VwGH 2007/21/0399

VwGH2007/21/039924.6.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde 1. des SO, und

2. des DO, beide vertreten durch Dr. Gert Weiler, Rechtsanwalt in 8330 Feldbach, Bismarckstraße 8, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres jeweils vom 30. August 2007,

  1. 1.) Zl.149.248/2-III/4/07 (hg.Zl.2007/21/0399) und
  2. 2.) Zl.149.248/3-III/4/07 (hg.Zl.2007/21/0400), betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §252 Abs2;
ASVG §293 Abs1 lita sublitaa;
ASVG §293 Abs1 lita sublitbb;
EMRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs2 Z4;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §11 Abs5;
NAG 2005 §81 Abs1;
ASVG §252 Abs2;
ASVG §293 Abs1 lita sublitaa;
ASVG §293 Abs1 lita sublitbb;
EMRK Art8;
NAG 2005 §11 Abs2 Z4;
NAG 2005 §11 Abs3;
NAG 2005 §11 Abs5;
NAG 2005 §81 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführer, sein Bruder, jeweils Staatsangehörige Nigerias, stellten im Dezember 2004 im Weg der Österreichischen Botschaft in Lagos (Nigeria) Erstanträge auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung "Begünstigter Drittsta.-Ö, § 49 Abs. 1 FrG" unter Bezugnahme auf ihren in Österreich lebenden Vater, einen österreichischen Staatsbürger. Sie beabsichtigen, mit diesem im gemeinsamen Familienverband zu wohnen.

Diese Anträge wies die belangte Behörde mit den angefochtenen, im Wesentlichen gleich lautenden, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden vom 30. August 2007 gemäß § 11 Abs. 2 Z. 4 und Abs. 5 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) ab.

Begründend führte sie aus, dass die Verfahren gemäß § 81 Abs. 1 NAG nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen seien. Inhaltlich lägen Erstanträge auf Erteilung jeweils einer Niederlassungsbewilligung "Angehöriger" vor. Deren stattgebende Erledigung erfordere gemäß § 11 Abs. 2 Z. 4 und Abs. 5 NAG, dass der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanzieller Belastung einer Gebietskörperschaft führen könne. Der Einkommensnachweis sei vom Vater der (volljährigen) Beschwerdeführer als Zusammenführendem im Sinn des § 47 Abs. 3 NAG zu erbringen. Dieser habe zwar eine Haftungserklärung nach § 2 Abs. 1 Z. 15 NAG abgegeben, die jedoch nicht tragfähig sei. Für seine Leistungsfähigkeit sei nämlich auf das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a EO abzustellen. Der Vater der Beschwerdeführer könne sich nur mit dem Betrag, der über sein pfändungsfreies Existenzminimum (derzeit EUR 726,--) hinausgehe, gegenüber den Beschwerdeführern verpflichten. Er beziehe ein monatliches Nettoeinkommen inklusive Sonderzahlungen von rund EUR 1.074,-- und sei "jedenfalls für 4 mj. Kinder unterhaltspflichtig". Ihm stehe somit kein Betrag zur Verfügung, der über dem pfändungsfreien Existenzminimum liege und mit dem er sich für einen Dritten verpflichten könne. Die Leistungsfähigkeit als Haftender sei somit nicht nachgewiesen. In der Folge verneinte die belangte Behörde das Vorliegen aus Art. 8 EMRK ableitbarer Ansprüche auf eine stattgebende Entscheidung.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:

Vorweg ist festzuhalten, dass die gegenständlichen, bei Inkrafttreten des NAG am 1. Jänner 2006 anhängigen Fälle gemäß § 81 Abs. 1 NAG nach diesem Gesetz zu Ende zu führen waren. Unter Berücksichtigung des Zeitpunktes der Bescheiderlassung ist die Rechtslage nach dem NAG idF des BGBl. I Nr. 99/2006 (also idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 122/2009) maßgeblich.

Die belangte Behörde hat die Abweisung der Anträge auf das Fehlen der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung nach § 11 Abs. 2 Z. 4 iVm Abs. 5 NAG gestützt. Bei der Prüfung der hiernach auszuschließenden finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft ist die belangte Behörde zutreffend davon ausgegangen, dass zur Deckung des Lebensbedarfs jedes der Beschwerdeführer ein dem Richtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. bb ASVG (idF BGBl. II Nr. 532/2006) entsprechender Betrag von (damals) EUR 726,-

- monatlich zur Verfügung hätte stehen müssen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. März 2010, Zl. 2008/22/0637 mwN). Mit der Ansetzung des letztgenannten Betrages ist die belangte Behörde also, entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht, im Recht.

Da der Vater der Beschwerdeführer als Zusammenführender mit seiner Ehefrau zusammenlebt, bildet weiters der "Familienrichtsatz" (gemäß § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa ASVG idF BGBl. II Nr. 532/2006 somit EUR 1.091,14 monatlich) die maßgebliche Grundlage für die zur Beurteilung der Tragfähigkeit seiner Haftungserklärung anzustellenden Berechnung (vgl. neuerlich etwa das hg. Erkenntnis vom 18. März 2010, Zl. 2008/22/0637 mwN).

Zur Deckung der Lebensbedürfnisse jedes Beschwerdeführers (für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 252 Abs. 2 ASVG sind keine Hinweise ersichtlich) wäre nach dem Gesagten ein monatliches Nettoeinkommen von jeweils EUR 726,-- erforderlich gewesen. Dieses Erfordernis ist neben dem erwähnten "Familienrichtsatz" (nämlich EUR 1.091,14 monatlich) und den beiden weiters unbeanstandet festgestellten Unterhaltspflichten für minderjährige Kinder mit dem Familieneinkommen des Zusammenführenden und seiner Ehefrau (laut Erstbescheiden und den Ausführungen der diese Feststellung unbeanstandet referierenden Beschwerde: EUR 1.670,-- netto monatlich) für keinen der beiden Beschwerdeführer gedeckt.

Dass ein Aufenthaltstitel gemäß § 11 Abs. 3 NAG zur Aufrechterhaltung des Privat- oder Familienlebens iSd. Art. 8 EMRK zu erteilen gewesen wäre, wird weder in der Beschwerde geltend gemacht, noch ist dies nach den Umständen des vorliegenden Falles ersichtlich.

Die Beschwerde erweist sich demnach im Ergebnis als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Kostenzuspruch stützt sich - im Umfang des Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 24. Juni 2010

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