VwGH 2006/03/0087

VwGH2006/03/008729.5.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des MS in S, vertreten durch Mag. Egon Lechner, Rechtsanwalt in 6232 Münster, Entgasse 320, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 14. März 2006, Zl 2/4618/23/05, betreffend Waffenverbot, zu Recht erkannt:

Normen

UbG §3 Z1;
WaffG 1996 §12 Abs1;
UbG §3 Z1;
WaffG 1996 §12 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde über den Beschwerdeführer gemäß § 12 Abs 1 des Waffengesetzes 1996 (WaffG) ein Waffenverbot verhängt.

Die belangte Behörde legte dem folgenden Sachverhalt zu Grunde:

Der Beschwerdeführer sagte am 26. Jänner 2005, nachdem er weinend seinen Arbeitsplatz vorzeitig verlassen hatte, zu seiner damaligen Lebensgefährtin, ihm sei alles zu viel, er werde mit allem Schluss machen und mit allem aufräumen. Obwohl seine Lebensgefährtin ihn nicht gehen lassen wollte und versuchte, mit ihm zu reden, verließ er sie und fuhr nach Hause. Nachdem Versuche seiner Lebensgefährtin, ihn telefonisch zu erreichen, ergebnislos blieben, fuhr sie mit dem Taxi zu ihm nach Hause, weil sie Angst hatte, dass er sich etwas antun könne - sie wusste, dass er sich in einem depressiven Zustand befand (seine frühere Gattin lag im Sterben, er hatte große Probleme mit seinem Schützenverein, sein Sohn benötigte ständig Geld von ihm, und er befand sich in Trennung von seiner Lebensgefährtin). Der Beschwerdeführer, der sich im Keller des Hauses eingeschlossen hatte, öffnete trotz mehrmaliger Aufforderung weder seiner Lebensgefährtin noch von dieser herbeigeholten Nachbarn. Da sie wusste, dass er im Keller Waffen gelagert hatte (wie sich in der Folge herausstellte:

6 Stück Faustfeuerwaffen, 29 Stück Langwaffen und mehr als 1600 Schuss Munition) verständigte sie die Gendarmerie, der sie ihre Befürchtungen mitteilte. Deren Versuche, den Beschwerdeführer zum Öffnen der Tür zu bewegen, scheiterten trotz mehrstündiger Gespräche und Beiziehung eines vom Beschwerdeführer geforderten Freundes. Da der Beschwerdeführer auch seine Zusage, um 15:00 Uhr herauszukommen, nicht einhielt, vielmehr begann, laute Marschmusik zu spielen und auf weiteres Zurufen und Klopfzeichen nicht mehr reagierte, wurde durch Einsatz der "Cobra-Beamten" die Kellertür gesprengt, der Beschwerdeführer in der Folge der Amtsärztin vorgeführt, die wegen akuter Selbst- und Fremdgefährdung (§ 3 Z 1 UbG) die vorläufige Unterbringung in das psychiatrische Krankenhaus H verfügte. Dort blieb der Beschwerdeführer bis 4. Februar 2005 untergebracht.

Ein im Berufungsverfahren eingeholtes psychiatrisches Fachgutachten habe beim Beschwerdeführer "mangelhafte Realitätsprüfung" diagnostiziert (dieser könne nur mangelhaft zwischen Fantasie und Wirklichkeit unterscheiden) und die Aufrechterhaltung des Waffenverbots für angezeigt erachtet.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Erlassung eines Waffenverbots diene der Verhütung von Gefährdungen der in § 12 Abs 1 WaffG bezeichneten Art und setze nicht voraus, dass es schon zu einem missbräuchlichen Verwenden von Waffen durch den Betroffenen gekommen sei. Dabei genüge es, wenn konkrete Umstände vorlägen, die die Besorgnis erweckten, dass von Waffen ein gesetz- oder zweckwidriger Gebrauch gemacht werden könnte.

Auf Grund des vom Beschwerdeführer am 26. Jänner 2005 gesetzten Verhaltens in Verbindung mit dem in der Folge eingeholten Sachverständigengutachten sei die Annahme seiner Gefährlichkeit gerechtfertigt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1. Gemäß § 12 Abs 1 Waffengesetz 1996 (WaffG) hat die Behörde einem Menschen den Besitz von Waffen und Munition zu verbieten (Waffenverbot), wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass dieser Mensch durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

Die Verhängung eines Waffenverbotes dient der Verhütung von Gefährdungen der im § 12 Abs 1 WaffG bezeichneten Art und setzt nicht voraus, dass es schon zu einem missbräuchlichen Verwenden von Waffen durch den Betroffenen gekommen ist. Dabei genügt es, wenn konkrete Umstände vorliegen, die die Besorgnis erwecken, dass von der Waffe ein gesetz- oder zweckwidriger Gebrauch gemacht werden könnte. Hiebei ist nach dem dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck ein strenger Maßstab anzulegen (vgl dazu das hg Erkenntnis vom 8. Juni 2005, Zl 2005/03/0012).

2. Ernsthafte Selbstmordabsichten rechtfertigen die Verhängung eines Waffenverbotes (vgl die hg Erkenntnisse vom 23. April 2008, Zl 2007/03/0041, und vom 23. Oktober 2008, Zl 2005/03/0214).

3. Der Beschwerdeführer tritt den Feststellungen des angefochtenen Bescheides (in dessen Rahmen vom Verwaltungsgerichtshof dessen Rechtmäßigkeit zu prüfen ist) nicht konkret entgegen. Soweit er rügt, er sei nicht "aufgefordert", sondern nur darum "gebeten" worden, die verschlossene Kellertüre zu öffnen, legt er - vor dem Hintergrund der Feststellungen zum Anlassfall - die Relevanz dieser unterschiedlichen Diktion nicht dar.

Soweit der Beschwerdeführer hervorhebt, er habe keinerlei Anzeichen gezeigt, die im Keller gelagerten Waffen tatsächlich missbräuchlich zu verwenden, ist ihm zu entgegnen, dass die Verhängung eines Waffenverbots nicht voraussetzt, dass es bereits zu einem missbräuchlichen Verwenden von Waffen gekommen ist.

Unberechtigt ist schließlich die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers:

Entgegen seinem Vorwurf war die dem psychiatrischen Sachverständigen gestellte Frage nicht verfehlt, lautete der von der belangten Behörde dem Sachverständigen erteilte Gutachtensauftrag - entsprechend § 12 Abs 1 WaffG - doch dahin, ein Gutachten darüber zu erstellen, ob beim Beschwerdeführer aus psychiatrischer Sicht die Gefahr bestehe, dass er durch missbräuchliches Verwenden von Waffen Leben, Gesundheit oder Freiheit von Menschen oder fremdes Eigentum gefährden könnte.

Die Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe die von ihm beantragte Gutachtensergänzung unterlassen, verfängt schon deshalb nicht, weil entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht etwa "nur die Frage, ob der (Beschwerdeführer) zurechnungsfähig ist oder nicht" (Beweisthema zur beantragten Gutachtensergänzung laut Schriftsatz vom 7. März 2006) entscheidungserheblich ist, vielmehr - unabhängig von der Zurechnungsfähigkeit des Betreffenden - die Gefahr einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen im Sinn des § 12 Abs 1 WaffG.

Vor diesem Hintergrund durfte die belangte Behörde auf Grund des festgestellten unstrittigen Sachverhaltes zu Recht von der begründeten Besorgnis ausgehen, der Beschwerdeführer könnte durch missbräuchliches Verwenden von Waffen sein Leben gefährden.

4. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG - in dem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 29. Mai 2009

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