VwGH 2010/06/0084

VwGH2010/06/008423.6.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde 1. des Dr. J K und 2. der C K, beide in B, beide vertreten durch Lindner & Rock Rechtsanwälte OEG in 8043 Graz, Mariatrosterstraße 87a, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 24. Februar 2010, Zl. 205-07/242/4- 2010, betreffend eine Baubewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. E

H in X, 2. H N in X, 3. M B, 4. A K, beide in X, 5. G F in B,

6. Gemeinde X), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauPolG Slbg 1997 §9 Abs1 Z2a;
BauPolG Slbg 1997 §9 Abs1 Z6;
BauRallg;
AVG §8;
BauPolG Slbg 1997 §9 Abs1 Z2a;
BauPolG Slbg 1997 §9 Abs1 Z6;
BauRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat den Beschwerdeführern zusammen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 28. Februar 1996 beantragten die Beschwerdeführer (kurz: Bauwerber) die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses mit 12 Wohneinheiten auf einem Grundstück im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde, verbunden mit dem Begehren um Bewilligung der Unterschreitung des Mindestabstandes zu einem bestimmten Grundstück. Die erst- bis fünftmitbeteiligten Parteien erhoben Einwendungen gegen das Vorhaben. Der Bürgermeister erteilte mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 10. Juli 1997 die angestrebten Bewilligungen und erachtete die Einwendungen als unberechtigt. Dagegen erhoben die erst- bis fünftmitbeteiligten Parteien Berufungen.

Mit Berufungsbescheid der Gemeindevertretung (erst) vom 10. August 2009 wurde infolge dieser Berufungen der erstinstanzliche Bescheid dahin abgeändert, dass die beantragte baubehördliche Bewilligung versagt werde. Dies wurde damit begründet, dass die Bauplatzerklärung vom 28. Februar 1996 mit Ablauf des 14. März 2006 erloschen sei, sodass es an einer Voraussetzung für die Erteilung der Baubewilligung mangle.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Vorstellung der Bauwerber abgewiesen; sie teilte die Auffassung der Berufungsbehörde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführer rügen, das gemeindebehördliche Verfahren sei mangelhaft geblieben, weil die Berufungsbehörde sie nicht darauf aufmerksam gemacht habe, dass die Bauplatzerklärung erlösche. Allerdings sei bereits mit 16. Juni 2008 ein neuerlicher Antrag auf Bauplatzerklärung eingebracht worden, dieser wäre von der Berufungsbehörde zu berücksichtigen gewesen (eine positive Entscheidung hierüber wird nicht behauptet).

Die Berufung ist im Ergebnis berechtigt:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A, uva.).

Der Verwaltungsgerichtshof hat im genannten Erkenntnis vom 3. Dezember 1980 zu § 66 Abs. 4 AVG 1950 ausgesprochen, in Fällen eines eingeschränkten Mitspracherechtes einer Partei ergebe sich daraus nicht, dass auf Grund der von ihr eingebrachten Berufung über den Themenkreis hinausgegangen werden könne, in dem sie mitzuwirken berechtigt sei. Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG 1950 sei ausschließlich jener Bereich, in welchem dem Berufungswerber ein Mitspracherecht zustehe. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt weiterhin in ständiger Rechtsprechung diese Auffassung in Bezug auf den Nachbarn im Baubewilligungsverfahren (vgl. Hauer, Der Nachbar im Baurecht6, S 168f; siehe dazu aus jüngerer Zeit beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2010, Zl. 2008/06/0172).

Die Berufungsbehörde hat über Rechtsmittel von Nachbarn entschieden und hat dabei den Umstand aufgegriffen, dass die Bauplatzerklärung durch Zeitablauf erloschen sei. Allerdings kommt den Nachbarn kein Recht darauf zu, dass überhaupt vor Erteilung einer Baubewilligung eine Bauplatzerklärung vorliegt (siehe dazu aus jüngerer Zeit das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2010, Zl. 2008/06/0226, unter Hinweis auf Vorjudikatur). Damit war die Berufungsbehörde nicht berechtigt, aus Anlass der Berufungen der Nachbarn das Fehlen einer Bauplatzerklärung aufzugreifen. Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 23. Juni 2010

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