VwGH 94/10/0043

VwGH94/10/004321.3.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Waldner und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, in der Beschwerdesache der H-Gesellschaft m.b.H. in A, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 19. Jänner 1994, Zl. 18.125/01-IA8/94, betreffend Behebung und Zurückverweisung gemäß § 66 Abs. 2 AVG (Feststellung nach § 51 des Forstgesetzes 1975), den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §66 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
AVG §66 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem gegenüber der F-Gesellschaft m.b.H. (im folgenden: F-GmbH) erlassenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 10. Jänner 1992 wurde festgestellt, daß die F-GmbH Inhaber jener Hühneraufzuchtanlage sei, die eine Gefährdung der Waldkulturen im Bereich näher bezeichneter Waldgrundstücke verursache. Die Behörde stützte sich dabei auf § 5 Abs. 1 lit. b Z. 3 der zweiten Verordnung gegen forstschädliche Luftverunreinigungen, BGBl. Nr. 199/1984 und (der Sache nach) auf § 51 Abs. 1 Forstgesetz 1975 (ForstG).

Gegen diesen Bescheid erhob die F-GmbH Berufung.

Der Spruch des an die Beschwerdeführerin, die H-Gesellschaft m.b.H. (im folgenden H-GmbH), gerichteten Bescheides des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 17. November 1993 lautet:

"Auf Grund der Berufung der F-GesmbH gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 10. Jänner 1992, 14-H-86133, wird der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit zur neuen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde erster Instanz rückverwiesen."

Begründend vertrat die Behörde (zusammengefaßt) die Auffassung, nach dem Inhalt der forstfachlichen Gutachten sei der Schluß auf die Schädigung eines ganzen Waldgebietes nicht zulässig. Weiters legte die Behörde folgendes dar:

"Davon abgesehen war zu berücksichtigen, daß die Partei dieses Verfahrens seit der Konkurseröffnung über die F-GmbH nicht mehr existiert. In einem neuen Verfahren werden daher erneut die Immissionsgrenzwerte festzustellen sein, für die der neue Inhaber des Geflügelhofes verantwortlich ist."

Gegen diesen Bescheid erhob die H-GmbH Berufung an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft.

Dieser wies mit dem angefochtenen Bescheid die Berufung der Beschwerdeführerin "gemäß § 51 Abs. 1 in Verbindung mit § 170 Abs. 7 und § 182 Abs. 2 des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440 idF BGBl. Nr. 257/1993 sowie § 66 Abs. 4 AVG" ab. Begründend führte die belangte Behörde unter anderem aus, dem Bescheid der ersten Instanz lägen in den Jahren 1985 bzw. 1988 durchgeführte Messungen zugrunde. Einem nach § 51 Abs. 1 ForstG erlassenen Bescheid sei der zum Zeitpunkt seiner Erlassung maßgebende Sachverhalt zugrunde zu legen. Der Bescheid der ersten Instanz sei im Jänner 1992 ohne Bedachtnahme auf die damals maßgebende Sachlage ergangen; die Behebung sei daher zu Recht erfolgt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde der H-GmbH. Diese erachtet sich insbesondere in ihrem Recht verletzt, nicht ohne Vorliegen der Voraussetzungen in ein Verfahren nach dem Forstgesetz gezogen zu werden, sowie in ihrem Recht darauf, daß nicht entgegen der gemäß § 66 AVG zwingend gebotenen Sachentscheidung in Form einer Stattgebung "ihres" primären Berufungsantrages (Bescheidabänderung im Sinne einer Verfahrenseinstellung) eine Aufhebungsentscheidung mit Zurückverweisung der Sache an die Behörde erster Instanz im Sinne des Abs. 2 leg. cit. erfolge. In Ausführung dieser Beschwerdepunkte bringt die Beschwerde vor, der erstinstanzliche Bescheid sei gegenüber der F-GmbH erlassen worden; diese habe auch Berufung erhoben. Über das Eigentum der F-GmbH sei der Konkurs eröffnet worden; die Konkursmasse sei nach wie vor Eigentümer des in Rede stehenden Betriebes. Der Betrieb sei der Geflügelhof FM-GmbH "übertragen" worden. Die Beschwerdeführerin sei Gesellschafter der letztgenannten Gesellschaft. Der Begründung des Behebungsbescheides und des angefochtenen Bescheides könne nicht entnommen werden, weshalb diese gegenüber der Beschwerdeführerin erlassen worden seien, obwohl sie geltend gemacht habe, daß sie nicht Inhaber des Betriebes im Sinne des § 51 ForstG und als bloße Gesellschafterin der betreibenden GmbH nicht im Sinne des Forstgesetzes verantwortlich sei. Die Beschwerdeführerin werde dadurch, daß der angefochtene Bescheid - ebenso wie schon der Behebungsbescheid des Landeshauptmannes - ausdrücklich an sie gerichtet sei, in das Verfahren "hineingezogen". Sie sei daher aus Diligenzgründen genötigt und müsse auch als berechtigt angesehen werden, den Bescheid zu bekämpfen.

Die Beschwerde ist unzulässig, weil die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiven Recht nicht verletzt sein kann. Der angefochtene, die Berufung gegen den Behebungsbescheid abweisende Bescheid der belangten Behörde ist inhaltlich als Erlassung eines mit dem Behebungsbescheid der zunächst angerufenen Berufungsbehörde übereinstimmenden neuen Bescheides zu werten. Die Zulässigkeit der Beschwerde unter dem Gesichtspunkt der Rechtsverletzungsmöglichkeit hängt somit davon ab, ob die H-GmbH durch einen gemäß § 66 Abs. 2 AVG erlassenen, das gegenüber der F-GmbH gemäß § 51 ForstG geführte Verfahren betreffenden Bescheid in ihren Rechten verletzt sein kann.

Durch einen nach § 66 Abs. 2 AVG ergangenen, den erstinstanzlichen Bescheid behebenden und die Angelegenheit an die Behörde erster Instanz verweisenden Bescheid kann die Partei (des Verwaltungsverfahrens) einerseits im Recht verletzt werden, daß die Berufungsbehörde von der Regelung des § 66 Abs. 2 AVG mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen zu Unrecht Gebrauch gemacht und keine Sachentscheidung erlassen hat, aber auch dadurch, daß die Berufungsbehörde von einer für die Partei nachteiligen, jedoch für das weitere Verfahren bindenden unrichtigen Rechtsansicht ausgegangen ist (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom 12. Februar 1991, Zl. 89/07/0195, und vom 26. September 1991, Zlen. 91/09/0103-0106).

Beides kommt in Ansehung der Beschwerdeführerin nicht in Betracht. Diese war nicht Partei des gemäß § 51 ForstG geführten Verfahrens in erster Instanz; nach ihren eigenen Darlegungen und den Sachverhaltsannahmen des angefochtenen Bescheides sowie des Behebungsbescheides des Landeshauptmannes liegt auch kein Anhaltspunkt für eine Rechtsnachfolge in die Parteistellung vor. Der Beschwerdeführerin kam somit kein Recht auf Sachentscheidung in dem gemäß § 51 ForstG geführten Verwaltungsverfahren zu, weil sie nicht Partei dieses Verfahrens war. Die Beschwerdeführerin macht auch gar nicht geltend, daß sie selbst in ihrem Recht auf Sachentscheidung verletzt worden wäre; soweit sie die Auffassung vertritt, die Behörde hätte das gegenüber der F-GmbH gemäß § 51 ForstG geführte Verfahren einstellen müssen, weil deren Betrieb nicht als "verursachende Anlage" im Sinne der zitierten Vorschrift in Betracht käme, ist kein Sachverhalt ersichtlich, auf dessen Grundlage die Beschwerdeführerin zur Geltendmachung eines entsprechenden Rechtes der F-GmbH bzw. von deren Nachfolger in die Parteistellung legitimiert wäre.

Ebensowenig ist dem angefochtenen Bescheid eine für das weitere Verfahren bindende Rechtsansicht zu entnehmen, die für die Beschwerdeführerin nachteilig wäre. Insbesondere enthält der angefochtene Bescheid - wie schon der Behebungsbescheid des Landeshauptmannes - keine Sachverhaltsfeststellung, aus der abgeleitet werden könnte, daß die Beschwerdeführerin als Inhaber einer Anlage im Sinne des § 51 Abs. 1 ForstG in Betracht käme. Durch den angefochtenen Bescheid werden gegenüber der Beschwerdeführerin keinerlei Anordnungen oder Feststellungen getroffen bzw. Rechte gestaltet. Es kann daher auch nicht davon gesprochen werden, daß die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid "in ein Verfahren hineingezogen" werde. Für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin ist es - ungeachtet des Umstandes, daß die Erlassung des Behebungsbescheides ihr gegenüber mangels einer Sachverhaltsfeststellung, aus der sich die Rechtsnachfolge in die Parteistellung der F-GmbH ergeben hätte, verfehlt war - ohne Bedeutung, ob der angefochtene Bescheid aufgehoben wird oder aufrecht bleibt. Sie kann durch den angefochtenen Bescheid in keinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt werden. Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

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