VwGH 2008/21/0329

VwGH2008/21/032924.6.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des T, vertreten durch Dr. Arnulf Summer, Dr. Nikolaus Schertler, Mag. Nicolas Stieger und Mag. Andreas Droop, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Kirchstraße 4, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. März 2008, Zl. 150.940/3-III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

NAG 2005 §11 Abs2 Z4;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §11 Abs5;
NAG 2005 §2 Abs1 Z9;
NAG 2005 §47 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
NAG 2005 §11 Abs2 Z4;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §11 Abs5;
NAG 2005 §2 Abs1 Z9;
NAG 2005 §47 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 733,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" gemäß § 47 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab. (Ebenso abgewiesen wurde ein identer Antrag des Bruders des Beschwerdeführers; das diesbezügliche, zur hg. Zl. 2008/21/0330 geführte Beschwerdeverfahren wurde infolge Rückziehung der Beschwerde mit hg. Beschluss vom 8. September 2009 eingestellt.)

Begründend führte die belangte Behörde - auf das Wesentliche zusammengefasst - aus, der 1984 geborene Beschwerdeführer habe seinen die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Vater als Zusammenführenden namhaft gemacht. Dieser habe zwar eine Haftungserklärung abgegeben, sie erweise sich aber als nicht tragfähig. Der Vater des Beschwerdeführers könne sich nämlich nur mit jenem Betrag, der über sein pfändungsfreies Existenzminimum hinausgehe, gegenüber dem Beschwerdeführer verpflichten. Ausgehend von einem monatlichen Durchschnittsnettoeinkommen von EUR 1.771,-- mache das erwähnte pfändungsfreie Existenzminimum aber angesichts der Sorgepflichten für drei Kinder - für die Ehegattin bestehe keine Sorgepflicht, weil sie selbst erwerbstätig sei - EUR 1.533,60 aus. Die für den Beschwerdeführer und seinen Bruder, der ebenfalls die Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" beantragt habe, erforderlichen Mittel in Höhe von jeweils EUR 747,-- würden daher nicht erreicht. Insoweit ermangle es daher an einer besonderen Erteilungsvoraussetzung, weshalb gemäß § 47 Abs. 3 NAG kein Aufenthaltstitel erteilt werden dürfe.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - nach Aktenvorlage seitens der belangten Behörde erwogen:

Die belangte Behörde verkannte zunächst, dass sie bezüglich der für den Beschwerdeführer zur Verfügung stehenden Mittel vom Haushaltseinkommen hätte ausgehen müssen. Es wäre daher, wie in der Beschwerde richtig aufgezeigt wird, das Einkommen seines Vaters und von dessen Ehefrau in die Berechnung miteinzubeziehen gewesen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 18. März 2010, Zl. 2008/22/0637, insbesondere Punkt 6.3. der Entscheidungsgründe). Zur Ermittlung des zur Sicherung des Unterhaltsbedarfs des Beschwerdeführers verbleibenden Betrages wäre von dem besagten Haushaltseinkommen der für die Deckung des eigenen Lebensbedarfs des Vaters des Beschwerdeführers und seiner schon bisher mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Familienangehörigen notwendige "Haushaltsrichtsatz" in Höhe von EUR 1.354,87 (nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa ASVG in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 101/2007 für den Vater des Beschwerdeführers und dessen Ehegattin EUR 1.120,-- zuzüglich nach § 293 Abs. 1 letzter Satz ASVG Erhöhung für drei Kinder um jeweils EUR 78,29) in Abzug zu bringen gewesen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. April 2010, Zlen. 2009/21/0304 und 0305).

Zur Höhe des Haushaltseinkommens hat die belangte Behörde keine Feststellungen getroffen. Ausgehend von einem unbestritten gebliebenem monatlichen Durchschnittsnettoeinkommen des Vaters des Beschwerdeführers in Höhe von EUR 1.771,-- und unter Zugrundelegung eines monatlichen Einkommens seiner Ehefrau in Höhe von EUR 860,-- (in den Verwaltungsakten erliegt für Oktober 2007 eine entsprechende Gehaltsbestätigung) ergäbe sich jedoch ein Betrag von EUR 2.631,-- monatlich. Somit verblieben etwa EUR 1.276,--, um den Unterhaltsbedarf des Beschwerdeführers selbst zu decken. Für diesen Unterhaltsbedarf ging die belangte Behörde zutreffend von dem dem Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG entsprechenden Betrag von (damals) EUR 747,-- aus. Richtig ist zwar, dass für den ebenfalls eine "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" beantragenden Bruder des Beschwerdeführers ein gleich hoher Betrag in Ansatz zu bringen war, sodass sich ausgehend von der dargestellten Berechnung insgesamt ein Fehlbetrag ergeben hätte. Auch wenn die zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel des Vaters des Beschwerdeführers demnach nicht ausgereicht hätten, den Bedarf des Beschwerdeführers und seines Bruders gemeinsam zu decken, hätten aber nicht ohne Weiteres beide Anträge abgewiesen werden dürfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. April 2009, Zlen. 2007/21/0445 und 0449).

Aus den dargestellten Gründen ist der bekämpfte Bescheid, in dem außerdem auch eine Beurteilung nach § 11 Abs. 3 NAG vorgenommen hätte werden müssen (vgl. sinngemäß das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2008/21/0607), mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und 6 VwGG abgesehen werden.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens und unter Bedachtnahme auf die Beschwerderückziehung zur Zl. 2008/21/0330 - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 24. Juni 2010

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