht werden. Durch diesen Fehler sei nicht nur ein Übergenuss entstanden, sondern die Angelegenheit wirke sich nachhaltig auf seine gesamte Ruhestandszeit aus. Da er seine Einstufung nicht erschwindelt habe und wie alle anderen Dienstgeberbeteiligten auf die Rechtmäßigkeit des SAP-Programms vertraut habe, hoffe er, dass die Behörde "die Sache ins Reine bringen" könne. Alles andere wäre für ihn in Bezug auf seinen jetzigen Ruhestandsantritt eine "grobe Abtäuschung".

Hierauf teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit Erledigung vom 23. Jänner 2008 mit, dieser sei seit 1. April 1999 Beamter am X-Museum der Verwendungsgruppe A3, Funktionsgruppe 8, Gehaltsstufe 17, Funktionsstufe 3 mit nächster Vorrückung am 1. Jänner 2001 und mit der (höherwertigen) Leitung der Verwaltung betraut gewesen. Zum 1. April 1999 sei er in der Gehaltsstufe 17 mit nächster Vorrückung am 1. April 2001 gewesen. Daher habe ihm die Funktionszulage in der Funktionsstufe 3 gebührt. Gemäß § 30 Abs. 2 GehG gebühre die Funktionszulage in der Gehaltsstufe 1 bis 9 in der Funktionsstufe 1, in den Gehaltsstufen 10 bis 15 in der Funktionsstufe 2, in den Gehaltsstufen 16 bis 19 (6. Jahr) in der Funktionsstufe 3 und ab der Gehaltsstufe 19 (7. Jahr) in der Funktionsstufe 4. Auf Grund seiner langjährigen Tätigkeit in der Verwaltung, insbesondere als Leiter der Verwaltung, hätte er erkennen müssen, dass ihm die Funktionsstufe 4 nicht gebühre. Von einer Rückforderung der unrechtmäßig ausbezahlten Funktionsstufe 4 der Funktionszulage könne daher nicht abgegangen werden.

Hiezu nahm wiederum der - nunmehr anwaltlich vertretene - Beschwerdeführer dahingehend Stellung, dies sei für ihn in keiner Weise nachvollziehbar, da er völlig überraschend im ersten Pensionsmonat 2007 von diesem Abzug informiert worden sei und daher keine Gegenmaßnahme im Sinne eines späteren Pensionsantrittes mehr habe setzen können. Demgemäß stelle er den Antrag, den gegenständlichen Einbehalt seiner Pensionsbezüge umgehend zur Auszahlung zu bringen, jedenfalls aber bescheidmäßig über den bislang formlos vorgenommenen Einbehalt zu entscheiden.

Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde fest, dass der im Zeitraum 1. Jänner bis 30. November 2007 entstandene Übergenuss in Höhe von EUR 3.033,80 gemäß § 13a Abs. 1 GehG dem Bund zu ersetzen sei. Begründend führte sie unter Darlegung der besoldungsrechtlichen Stellung des Beschwerdeführers zum 1. April 1999 sowie unter Zitierung des § 30 Abs. 2 GehG aus, der Beschwerdeführer sei zum 1. April 1999 in der Gehaltsstufe 17 mit nächster Vorrückung am 1. Jänner 2001 gewesen. Daher habe ihm die Funktionszulage in der Funktionsstufe 3 gebührt. Ab dem Jahr 2007 sei für die Berechnung der Funktionszulage der Verwendungsgruppe A2 "fälschlicher Weise vom System" die Funktionsstufe 4 herangezogen worden. Daher sei in der Zeit vom 1. Jänner bis 30. November 2007 ein Übergenuss in der Höhe von EUR 3.033,80 entstanden. Dieser sei in - näher dargelegten - Raten von den Pensionsbezügen (bis einschließlich Juli 2008) hereingebracht worden.

Weiters führte die belangte Behörde zur Begründung aus (Schreibung im Original):

"Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme es nicht auf das subjektive Wissen des Leistungsempfängers, sondern auf die objektive Erkennbarkeit des Übergenusses (des Irrtums der auszahlenden Stelle an - Theorie der objektiven Erkennbarkeit). Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung klargestellt, dass trotz kontinuierlicher Veränderungen der Gehaltsansätze die Erkennbarkeit eines Übergenusses, der auf eine irrtümliche Einstufung zurückgehe, grundsätzlich zu bejahen sei, weil diese Entwicklung keine unübersehbare sei.

Mit den Angaben auf seinem Gehaltszettel (sowohl die Einstufung als auch die nächste Vorrückung sind in jedem Monat ausgewiesen worden), hätte dem Antragsteller bei einem durchschnittlichen Maß an Sorgfalt eine Divergenz auffallen müssen. Zumindest hätte er an der Rechtmäßigkeit der Bezugshöhe zweifeln müssen. Gutgläubigkeit beim Empfang des Übergenusses könne somit nicht angenommen werden.

Gerade bei einer großen Anzahl von Gehaltsanweisungen sei jedoch das gelegentliche Auftreten von Fehlern (selbst bei größter Sorgfalt) systemimmanent. Gerade die gegenständliche Bestimmung des § 13a GehG, wonach auch bei einem Irrtum der Behörde eine Rückforderung von zu Unrecht empfangenen Übergenüssen unter den genannten Bedingungen zulässig sei, stellt auf das in der Praxis unvermeidliche Auftreten von Fehlern ab.

Für die Beurteilung der Frage, ob dem Empfänger eines Betrages (eines Übergenusses), dessen Zahlung auf einen Irrtum der auszahlenden Stelle zurückgeht, Gutgläubigkeit zuzubilligen ist, kommt es - wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt - nicht auf das subjektive Wissen des Leistungsempfängers, sondern auf die objektive Erkennbarkeit des Übergenusses (des Irrtums der auszahlenden Stelle) an. Demnach ist die Gutgläubigkeit beim Empfang von Übergenüssen schon dann nicht anzunehmen, wenn der Leistungsempfänger - nicht nach seinem subjektiven Wissen, sondern objektiv beurteilt - bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßes an Sorgfalt an der Rechtmäßigkeit der ihm ausbezahlten Leistungen auch nur hätte Zweifel haben müssen.

Darauf, dass allenfalls auch der Antragsteller einer subjektiven Fehleinschätzung seiner besoldungsrechtlichen Stellung erlag, kommt es, nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ebenso wenig an wie auf einen allfälligen guten Glauben beim Verbrauch der zu Unrecht empfangenen Bezüge.

Es ist nicht zu verkennen, dass auf Grund der langjährigen Tätigkeit des Antragstellers in der Verwaltung, insbesondere als Leiter der Verwaltung ein strengerer Maßstab und ein erhöhtes Perzeptionsniveau anzuwenden sei.

Selbst bei einem durchschnittlichen Maß an Sorgfalt bzw. bei dem subjektiven Wissen und der beruflichen Stellung des Antragstellers hätten ihm an der Rechtmäßigkeit des ausgezahlten Betrages Zweifeln lassen bzw. hätte er erkennen müssen, dass ihm die Funktionsstufe 4 nicht gebührt.

Für die Frage, ob die empfangenen Übergenüsse rückgefordert werden können, ist die Situation im Zeitpunkt des erstmaligen Mehrbezuges von Bedeutung, nämlich ob für den Beamten der erstmalige Irrtum der Behörde bei der Anweisung der Bezüge objektiv erkennbar war oder ob er damals bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßes an Sorgfalt Zweifel an der Rechtmäßigkeit der von ihm fortlaufend bezogenen überhöhten Bezüge hätte haben müssen ...

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis, Zl. 2005/12/0224, festgehalten, dass die Geltendmachung des Anspruches auf Rückforderung von Übergenuss durch Abzug von den Bezügen nicht die Erlassung eines Bescheides voraussetzt. Für den Anspruch auf Rückzahlung des Übergenusses besteht keine bestimmte Formvorschrift. Dieser Anspruch kann im Verwaltungsverfahren schriftlich, mündlich oder durch ein sonstiges, dem Beamten erkennbares Verhalten geltend gemacht werden."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem "Recht auf Nichtinanspruchnahme einer Haftung bzw. in seinem Recht auf Unterlassung der Verpflichtung zum Rückersatz mangels Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen verletzt".

Er sieht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides zusammengefasst darin, ihm habe der Irrtum seiner Dienstbehörde nicht auffallen können. Der angefochtene Bescheid enthalte auch keine Feststellungen, die auf eine entsprechende Erkennbarkeit deuteten. Tatsächlich seien ihm keinerlei Lohn- und Gehaltsabrechnungen übermittelt worden, aus denen die konkrete Einstufung samt Vorrückung und die Einordnung in eine bestimmte Funktionsstufe erkennbar gewesen wären. Er habe lediglich im Zuge der bargeldlosen Überweisung seines monatlichen Entgeltes eine Übersicht auf seinem Kontoauszug, auf der bloß die Summe der Grundvergütung und die Verwendungs- sowie Funktionszulage, keinesfalls jedoch eine nachvollziehbare Aufschlüsselung der einzelnen Entgeltbestandteile ersichtlich gewesen wären, erhalten. Bereits aus diesem Grund sei ihm eine objektive Erkennbarkeit eines etwaigen Übergenusses nicht möglich gewesen. Es würde ein "Überziehen der Sorgfaltspflicht des Empfängers bedeuten", den der Behörde unterlaufenen Irrtum als - bei normaler Sorgfalt - objektiv erkennbar zu werten. Abgesehen davon erweise sich die Bestimmung des § 30 GehG als "äußerst komplex". Nach § 30 Abs. 2 GehG gebühre die Funktionszulage ab der Gehaltsstufe 19 in der Funktionsstufe 4 (7. Jahr). Dies führe dazu, dass im gegenständlichen Fall eine Heranziehung der Funktionsstufe 4 durchaus naheliegend erscheine, da der Beschwerdeführer seit 1. April 1999 als Beamter dem X-Museum zugewiesen worden sei, weshalb er vor Überstellung in den Ruhestand im Zuge dieser Tätigkeit sieben Dienstjahre erworben habe. Die Auslegung des § 30 Abs. 2 GehG sei keinesfalls leicht möglich gewesen, sondern habe erhebliche Schwierigkeiten bereitet. Bei Erkennbarkeit der Sachlage hätte der Beschwerdeführer - betreffend seine Versetzung in den Ruhestand - "jedenfalls anders disponiert". Der angefochtene Bescheid enthalte weder eine nachvollziehbare Begründung noch entsprechende Feststellungen hinsichtlich der Frage der objektiven Erkennbarkeit des Übergenusses. Im Übrigen habe die belangte Behörde dem Beschwerdeführer kein Parteiengehör eingeräumt. Sie habe - ohne jegliches Ermittlungsverfahren - den angeblich bezogenen Übergenuss von den Pensionsbezügen des Beschwerdeführers in Abzug gebracht.

Nach § 13a Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. Nr. 54 - GehG, in der Fassung der 15. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. Nr. 109/1966, sind zu Unrecht empfangene Leistungen (Übergenüsse), soweit sie nicht in gutem Glauben empfangen worden sind, dem Bund zu ersetzen.

Gemäß § 30 Abs. 1 erster Satz GehG in der Fassung des Besoldungsreform-Gesetzes 1994, BGBl. Nr. 550, gebührt dem Beamten des Allgemeinen Verwaltungsdienstes eine ruhegenussfähige Funktionszulage, wenn er dauernd mit einem Arbeitsplatz betraut ist, der nach § 137 BDG 1979 einer der nachstehend angeführten Funktionsgruppen zugeordnet ist.

Die Funktionszulage betrug nach dem zweiten Satz des Abs. 1 leg. cit. in der Fassung der 2. Dienstrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 165, im Jahr 2006 für Beamte der Verwendungsgruppe A2, Funktionsgruppe 5 in der Funktionsstufe 3 EUR 547,90, in der Funktionsstufe 4 EUR 958,70.

Nach dem zweiten Satz des § 30 Abs. 1 GehG in der Fassung der Besoldungs-Novelle 2007, BGBl. I Nr. 166/2006, betrug ab 1. Jänner 2007 die Funktionszulage für Beamte der Verwendungsgruppe A2 in der Funktionsgruppe 5, in der Funktionsstufe 3 EUR 560,80 und in der Funktionsstufe 4 EUR 981,20.

Nach § 30 Abs. 2 GehG in der Fassung des Besoldungsreform-Gesetzes 1994 gebühren:

  1. 1. die Funktionsstufe1 in den Gehaltsstufen1 bis9,
  2. 2. die Funktionsstufe2 in den Gehaltsstufen10 bis15,
  3. 3. die Funktionsstufe3 in den Gehaltsstufen16 bis19 (6.Jahr),

    4. die Funktionsstufe 4 ab der Gehaltsstufe 19 (7. Jahr).

    Die vorliegende Beschwerde zieht weder die mangelnde Gebührlichkeit einer Funktionszulage der Verwendungsgruppe A2, Funktionsgruppe 5, in der Funktionsstufe 4 ab 1. Jänner 2007 noch die Höhe des daraus resultierenden Übergenusses für die Monate Jänner bis November 2007 in Zweifel; sie sieht vielmehr die objektive Erkennbarkeit des Irrtums der bezugsauszahlenden Stelle als nicht gegeben.

    Für die Beurteilung der Frage, ob dem Empfänger eines nicht geschuldeten Betrages (eines Übergenusses), dessen Zahlung auf einen Irrtum der auszahlenden Stelle zurückgeht, Gutgläubigkeit zuzubilligen ist, hat es, wie der Verwaltungsgerichtshof seit seinem (noch zur Rechtslage vor der Einfügung des § 13a in das GehG durch die 15. Gehaltsgesetz-Novelle) von einem verstärkten Senat beschlossenen Erkenntnis vom 30. Juni 1965, Zl. 1278/63 = Slg. 6.736/A, in ständiger Rechtsprechung erkennt, nicht auf das subjektive Wissen des Leistungsempfängers, sondern auf die objektive Erkennbarkeit des Übergenusses (des Irrtums der auszahlenden Stelle) anzukommen. Demnach ist die Gutgläubigkeit beim Empfang von Übergenüssen schon dann nicht anzunehmen, wenn der Leistungsempfänger - nicht nach seinem subjektiven Wissen, sondern objektiv beurteilt - bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßes an Sorgfalt an der Rechtmäßigkeit der ihm ausbezahlten Leistungen auch nur hätte Zweifel haben müssen. Erfolgt die Leistung deshalb, weil die Anwendung der Norm, auf Grund derer die Leistung erfolgt, auf einem Irrtum der auszahlenden Stelle beruht, den der Leistungsempfänger weder erkennt noch veranlasst hat, so ist dieser Irrtum nur dann im genannten Sinn objektiv erkennbar (und damit eine Rückersatzverpflichtung schon deshalb zu bejahen), wenn der Irrtum in der offensichtlich falschen Anwendung einer Norm, deren Auslegung keine Schwierigkeiten bereitet, besteht. Andernfalls, also bei einer zwar unrichtigen, aber nicht offensichtlich falschen Auslegung der Norm, ist die objektive Erkennbarkeit zu verneinen, sofern sie nicht durch andere Umstände indiziert wird (vgl. jüngst etwa das hg. Erkenntnis vom 10. September 2009, Zl. 2008/12/0175, mwN; zur objektiven Erkennbarkeit eines Übergenusses im Fall einer "erheblichen Differenz" beim Monatsbezug vgl. das hg. Erkenntnis vom 5. September 2008, Zl. 2005/12/0269).

    Soweit die Beschwerde der Annahme der belangten Behörde entgegentritt, eine objektive Erkennbarkeit sei auf Grund der Angaben auf dem "Gehaltszettel (sowohl die Einstufung als auch die nächste Vorrückung sind in jedem Monat ausgewiesen worden)" gegeben gewesen, kann eine nähere Erörterung dieses Umstandes dahingestellt bleiben, weil dem im vorliegenden Fall keine entscheidende Bedeutung zukommt. So ist zunächst daran zu erinnern, dass dem Beschwerdeführer dessen besoldungsrechtliche Stellung mit dem eingangs genannten Bescheid vom 12. Juli 2002 eingehend auseinandergesetzt worden war. Eingedenk dessen musste dem Beschwerdeführer wie jedem anderen Beamten eine irrtümliche Auszahlung der Funktionsstufe 4 ab 1. Jänner 2007 als offensichtlich unrichtige Anwendung des § 30 Abs. 2 GehG auffallen, weil die Auslegung dieser Norm, die in ihren Z. 3. und 4. durch die jeweiligen Klammerbegriffe Ende bzw. Anfall der Funktionsstufen 3 bzw. 4 noch verdeutlicht, keinerlei Schwierigkeiten bereitet.

    Was nun die Erkennbarkeit des Irrtums in der Auszahlung der Funktionsstufe 4 anstatt der Funktionsstufe 3 (für Beamte der Verwendungsgruppe A2 in der Funktionsgruppe 5) anlangt, waren aus der Sicht eines verständigen Beamten durchaus Zweifel angebracht, weil allein der sich aus der höheren Funktionszulage ergebende Zuwachs (von EUR 547,90 brutto im Jahr 2006 auf EUR 981,20 brutto ab 1. Jänner 2007) mit einer bloß prozentuellen Valorisierung der bezügerechtlichen Ansätze durch die Besoldungs-Novelle 2007 keinesfalls mehr erklärbar war. Dem Beschwerdeführer stand am 1. Jänner 2007 auch keine Dienstalterszulage nach § 29 GehG zu, worauf er sich in seiner Beschwerde auch gar nicht berufen hat; im Übrigen hätte diese auch nur rund EUR 103,-- ausgemacht. Selbst wenn dem Beschwerdeführer anhand seines Kontoauszuges, der dem Beschwerdevorbringen zufolge lediglich die Summe des Gehaltes sowie der Verwendungs- und Funktionszulage auswies, die konkrete Funktionsstufe nicht erkennbar gewesen sein sollte, so war die augenfällige Erhöhung des Bezuges zum 1. Jänner 2007, die allein schon aus der dargestellten Differenz der Funktionsstufe 3 zur Funktionsstufe 4 resultierte, dazu angetan, Zweifel an der Höhe der ab 1. Jänner 2007 liquidierten Bezüge insgesamt und damit aber auch an den Bezugsbestandteilen zu erwecken (vgl. das eingangs zitierte hg. Erkenntnis vom 5. September 2008).

    Da der Beschwerdeführer schon bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßes an Sorgfalt Zweifel an der Rechtmäßigkeit der ihm ausbezahlten Leistungen hätte hegen müssen, war die objektive Erkennbarkeit des Übergenusses gegeben, auf die sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid jedenfalls auch berufen hat. Damit ist keine Aussage darüber getroffen, dass dem Beschwerdeführer ein Übergenuss subjektiv erkennbar war.

    Dass er im Falle einer subjektiven Erkennbarkeit des Übergenusses im Hinblick auf seine Versetzung in den Ruhestand anders disponiert hätte, ändert nichts an der objektiven Erkennbarkeit und an der Rückforderbarkeit des Übergenusses.

    Darauf, dass auch der Beschwerdeführer einer allenfalls subjektiven (nicht vorwerfbaren) Fehleinschätzung (hier:

    Gebührlichkeit der Funktionsstufe 4 ab dem 7. Jahr ab Betrauung mit dem in A 2/5 eingestuften Arbeitsplatz) unterlag, kommt es - wie die belangte Behörde zutreffend ausführte - nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht an (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 28. März 2008, Zl. 2007/12/0038). Im Übrigen hätte der Beschwerdeführer selbst bei Zutreffen seiner verfehlten Auffassung die Funktionsstufe 4 bereits am 1. April 2005 erreicht und nicht erst - wie allerdings gleichfalls irrtümlich von der auszahlenden Stelle angenommen - am 1. Jänner 2007.

    Vor dem Hintergrund der aufgezeigten entscheidungswesentlichen Umstände entbehren die von der Beschwerde vermissten Feststellungen einer Relevanz.

    Der letztlich erhobene Vorwurf der Verletzung des Parteiengehörs erweist sich im Hinblick auf die von der belangten Behörde eingeräumten Möglichkeiten der Stellungnahme als haltlos.

    Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, im Rahmen des Begehrens.

    Wien, am 30. Juni 2010

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