VwGH 2009/06/0256

VwGH2009/06/025618.5.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde der M G, dzt. Landesklinikum X in A, vertreten durch Mag. Nikolaus Weiser, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Hamerlingplatz 7/14, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich, Aussenstelle Mistelbach, vom 2. Juni 2009, Zl. Senat-MB-09-2002, betreffend eine Beschwerde gegen eine Maßnahme (weitere Partei: Bundesministerin für Justiz), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §67a;
StGB §21 Abs1;
StGB §21 Abs2;
StVG §11 Abs2;
StVG §11a Abs1;
StVG §120 Abs1;
StVG §120;
StVG §121 Abs1;
StVG §158 Abs4;
StVG §161;
StVG §165;
StVG §166;
StVG §167a;
StVG §71 Abs1;
StVG §71 Abs2;
StVG §71 Abs3;
StVG §71;
AVG §67a;
StGB §21 Abs1;
StGB §21 Abs2;
StVG §11 Abs2;
StVG §11a Abs1;
StVG §120 Abs1;
StVG §120;
StVG §121 Abs1;
StVG §158 Abs4;
StVG §161;
StVG §165;
StVG §166;
StVG §167a;
StVG §71 Abs1;
StVG §71 Abs2;
StVG §71 Abs3;
StVG §71;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist gemäß § 21 Abs. 2 StGB in der Justizanstalt (JA) Y untergebracht. Aus medizinischen Gründen wurde sie mit 20. Februar 2009 (es ist an einer Stelle aber vom 19. Februar die Rede) in das Landesklinikum MX, Abteilung für forensische Psychiatrie, überstellt und dort nach dem Unterbringungsgesetz ohne ihr Verlangen untergebracht.

Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, wies das Bezirksgericht A als Unterbringungsgericht mit Beschluss vom 5. März 2009 einen Antrag der Patientenanwaltschaft, die Wegnahme der Kleidung der Beschwerdeführerin sowie ihrer persönlichen Gegenstände für unzulässig zu erklären, zurück, was damit begründet wurde, dass die gerichtlichen Kompetenzen hinsichtlich des Vollzuges der Unterbringung in den §§ 33 ff des Unterbringungsgesetzes (UbG) geregelt seien, wobei der Zuständigkeitskatalog abschließend sei. Eine gerichtliche Kontrolle von Vollzugsmaßnahmen außerhalb dieser Fälle sei nicht gegeben. Die Beurteilung von nicht im UbG geregelten, allenfalls während einer Unterbringung erfolgenden Verletzungen von Rechten eines Patienten durch die Anstaltsleitung, wie beispielsweise die Wegnahme der Privatkleidung, um ein Entweichen des Patienten zu verhindern, oder die Wegnahme anderer persönlicher Habe, falle nicht in die Kompetenz des außerstreitigen Unterbringungsverfahren und sei auch nicht durch das UbG gedeckt (Hinweis auf den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 13. Juli 1994, 6 Ob 578/94). Der Antrag sei daher in diesem Punkt wegen Unzuständigkeit des Gerichtes zurückzuweisen.

Mit Schriftsatz vom 1. April 2009, bei der belangten Behörde eingelangt am 3. April 2009, erhob die Beschwerdeführerin gegen das "Landesklinikum X, Abteilung für forensische Psychiatrie" Maßnahmenbeschwerde bei der belangten Behörde und beantragte die Feststellung, dass der Entzug ihrer Privatkleidung durch das Personal der Abteilung für forensische Psychiatrie dieser Krankenanstalt ab dem 20. Februar 2009 rechtswidrig gewesen sei. Sie brachte dazu vor, mit Beginn ihrer Unterbringung in der Krankenanstalt sei ihr gegen ihren Willen sämtliche Privatkleidung, inklusive der Unterwäsche, abgenommen worden, dies mit der Begründung, dass immer wieder Gegenstände in die Klinik eingeschleust würden und dass es dem Personal wegen Verletzungsgefahr nicht zuzumuten sei, eine eingehende Untersuchung der Kleidung vorzunehmen, was einer Rückgabe der Kleidung entgegenstehe. Diese Maßnahme sei rechtswidrig (wurde näher ausgeführt).

Die belangte Behörde gab dem Leiter der JA Y Gelegenheit, eine Gegenschrift einzubringen, der eine Stellungnahme der Krankenanstalt vom 19. Mai 2009 vorlegte; darin wird zusammengefasst die Auffassung vertreten, die bekämpfte Maßnahme sei sachlich gerechtfertigt gewesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die an sie gerichtete Beschwerde gemäß § 66c Abs. 3 AVG zurückgewiesen. Nach Darstellung des Verfahrensganges heißt es zur Begründung, bei der Beschwerde gemäß Art. 129a Abs. 1 Z 2 B-VG wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt handle es sich nach herrschender Meinung um ein subsidiäres Rechtsmittel, das nur der Schließung einer Lücke im Rechtsschutzsystem diene, nicht aber dem Eröffnen einer Zweigleisigkeit für die Verfolgung ein- und desselben Rechtes. Aus dieser Rechtslage folge hinsichtlich von Anordnungen nach dem Strafvollzugsgesetz (StVG) die Unzulässigkeit von Maßnahmenbeschwerden nach § 67a Z 2 AVG jedenfalls insoweit, als dagegen ein (anderes) Rechtsmittel zur Verfügung stehe.

Ein solches bestehe im Beschwerdefall in Form der Administrativbeschwerde nach den §§ 120f StVG. Fest stehe, dass sich die Beschwerdeführerin im hier maßgeblichen Zeitraum im Maßnahmenvollzug befunden habe, möge dieser auch nicht in der JA selbst, sondern extern erfolgt sein. Fraglich sei nun, ob § 120 StVG auch auf derartige Situationen Anwendung finde, demnach auch etwa in Krankenanstalten tätige Personen als "Strafvollzugsbedienstete" zu verstehen sein könnten oder nicht; anders gewendet, ob dieser Begriff in einem organisatorischen oder funktionellen Sinn zu verstehen sei. Richtigerweise treffe Letzteres zu, zumal eine sachliche Rechtfertigung für eine Differenzierung des offen stehenden Rechtsschutzregimes nach der Art der Rechtsbeziehung des einschreitenden Organs zum Staat nicht erkannt werden könne. Bediene sich somit die JA zu Zwecken des Vollzugs Dritter, hier der Krankenanstalt und der dort tätigen Personen, so handle es sich bei diesen gleichwohl funktionell um Strafvollzugsorgane, die in sachlicher Hinsicht grundsätzlich auch an entsprechende Weisungen der Anstaltsleitung gebunden wären. Da auf Grund der offenstehenden Beschwerdemöglichkeit eine Zuständigkeit der belangten Behörde nicht bestehe, sei die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen gewesen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 21. September 2009, B 864/09-3, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie mit weiterem Beschluss vom 10. November 2009 dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Im Ablehnungsbeschluss heißt es unter anderem, spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nicht anzustellen. Es könne nämlich dahin stehen, ob die angegriffenen Handlungen des Anstaltspersonals dem Regime des Unterbringungsgesetzes unterlägen oder als Maßnahmen im Rahmen des Unterbringungsvollzuges nach dem StVG zu qualifzieren seien, weil in keinem der beiden Fälle eine Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates (Hinweis zu Angelegenheiten des Strafvollzuges auf VfSlg. 10199/1984 iVm VfSlg. 14957/1997) gegeben wäre.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes verbesserten (ergänzten) Beschwerde wird inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die Bundesministerin für Justiz hat eine Stellungnahme erstattet, in der zusammengefasst die Auffassung vertreten wird, die in Beschwerde gezogene, von Organen der Spitalsverwaltung aus eigenem verfügte und vollzogene Abnahme der Bekleidung der Beschwerdeführerin sei dem Bereich der Krankenhausverwaltung zuzurechnen und daher als Maßnahme spitalsbehördlicher Zwangsgewalt ausnahmslos vor der belangten Behörde anfechtbar. Für ein Beschwerdeverfahren nach dem StVG verbleibe daher kein Raum, weshalb sich die angefochtene Maßnahme auch der Zuständigkeit der Rechtsschutzbehörden und somit einer Überprüfung durch das Rechtsschutzsystem nach dem Strafvollzugsgesetz entziehe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist insbesondere das Strafvollzugsgesetz, BGBl. Nr. 144/1969 (StVG), in der Fassung BGBl. I Nr. 40/2009 anzuwenden.

Im Beschwerdefall sind insbesondere folgende Bestimmungen von

Belang:

"Vollzugsbehörde erster Instanz

§ 11. (1) Vollzugsbehörde erster Instanz ist der Anstaltsleiter.

(2) Dem Anstaltsleiter stehen nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes die Aufsicht über den Strafvollzug in der ihm unterstellten Anstalt sowie die Entscheidung über Beschwerden gegen Strafvollzugsbedienstete oder deren Anordnungen zu."

"Vollzugskammern

§ 11a. (1) Die Entscheidung über Beschwerden gegen den Anstaltsleiter oder gegen eine von ihm getroffene Entscheidung oder Anordnung steht der Vollzugskammer beim Oberlandesgericht für die in dessen Sprengel gelegenen Anstalten zum Vollzug von Freiheitsstrafen zu. (...)"

"Bekleidung

§ 39. (1) Die Strafgefangenen sind berechtigt, eigene Leibwäsche zu tragen, soweit die regelmäßige Reinigung der Wäsche in der Anstalt möglich ist oder außerhalb der Anstalt durch deren Vermittlung besorgt werden kann.

(2) Im übrigen haben die Strafgefangenen außer in den in diesem Bundesgesetz bestimmten Fällen Anstaltskleidung zu tragen. Auch das Bettzeug sowie Hand- und Taschentücher sind von der Anstalt beizustellen."

"Überstellung in eine andere Anstalt

§ 71. (1) Kann ein kranker oder verletzter Strafgefangener in der Anstalt nicht sachgemäß behandelt werden oder geht von ihm eine anders nicht abwendbare Gefährdung für die Gesundheit anderer aus, so ist er in die nächste Anstalt zu überstellen, die über Einrichtungen verfügt, die die erforderliche Behandlung oder Absonderung gewährleisten.

(2) Kann der Strafgefangene auch in einer anderen Anstalt nicht sachgemäß behandelt werden oder wäre sein Leben durch die Überstellung dorthin gefährdet, so ist er in eine geeignete öffentliche Krankenanstalt zu bringen und dort erforderlichenfalls auch bewachen zu lassen. Die öffentlichen Krankenanstalten sind verpflichtet, den Strafgefangenen aufzunehmen und seine Bewachung zuzulassen. Die für die Unterbringung in öffentlichen Krankenanstalten anfallenden Kosten trägt der Bund, gegebenenfalls nach Maßgabe einer zwischen dem Bund und den Ländern diesbezüglich abgeschlossenen Vereinbarung gemäß Artikel 15a des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) oder einer diesbezüglich mit dem jeweiligen privaten Krankenanstaltenträger abgeschlossenen Vereinbarung, bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Strafvollzug nachträglich aufgeschoben oder beendet wird.

(3) Im Falle der Überstellung in eine öffentliche Krankenanstalt für Psychiatrie oder eine psychiatrische Abteilung eines öffentlichen allgemeinen Krankenhauses gelten im Übrigen die Bestimmungen des Unterbringungsgesetzes, BGBl. Nr. 155/1990, in der jeweils geltenden Fassung mit folgenden Maßgaben:

1. Die Überstellung ist ohne das in den §§ 8 und 9 des Unterbringungsgesetzes vorgesehene Verfahren unmittelbar vorzunehmen.

2. Die Aufnahme- und Anhaltepflicht der Krankenanstalten richtet sich nach Abs. 2 erster und zweiter Satz. Untergebracht werden im Sinne des Unterbringungsgesetzes darf der Strafgefangene nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 des Unterbringungsgesetzes.

3. Bei Prüfung der Voraussetzungen des § 3 Z 2 des Unterbringungsgesetzes ist darauf Bedacht zu nehmen, dass die ausreichende ärztliche Behandlung oder Betreuung im Sinne dieser Bestimmung im Rahmen und mit den Mitteln des allgemeinen Strafvollzuges gewährleistet sein muss.

4. Der Wirkungskreis des Patientenanwalts umfasst ausschließlich die sich aus der Unterbringung ergebenden Beziehungen des Strafgefangenen zur Krankenanstalt."

"Beschwerden

§ 120. (1) Die Strafgefangenen können sich gegen jede ihre Rechte betreffende Entscheidung oder Anordnung und über jedes ihrer Rechte betreffende Verhalten der Strafvollzugsbediensteten beschweren. Über die Art der ärztlichen Behandlung können sich die Strafgefangenen jedoch nur nach § 122 beschweren. Die Beschwerde hat die angefochtene Entscheidung, Anordnung oder das Verhalten zu bezeichnen und die Gründe für die Erhebung der Beschwerde, soweit sie nicht offenkundig sind, darzulegen.

(2) Eine Beschwerde kann außer bei Gefahr im Verzug frühestens am ersten Tag, spätestens aber am vierzehnten Tag nach jenem Tag erhoben werden, an welchem dem Strafgefangenen der Beschwerdegrund bekannt geworden ist. Richtet sich die Beschwerde gegen eine Entscheidung, so kann sie außer bei Gefahr im Verzug frühestens am ersten Tag, spätestens aber am vierzehnten Tag nach jenem Tag erhoben werden, an welchem die Entscheidung dem Strafgefangenen verkündet oder zugestellt worden ist. Beschwerden sind schriftlich oder zu der vom Anstaltsleiter festzusetzenden Tageszeit mündlich bei dem hiefür zuständigen Strafvollzugsbediensteten anzubringen. Richtet sich die Beschwerde gegen den Anstaltsleiter und wird sie innerhalb der Beschwerdefrist bei der zuständigen Vollzugskammer eingebracht, so gilt dies als rechtzeitige Einbringung. Die Vollzugskammer hat in diesem Fall die bei ihr eingebrachte Beschwerde unverzüglich an den Anstaltsleiter weiterzuleiten.

(3) Die Erhebung einer Beschwerde hat keine aufschiebende Wirkung. Der Anstaltsleiter und die mit der Beschwerde angerufene Vollzugskammer können jedoch den Vollzug von Anordnungen, gegen die Beschwerde erhoben wird, bis zur Erledigung vorläufig aussetzen, wenn keine Gefahr im Verzuge ist.

Verfahren bei Beschwerden

§ 121. (1) Über Beschwerden gegen Strafvollzugsbedienstete oder deren Anordnungen hat der Anstaltsleiter zu entscheiden. Richtet sich die Beschwerde gegen den Anstaltsleiter oder gegen eine von ihm getroffene Entscheidung oder Anordnung und hilft er der Beschwerde nicht selbst ab, so steht die Entscheidung der Vollzugskammer zu.

(2) ...

Anrufung des Aufsichtsrechtes der Vollzugsbehörden

§ 122. Die Strafgefangenen haben das Recht, durch Ansuchen und Beschwerden das Aufsichtsrecht der Vollzugsbehörden anzurufen. Auf solche Ansuchen oder Beschwerden braucht den Strafgefangenen jedoch kein Bescheid erteilt zu werden."

"Anstalten für geistig abnorme Rechtsbrecher

§ 158. (1) Die Unterbringung geistig abnormer Rechtsbrecher ist in den dafür besonders bestimmten Anstalten zu vollziehen, soweit in diesem Bundesgesetz nichts anderes bestimmt wird. § 8 Abs. 4 gilt dem Sinne nach.

(2) In den Anstalten für geistig abnorme Rechtsbrecher darf auch der Strafvollzug an Strafgefangenen durchgeführt werden, die wegen ihres psychischen Zustandes in anderen Vollzugsanstalten nicht sachgemäß behandelt werden können oder die sich wegen psychischer Besonderheiten nicht für den allgemeinen Vollzug eignen. Dies gilt für den Vollzug der Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher und für den Vollzug der Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter dem Sinne nach.

(3) Bei der Einrichtung von Anstalten, die der Unterbringung nach § 21 Abs. 1 des Strafgesetzbuches dienen, ist insbesondere auf die Erfordernisse Bedacht zu nehmen, die sich im Zusammenhang mit der psychiatrischen Behandlung der Untergebrachten (§ 165) ergeben. Die Anstalten sind zur Führung und Aufbewahrung von Krankengeschichten zu verpflichten.

(4) Die Unterbringung nach § 21 Abs. 1 des Strafgesetzbuches darf durch Aufnahme in eine öffentliche Krankenanstalt für Psychiatrie vollzogen werden, wenn

1. unter Berücksichtigung des Zustandes des unterzubringenden Rechtsbrechers mit den Einrichtungen das Auslangen gefunden werden kann, wie sie in der öffentlichen Krankenanstalt für die Unterbringung von psychisch Kranken nach dem Unterbringungsgesetz bestehen, im Fall einer besonderen Vereinbarung (§ 167a Abs. 3 zweiter Satz) aber mit den danach vorgesehenen Einrichtungen;

2. der Rechtsbrecher und sein gesetzlicher Vertreter ihre Zustimmung erteilen und

3. dem Leiter der Krankenanstalt Gelegenheit zu einer Äußerung gegeben worden ist.

(5) Die Unterbringung nach § 21 Abs. 2 des Strafgesetzbuches darf auch in besonderen Abteilungen der Anstalten zum Vollzug von Freiheitsstrafen vollzogen werden."

"Bestimmung der Zuständigkeit

§ 161. Die Entscheidung darüber, in welcher von mehreren Anstalten für geistig abnorme Rechtsbrecher, für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher und für gefährliche Rückfallstäter der Vollzug allgemein oder im Einzelfall durchzuführen ist, steht der Vollzugsdirektion zu. Ebenso stehen die Entscheidungen darüber, ob ein Vollzug in den Fällen der §§ 158 Abs. 2, 4 und 5, 159 Abs. 1 und 2 und 160 Abs. 1 und 2 in einer der dort genannten Anstalten und in welcher davon durchzuführen ist, der Vollzugsdirektion zu. § 10 Abs. 1 gilt dem Sinne nach."

"Zwecke der Unterbringung

§ 164. (1) Die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher soll die Untergebrachten davon abhalten, unter dem Einfluss ihrer geistigen oder seelischen Abartigkeit mit Strafe bedrohte Handlungen zu begehen. Die Unterbringung soll den Zustand der Untergebrachten soweit bessern, dass von ihnen die Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen nicht mehr zu erwarten ist, und den Untergebrachten zu einer rechtschaffenen und den Erfordernissen des Gemeinschaftslebens angepassten Lebenseinstellung verhelfen.

(2) Soweit die Zeit der Anhaltung auf die zugleich mit ihrer Anordnung ausgesprochene Strafe anzurechnen ist (§ 24 Abs. 1 des Strafgesetzbuches), soll der Vollzug auch den Unwert des der Verurteilung zu Grunde liegenden Verhaltens aufzeigen.

Unterbringung nach § 21 Abs. 1 des Strafgesetzbuches

§ 165. (1) Für den Vollzug der Unterbringung nach § 21 Abs. 1 des Strafgesetzbuches gelten folgende besondere Bestimmungen:

..."

"Unterbringung nach § 21 Abs. 2 des Strafgesetzbuches

§ 166. Für den Vollzug der Unterbringung nach § 21 Abs. 2 des Strafgesetzbuches gelten folgende besondere Bestimmungen:

1. Die Untergebrachten sind zur Erreichung der Vollzugszwecke (§ 164) entsprechend ihrem Zustand ärztlich, insbesondere psychiatrisch, psychotherapeutisch, psychohygienisch und erzieherisch zu betreuen. Soweit danach Abweichungen von den Bestimmungen über den Vollzug der Unterbringung (§ 167) erforderlich sind, hat der Anstaltsleiter diese Abweichungen im Rahmen des § 165 Abs. 1 Z 1 und 2 anzuordnen.

2. Eine Unterbrechung der Unterbringung darf nur gewährt werden, wenn anzunehmen ist, dass der Untergebrachte während der Zeit der Unterbrechung keine gerichtlich strafbare Handlung begehen wird. Im Übrigen gilt hiefür § 99 dem Sinne nach mit folgenden Maßgaben:

a) Eine Unterbrechung im Sinne des § 99 Abs. 1 Z 1 ist zulässig, sobald die voraussichtlich noch zu verbüßende Strafzeit drei Jahre nicht übersteigen würde, eine Unterbrechung im Sinne des § 99 Abs. 1 Z 2, sobald diese Strafzeit ein Jahr nicht übersteigen würde.

b) Eine Unterbrechung darf auch gewährt werden, soweit dies zur Behandlung des Zustandes des Untergebrachten (Z 1) oder zur Vorbereitung auf das Leben in Freiheit notwendig oder zweckmäßig erscheint. In diesem Fall darf das zeitliche Ausmaß der Unterbrechung bis zu einem Monat betragen. Über eine Unterbrechung bis zu einem Ausmaß von vierzehn Tagen entscheidet der Anstaltsleiter. Soweit es erforderlich erscheint, ist die Unterbrechung nur unter Auflagen oder Bedingungen zu gestatten.

Ergänzende Bestimmungen

§ 167. (1) Soweit die §§ 164 bis 166 nichts anderes bestimmen, gelten die §§ 20 bis 129, 131 bis 135, 146 bis 150 und 152 dem Sinne nach. Eine Anhörung des Untergebrachten durch das Gericht vor der Entscheidung über die bedingte Entlassung (§ 152a) hat mindestens einmal innerhalb von zwei Jahren stattzufinden.

(2) Vor der Entscheidung über eine bedingte Entlassung ist auch den Sicherheitsbehörden, in deren Sprengel sich der Entlassene zuletzt aufgehalten hat und voraussichtlich aufhalten wird, Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

Vollzug durch Aufnahme in öffentliche Krankenanstalten für Psychiatrie

§ 167a. (1) Die öffentlichen Krankenanstalten für Psychiatrie sind verpflichtet, die nach den §§ 158 Abs. 4 und 161 eingewiesenen Personen aufzunehmen und anzuhalten.

(2) Unterbrechungen, Ausgänge und Entlassungen sind nur nach Maßgabe der §§ 162 und 166 Z 2 dieses Bundesgesetzes sowie des § 47 des Strafgesetzbuches zulässig. Im Übrigen gelten für die Vollziehung der Anhaltung die §§ 33 bis 38 des Unterbringungsgesetzes, BGBl. Nr. 155/1990, in der jeweils geltenden Fassung mit folgenden Maßgaben sinngemäß:

1. An Stelle des Unterbringungsgerichtes entscheidet das Vollzugsgericht.

2. Beschränkungen der Bewegungsfreiheit und des Verkehrs mit der Außenwelt sind auch zulässig, soweit sie zur Abwehr einer Gefahr im Sinne des § 21 Abs. 1 des Strafgesetzbuches notwendig sind.

3. Auf § 164 ist nach Möglichkeit Bedacht zu nehmen.

(3) § 71 Abs. 2 letzter Satz gilt sinngemäß. Soweit ein Bedarf danach besteht, dass hinsichtlich der zur Anhaltung von psychisch Kranken bestehenden Einrichtungen (§ 158 Abs. 4 Z 1) zur Unterbringung geistig abnormer Rechtsbrecher zusätzliche Aufwendungen vorgenommen werden, kann der Bund mit dem Rechtsträger der Krankenanstalt eine Vereinbarung über die Vergütung solcher Aufwendungen abschließen.

(4) § 48 Abs. 3 gilt dem Sinne nach, ebenso § 54 Abs. 3 mit der Maßgabe, dass der Bund die entsprechenden Beträge für die Untergebrachten zu überweisen hat. Die Krankenanstalten haben die zur Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen erforderlichen Auskünfte zu erteilen."

"§ 182. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Justiz betraut. Der Bundesminister für Justiz hat bei der Vollziehung

a) der §§ 44 bis 55 und 75 bis 84 das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Soziales,

b) der §§ 66 bis 74 und 164 bis 170 das Einvernehmen mit dem Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz zu pflegen."

Das Unterbringungsgesetz, BGBl. Nr. 155/1990 (UbG), das im Beschwerdefall in der Fassung gemäß BGBl. I Nr. 12/1997 maßgeblich ist, trifft nähere Bestimmungen über die Unterbringung psychisch Kranker in Krankenanstalten. Die §§ 33 ff UbG regeln die Unterbringung ohne Verlangen; nach § 18 leg. cit. hat über die Zulässigkeit der Unterbringung des Kranken in solchen Fällen das Gericht nach Prüfung der Voraussetzungen der Unterbringung zu entscheiden. Die §§ 33 ff UbG sehen nähere Bestimmungen zu den Voraussetzungen für eine Beschränkung der Bewegungsfreiheit, des Verkehrs mit der Außenwelt und zur ärztlichen Behandlung vor, diesbezüglich ist ebenfalls eine Entscheidung des Unterbringungsgerichtes vorgesehen.

Soweit hier erheblich, erkennen gemäß Art. 129a Abs. 1 Z 2 B-VG die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

Dem entspricht § 67a Abs. 1 Z 2 AVG.

Im Beschwerdefall geht es um die Frage, welche Behörde zuständig ist, über das Begehren der Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde vom 1. April 2009 abzusprechen (und nicht um die Frage, ob die Maßnahme sachlich gerechtfertigt war oder nicht). Insbesondere strittig ist, ob dies die belangte Behörde ist, wie die Beschwerdeführerin und die Bundesministerin für Justiz meinen, oder aber nach dem Rechtsschutzsystem der §§ 120 f StVG der Leiter der JA und in weiterer Folge die Vollzugskammer.

Die Beschwerdeführerin befindet sich im Maßnahmenvollzug nach § 21 Abs. 2 StGB, maßgeblich ist daher vor allem § 166 StVG (§ 165 StVG bezieht sich auf eine Unterbringung nach § 21 Abs. 1 StGB). Aus medizinischen Gründen wurde ihre Überstellung in die psychiatrische Abteilung einer (externen) Krankenanstalt erforderlich. Es handelt sich dabei um eine Maßnahme im Sinne des § 71 StVG, insbesondere des § 71 Abs. 3 StVG (denn § 167a StVG bezieht sich, wie sich aus den Verweisen auf § 158 Abs. 4 und § 161 StVG ergibt, auf Unterbringungen nach § 21 Abs. 1 StGB - in diesem Sinne auch der Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 7. Mai 1998, 6 Ob 220/97i).

Wesentlich erscheint dem Verwaltungsgerichtshof, dass sich die Beschwerdeführerin auch nach ihrer gemäß § 71 StVG erfolgten Überstellung in die Krankenanstalt nach wie vor im Maßnahmenvollzug befindet. Sie unterliegt daher weiterhin den sich aus dem StVG ergebenden Beschränkungen, andererseits kommen ihr auch weiterhin die ihr durch das StVG eingeräumten subjektivöffentlichen Rechte zu (allerdings im Hinblick auf die Unterbringung in einer Krankenanstalt und nicht in einer JA jeweils sinngemäß).

Die Umschreibung der Zuständigkeiten des Anstaltsleiters wie auch der Vollzugskammer in § 11 Abs. 2, § 11a Abs. 1 erster Satz, sowie § 121 Abs. 1 StVG nimmt nicht, jedenfalls nicht ausdrücklich auf einen solchen Fall (Maßnahmenvollzug in einer Krankenanstalt und nicht einer Justizanstalt) Bedacht, ebenso nicht § 120 Abs. 1 erster Satz StVG, wo von Entscheidungen oder Anordnungen ganz allgemein sowie darüber hinaus von einem Verhalten von Strafvollzugsbediensteten die Rede ist. Da sich die Beschwerdeführerin auch in der Krankenanstalt nach wie vor im Maßnahmenvollzug befindet und es sich dabei um eine im Rahmen des Strafvollzuges erforderliche medizinische Maßnahme handelt, die (davon ist auszugehen) in keiner Justizanstalt erfolgen kann (vgl. § 71 Abs. 1 und 2 StVG), ist das Personal der Krankenanstalt insofern aber als Erfüllungsgehilfen des Leiters der JA anzusehen, zumal ja der Anstaltsleiter letztlich auch die erforderliche medizinische Behandlung der Strafgefangenen wie auch - hier - der im Maßnahmenvollzug befindlichen Beschwerdeführerin zu veranlassen hat. Aus diesem Gesichtspunkt ist der Auffassung der belangten Behörde zuzustimmen, dass das Personal der Krankenanstalt insofern im Sinne des Rechtsschutzsystems des StVG funktionell zu den Strafvollzugsbediensteten zu zählen ist und demnach im Beschwerdefall der Leiter der JA als Vollzugsbehörde erster Instanz nach den §§ 120 und 121 StVG einzuschreiten hat (eine unmittelbare Zuständigkeit der Vollzugskammer als Behörde erster Instanz kommt hingegen nach diesem Rechtsschutzsystem nicht in Betracht). Dies schließt eine Zuständigkeit des UVS wegen deren Subsidiarität aus (siehe Hengstschläger/Leeb, RZ 56 zu § 67a AVG).

Bei gegebener Unzuständigkeit der belangten Behörde wäre diese jedoch grundsätzlich verpflichtet gewesen, das Rechtsmittel nicht zurückzuweisen, sondern gemäß § 6 AVG an die zuständige Behörde weiterzuleiten (siehe das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Mai 1996, Zl. 94/05/0370, Slg. 14475/A). Allerdings wurde die Beschwerdeführerin hiedurch im Ergebnis in keinen Rechten verletzt, weil bei Einbringung der hier zu Grunde liegenden Beschwerde vom 1. April 2009 die vierzehntägige Frist des § 120 Abs. 2 StVG längst verstrichen war (fristauslösend war die Wegnahme der Kleidung am 20. Februar 2009).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 18. Mai 2010

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