VwGH 2008/03/0029

VwGH2008/03/002929.10.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des E S in I, vertreten durch Mag. Anneliese Markl, Rechtsanwältin in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 2-4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Burgenland vom 25. Oktober 2007, Zl VP-WG- 109/07, betreffend Waffenverbot, zu Recht erkannt:

Normen

UbG §3 Z1;
WaffG 1996 §12 Abs1;
UbG §3 Z1;
WaffG 1996 §12 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs 1 des Waffengesetzes 1996 (WaffG) ein Waffenverbot verhängt.

Begründend führte die belangte Behörde Folgendes aus: Am 4. Juni 2007 sei es laut Bericht der Polizeiinspektion Bad Tatzmannsdorf insofern zu einer polizeilichen Intervention gekommen, als der Beschwerdeführer laut Sachverhaltsdarstellung gedroht hätte, sich mit einem Schrotgewehr zu erschießen. Dabei hätte er sich das Schrotgewehr am Kopf angesetzt und dieser Drohung zuvor durch eine Schussabgabe in die Luft Nachdruck verliehen. Als Folge dieses Vorfalls sei der Beschwerdeführer dem Kreisarzt vorgeführt worden, der Selbstmordabsichten diagnostiziert und die Einlieferung in die Landesnervenklinik Graz angeordnet habe. Ausgehend vom Arztbrief dieser Klinik vom 8. Juni 2007 sei beim Beschwerdeführer eine Suizidalität nicht sicher ausschließbar. Da er sich aber glaubhaft von selbst- oder fremdaggressiven Handlungen distanzieren würde, sei die Entlassung auf dringenden eigenen Wunsch erfolgt.

In der gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom 28. Juni 2007, mit dem gegen den Beschwerdeführer ein Waffenverbot ohne vorausgehendes Ermittlungsverfahren erlassen worden war, erhobenen Vorstellung habe der Beschwerdeführer angegeben, weder Selbstmordabsichten gehabt noch das Schrotgewehr gegen sich gerichtet zu haben. Dies seien unrichtige Angaben seiner Frau, die selbst in psychiatrischer Behandlung stünde und deshalb bei ihrer - unrichtigen - Darstellung des Vorfalls geblieben sei. Aus einem vom Beschwerdeführer vorgelegten ärztlichen Gutachten würde hervorgehen, dass bei ihm keinerlei psychopathologische Symptome vorlägen.

In der gegen den Vorstellungsbescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung habe dieser seine Anschuldigungen gegen seine Gattin wiederholt und deren psychische Probleme als Ursache der Diffamierung dargestellt. Einem vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten einer Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie (Dr. S.) sei im Rahmen der Sachverhaltsdarstellung zu entnehmen, dass die Gattin des Beschwerdeführers im Zuge der damaligen Auseinandersetzung diesen aufgefordert hätte, sich umzubringen und er daraufhin aus Wut im Garten einen Schuss aus seinem Schrotgewehr abgegeben habe. In diesem Gutachten sei die Wiedererlangung des Waffenpasses ohne Einschränkungen befürwortet worden, weil weder Selbst- noch Fremdgefährdung angenommen werde.

Daran anschließend finden sich folgende Erwägungen der belangten Behörde:

"Gemäß § 12 Abs. 1 Waffengesetz 1996 hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

Dem Arztbrief der Landesnervenklinik Graz sowie auch dem obig bezeichneten Befund ist zu entnehmen, dass Sie am 04.06.2007 mit einem Schrotgewehr im Garten Ihres Wohnhauses in die Luft geschossen haben. Anlass war offensichtlich eine Meinungsverschiedenheit mit ihrer Gattin. Zufolge dieser Aktenlage ist dieser Umstand evident.

Weiters ist für die Sicherheitsdirektion Burgenland evident, dass Sie in einem extrem zerrütteten Verhältnis zu Ihrer Gattin leben bzw. lebten und dieser Vorfall wahrscheinlich nur das Ergebnis von sich aufbauenden Kontroversen war. Bezeichnend dafür ist, dass Sie in einer nach ho Wahrnehmung überschießenden, sehr starren Art und Weise sowohl in Ihrer Vorstellung als auch in Ihrer Berufung gegen Ihre Gattin Stellung beziehen. Dies wird aus ho Sicht auch durch den Aufnahmestatus, dokumentiert im Arztbrief der Landesnervenklinik Graz, bestätigt, wonach Sie inhaltlich auf schwierige Situationen fixiert und in Ihrer Wahrnehmung nicht abrückbar beschrieben werden und Ihre Schilderungen mit überwertigen Ideen gleichzusetzen sind. Gleichzeitig wird in diesem Aufnahmestatus eine Suizidalität nicht ausgeschlossen.

Auf Grund dieses Gesamtbildes, gestützt auch von der Sachverhaltsdarstellung der einschreitenden Beamten wird seitens der Sicherheitsdirektion Burgenland mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen, dass Sie, aus welchen Gründen auch immer Selbstmordabsichten äußerten und das Gewehr gegen Ihren Kopf richteten.

Aus ho Sicht ist Ihr Verhalten als missbräuchliches Verwenden einer Waffe zu verstehen, weil sie sich in keiner solchen Situation befunden haben, die die Verwendung einer Waffe in einem vertretbaren Verhältnis zulässig machen würde. Zudem haben Sie offensichtlich in einer familiären Krisensituation gehandelt, und waren nicht in der Lage ein entsprechendes Alternativverhalten zu setzen, wie es durch die Einleitung des Scheidungsverfahrens, eine Wohnsitzverlegung oder sonstige deeskalierende Maßnahmen möglich gewesen wäre, oder haben auch nicht versucht, eine Lösung auf diesem Weg herbeizuführen. Es ist daher von einer missbräuchlichen Verwendung einer Waffe (Schussabgabe) in einer Situation auszugehen, in der Sie auch Selbstmordabsichten äußerten."

Die Erlassung eines Waffenverbotes diene der Verhütung einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen, wobei genüge, dass konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erweckten, von der Waffe könne ein gesetz- oder zweckwidriger Gebrauch gemacht werden, der die Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit beeinträchtige. Die sorgfaltswidrige Handhabung einer Schusswaffe, nämlich die Abgabe eines Schusses als psychisches Druckmittel in einer Krisensituation, der schlüssige Verdacht der Drohung mit Selbstmord unter Verwendung derselben Waffe, lasse diese Besorgnis zu.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde, zu der der Beschwerdeführer eine ergänzende Stellungnahme abgegeben hat, erwogen:

2.1. Gemäß § 12 Abs 1 WaffG hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

2.2. Die Verhängung eines Waffenverbotes dient der Verhütung von Gefährdungen der in § 12 Abs 1 WaffG bezeichneten Art und setzt nicht voraus, dass es schon zu einem missbräuchlichen Verwenden von Waffen durch den Betroffenen gekommen ist. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger Gebrauch gemacht werden könnte. Hiebei ist nach dem dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck ein strenger Maßstab anzulegen. Der Verbotstatbestand des § 12 Abs 1 WaffG setzt lediglich voraus, dass auf Grund objektiver Sachverhaltsmerkmale eine qualifiziert rechtswidrige Verwendung von Waffen zu befürchten ist (vgl das hg Erkenntnis vom 23. September 2009, Zl 2008/03/0057, mwN).

Ernsthafte Selbstmordabsichten rechtfertigen die Verhängung eines Waffenverbotes (vgl das hg Erkenntnis vom 29. Mai 2009, Zl 2006/03/0087, mwN).

2.3. Im Beschwerdefall gründet sich die Annahme der belangten Behörde, es sei zu befürchten, dass der Beschwerdeführer durch missbräuchliches Verwenden von Waffen die in § 12 Abs 1 WaffG genannten Schutzgüter gefährden könnte, auf einen Vorfall vom 4. Juni 2007, bei dem der Beschwerdeführer - nach den Annahmen der belangten Behörde - im Gefolge eines Streits mit seiner Gattin mit einem Schrotgewehr im Garten seines Wohnhauses in die Luft geschossen und danach Selbstmordabsichten geäußert und das Gewehr gegen seinen Kopf gerichtet habe.

2.4. Der Beschwerdeführer wendet dagegen - wie schon im Verwaltungsverfahren - ein, die behauptete Selbstmordäußerung sei ebenso wie der Vorwurf, das Gewehr gegen seinen Kopf gerichtet zu haben, eine Erfindung seiner Frau. Da diese Behauptung jeglicher Tatsachengrundlage entbehre, sei auch die darauf aufbauende Beurteilung jenes Arztes, der die Unterbringung veranlasst habe, unrichtig. Zudem belegten vom Beschwerdeführer vorgelegte ärztliche Gutachten das Fehlen jeder Fremd- oder Selbstgefährdung.

2.5.1. Zwar trifft es zu, dass die Beweiswürdigung der belangten Behörde zur fraglichen Selbstmorddrohung, die sich nur auf die Angaben in der Anzeige und im Arztbrief vom 8. Juni 2007 stützt, ohne dass auch nur eine Einvernahme der unmittelbar beteiligten Personen erfolgt wäre, obwohl der Beschwerdeführer sich in seiner Berufung im Einzelnen mit den gegen ihn erhobenen Vorwürfen auseinandergesetzt und Einwände gegen die Glaubwürdigkeit seiner Ehegattin erhoben hat, nicht als schlüssig beurteilt werden kann.

2.5.2. Dies führt die Beschwerde aber aus folgenden Gründen nicht zum Erfolg:

Anders als die Beschwerde meint, hat die belangte Behörde, wie die obige Wiedergabe ihrer Begründungsausführungen zeigt, nicht etwa Feststellungen zum behaupteten Schusswaffengebrauch (Abgabe eines Schusses in die Luft) unterlassen. Vielmehr hat sie - in einer diesbezüglich nicht als unschlüssig zu erkennenden Beweiswürdigung - festgestellt, der Beschwerdeführer habe anlässlich einer Meinungsverschiedenheit mit seiner Gattin mit einem Schrotgewehr im Garten seines Wohnhauses in die Luft geschossen. Sie konnte sich hiezu insbesondere auf die Ausführungen im vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten der Sachverständigen Dr. S. vom 22. August 2007 stützen, in dem - basierend auf den Angaben des Beschwerdeführers selbst - ausgeführt wird: "Seine Gattin hätte ihn beschimpft und gesagt - geh doch, geh doch und bring dich um -. Er wurde dann sehr zornig und hat im Garten einen Schuss aus dem Schrotgewehr abgegeben."

Vor dem weiteren Hintergrund, dass der Beschwerdeführer weder in der Vorstellung gegen den Mandatsbescheid noch in der Berufung gegen den Vorstellungsbescheid diesen Umstand in Abrede gestellt hat, obwohl auch der behauptete Schusswaffengebrauch Teil des gegen ihn erhobenen Tatvorwurfs war, werden vom Beschwerdeführer keine Bedenken an der Richtigkeit der in Rede stehenden Feststellung geweckt.

Es ist also der rechtlichen Beurteilung zu Grunde zu legen, dass der Beschwerdeführer - im Gefolge eines Streits mit seiner Ehegattin - aus Zorn im Garten seines Wohnhauses mit seinem Schrotgewehr in die Luft geschossen hat. Diese missbräuchliche Verwendung einer Waffe begründet schon für sich genommen die Besorgnis, dass der Beschwerdeführer - weiterhin - durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte (§ 12 Abs 1 WaffG).

2.6. Der Beschwerdeführer wurde daher durch den bekämpften Bescheid nicht in Rechten verletzt, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 29. Oktober 2009

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