VwGH 2008/01/0592

VwGH2008/01/059216.12.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Jäger, über die Beschwerde der N A in G, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 25. Juni 2008, Zl. FA7C-11- 219/2008-28, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §293;
StbG 1985 §10 Abs1 Z7 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs5 idF 2006/I/037;
ASVG §293;
StbG 1985 §10 Abs1 Z7 idF 2006/I/037;
StbG 1985 §10 Abs5 idF 2006/I/037;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer nigerianischen Staatsangehörigen, vom 28. April 2008 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und ihr Ansuchen auf Erstreckung der Verleihung auf ihre vier minderjährigen Kinder "gemäß §§ 11, 10, 17 und 18 des Staatsbürgerschaftsgesetzes (StbG), BGBl. Nr. 311/1985, i.d.F. BGBl. I Nr. 37/2006" ab.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe (wie sich aus der Stellungnahme des Sozialamtes des Magistrates Graz vom 9. Mai 2008 ergebe) in den letzten drei Jahren vor dem Entscheidungszeitpunkt (27. Februar 2003 bis 12. Oktober 2007) Sozialhilfeleistungen in Höhe von insgesamt EUR 13.045,41 zur Sicherung ihres Lebensbedarfes in Anspruch genommen. Die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 7 in Verbindung mit § 10 Abs. 5 StbG seien daher nicht vorgelegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist.

Gemäß § 10 Abs. 5 StbG ist der Lebensunterhalt (Abs. 1 Z. 7) dann hinreichend gesichert, wenn feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen zum Entscheidungszeitpunkt für die letzten drei Jahre nachgewiesen werden, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten dessen pfändungsfreies Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, nicht zu berücksichtigen.

Die Beschwerdeführerin bestreitet den festgestellten Sozialhilfebezug nicht, sie macht aber gegen den angefochtenen Bescheid geltend, nur eine selbst verschuldete Notlage könne ein Verleihungshindernis bilden. Dass der leibliche Vater ihrer beiden näher bezeichneten Kinder unbekannten Aufenthalts sei, ein gegen diesen Vater bestehender Unterhaltstitel nicht exekutiert werden könne und sie einen Unterhaltsvorschuss nicht beansprucht habe, ihr Betreuungsgeld ausbezahlt werde und sie auf Grund der Erziehung ihrer minderjährigen Kinder derzeit nicht arbeite, könne ihr nicht zum Nachteile gereichen. Ab Herbst 2008 werde sie wieder einer geregelten Beschäftigung nachgehen. Durch ihre Einvernahme hätte sie darlegen können, dass "von einem gesicherten Lebensunterhalt auszugehen ist", bzw. eine allfällige finanzielle Notlage nicht selbst verschuldet sei.

Mit diesem Vorbringen wird eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt.

Mit der zwingenden Verleihungsvoraussetzung eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes gab der Gesetzgeber zu verstehen, dass er die Staatsbürgerschaft nur an Fremde verliehen wissen will, die ihren Lebensunterhalt in Österreich durch entsprechendes Einkommen (oder gleichzusetzende Leistungen) ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften hinreichend gesichert haben. Diese gesetzlichen Voraussetzungen müssen objektiv erfüllt sein; dass den Verleihungswerber am Fehlen eines hinreichend gesicherten Lebensunterhalts im Sinne der vorgenannten Bestimmung kein Verschulden trifft, ist nicht von Belang. Zur Vermeidung einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft hat der Gesetzgeber die Höhe der nachzuweisenden Einkünfte an die Richtsätze des § 293 ASVG angeknüpft. Diese Bestimmung legt die Höhe der Richtsätze derart fest, dass davon ausgegangen wird, dass bei Erreichen eines solchen Einkommens der notwendige Lebensunterhalt, also auch die Bestreitung der Kosten einer Unterkunft, gesichert sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Oktober 2009, Zl. 2007/01/0295, mwN).

Die Staatsbürgerschaftsbehörde hat die Verleihungserfordernisse im Zeitpunkt ihrer Entscheidung zu beurteilen. § 10 Abs. 5 StbG stellt klar, dass in Bezug auf das Erfordernis des hinreichend gesicherten Lebensunterhalts des Einbürgerungswerbers nicht nur auf sein Einkommen im Entscheidungszeitpunkt abgestellt werden soll. Vielmehr erfordert die Annahme eines "hinreichend gesicherten Lebensunterhalts" eine Nachhaltigkeit der Einkommenssicherung, die nach den gesetzlichen Vorgaben nur dann gegeben ist, wenn vom Verleihungswerber zum Entscheidungszeitpunkt feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen für die letzten drei Jahre nachgewiesen werden, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und eine im Gesetz näher umschriebene Mindesthöhe erreichen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. April 2008, Zl. 2007/01/1394).

Dass die Beschwerdeführerin durch eine gegenwärtige Beschäftigung ein Einkommen erzielt, das ihren Lebensunterhalt jetzt und für die Zukunft hinreichend sichere, wird von der Beschwerde für die Zeit "ab Herbst 2008" nur behauptet aber nicht präzisiert. Nach dem zuvor Gesagten wäre eine (allenfalls selbst nachgewiesene) künftige Beschäftigung nicht ausreichend gewesen, um den gesetzlichen Vorgaben des § 10 Abs. 1 Z. 7 in Verbindung mit § 10 Abs. 5 StbG zu entsprechen. Fest steht nämlich, dass die Beschwerdeführerin innerhalb des Zeitraumes von drei Jahren vor der Entscheidung der belangten Behörde Sozialhilfeleistungen bezogen hat, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Damit hat die Beschwerdeführerin das gesetzlich gebotene Verleihungserfordernis nicht erfüllt. Der Unterhaltsanspruch ihrer minderjährigen Kinder (gegen einen Vater mit unbekanntem Aufenthalt) vermag daran nichts zu ändern. Eigene Einkünfte aus Unterhaltsansprüchen hat die Beschwerdeführerin jedenfalls nicht nachgewiesen.

Der mit der Einvernahme der Beschwerdeführerin angestrebte Nachweis einer unverschuldeten finanziellen Notlage bzw. ihres nicht näher präzisierten "hinreichend gesicherten Lebensunterhalts" war unerheblich, weshalb die Unterlassung dieser Beweisaufnahme keinen Verfahrensmangel bewirkte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 16. Dezember 2009

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