VwGH 2010/07/0147

VwGH2010/07/014726.4.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer, Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, über die Beschwerde des durch die Ö AG vertretenen Bundes, diese vertreten durch die Finanzprokuratur, in 1011 Wien, Singerstraße 17-19, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom 2. Juni 2010, Zl. FA10A-LAS1602/2010-50, betreffend Zäunungsverpflichtung (weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. P A vlg. C in P, 2. I

D vlg. L in P, 3. F E vlg. S in P, 4. F G vlg. L in P, 5. G H vlg. K in P, 6. DI J H vlg. D, 7. E H vlg. D, beide in P, 8. J K vlg. P, 9. B K vlg. P, beide in P, 10. A M vlg. K in P, 11. A M vlg. S in K, 12. S P vlg. G p.A. in G, 13. H R vlg. B, 14. E R vlg. B, beide in P, 15. F S vlg. G, 16. R S vlg. G, beide in P,

17. M S vlg. H in P, 18. F T vlg. E in P), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
EinforstungsLG Stmk 1983 §14 Abs2;
EinforstungsLG Stmk 1983 §21 litf;
EinforstungsLG Stmk 1983 §22 Abs3;
EinforstungsLG Stmk 1983 §49 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WWSGG §1 Abs2;
WWSGG §10;
WWSGG §34 Abs1;
WWSGG §8 Abs1;
AVG §38;
AVG §66 Abs2;
AVG §66 Abs4;
EinforstungsLG Stmk 1983 §14 Abs2;
EinforstungsLG Stmk 1983 §21 litf;
EinforstungsLG Stmk 1983 §22 Abs3;
EinforstungsLG Stmk 1983 §49 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WWSGG §1 Abs2;
WWSGG §10;
WWSGG §34 Abs1;
WWSGG §8 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die mitbeteiligten Parteien sind auf Grundlage der Regulierungsurkunden 1361/1865, 1510/1865 und 955/1869 Weideberechtigte auf näher bezeichneten Grundflächen im Eigentum der beschwerdeführenden Partei ("K"); über einen Teil dieser Flächen führt seit den 70iger Jahren des 19. Jahrhunderts die Kronprinz Rudolf-Bahn (Salzkammergutbahn). Bis zum Jahr 1991 wurde seitens des Bahnbetreibers eine Abzäunung des Bahnkörpers von der angrenzenden Weidefläche vorgenommen.

In diesem Gebiet sind auch andere im Eigentum der beschwerdeführenden Partei stehende Flächen, so z.B. die "K-Alpe", von der Bahntrasse betroffen und mit Weiderechten belastet. Die dort Weideberechtigten begehrten Mitte 1995 die Vorschreibung von Maßnahmen, die eine gefahrlose Ausübung der urkundlich verbrieften Weidenutzungsrechte im Bereich des Bahnkörpers gewährleisteten.

Mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde S (ABB) vom 11. Jänner 1999 wurden die Österreichischen Bundesbahnen verpflichtet, einen viehdichten Weidezaun entlang des Bahnkörpers der Salzkammergutbahn (linksseitig) in einem näher umschriebenen Bereich der K-Alpe zu errichten und zu erhalten.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28. Juli 2000 wurde eine dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Dieser Bescheid wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 16. Dezember 2004, 2003/07/0156, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Der Verwaltungsgerichtshof befasste sich mit der Frage des Bestandes von Einforstungsrechten auf der Bahntrasse bzw. mit der Möglichkeit der Verjährung dieser Rechte seit 1879 (Errichtung der Bahn) und gelangte mit näherer Begründung zur Ansicht, dass erst nach dem Inkrafttreten des Gesetzes LGBl. Nr. 237/1922 in der Steiermark ein Erlöschen von Einforstungsrechten durch Verjährung nicht mehr möglich war. Im Zeitraum davor konnte eine solche Verjährung nach den Regeln des ABGB hingegen sehr wohl stattfinden. Unstrittig sei, dass die Weideausübung auf der Bahntrasse seit der zweiten Hälfte der 70er Jahre des 19. Jahrhunderts bis heute unmöglich sei bzw. gewesen sei. Es sei daher davon auszugehen, dass spätestens 30 Jahre nach dem Beginn des Entzugs des Weidegrundes (auf der Bahntrasse) für die urkundlich eingeräumte Nutzung eine Verjährung dieses Einforstungsrechtes eingetreten sei. Der Bahnkörper selbst sei daher nicht mehr mit Weiderechten belastet. Die Österreichischen Bundesbahnen seien nicht Eigentümer weidebelasteter Grundflächen, und könnten daher auch nicht zur Zaunerhaltung verpflichtet werden.

Mit Eingabe vom 20. März 2006 beantragten die Weideberechtigten des K, die nunmehr mitbeteiligten Parteien, die Neuregulierung ihrer Heimweiderechte gemäß den genannten Regulierungsurkunden, weil sich durch den Wegfall des Bahnzaunes die Verhältnisse geändert hätten. Sie schlugen vor, die beschwerdeführende Partei als Verpflichteter habe entlang des durch das belastete Gebiet führenden Bahnkörpers (von Bahnkilometer 18,782 bis 19,018 linksseitig und Bahnkilometer 19,332 bis 20,279 linksseitig) einen viehdichten Zaun auf eigene Kosten zu erstellen und auf Dauer des Bestandes der Weiderechte zu erhalten.

Mit rechtskräftigem Bescheid vom 4. Dezember 2006 verfügte die ABB die Einleitung des Neuregulierungsverfahrens betreffend die einforstungsberechtigten Liegenschaften der mitbeteiligten Parteien.

In einer Verhandlung vom 8. Mai 2007 ergänzten diese ihren Antrag insofern, als die Zäunungsverpflichtung auch rechtsseitig des Bahnkörpers bestehen solle und von Bahnkilometer 19,8 bis Bahnkilometer 20,0 und zwischen den Privatgrundstücken Nr. 2200 bis zum Grundstück 2320 errichtet werden solle.

Mit Bescheid vom 16. Oktober 2007 wies die ABB den Antrag der mitbeteiligten Parteien ab und begründete dies damit, dass es sich bei der Zaunerrichtung unbestritten um eine Neuregulierungsmaßnahme im Sinne des § 21 lit. f des Steiermärkischen Einforstungs-Landesgesetzes 1983 (StELG) handle. Gemäß § 22 Abs. 3 leg. cit. habe die Kosten für die Zäunung derjenige zu tragen, zu dessen Vorteil sie erfolge. Ein sich aus der Zäunung ergebender Vorteil für die beschwerdeführende Partei sei nicht nachvollziehbar und auch von den Mitbeteiligten nicht behauptet worden. 1879 sei seitens der Berechtigten kein Einwand gegen den Eisenbahnbetrieb erhoben worden. Bei der Abtretung von Grundflächen für den Bahnkörper seien Vereinbarungen mit dem Eisenbahnbetreiber getroffen worden, die eine gefahrlose Weideausübung (z.B. durch Errichtung und Erhaltung von Bahnzäunen) garantiert hätten. Eine Einstellung der Zäunung durch die Österreichischen Bundesbahnen im Jahre 1991 könne daher nicht zu einer Zäunungsverpflichtung der beschwerdeführenden Partei führen. Weil kein Übereinkommen zwischen den Verfahrensparteien zustande gekommen sei, sei der verfahrensgegenständliche Antrag abzuweisen gewesen.

Mit Bescheid vom 26. März 2008 behob die belangte Behörde über Berufung der mitbeteiligten Parteien den Bescheid der ABB gemäß § 66 Abs. 2 AVG und wies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurück.

Dies wurde unter anderem damit begründet, dass die Beseitigung der Störung der Ausübung der Weiderechte durch die Berechtigten nicht erfolgreich betrieben werden könne, sondern es sei ihnen die Beweidung des Restgrundes durch Zäunungsmaßnahmen des Bahnbetreibers bis in die 90iger Jahre des 20. Jahrhunderts ermöglicht und damit die Störung gemildert worden. Verpflichtet zur Ergreifung von Maßnahmen zur Ausübung der Berechtigungen sei jedoch der Verpflichtete, der die Weideausübung auf den urkundlichen Grundstücken zu dulden und damit jegliche Störung zu unterlassen habe. Mit der Veräußerung an die Bahn bzw. durch eine eventuelle Enteignung verursacht, habe der Verpflichtete aber die Ausübung der Weiderechte gestört. Der Eigentümer des verpflichteten Gutes sei somit zu verpflichten, die gefahrlose Weideausübung im gesamten belasteten Gebiet wiederherzustellen, soweit eine Störung im Gegenstande durch die Abtretung des nunmehrigen Bahngrundes hervorgerufen sei. Die Abtretung des Bahngrundes bewirke eine solche Veränderung in den Verhältnissen, dass zur vollen wirtschaftlichen Ausnutzung der Weiderechte eine Änderung der Bestimmungen der Regulierungsurkunden durch Neuregulierung vorzunehmen sei, indem der Verpflichteten die Errichtung und Erhaltung eines Weidezaunes, oder soweit tunlich die Behirtung, zum nunmehrigen Bahngrund aufzutragen sein werde.

Mit Erkenntnis vom 18.März 2010, 2008/07/0108, behob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde. Der Verwaltungsgerichtshof führte Folgendes aus:

"3. Ein Neuregulierungsverfahren bietet die Möglichkeit, adäquat auf geänderte Verhältnisse im Bereich der berechtigten und verpflichteten Liegenschaften zu reagieren und - unter Wahrung der Rechte der Verpflichteten und Berechtigten - eine neue Regelung der Rechte vorzunehmen. Nach § 21 StELG 1983 fällt auch die Neuregelung der Errichtung und Erhaltung von Zäunen, der Beistellung von Hirten und die Ausführung von Verpflockungen in die Kompetenz einer ein Neuregulierungsverfahren durchführenden Behörde.

Die genannten Regulierungsurkunden aus den Jahren 1865 und 1869 wurden vor der Errichtung der Bahn erlassen; die Weideberichtigung umfasste damals auch die spätere Fläche des Bahnkörpers. Aus den im bereits zitierten hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2004 näher dargestellten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verweisen wird, und die gleichermaßen auch für diesen Teil des ursprünglich weidebelasteten Gebietes gelten, verjährte das Recht auf Weideausübung auf der Fläche des Bahnkörpers noch vor dem Jahr 1922. Erst danach hätten Einforstungsrechte nicht mehr verjähren können. Unstrittig ist, dass die Regulierungsurkunden aus den Jahren 1865 und 1869 keine Regelungen über eine Zäunungsverpflichtung enthalten.

4. § 22 Abs. 3 StELG 1983 sieht eine Kostenregelung unter anderem für die in § 21 genannten "Herstellungen" vor, und zwar für den Fall, in dem die Regulierungsurkunde keine Bestimmungen trifft und kein Fall des § 9 Abs. 2 StELG vorliegt. Demnach sind die Kosten auch für die in § 21 lit. f genannten Herstellungen von denjenigen zu tragen, zu deren Vorteil sie erfolgen.

Nach § 14 Abs. 2 StELG 1983 ist Ziel eines Neuregulierungsverfahrens die Gewährleistung der vollen wirtschaftlichen Ausnutzung der bestehenden Nutzungsrechte. Mit der vollen wirtschaftlichen Ausnutzung, auf die in dieser Bestimmung abgestellt wird, ist die Ausnutzung des Nutzungsrechtes bzw. der Gegenleistungen gemeint, die durch die Ergebnisse der Neuregulierung (wieder) gewährleistet werden sollen. Nur in Bezug auf Nutzungsrechte bzw. auf Gegenleistungen kann von einer "vollen wirtschaftlichen Ausnutzung" gesprochen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2008, 2008/07/0136).

Dass die Nutzungsrechte der mitbeteiligten Parteien auf den Grundflächen der beschwerdeführenden Partei nicht voll ausgenützt werden könnten, wurde von den Mitbeteiligten nicht behauptet. Die belangte Behörde äußerte im angefochtenen Bescheid sogar ausdrücklich Zweifel daran, ob wegen des geringen Flächenausmaßes des abgetretenen Bahngrundes im Vergleich zum Ausmaß des belasteten Grundes insgesamt die Durchführung eines Neuregulierungsverfahrens zur Erzielung der vollen wirtschaftlichen Ausnutzung der Einforstungsrechte überhaupt notwendig gewesen wäre.

5. § 22 Abs. 3 StELG 1983 sieht eine umfassende Regelung für die Kostentragung einer im Neuregulierungsverfahren erstmals festzulegenden Zäunungsverpflichtung vor. Ein Sachverhalt nach § 9 Abs. 2 StELG 1983 liegt nicht vor; die Regulierungsurkunden beinhalten keine Bestimmungen über die Kostentragung bei der Herstellung von Zäunen.

§ 22 Abs. 3 StELG 1983 ist daher auf den vorliegenden Fall anzuwenden; daraus folgt aber - zumal die Zäunung (oder Behirtung) nur den mitbeteiligten Parteien, nicht aber der beschwerdeführenden Partei zum Vorteil gereicht - dass die beschwerdeführende Partei zur Kostentragung der Errichtung und Erhaltung der Zäune nicht herangezogen werden kann.

Die Argumentation der belangten Behörde, diese Verpflichtung der beschwerdeführenden Partei entspringe der Verpflichtung des belasteten Grundeigentümers, eine störungsfreie Nutzung des Weiderechtes zu gewährleisten, verfängt nicht. Dies deshalb, weil der Anwendungsbereich des § 22 Abs. 3 StELG 1983 diesfalls in unzulässiger Weise eingeschränkt würde.

Wenn die Agrarbehörde im Zuge eines Neuregulierungsverfahrens die Notwendigkeit einer Herstellung nach § 21 lit. f StELG 1983 erkennt, um die volle wirtschaftliche Ausnutzung des Weiderechtes zu gewährleisten, hat sie diese Maßnahme in Ergänzung oder Änderung der Bestimmungen der Regulierungsurkunde zu verfügen. Ziel einer solchen Maßnahme (bei Weiderechten: nach § 21 leg. cit.) ist es wohl im Regelfall, eine störungsfreie Nutzung des ungeschmälerten Weiderechtes zu gewährleisten. Würde man die Maßnahmen zur Gewährleistung eines störungsfreien Weiderechtes und deren Kostentragung stets dem belasteten Grundeigentümer unter dem Aspekt einer so verstandenen "Garantenstellung" zusprechen, so bliebe für die Anwendung des § 22 Abs. 3 StELG 1983 gar kein Raum.

§ 22 Abs. 3 StELG 1983 trifft bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen (keine Regelung in der Regulierungsurkunde, kein Fall des § 9 Abs. 2 StELG 1983) eine alle Fälle abdeckende Regelung der Kostentragung für die Herstellungen nach § 21 leg. cit. Auch wenn der Verwaltungsgerichtshof die Besonderheit des vorliegenden Falles nicht verkennt, so sieht er ungeachtet dessen keine Möglichkeit, von einer Ausnahme von dieser eindeutigen gesetzlichen Anordnung auszugehen. Daraus folgt aber, dass die der ABB überbundene Rechtsansicht, die beschwerdeführende Partei sei hier zur Kostentragung der Zaunerrichtung und -erhaltung verpflichtet, nicht dem Gesetz entspricht."

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 2. Juni 2010 behob die belangte Behörde anlässlich der Berufung der Mitbeteiligten den Bescheid der ABB vom 16. Oktober 2007 (neuerlich) gemäß § 66 Abs. 2 AVG und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz zurück.

Sie begründete dies damit, dass die Beschwerdeführerin die Verpflichtung zur Abtretung lastenfreien Eigentums an den Bahnbetreiber nach der Aufsandungsurkunde vom 9. März 1879, ob freiwillig oder auf Grund eventuellen gesetzlichen Zwanges, eingegangen sei. Jedenfalls sei der Bahnbetreiber nach dem Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetz (EisbEG) enteignungsberechtigter Unternehmer. Bei der Ermittlung der Entschädigung sei auch auf die Nachteile Rücksicht zu nehmen, die unter anderem Nutzungsberechtigte erleiden und deren Vergütung dem Enteigneten obliege. Nach dessen § 27 könne das Eisenbahnunternehmen, ohne dazu verpflichtet zu sein, die eine oder andere Anlage errichten, wenn dadurch der Anspruch auf Entschädigung erheblich herabgemindert werde.

Nach Ansicht der belangten Behörde könnten die mitbeteiligten Parteien Nutzungsberechtigte nach (gemeint wohl: dem EisbEG) sein. Der seinerzeit errichtete Bahnzaun könnte nicht nur dem Schutz des Bahnbetriebes gedient haben, sondern auch eine Anlage nach § 27 leg. cit. sein, die eine Geldentschädigung zugunsten der Nutzungsberechtigten erheblich gemindert hätte. Gemäß § 48 Abs. 1 EisbEG sei dieses Gesetz nach seinem ursprünglichen Wortlaut bereits am 27. Mai 1878, also zeitlich vor der Abtretung des Bahngrundes durch die Verpflichtete, in Kraft getreten. Als Enteigneter sei nach seinem § 4 Abs. 2 unter anderem jeder anzusehen, dem an einem Gegenstande der Enteignung ein mit dem Eigentümer eines anderen Gegenstandes verbundenes dingliches Recht zustehe. Seit Auflassung des Bahnzaunes sei eine urkundliche Weideausübung auch auf der verbliebenen belasteten Fläche offenkundig ohne zusätzliche Maßnahmen gegen die Gefährdung der Weidetiere durch den Bahnbetrieb, wie die Errichtung von Weidezäunen oder die Beaufsichtigung der Tiere durch Hirten, nicht mehr ohne vermögensrechtliche Nachteile möglich. Die durch die erstinstanzliche Behörde mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Abweisung des Antrags auf Durchführung eines Einforstungsverfahrens erweise sich schon daher als rechtswidrig, weil eine Zäunung oder Behirtung jedenfalls zur vollen wirtschaftlichen Ausnutzung der Einforstungsrechte erforderlich sei.

Im vorliegenden Fall sei daher zu prüfen, ob das Eisenbahnunternehmen verpflichtet sei, die mit dem Eisenbahnbetrieb für den Weidebetrieb einhergehenden vermögensrechtlichen Nachteile aus der Notwendigkeit einer Zaunerrichtung oder Behirtung nach dem EisbEG den Weideberechtigten zu ersetzen. Bejahendenfalls könnte das Eisenbahnunternehmen zur Herabminderung des Entschädigungsanspruchs auch die Ausführung einer Anlage, im Gegenstande beispielsweise die Errichtung und Erhaltung eines Weidezaunes, erklären. Die Klärung der Frage, ob die erforderlichen Maßnahmen zur Abgeltung der vermögensrechtlichen Nachteile aus einem mit dem Eisenbahnbetrieb zusammenhängenden Viehverlust durch den Eisenbahnunternehmer eventuell durch die Errichtung eines Zaunes erbracht würden, müsse zur Durchführung der Neuregulierung in die agrarische Operation miteinbezogen werden. Würde nämlich das Eisenbahnunternehmen einen Weidezaun errichten und erhalten, müsste sich die Neuregulierung nicht gemäß § 21 lit. f StELG auf die Errichtung und Erhaltung von Zäunen in diesem Bereich erstrecken. Die Zuständigkeit der Agrarbehörden zur Verhandlung und Entscheidung dieser Frage sei jedoch gemäß § 49 Abs. 3 lit. c leg. cit. ausgeschlossen.

Für das gegenständliche Verfahren bedeute dies, dass es bis zur rechtskräftigen Klärung jener Frage nicht in der Sache weitergeführt werden könne. Die Parteien des Neuregulierungsverfahrens seien daher im fortgesetzten Verfahren durch die ABB nachweislich aufzufordern, eine rechtskräftige Entscheidung über eine Entschädigung nach dem EisbEG beizubringen und es sei gleichzeitig mit Verfahrensanordnung das Neuregulierungsverfahren bis zum Zeitpunkt der Beibringung auszusetzen, sofern die Angelegenheit zwischen Verpflichteter und den Berechtigten nicht einvernehmlich durch ein genehmigungsfähiges Parteienübereinkommen geregelt werde, oder zur Ausübung der Weiderechte Übergangsverfügungen gemäß § 58 StELG getroffen werden müssten.

Die gänzliche Aufhebung der bisherigen Entscheidung der belangten Behörde durch das umzusetzende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes sei ausschließlich im Hinblick auf die der ABB erster Instanz überbundene Rechtsansicht über die Kostentragung durch den Verpflichteten erfolgt. Sei nach Vorlage der rechtskräftigen Entscheidung über eine Entschädigung nach dem EisbEG als Neuregulierungsmaßnahme im Bahnbereich die Herstellung eines Zaunes und dessen Erhaltung vorzuschreiben, hätten die Kosten dafür die Berechtigten, zu deren Vorteil die Herstellung erfolge, gemäß § 22 Abs. 3 erster Satz StELG zu tragen.

Zur weiteren Durchführung des Neuregulierungsverfahrens erscheine die Durchführung weiterer mündlicher Verhandlungen unvermeidlich, wenn sich das laufende Regulierungsverfahren auf die Errichtung und Erhaltung von Zäunen bzw. die Beistellung von Hirten zu erstrecken habe. In diesem Fall könne die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Die mitbeteiligten Parteien erstatteten ebenfalls eine Gegenschrift, in der sie beantragten, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den bei ihr in Berufung gezogenen Bescheid der ABB (neuerlich) gemäß § 66 Abs. 2 AVG auf.

Hat die Berufungsbehörde den erstinstanzlichen Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Bescheiderlassung an die Behörde erster Instanz zurückverwiesen, so kann ein solcher Bescheid eine Rechtsverletzung dadurch bewirken, dass die Berufungsbehörde entweder von der Regelung des § 66 Abs. 2 AVG zu Unrecht Gebrauch gemacht und keine Sachentscheidung erlassen hat, oder von einer für die betroffene Partei nachteiligen, jedoch für das weitere Verfahren bindenden unrichtigen Rechtsansicht ausgegangen ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 22. April 2010, 2008/07/0099 und vom 16. September 1999, Zl. 98/07/0066). Die Unterbehörde ist nämlich im fortgesetzten Verfahren bei unveränderter Rechtslage und Sachlage an die von der Berufungsbehörde in einem gemäß § 66 Abs. 2 AVG behebenden und die Angelegenheit zurückverweisenden Bescheid geäußerte, für die Behebung maßgebende Rechtsansicht gebunden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. März 2010, 2008/07/0108, mwN).

2. Die Beschwerdeführerin wäre daher durch den nun angefochtenen Bescheid dann in Rechten verletzt, wenn die belangte Behörde von einer für sie nachteiligen, für das weitere Verfahren bindenden, unrichtigen Rechtsansicht ausgegangen wäre oder wenn die belangte Behörde zu Unrecht von der Regelung des § 66 Abs. 2 AVG Gebrauch gemacht und keine Sachentscheidung erlassen hätte.

2.1. Im nunmehr angefochtenen Bescheid begründete die belangte Behörde ihre Vorgangsweise damit, dass noch zu klären sei, ob "eventuell" der Eisenbahnunternehmer durch die Errichtung eines Zaunes "die erforderlichen Maßnahmen zur Abgeltung der vermögensrechtlichen Nachteile aus einem mit dem Eisenbahnbetrieb zusammenhängenden Viehverlust" erbringen würde; dies auf Grundlage des § 27 EisbEG. Ergäbe die Klärung dieser Frage die Bereitschaft des Eisenbahnunternehmens zur Errichtung und Erhaltung des Weidezauns, müssten sich die Neuregulierungsmaßnahmen nicht auf die Errichtung und Erhaltung von Zäunen in diesem Bereich erstrecken. Dementsprechend seien von der ABB weitere Schritte zur Klärung dieser Frage zu treffen.

Selbst wenn in diesen, die Aufhebung tragenden Ausführungen eine für das weitere Verfahren bindende Rechtsansicht läge, wäre sie nicht geeignet, Rechte der Beschwerdeführerin als verpflichtete Partei des Neuregulierungsverfahrens zu verletzen. Im an die Erstbehörde erteilten Auftrag zur Klärung des genannten Aspektes geht es nicht um die Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Zaunerrichtung sondern allein um die "eventuelle" Errichtung und Erhaltung des Zaunes durch das Eisenbahnunternehmen.

Dass die belangte Behörde keine Absicht hatte, die Beschwerdeführerin (neuerlich) in die Pflicht zu nehmen, zeigt sich auch in den Ausführungen im vorletzten Absatz der Begründung des angefochtenen Bescheides. Dort wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 2010, 2008/07/0108, verwiesen und zutreffenderweise zum Ausdruck gebracht, dass der Verwaltungsgerichtshof die damals überbundene Rechtsansicht über die Verpflichtung der Kostentragung durch die Beschwerdeführerin als rechtswidrig erachtet und den Bescheid aus diesem Grund aufgehoben habe. Die belangte Behörde vertrat nun die Ansicht, dass dann, wenn nach Vorlage der ihres Erachtens noch ausstehenden Klärung der obgenannten Frage dennoch eine Neuregulierungsmaßnahme im Bahnbereich notwendig sein und in der Herstellung eines Zaunes bestehen sollte, die Kosten von den "Berechtigten, zu deren Vorteil die Herstellung erfolgt", das sind die Mitbeteiligten, gemäß § 22 Abs. 3 erster Satz StELG zu tragen wäre. Von einer denkbaren Verpflichtung der Beschwerdeführerin ist auch hier nicht die Rede.

Die Beschwerdeführerin meinte weiters, die belangte Behörde habe die Bindungswirkung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes nach § 63 VwGG verletzt. Nun lag aber in Bezug auf die Beschwerdeführerin die bindend geäußerte Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofs im zitierten Erkenntnis darin, dass diese auf der Grundlage des § 22 Abs. 3 erster Satz StELG nicht zur Kostentragung für die Errichtung und Erhaltung des Zaunes herangezogen werden kann. Dem hier angefochtenen Bescheid ist nichts Gegenteiliges zu entnehmen.

Die Beschwerdeführerin wurde daher durch diesen Teil der tragenden Begründung des angefochtenen Bescheides in keinen Rechten verletzt.

2.2. Die Erstbehörde hatte mit Bescheid vom 16. Oktober 2007 die Anträge der Mitbeteiligten auf Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Zaunerrichtung abgewiesen und damit materiell das Neuregulierungsverfahren ohne Veränderung der rechtlichen Grundlagen abgeschlossen.

Die belangte Behörde meinte im nunmehr angefochtenen Bescheid, seit Auflassung des Bahnzaunes sei eine urkundliche Weideausübung auch auf der verbliebenen belasteten Fläche offenkundig ohne zusätzliche Maßnahmen gegen die Gefährdung der Weidetiere durch den Bahnbetrieb nicht mehr ohne vermögensrechtliche Nachteile möglich. Die durch die Erstbehörde vorgenommene Abweisung des Antrags auf Durchführung eines Einforstungsverfahrens erweise sich schon deshalb als rechtswidrig, weil eine Zäunung oder Behirtung jedenfalls zur vollen wirtschaftlichen Ausnutzung der Einforstungsrechte erforderlich sei.

Die Beschwerdeführerin meint nun, die belangte Behörde habe den Gegenstand des Verfahrens verkannt und ohne erkennbare neue Ermittlungsergebnisse und entgegen ihren früheren Annahmen nun die Ansicht vertreten, es sei eine Zäunung oder Behirtung jedenfalls zur vollen wirtschaftlichen Ausnutzung der Einforstungsrechte erforderlich. Nun hätten aber - dies habe auch der Verwaltungsgerichtshof festgestellt - die Mitbeteiligten gar nicht behauptet, dass ihre Nutzungsrechte auf den Grundflächen der beschwerdeführenden Partei nicht voll ausgenützt werden könnten und es habe die belangte Behörde im vorigen Rechtsgang sogar ausdrücklich Zweifel daran geäußert, ob wegen des geringen Flächenausmaßes des abgetretenen Bahngrundes im Vergleich zum Ausmaß des belasteten Grundes insgesamt die Durchführung eines Neuregulierungsverfahrens zur Erzielung der vollen wirtschaftlichen Ausnutzung der Einforstungsrechte überhaupt notwendig gewesen wäre.

2.2.1. § 14 StELG regelt den Gegenstand und den Umfang der Neuregulierung und hat folgenden (auszugsweisen) Wortlaut:

"§ 14. (1) Die Neuregulierung hat sich auf den im § 12 bezeichneten Grundlagen auf die näheren Bestimmungen über Ort, Zeit, Ausmaß und Art der Nutzungen und der Gegenleistungen zu erstrecken.

(2) Sie bezweckt im Rahmen des nach § 12 festgesetzten Ausmaßes der Nutzungsrechte die Ergänzung oder auch Änderung der Bestimmungen der Regulierungsurkunden, soweit sie mangelhaft oder lückenhaft sind oder soweit die seit der Regulierung eingetretenen Veränderungen in den Verhältnissen eine solche Ergänzung oder Änderung nach den Bedürfnissen des berechtigten oder verpflichteten Gutes zur Erzielung ihrer vollen wirtschaftlichen Ausnutzung erfordern.

(3) …."

Das Neuregulierungsverfahren - zur Notwendigkeit seiner Durchführung in Folge der Bindungswirkung eines Bescheides der belangten Behörde vom 23. April 1997 wird auf das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2004, 2003/07/0156, verwiesen - wurde rechtskräftig eingeleitet. Das derzeitige Verfahrensstadium betrifft dessen inhaltliche Entscheidung.

2.2.2. Die belangte Behörde ging nun (im zweiten Absatz der Seite 9) zum einen davon aus, dass die Nutzungsrechte "offenkundig" ohne zusätzliche Maßnahmen nicht ohne vermögensrechtliche Nachteile ausgeübt werden könnten. Sie könnten daher wirtschaftlich nicht voll ausgenutzt werden. Dazu sei "jedenfalls" eine Zäunung oder Behirtung erforderlich.

Die Rechtsansicht, es läge generell die rechtliche Voraussetzung für die Vornahme von Maßnahmen zur Gewährleistung der vollen Ausnutzung der Nutzungsrechte vor, bindet die Behörde im nachfolgenden Verfahren.

Die diesbezüglichen Ausführungen im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 2010, 2008/07/0108, bildeten den Stand der damaligen Erklärungen der Mitbeteiligten bzw. der Annahmen der belangten Behörde vor dem Hintergrund der einschlägigen Rechtsprechung ab. Der Verwaltungsgerichtshof brachte auch zum Ausdruck, dass Neuregulierungsmaßnahmen nur insoweit Platz greifen könnten, "um die volle wirtschaftliche Ausnutzung des Weiderechtes zu gewährleisten." Weitere rechtlich verbindliche Aussagen finden sich im Vorerkenntnis vom 18. März 2010 in diesem Zusammenhang aber nicht, weil die damals von der belangten Behörde getroffene rechtliche Beurteilung, wonach die Beschwerdeführerin zur Zaunerrichtung zu verpflichten gewesen sei, sich - ungeachtet der Frage, ob alle Voraussetzungen für Neuregulierungsmaßnahmen vorlagen - auf jeden Fall als rechtwidrig erwies.

Das Neuregulierungsverfahren ist ergebnisoffen, dh. die Behörde hat die ihrer Ansicht nach geeigneten Maßnahmen zur Gewährleistung der vollen wirtschaftlichen Ausnutzung der Nutzungsrechte zu treffen und ist diesbezüglich auch nicht an Anträge von Verfahrensparteien gebunden. Auch wenn durch die bisherigen Rechtsgänge geklärt ist, dass die Beschwerdeführerin nicht auf der Rechtsgrundlage des § 22 Abs. 3 StELG zur Kostentragung für einen allenfalls zu errichtenden Zaun herangezogen werden kann, so erscheint es auch denkmöglich, dass andere Maßnahmen (als eine Zaunerrichtung) das Ergebnis des Neuregulierungsverfahrens darstellen und dass die Beschwerdeführerin als Eigentümerin der belasteten Grundstücke auch in anderer Weise in die Pflicht genommen würde. Die mit dem angefochtenen Bescheid (auch) überbundene rechtliche Wertung, wonach die mangelnde Gewährleistung der vollen wirtschaftlichen Ausnutzung der bestehenden Nutzungsrechte vorliege, ist daher geeignet, Rechte der Beschwerdeführerin als verpflichtete Grundeigentümerin zu berühren.

Dieser Rechtsansicht fehlt es aber an einer nachvollziehbaren Begründung. So bleibt offen, wieso seit Auflassung des Bahnzaunes eine urkundliche Weideausübung auch auf der verbliebenen belasteten Fläche "offenkundig" ohne zusätzliche Maßnahmen gegen die Gefährdung der Tiere durch den Bahnbetrieb nicht mehr "ohne vermögensrechtliche Nachteile" möglich sei. Zur Beurteilung der Frage, ob die volle wirtschaftliche Ausnutzung der Nutzungsrechte trotz Änderung der Verhältnisse möglich ist, wären aber angesichts der von der belangten Behörde im zweiten Rechtsgang selbst dargestellten Zweifel wegen des geringen Flächenausmaßes des abgetretenen Bahngrundes im Vergleich zum Ausmaß des belasteten Grundes näher begründete Feststellungen über das Ausmaß und die Deckungsmöglichkeit der Nutzungsrechte und der Bedürfnisse des berechtigten und des verpflichteten Gutes zu treffen gewesen.

Die nicht näher begründete, rechtlich bindende Annahme der belangten Behörde, es sei die volle wirtschaftliche Ausnutzung der Nutzungsrechte nicht gewährleistet, verletzte daher Rechte der Beschwerdeführerin.

2.3. Die belangte Behörde brachte im angefochtenen Bescheid einen bisher noch nicht in Rede stehenden Aspekt, nämlich den der Kostentragung durch das Eisenbahnunternehmen nach § 27 EisbEG, ins Spiel.

Die Beschwerdeführerin meint in diesem Zusammenhang, die belangte Behörde habe durch die Überlegung einer Kostentragung oder Verpflichtung zur Setzung einer Maßnahme durch das Eisenbahnunternehmen die Sache des Verfahrens überschritten, weil der verfahrenseinleitende Antrag auf Verpflichtung der Beschwerdeführerin zur Zäunung im Rahmen eines Neuregulierungsverfahrens gelautet habe.

Diesem Vorwurf kann nicht gefolgt werden. Es trifft zwar zu, dass die Mitbeteiligten mit Eingabe vom 20. März 2006 bzw. mit Ergänzung vom 8. März 2007 beantragten, eine Neuregulierung ihrer Heimweiderechte in der Form durchzuführen, die beschwerdeführende Partei zur Errichtung eines viehdichten Zaunes zu verpflichten. Die Beschwerdeführerin übersieht aber, dass nach § 49 Abs. 1 StELG eine Einleitung eines Einforstungsverfahrens allgemein erfolgt. Ob eine Neuregulierung, Regulierung oder Ablösung durchzuführen ist, wird von der Agrarbehörde auf Grund der Ergebnisse ihrer Erhebungen und Verhandlungen bestimmt.

Die Agrarbehörde ist im Zuge eines Neuregulierungsverfahrens daher nicht an den Antrag der das Neuregulierungsverfahren initiierenden Parteien gebunden, sondern kann losgelöst davon auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens Neuregulierungsmaßnahmen treffen. Der belangten Behörde war es daher nicht grundsätzlich untersagt, den von ihr nun als maßgeblich erachteten Aspekt in die Überlegungen des Neuregulierungsverfahrens einzubeziehen.

3. Eine Verletzung von subjektiven Rechten der Partei durch die Zurückverweisung nach § 66 Abs. 2 AVG liegt auch dann vor, wenn die Berufungsbehörde mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen von der Regelung des § 66 Abs. 2 AVG zu Unrecht Gebrauch gemacht und keine Sachentscheidung im Sinn des § 66 Abs. 4 AVG erlassen hat.

3.1. Die Verfahrensparteien haben einen Rechtsanspruch darauf, dass die Berufungsbehörde nur dann von der Ermächtigung zur Zurückverweisung Gebrauch macht, wenn auch die gesetzlich dafür vorgegebenen Voraussetzungen erfüllt sind; durch die unrichtige Anwendung des § 66 Abs. 2 AVG werden sie in ihrem Recht auf Sachentscheidung durch die Berufungsbehörde verletzt (vgl. unter vielen die hg. Erkenntnisse vom 21. März 1994, 94/10/0043 und vom 28. Februar 2006, 2003/06/0035).

Nur Mängel der Sachverhaltsfeststellung - das heißt im Tatsachenbereich und nicht auch in der Frage der rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhalts - geben der Berufungsbehörde die Möglichkeit, von der Ermächtigung des § 66 Abs. 2 AVG Gebrauch zu machen, den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Unterinstanz zurückzuverweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 1994, 91/06/0074).

Einem zurückverweisenden Bescheid im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG muss entnommen werden können, welche Mängel bei der Feststellung des maßgebenden Sachverhalts im Verfahren vor der Unterbehörde unterlaufen und im Wege der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung zu beheben sind. Das bloße Auftauchen von Vorfragen als solches ist von § 66 Abs. 2 AVG tatbestandsmäßig nicht erfasst und berechtigt die Berufungsbehörde daher für sich alleine nicht zur Zurückverweisung im Sinne dieser Gesetzesstelle (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 20. Oktober 1992, 90/08/0116 und vom 12. Juni 1981, 3395/80).

3.2. Soweit erkennbar, geht die belangte Behörde von einer Vorfragensituation aus, die ihres Erachtens im Verfahren vor der ABB zu klären sei. So heißt es im angefochtenen Bescheid, dass das Verfahren bis zur rechtskräftigen Klärung jener Frage (nämlich ob die erforderlichen Maßnahmen zur Abgeltung der vermögensrechtlichen Nachteile aus einem mit dem Eisenbahnbetrieb zusammenhängenden Viehverlust durch den Eisenbahnunternehmer eventuell durch die Errichtung eines Zaunes erbracht werden) nicht in der Sache weitergeführt werden könne; die Parteien des Neuregulierungsverfahrens seien im fortgesetzten Verfahren durch die ABB nachweislich aufzufordern, eine rechtskräftige Entscheidung über eine Entschädigung nach dem EisbEG beizubringen und sei gleichzeitig mit Verfahrensanordnung das Neuregulierungsverfahren bis zum Zeitpunkt der Beibringung auszusetzen.

Offenbar schwebte der belangten Behörde, auch wenn sie nicht ausdrücklich darauf hinwies, eine Vorfragensituation nach § 38 AVG vor. Als Vorfrage wäre zu klären, ob der Eisenbahnbetreiber auf Grundlage des EisbEG als Teil der Entschädigung für die Enteignung Maßnahmen setzen würde. Diesbezüglich wäre - offenbar nach § 49 Abs. 3 StELG - keine Zuständigkeit der Agrarbehörde gegeben.

Es kann dahin stehen, ob tatsächlich eine Vorfrage nach § 38 AVG vorliegt oder nicht.

Wäre dies der Fall, so erwiese sich die Vorgangsweise der belangten Behörde deshalb als rechtswidrig, weil das Auftauchen einer Vorfrage nach der oben wiedergegebenen Rechtsprechung nicht als Rechtfertigung für ein Vorgehen nach § 66 Abs. 2 AVG herangezogen werden kann.

Läge aber keine Vorfrage nach § 38 AVG vor, so ist ebenfalls nicht erkennbar, aus welchen Gründen die belangte Behörde gehindert wäre, die aufgeworfene Frage aus eigenem zu prüfen und zu klären.

Auf die rechtliche Tragfähigkeit der hinter der von der belangten Behörde angenommenen "Vorfrage" stehenden Überlegungen war im vorliegenden Zusammenhang nicht näher einzugehen.

3.3. Weiters heißt es im angefochtenen Bescheid, sollte sich das laufende Neuregulierungsverfahren doch auf die Errichtung und Erhaltung von Zäunen bzw. die Beistellung von Hirten zu erstrecken haben, erscheine die Durchführung weiterer mündlicher Verhandlungen unvermeidlich.

Auch diese Argumentation erscheint ohne weitere Begründung nicht nachvollziehbar, weil genau für diesen Fall die Kostentragung durch die mitbeteiligten Parteien und nicht durch die Beschwerdeführerin auf Grundlage des § 22 StELG im Neuregulierungsverfahren bereits durch den Verwaltungsgerichtshof in seinem Vorerkenntnis bindend festgestellt wurde.

Aus welchem Grund es in diesem Fall zwingend notwendig wäre, eine weitere mündliche Verhandlung in erster Instanz durchzuführen und weshalb sich möglicherweise offene Fragen nicht im Berufungsverfahren klären ließen, geht aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ebenfalls nicht hervor.

Daraus folgt, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 66 Abs. 2 AVG nicht vorgelegen sind; der angefochtene Bescheid erweist sich unter diesem Aspekt als inhaltlich rechtswidrig.

3. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 26. April 2012

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