VwGH 2009/01/0026

VwGH2009/01/002620.9.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des A E in K, vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Herrengasse 12/1, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 12. September 2007, Zl. 1W-PERS-7662/11-2007, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §293 Abs1;
StbG 1985 §10 Abs1 Z7 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs5 idF 2006/I/037;
ASVG §293 Abs1;
StbG 1985 §10 Abs1 Z7 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs5 idF 2006/I/037;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines ägyptischen Staatsangehörigen, vom 26. April 2004 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 in Verbindung mit Abs. 5 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311, in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 (StbG), ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei verheiratet und Vater von vier minderjährigen Kindern; seine Familie lebe in Ägypten.

Die Richtsätze nach § 293 ASVG für Ehepaare hätten im Jahr 2004 EUR 1.015,--, im Jahr 2005 EUR 1.030,23 und im Jahr 2006 EUR 1.055,99 betragen. Diese Richtsätze seien für jedes Kind im Jahr 2004 um EUR 69,52, im Jahr 2005 um EUR 70,56 und im Jahr 2006 um EUR 72,32 zu erhöhen; das erforderliche monatliche Einkommen habe daher im Jahr 2004 EUR 1.293,08, im Jahr 2005 EUR 1.312,47 und im Jahr 2006 EUR 1.345,27 betragen.

Der Beschwerdeführer sei (selbständiger) Kolporteur; er habe Entgeltsaufstellungen beigebracht; die darin angeführten Bruttoumsätze würden rund EUR 10.000,-- pro Jahr ergeben. Die in den Honorarabrechnungen enthaltenen "Spesen und Kilometergelder" könnten bei der Berechnung des Nettoeinkommens im Sinne der Richtsätze nicht angeführt werden. Nach "Abzug dieser Positionen" liege sein "Nettoeinkommen weit unter dem anzuwendenden Richtsatz".

Das werde auch durch "eine Reihe von Sachverhalten" untermauert. Der Beschwerdeführer habe sein Jahreseinkommen selbst mit EUR 8.696,-- beziffert. Nach seinen Angaben werde davon der Familienunterhalt von EUR 200,-- im Monat geleistet. Laut Rückfrage beim Finanzamt sei der Beschwerdeführer noch nicht steuerpflichtig gewesen, er habe nie Steuern bezahlt. Dies rechtfertige den Schluss, dass sein gemeldetes Einkommen "entsprechend gering ist". Die Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft Kärnten habe bestätigt, dass der Beschwerdeführer "mit einem Jahreseinkommen von unter EUR 6.454,-- teilversichert ist".

Daher sei der Lebensunterhalt nicht hinreichend gesichert und es liege das Verleihungshindernis nach § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG vor.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 23. Februar 2009, B 1809/07-7, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Danach ergänzte der Beschwerdeführer die abgetretene Beschwerde mit einem Schriftsatz vom 28. April 2009.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist.

Gemäß § 10 Abs. 5 StbG (in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 37/2006) ist der Lebensunterhalt (Abs. 1 Z. 7) dann hinreichend gesichert, wenn feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen zum Entscheidungszeitpunkt für die letzten drei Jahre nachgewiesen werden, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten dessen pfändungsfreies Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, nicht zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, dass im vorliegenden Fall Richtsätze für Ehegatten mit vier minderjährigen Kindern heranzuziehen seien.

Der Beschwerdeführer macht (unter anderem) dagegen geltend, sein nachgewiesenes Einkommen sei hinreichend, weil Richtsätze für eine Einzelperson zur Anwendung kämen. Er habe allein für sich um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft angesucht. Seine Ehegattin und die gemeinsamen vier Kinder würden nicht in Österreich sondern in Ägypten leben.

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten leben die Ehegattin des Beschwerdeführers und die vier Kinder (unstrittig) nicht in Österreich sondern in Ägypten.

Bei einem gemeinsamen Haushalt ist unter Berücksichtigung der zu versorgenden Personen zu prüfen, ob das Haushaltseinkommen den "Haushaltsrichtsatz" nach § 293 Abs. 1 ASVG erreicht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. Oktober 2009, Zl. 2007/01/0944, vom 16. Dezember 2009, Zl. 2007/01/1276, und vom 21. Jänner 2010, Zl. 2007/01/1136).

Ehegatten und minderjährige Kinder, die Unterhaltsansprüche gegen einen Verleihungswerber haben, sind bei Ermittlung des hinreichend gesicherten Lebensunterhalts zu berücksichtigen, wenn sie mit ihm im gemeinsamen Haushalt leben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. März 2010, Zl. 2008/01/0768).

Da im Beschwerdefall die Ehegattin und die Kinder des Beschwerdeführers im Ausland leben, sind diese Personen bei den (für die Ermittlung des hinreichend gesicherten Lebensunterhalts) heranzuziehenden Richtsätzen nach § 293 ASVG nicht zu berücksichtigen.

Die belangte Behörde hätte daher Richtsätze nach § 293 ASVG für eine Person heranziehen müssen.

Der angefochtene Bescheid war daher schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 20. September 2011

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