VwGH 2007/06/0163

VwGH2007/06/016323.11.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde des Dr. HH in X, vertreten durch Dr. Robert Kerschbaumer, Rechtsanwalt in 9900 Lienz, Burghard-Breitner-Straße 4, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 10. Mai 2007, Zl. I-Präs-00598e/2006, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: R Ges.m.b.H. in X, vertreten durch Dr. Martin Dellasega und Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO Tir 2001 §2 Abs13;
BauO Tir 2001 §2 Abs2;
BauO Tir 2001 §25 Abs3;
BauO Tir 2001 §3;
BauO Tir 2001 §6 Abs3;
BauO Tir 2001 §6 Abs6;
BauRallg;
Bauvorschriften Tir 1998 §19;
AVG §8;
BauO Tir 2001 §2 Abs13;
BauO Tir 2001 §2 Abs2;
BauO Tir 2001 §25 Abs3;
BauO Tir 2001 §3;
BauO Tir 2001 §6 Abs3;
BauO Tir 2001 §6 Abs6;
BauRallg;
Bauvorschriften Tir 1998 §19;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Ansuchen vom 5. Mai 2006, beim Magistrat Innsbruck eingelangt am 16. Mai 2006, beantragte die mitbeteiligte Partei die Erteilung einer Baubewilligung für den Neubau einer Wohnanlage und zweier Doppelhäuser auf den Grundstücken Nr. 2/1, .1501, 2/6 und 2/8, EZ 1603 und 3225, KG Q. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des süd-südöstlich angrenzenden Grundstückes Nr. 2/4. Nach den Einreichplänen reicht die südlichste Ecke des südlichsten Doppelhauses bis auf 4,01 m an die Grundstücksgrenze des Beschwerdeführers heran. Ferner ist, von dem genannten Eckpunkt des Doppelhauses nördlich gelegen und an das Doppelhaus angebaut, ein sogenanntes "Carport" mit einer Länge von 5,5 m geplant, das in die Abstandsfläche zur Liegenschaft des Beschwerdeführers hineinragt und bis auf wenige Zentimeter in seinem südlichsten Eckpunkt an die Grundgrenze des Beschwerdeführers heranrückt.

In einer Stellungnahme der Abteilung für Bau-, Wasser- und Betriebsanlagenrecht des Magistrates Innsbruck vom 25. Juli 2006 wurde ausgeführt, dass die Niederschlagswässer für die Zufahrtsstraße von Osten nach Westen an der südlichen Grundgrenze durch ein Drainagerohr gesammelt und in eine Sickermulde abgeleitet und in weiterer Folge in die Rohrrigolversickerung geführt werden sollen. Es sei nicht auszuschließen, dass sich für diesen Abschnitt die Niederschlagswässer hinter der Mauer aufstauten bzw. durch die gesammelten Straßenwässer die Verschmutzungsgefahr für die Filtermulde zu groß sei und anfallende Niederschlagswässer auf die angrenzenden Grundstücke überliefen.

Mit Schreiben der G. GmbH vom 1. August 2006 wurde dem Magistrat Innsbruck mitgeteilt, dass das vorgelegte Versickerungsprojekt abgeändert werde. Die Niederschläge von der Zufahrtsstraße würden wunschgemäß nicht versickert, sondern in den Kanal eingeleitet. Durch die Bauherrschaft werde der Abschluss eines diesbezüglichen Einleitvertrages erfolgen. Es entfielen demnach die Sickermulde "Südost" sowie die vorgesehene Drainage- und Sammelleitung.

Mit Schreiben vom 24. August 2006 erhob der Beschwerdeführer Einwendungen, auf die er auch bei der mündlichen Bauverhandlung vom 30. August 2006 verwies. Darin brachte er, soweit noch verfahrensgegenständlich, vor, dass die Mindestabstände zu seinem Grundstück nicht gewahrt seien. Der Grenzverlauf in der Natur zwischen seinem Grundstück Nr. 2/4 und dem Baugrundstück Nr. 2/6 stimme nicht mit dem im Lageplan der Bauwerberin eingezeichneten Grenzverlauf überein. Der tatsächliche Verlauf sei im südwestlichen Teil der Grenze weiter nordwestlich als im Plan eingezeichnet. In der Natur werde dieser Verlauf durch einen Zaun markiert, der in eine Ligusterhecke eingewachsen sei und sich dort seit mehr als 30 Jahren befinde. Südwestlich des Punktes 13305 verlaufe der Zaun weiter nordwestlich als die im Plan eingezeichnete Grenze. Er ende an der Grenze zum Grundstück Nr. 3/1 etwas weiter nordwestlich des Punktes 25990. Die zu bebauende Grundparzelle Nr. 2/6 liege ferner oberhalb der Liegenschaft des Beschwerdeführers. Aus den Einreichunterlagen sei ersichtlich, dass das angrenzende Bauwerk hinsichtlich des Flugdaches derart ausgestaltet sei, dass es zwingend zur künstlichen Ableitung von Niederschlagswässern direkt auf die Liegenschaft des Beschwerdeführers komme. Dies widerspreche dem mit dem Flächenwidmungsplan garantierten Immissionsschutz, zumal das hanggeneigte Gebiet im gegenständlichen Bereich muren- und wassergefährdet sei. Es seien keine Maßnahmen vorgesehen, die das Ableiten von Niederschlagswässern auf tiefer gelegene Parzellen verhinderten. Im Gegenteil werde auch die parallel zum Grundstück des Beschwerdeführers geplante, schräg abwärts geneigte Fahrbahn als Abflussrinne wirken und derart zur Ausbreitung der Immissionen empfindlich beitragen. Die Bauwerberin habe im Bereich der ableitungsträchtigen Abfahrtsstraße sogar eine Versickerungsmulde projektiert, sohin einen Ableitungskanal, der durch entsprechendes Gefälle die Niederschlagswässer noch beschleunige und diese dadurch, insbesondere bei starken Regenfällen, in gefährlicher Intensität auf die Liegenschaft des Beschwerdeführers leite. Einer Zustimmung des Beschwerdeführers bedürfte es im Übrigen zu den Flugdächern, weil bereits zumindest 50 % der gemeinsamen Grundgrenze verbaut seien. Die geplanten Flugdächer dienten auch als Unterstand für Fahrzeuge, sohin als Lagerort für explosions- und feuergefährliche Stoffe. Eine Feuersbrunst würde unausweichlich auch die Liegenschaft des Beschwerdeführers ergreifen. Es bestünde die Gefahr, dass sich, besonders im Hinblick auf die Hangwinde, ein vom nicht brandgesicherten Flugdach ausgehendes Feuer verstärkte und vorwiegend auf die Liegenschaft des Beschwerdeführers ausbreitete.

Mit Schreiben vom 6. September 2006 legte der Geometer Dr. H. dem Magistrat Innsbruck einen Lageplan vom 5. September 2006 vor, wonach der Abstand der südlichsten Ecke des Doppelhauses von der Liegenschaft des Beschwerdeführers 4,03 m betrage, wobei der Vermerk enthalten ist, der Zaun stehe an der für diese Bemessung maßgeblichen Stelle "auf der Grenze". Das "Carport" befindet sich nach diesem Plan in einem Abstand zwischen 0,23 m und 1,65 m von der Grundgrenze.

Mit Schreiben vom 14. September 2006 teilte die Innsbrucker Kommunalbetriebe AG dem Magistrat Innsbruck mit, dass die Niederschlagswässer des gegenständlichen Grundstückes "bis auf 273 m2 Zufahrtsstraße" auf Eigengrund versickert würden.

In einem Schreiben vom 14. September 2006 hielt die Magistratsabteilung für Bau-, Wasser- und Anlagenrecht fest, dass das Maß der Geringfügigkeit im Sinne der Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes nicht überschritten werde und daher keine gesonderte Bewilligung erforderlich sei.

Die Magistratsabteilung Bau- und Feuerpolizei legte in einem Aktenvermerk vom 2. Oktober 2006 dar, dass es sich bei dem Schutzdach um kein Gebäude oder eine Garage handle. Der überdachte PKW-Stellplatz sei nur an einer Seite zum Wohnhaus geschlossen. Da es sich nur um einen überdachten Stellplatz handle, sei aus feuerpolizeilicher Sicht eine Brandwand an der Grundstücksgrenze nicht erforderlich.

Mit Bescheid vom 5. Oktober 2006 erteilte der Magistrat der Stadt Innsbruck die beantragte Baubewilligung unter der Vorschreibung mehrerer Auflagen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er legte im Wesentlichen dar, dass der Zaunverlauf und auch der Grenzverlauf in dem von der erstinstanzlichen Behörde zugrunde gelegten Geometerplan nur ungefähr und ohne konkrete Orientierung an Vermessungspunkten eingezeichnet worden seien. Der Beschwerdeführer habe selbst einen Geometerplan eingeholt, der den Grenzverlauf exakt beschreibe. Demnach sei ein Abstand von nur 3,97 m gegeben. Nach Auffassung des Beschwerdeführers betrage der Abstand überhaupt nur 3,8 m bzw. 3,5 m (wird näher begründet). Mit gleicher Post sei außerdem ein Grenzfestsetzungsverfahren gerichtlich anhängig gemacht worden. Des Weiteren wiederholte der Beschwerdeführer seine Einwendungen hinsichtlich der Immissionen durch Niederschlagswässer und brachte in Bezug auf die Anbauten an die gemeinsame Grundgrenze vor, dass ihm in erster Instanz bereits zwei Flugdächer genehmigt worden seien, wodurch sich nunmehr eine Verbauung der gemeinsamen Grundgrenze durch das Bauvorhaben der Bauwerberin von mehr als 50 % ergebe. Ein Gutachten zur Brandgefahr sei dem Beschwerdeführer nicht übermittelt worden, und im Hinblick darauf, dass die Flugdächer als Lagerort für explosions- und feuergefährliche Stoffe dienten, müsse davon ausgegangen werden, dass ein zu befürchtendes Brandgeschehen nur durch die Vorschreibung einer Brandschutzmauer hintangehalten werden könne.

Der Berufung beigeschlossen war das Schreiben des Geometers Dr. A. vom 23. Oktober 2006. In diesem legte Dr. A. dar, der relevante Grenzabschnitt sei jener zwischen den Katasterpunkten 13305 und 25990. Hinsichtlich des Punktes 13305 stimme seine Aufnahme mit der des Dr. H. im Wesentlichen überein. Die Koordinaten des Punktes 25990 habe Dr. H. verbessert, wobei Dr. A. im Hinblick auf die dort vorhandenen Gegebenheiten (zwei Zaunsäulen und ein Stein in der Form eines Pyramidenstumpfes mit einer Seitenlänge von ca. 0,22 m) ebenfalls die Koordinaten dieses Punktes neu ermittelt habe. Läge man die Koordinaten des Dr. H. dem Grenzverlauf zugrunde, würde sich nach der Lage des für die Abstandsberechnung maßgeblichen Punktes auf der Grundgrenze ein Seitenabstand des Neubaues von 4,00 m zur Grundgrenze ergeben, nähme man die Werte des Dr. A., so ergäbe sich ein Grenzabstand von 3,97 m. Allerdings müsse bedacht werden, dass Messungen nicht mit absoluter Genauigkeit durchgeführt werden könnten. Dies bedeute, dass sich die Ergebnisse in einem Toleranzbereich halten würden, sodass zwei Messungen durchaus unterschiedliche Werte ergeben könnten. Weiters sei die Definierbarkeit des Grenzpunktes bei der gegebenen Steingröße bzw. Form zu bedenken. Für einen Grenzpunkt betrage die Toleranz laut Vermessungsverordnung 15 cm. Hinsichtlich des Grenzabstandes sei "die Sache jedenfalls sehr knapp" und hänge von den Koordinaten des Punktes 25990 ab. Da es nicht möglich sei, die exakten Werte für den Grenzpunkt zu behaupten, empfehle Dr. A. eine Einigung in einer Grenzverhandlung.

In einem Schreiben vom 11. Februar 2007 teilte Dr. A. dem Beschwerdevertreter Dr. K. mit, verwende man für die Bezugslinie die Koordinaten des Dr. H., so ergebe sich ein Normalabstand von 4,03 m, verwende man für den Punkt 25990 die von ihm ermittelten Werte und die Katasterkoordinaten für Punkt 13305 ergäben sich 4,00 m, setze man an die Stelle der Katasterwerte für Punkt 13305 die Koordinaten laut der Naturaufnahme des Dr. A., ergäbe dies 3,98 m.

In weiterer Folge gaben sowohl die mitbeteiligte Partei eine Stellungnahme vom 16. Februar 2007 als auch der Beschwerdeführer eine Stellungnahme vom 20. März 2007 zum Grenzverlauf ab.

Mit Schreiben vom 8. März 2007 legte Dr. H. dem Magistrat Innsbruck einen am 8. März 2007 geänderten Lageplan vor, aus dem sich ein Abstand von 4,03 m ergibt. Eingezeichnet ist ebenfalls (mit anderer Farbe) eine Vermessung des Dr. A., wonach sich ein Grenzabstand von 4,00 m ergebe. Dr. H. führte dazu aus, am 7. März 2007 habe er in der Natur die im Lageplan in roter Farbe eingezeichneten Punkte (insbesondere den Eckpunkt des geplanten Hauses und jenen Punkt, der bei senkrechter Verbindung für den Seitenabstand maßgeblich ist) abgesteckt, mit Eisenrohren mit Kappe vermarkt, jeweils einen Eichenholzblock gesetzt und das Naturmaß mit Maßband genommen. (Dafür wurde auch eine Fotodokumentation vorgelegt).

Mit Schreiben vom 2. April 2007 äußerte sich der Beschwerdeführer ablehnend und legte ein Schreiben des Dr. A. vom 30. März 2007 vor, aus dem hervorgeht, dass in dem Plan des Dr. H. vom 8. März 2007 für den Eckpunkt des Projektes offensichtlich zwei Abstandsmaße angegeben seien, wobei aber nicht daraus hervorgehe, worauf sie sich bezögen. Dies sei auf Grund des Datenformates auch nicht nachvollziehbar. Der Inhalt des Planes vom 8. März 2007 entspreche nicht der Planverordnung nach der Tiroler Bauverordnung. Wie Dr. A. bereits mehrfach ausgeführt habe, hänge der Nachweis der Einhaltung der Grenzabstände für das Projekt von den verwendeten Koordinatenwerten für die Definition des Grenzverlaufes ab. Ein gemeinsamer Lokalaugenschein der Sachverständigen sei offensichtlich notwendig.

Im Akt befindet sich weiters eine Stellungnahme der Magistratsabteiung Information und Organisation, GIS/Vermessung, vom 24. April 2007. In dieser wird ausgeführt, eine nach einem Lokalaugenschein am 14. März 2007 durchgeführte Vermessung am 3. April 2007 habe ergeben (wie dies auch aus einem beiliegenden Lageplan ersichtlich sei), dass der lotrechte Abstand des südlichen Hauseckes zum Zaun 4,01 m betrage. Die gegenständlichen Punkte (des Lokalaugenscheines und der Vermessung) seien von Dr. H. in der Natur durch Eisenrohre mit Kunststoffmarken kenntlich gemacht worden. Während beim Lokalaugenschein die Maße in der Natur mit einem Maßband grob kontrolliert worden seien (schräge Entfernung, Behinderung durch Bewuchs), seien sie nunmehr mit einem Vermessungsinstrument, das dem derzeitigen Stand der Technik entspreche, bestimmt worden. Daraus erklärten sich auch die Differenzen zwischen den Kontrollmaßen des Lokalaugenscheines und der tatsächlichen Vermessung.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass sich die Genehmigung auch auf die Vermessungsurkunde des Dr. H. vom 8. März 2007 bezieht. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und von Rechtsvorschriften im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe beim Bezirksgericht Innsbruck einen Antrag auf außerstreitige Grenzfestsetzung gestellt. Seien die Abstandsvorschriften aber eingehalten, berühre ein strittiger Grenzverlauf die Baubewilligung nicht. Der Beschwerdeführer habe u.a. vorgebracht, dass seit mehr als 30 Jahren die Grenze nicht wie im Mappenplan dargestellt verlaufe, sondern wie in der Natur durch einen Zaun veranschaulicht, wobei dieser Zaun (im Gegensatz zum geradlinigen Verlauf der Mappe) im südwestlichen Teil der Grenze bogenförmig nördlich in das Grundstück Nr. 2/6 der Bauwerberin hineinrage. Zwischen der Bauwerberin und dem Beschwerdeführer habe stets Einigung bestanden, dass der Zaun den Grenzverlauf bilde. Es sei somit einzig und allein entscheidend, ob der Abstand des südlichen Hauseckes zu dem Zaun eingehalten werde. In diesem Zusammenhang sei am 14. März 2007 ein Ortsaugenschein erfolgt, an dem die Amtssachverständigen Dipl. Ing. R. und Dr. S. teilgenommen hätten. Dabei sei u.a. die Entfernung des Zaunes zu der Hausecke gemäß Lageplan des Dr. H. vom 8. März 2007 gemessen worden. Diese beiden zuvor beschriebenen Punkte seien in der Natur mit Eisenrohren und Kunststoffmarken gekennzeichnet. Der markierte Punkt am Zaun befinde sich tatsächlich an diesem. Die Vermessung mit Maßband habe ergeben, dass die Entfernung 4,05 m betrage.

Im Übrigen schließe sich die Berufungsbehörde den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Amtssachverständigen in der Stellungnahme der Magistratsabteilung für Information und Organisation, GIS/Vermessung, vom 24. April 2007 an. Damit stehe jedenfalls fest, dass der erforderliche Abstand eingehalten sei. Die Frage des Grenzverlaufes als Vorfrage sei daher so zu beurteilen, dass der strittige Grenzverlauf die Baubewilligung nicht berühre, da die Abstandsvorschriften jedenfalls eingehalten seien. Die Frage des strittigen Grenzverlaufes sei daher im Baubewilligungsverfahren nicht als Vorfrage zu entscheiden, da diese Entscheidung zur Beurteilung der Zulässigkeit des Bauvorhabens nicht notwendig sei.

Befürchtete Murenabgänge und die Versickerung von Regenwasser beträfen keine Nachbarrechte. Es werde darüber hinaus darauf verwiesen, dass die Niederschlagswässer der Zufahrtsstraße in den öffentlichen Kanal eingeleitet würden. Für die übrigen Niederschlagswässer sei von der Bauwerberin ein Versickerungsprojekt vorgelegt worden, das ein Amtssachverständiger überprüft habe.

Das Baugrundstück sei ferner als "gemischtes Wohngebiet" gewidmet. Die Größe eines Wohnbaues sei ohne Bedeutung für die Immissionslage. Mit dem Wohnen üblicherweise verbundene Immissionen seien von den Nachbarn hinzunehmen. Für Wohngebäude sei kein ausdrücklicher Immissionsschutz im Tiroler Raumordnungsgesetz 2006 normiert. Diese dürften ohne weiteres im Wohngebiet errichtet werden. Das eingereichte Bauansuchen stehe im Einklang mit der Flächenwidmung. Es liege somit eine widmungskonforme Nutzung vor.

Seine Einwendungen, dass mehr als 50 % der gemeinsamen Grundgrenze verbaut seien, stütze der Beschwerdeführer auf ein Vorbringen in einer Berufung der Bauwerberin in einem den Beschwerdeführer betreffenden Bauverfahren. Dazu werde zunächst festgestellt, dass sich aus den dort eingereichten Plänen ergebe, dass nicht mehr als 50 % der gemeinsamen Grundgrenze verbaut würden. Außerdem habe die nunmehrige Bauwerberin in jenem Verfahren ihre Berufung inzwischen zurückgezogen. Schließlich seien die beiden Bauvorhaben getrennt zu sehen bzw. zu beurteilen. Im vorliegenden Fall ergebe sich aus den eingereichten Plänen, dass nur ein Eck des "Carports" an die Grundgrenze zur Liegenschaft des Beschwerdeführers reiche, sodass nicht mehr als 50 % der gemeinsamen Grundgrenze verbaut sein könnten. In Bezug auf die Brandgefahr werde auf den Amtsvermerk des Amtssachverständigen der Bau- und Feuerpolizei vom 2. Oktober 2006 verwiesen, wonach eine Brandwand an der Grundstücksgrenze nicht erforderlich sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligte Partei, eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens legte die mitbeteiligte Partei eine Vergleichsausfertigung betreffend die inzwischen erfolgte Grenzberichtigung vor, wozu der Beschwerdeführer eine Äußerung erstattete.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, der Beschwerdeführer habe sich niemals auf den in der Natur bestehenden Zaun als Bezugspunkt berufen, sondern stets darauf hingewiesen, dass die wahre (früher durch den Zaunverlauf gebildete) Grenze unkennbar geworden sei, und zwar seit einer seinerzeitigen Versetzung des Zaunes in das Grundstück der nunmehrigen Bauwerberin hinein. Zum heutigen Grenzverlauf habe der Beschwerdeführer stets geltend gemacht, dass sich die wahren grenzrelevanten Bezugspunkte allein aus dem Vermessungsplan des Dr. A vom 23. Oktober 2006 ergäben, woraus ein Grenzabstand von weniger als 4 m folge. Die belangte Behörde hätte die Ergebnisse des anhängigen Grenzfestsetzungsverfahrens nicht außer Acht lassen dürfen. Durch die Vorgangsweise der Behörde, ohne Befassung des Beschwerdeführers im Rahmen eines Ortsaugenscheines auf Grund von Naturmaßen die Grenzfrage selbständig zu lösen, sei auch das Parteiengehör verletzt worden. Wäre der Beschwerdeführer beigezogen worden, hätte er unter Hinzuziehung des von ihm beauftragten Geometers Dr. A darlegen können, dass die von der Behörde erhobenen Naturmaße nichts mit dem Grenzverlauf gemäß dem Vermessungsplan des Dr. A vom 23. Oktober 2006 zu tun hätten, welcher Grenzverlauf Gegenstand des anhängigen Gerichtsverfahrens sei. Der Beschwerdeführer hätte außerdem darlegen können, dass selbst bei Zugrundelegung von Naturmaßen eine Vermischung verschiedener Koordinatensysteme stattgefunden habe und im Falle der branchenüblichen richtigen Verwendung eines einheitlichen Koordinatensystems die Einmessung des künftigen südlichen Hauseckes derart situiert sei, dass sich ein Grenzabstand von weniger als 4 m ergebe.

Der Beschwerdeführer habe im Übrigen immer aufgezeigt, dass es zu Immissionen komme, die mit dem Wohnen üblicherweise nicht verbunden seien. Gerade durch die Ausgestaltung des Flugdaches komme es zwingend zur künstlichen Ableitung von Niederschlagswässern direkt auf das Grundstück des Beschwerdeführers. Eine solche Ableitung werde auch durch weiter nördlich geplante ähnliche Bauwerke zu befürchten sein. Die ebenfalls parallel zur Liegenschaft des Beschwerdeführers geplante, schräg abwärts geneigte Fahrbahn werde als Abflussrinne wirken und Abwässer direkt auf sein Grundstück leiten. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die von der Fahrbahn abgeleiteten Niederschlagswässer in den öffentlichen Kanal eingeleitet würden. Auf Grund des Gefälles der Straße sei dies auch gar nicht möglich, dafür bedürfte es gesonderter Drainagen und Auffangvorrichtungen, die eine direkte Wasserableitung verhinderten. Die solcherart auftretenden Immissionen seien nicht üblicherweise mit dem Wohnen verbunden. Der Flächenwidmungsplan solle auch Beeinträchtigungen durch Hangwässer verhindern. Der mit dem Flächenwidmungsplan verbundene Immissionsschutz ergebe sich bereits daraus, dass gemäß § 3 Abs. 2 der Tiroler Bauordnung 2001 bei der Errichtung von Bauwerken auf Grundstücken, die einer Gefährdung durch Hochwasser, Wildbäche oder andere Naturgefahren ausgesetzt seien, entsprechende bauliche Vorkehrungen zu treffen seien.

Die Ausführungen der belangten Behörde zur Frage, ob mehr als 50 % der gemeinsamen Grundgrenze verbaut seien, seien unschlüssig, weil die Grenzfrage derzeit noch Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens sei. Abgesehen davon rage das Eck des "Carports" mit anderen Gebäudeteilen des bewilligten Bauvorhabens zusammen, wobei auch dieses Zusammenragen als Zusammenbau zu werten sei und schon deshalb mehr als 50 % der gemeinsamen Grundgrenze durch das Bauvorhaben verbaut würden. Die Befürchtungen des Beschwerdeführers betreffend die Brandgefahr seien durch die Ausführungen des Amtssachverständigen vom 2. Oktober 2006 bekräftigt worden, wonach nur an einer Seite, und zwar zum Wohnhaus, nicht aber auf der Seite zum Beschwerdeführer hin eine geschlossene Baulichkeit vorliege. Mangels geeigneter Maßnahmen, wie etwa der Errichtung einer Brandwand, bestehe schon aus diesem Grund erhöhte Feuergefahr. Die Stellplätze müssten brandschutztechnisch nach den für Garagen gemäß § 19 TBV geltenden Vorschriften brandbeständig abgesichert werden.

§ 2 der Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001), LGBl. Nr. 94/2001, lautet auszugsweise:

"§ 2

Begriffsbestimmungen

(1) Bauliche Anlagen sind mit dem Erdboden verbundene Anlagen, zu deren fachgerechten Herstellung bautechnische Kenntnisse erforderlich sind.

(2) Gebäude sind überdeckte, allseits oder überwiegend umschlossene bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden können und die dazu bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen.

...

(13) Garagen sind Gebäude oder Gebäudeteile, die zum Einstellen von Kraftfahrzeugen bestimmt sind.

(14) Stellplätze sind außerhalb von Gebäuden liegende Flächen, die zum Abstellen von Kraftfahrzeugen bestimmt sind.

..."

§ 3 TBO 2001 idF LGBl. Nr. 35/2005 lautet:

"§ 3

Grundstücke für bauliche Anlagen

(1) Bauliche Anlagen dürfen nur auf Grundstücken errichtet werden, die sich nach ihrer Widmung, Lage, Form, Größe und Bodenbeschaffenheit für die vorgesehene Bebauung eignen und die eine dem vorgesehenen Verwendungszweck entsprechende, rechtlich gesicherte Verbindung mit einer öffentlichen Verkehrsfläche haben.

(2) Auf Grundstücken, die einer Gefährdung durch Lawinen, Hochwasser, Wildbäche, Steinschlag, Erdrutsch oder andere gravitative Naturgefahren ausgesetzt sind, sind der Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden sowie die Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden nur unter der Voraussetzung zulässig, dass durch die Anordnung oder die bauliche Beschaffenheit des Gebäudes oder durch sonstige bauliche Vorkehrungen im Bereich des Gebäudes ein im Hinblick auf den vorgesehenen Verwendungszweck ausreichender Schutz vor Naturgefahren gewährleistet ist. Soweit aktuelle Gefahrenzonenpläne vorhanden sind, ist bei der Beurteilung der Gefahrensituation darauf Bedacht zu nehmen.

(3) Gebäude und sonstige bauliche Anlagen sind auf den Grundstücken so anzuordnen, dass sie sicher zugänglich sind und dass der wirksame Einsatz von Feuerlösch- und Rettungsgeräten gewährleistet ist.

(4) Gebäude dürfen nur auf Grundstücken errichtet werden, bei denen eine dem vorgesehenen Verwendungszweck entsprechende Wasser- und Energieversorgung sowie Entsorgung der Abwässer und der Niederschlagswässer sichergestellt ist."

§ 6 TBO 2001 lautet auszugsweise:

"§ 6

Abstände baulicher Anlagen

von den übrigen Grundstücksgrenzen

und von anderen baulichen Anlagen

(1) Sofern nicht aufgrund der in einem Bebauungsplan festgelegten geschlossenen oder besonderen Bauweise oder aufgrund von darin festgelegten Baugrenzlinien zusammenzubauen bzw. ein anderer Abstand einzuhalten ist, muss jeder Punkt auf der Außenhaut von baulichen Anlagen gegenüber den Grenzen des Bauplatzes zu den angrenzenden Grundstücken mindestens einen horizontalen Abstand aufweisen, der

a) im Gewerbe- und Industriegebiet, im Kerngebiet, auf Sonderflächen nach den §§ 43 bis 47 und 50 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001 und im Freiland das 0,4fache des lotrechten Abstandes zwischen dem betreffenden Punkt und dem Geländeniveau darunter, jedenfalls aber drei Meter, zum übrigen Bauland, zu Sonderflächen nach den §§ 48, 49 und 51 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001 und zu Vorbehaltsflächen jedoch das 0,6fache dieses Abstandes, jedenfalls aber vier Meter, und

b) im übrigen Bauland, auf Sonderflächen nach den §§ 48, 49 und 51 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001 und auf Vorbehaltsflächen das 0,6fache des lotrechten Abstandes zwischen dem betreffenden Punkt und dem Geländeniveau darunter, jedenfalls aber vier Meter,

beträgt. Wurde das Geländeniveau durch die Bauführung oder im Hinblick auf eine beabsichtigte Bauführung verändert, so ist bei der Berechnung der Abstände nach lit. a und b vom Geländeniveau vor dieser Veränderung auszugehen. Andernfalls ist vom bestehenden Geländeniveau auszugehen. Dies gilt auch dann, wenn eine Geländeveränderung mehr als zehn Jahre zurückliegt. Ist jedoch in einem Bebauungsplan eine Höhenlage festgelegt, so ist in allen Fällen von dieser auszugehen.

...

(3) Folgende bauliche Anlagen oder Bauteile dürfen in die Mindestabstandsflächen von 3 bzw. 4 m ragen oder innerhalb dieser errichtet werden:

a) oberirdische bauliche Anlagen, die ausschließlich dem Schutz von Sachen oder Tieren dienen und deren mittlere Wandhöhe bzw. Höhe auf der der Grundstücksgrenze zugekehrten Seite 2,80 m, im Gewerbe- und Industriegebiet 3,50 m, nicht übersteigt, wenn sie in den Mindestabstandsflächen keine Rauchfang-, Abgasfang- oder Abluftfangmündungen aufweisen, einschließlich der Zufahrten; oberirdische bauliche Anlagen, die dem Schutz von Tieren dienen, dürfen in den Mindestabstandsflächen auch keine sonstigen Öffnungen ins Freie aufweisen; die Ausstattung von oberirdischen baulichen Anlagen mit begehbaren Dächern ist nur zulässig, wenn diese höchstens 1,50 m über dem anschließenden Gelände liegen oder wenn der betroffene Nachbar dem nachweislich zustimmt; begehbare Dächer dürfen mit einer höchstens 1 m hohen Absturzsicherung ausgestattet sein;

b) oberirdische bauliche Anlagen, die dem Aufenthalt von Menschen dienen, wie Terrassen, Pergolen und dergleichen, wenn sie überwiegend offen sind, sowie offene Schwimmbecken;

c) Stützmauern, Geländer, Brüstungen, Einfriedungen und dergleichen bis zu einer Höhe von insgesamt 2 m, im Gewerbe- und Industriegebiet bis zu einer Höhe von insgesamt 2,80 m, jeweils vom höheren anschließenden Gelände gemessen, außer der betroffene Nachbar stimmt einer größeren Höhe nachweislich zu;

  1. d) Stellplätze einschließlich der Zufahrten;
  2. e) unterirdische bauliche Anlagen, wenn sie in den Mindestabstandsflächen keine Rauchfang-, Abgasfang- oder Abluftfangmündungen aufweisen;

    f) Flutlichtanlagen und sonstige Beleuchtungseinrichtungen mit Zustimmung des betroffenen Nachbarn.

    ...

(6) Die Mindestabstandsflächen von 3 bzw. 4 m dürfen insgesamt nur im Ausmaß von höchstens 15 v. H. der Fläche des Bauplatzes mit oberirdischen baulichen Anlagen im Sinne des Abs. 2 lit. a und Abs. 3 verbaut werden. Dabei bleiben bauliche Anlagen nach Abs. 3 lit. c und d sowie Pflasterungen und dergleichen unberücksichtigt. Oberirdische bauliche Anlagen nach Abs. 3 lit. a und b dürfen überdies nur in einem solchen Ausmaß errichtet werden, dass gegenüber den angrenzenden Grundstücken zu jeder Seite hin mindestens die Hälfte der gemeinsamen Grenze von baulichen Anlagen frei bleibt, außer der betroffene Nachbar stimmt einer weitergehenden Verbauung nachweislich zu. Gemeinsame Grenzen von weniger als 3 m Länge auf einer Seite bleiben unberücksichtigt.

...

(10) Bei baulichen Anlagen, deren Errichtung an der Bauplatzgrenze zulässig ist, dürfen Dächer und Einrichtungen zur Ableitung von Niederschlagswasser über die Bauplatzgrenze ragen, wenn der betroffene Nachbar dem nachweislich zustimmt."

§ 25 Abs. 3 TBO 2001 lautet:

"(3) Nachbarn, deren Grundstücke unmittelbar an den Bauplatz angrenzen oder deren Grenzen zumindest in einem Punkt innerhalb eines Abstandes von 5 m zu einem Punkt der Bauplatzgrenze liegen, sind berechtigt, die Nichteinhaltung folgender bau- und raumordnungsrechtlicher Vorschriften geltend zu machen, soweit diese auch ihrem Schutz dienen:

a) der Festlegungen des Flächenwidmungsplanes, soweit damit ein Immissionsschutz verbunden ist;

  1. b) der Bestimmungen über den Brandschutz;
  2. c) der Festlegungen des Bebauungsplanes hinsichtlich der Baufluchtlinien, der Baugrenzlinien, der Bauweise und der Bauhöhe;
  3. d) der Abstandsbestimmungen des §6;
  4. e) im Fall, dass ein allgemeiner Bebauungsplan und ein ergänzender Bebauungsplan oder ein Bebauungsplan mit den Festlegungen des allgemeinen und des ergänzenden Bebauungsplanes nicht bestehen, das Fehlen der Voraussetzungen nach §55Abs.1 oder §113Abs.1 des TirolerRaumordnungsgesetzes2006."

    § 38 Tiroler Raumordnungsgesetz 2006 (TROG 2006) lautet:

    "§ 38

    Wohngebiet

(1) Im Wohngebiet dürfen errichtet werden:

  1. a) Wohngebäude,
  2. b) Gebäude, die der Unterbringung von nach §12Abs.1lit.b zulässigen Ferienwohnungen oder der Privatzimmervermietung dienen,

    c) Gebäude, die neben Wohnzwecken im untergeordneten Ausmaß auch der Unterbringung von Büros, Kanzleien, Ordinationen und dergleichen dienen,

    d) Gebäude für Betriebe und Einrichtungen, die der täglichen Versorgung oder der Befriedigung der sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung des betreffenden Gebietes dienen und die unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten die Wohnqualität im betreffenden Gebiet, insbesondere durch Lärm, Geruch, Luftverunreinigungen oder Erschütterungen, und dessen Charakter als Wohngebiet nicht wesentlich beeinträchtigen.

(2) Im Wohngebiet können Grundflächen als gemischtes Wohngebiet gewidmet werden. Im gemischten Wohngebiet dürfen neben den im Abs. 1 genannten Gebäuden auch öffentliche Gebäude, Geschäfts- und Verwaltungsgebäude, Gebäude für Gastgewerbebetriebe zur Beherbergung von Gästen mit höchstens 40 Betten und Gebäude für sonstige Kleinbetriebe errichtet werden, die unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten die Wohnqualität im betreffenden Gebiet, insbesondere durch Lärm, Geruch, Luftverunreinigungen oder Erschütterungen, und dessen Charakter als Wohngebiet nicht wesentlich beeinträchtigen.

(3) Bestehen auf Grundflächen, die als Wohngebiet oder gemischtes Wohngebiet gewidmet sind, rechtmäßig bereits Gebäude für andere als die im Wohngebiet bzw. im gemischten Wohngebiet zulässigen Betriebe oder Einrichtungen, so dürfen darauf auch Gebäude für diese Betriebe oder Einrichtungen errichtet werden, wenn dadurch

a) gegenüber dem Baubestand im Zeitpunkt der Widmung als Wohngebiet bzw. gemischtes Wohngebiet die Baumasse mit Ausnahme jener von Nebengebäuden um insgesamt nicht mehr als 20 v. H., höchstens jedoch um 400 m3, vergrößert wird und die betriebliche oder sonstige Tätigkeit gegenüber diesem Zeitpunkt höchstens geringfügig erweitert wird und

b) die Wohnqualität im betreffenden Gebiet, insbesondere durch Lärm, Geruch, Luftverunreinigungen oder Erschütterungen, und dessen Charakter als Wohngebiet nicht wesentlich oder, sofern vom betreffenden Betrieb bzw. von der betreffenden Einrichtung solche Beeinträchtigungen bereits ausgehen, nicht mehr als bisher beeinträchtigt wird.

(4) Im Wohngebiet und im gemischten Wohngebiet dürfen unter den gleichen Voraussetzungen wie für Gebäude auch Nebengebäude und Nebenanlagen errichtet werden. Weiters dürfen sonstige Bauvorhaben, die einem im jeweiligen Gebiet zulässigen Verwendungszweck dienen und die unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten die Wohnqualität im betreffenden Gebiet, insbesondere durch Lärm, Geruch, Luftverunreinigungen oder Erschütterungen, und dessen Charakter als Wohngebiet nicht wesentlich beeinträchtigen, ausgeführt werden."

Zunächst ist festzuhalten, dass die Aufzählung der Nachbarrechte im § 25 Abs. 3 TBO 2001 taxativ ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2010, Zl. 2008/06/0172).

Der Beschwerdeführer kann daher eine Verletzung der Bestimmungen über den Brandschutz geltend machen. Soweit er sich darauf beruft, dass die Bestimmungen der Technischen Bauvorschriften 1998 über Garagen (§ 19 der Technischen Bauvorschriften 1998) einzuhalten gewesen wären, ist ihm aber entgegenzuhalten, dass Garagen Gebäude oder Gebäudeteile sind (§ 2 Abs. 13 TBO 2001), wobei Gebäude überdeckte, allseits oder überwiegend umschlossene bauliche Anlagen sind, die von Menschen betreten werden können und dazu bestimmt sind, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen (§ 2 Abs. 2 TBO 2001).

Das im Nahebereich seiner Grundgrenze errichtete "Carport" stellt kein Gebäude und damit auch keine Garage im Sinne der genannten Bestimmungen dar. Es bedarf daher auch nicht der Einhaltung des § 19 der Technischen Bauvorschriften 1998. Der belangten Behörde kann somit nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie den Ausführungen des Sachverständigen vom 2. Oktober 2006 gefolgt ist, wonach aus feuerpolizeilicher Sicht an der Grundstücksgrenze eine Brandwand nicht erforderlich ist.

Hinsichtlich der Ableitung von Niederschlagswässern ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, dass er mit diesem Vorbringen kein Nachbarrecht im Sinne des § 25 Abs. 3 TBO 2001 geltend macht. Die von ihm herangezogenen Regelungen des § 3 TBO 2001 dienen dem Schutz des Bauwerbers und der Personen, die sich in der Baulichkeit aufhalten, allenfalls darüber hinaus dem öffentlichen Interesse an einer den Naturgefahren angemessenen Bebauung, nicht jedoch dem Interesse des Nachbarn (vgl. auch Schwaighofer, Tiroler Baurecht, Praxiskommentar, S. 64 f Rz 24). Auch die Festlegung eines gemischten Wohngebietes durch den Flächenwidmungsplan beinhaltet im Hinblick auf Wohngebäude keinen derartigen Immissionsschutz, wie sich aus § 38 ROG 2006 ergibt. Dass Dächer oder Einrichtungen zur Ableitung von Niederschlagswasser über die Bauplatzgrenze ragen (vgl. § 6 Abs. 10 TBO 2001), hat der Beschwerdeführer nicht behauptet.

Der Beschwerdeführer macht des Weiteren geltend, dass die Bestimmung des § 6 Abs. 6 TBO 2001 insofern verletzt sei, als nicht mindestens die Hälfte der gemeinsamen Grenze von baulichen Anlagen frei bleibe. Der Begründung des in Beschwerde gezogenen Bescheides ist diesbezüglich zu entnehmen, dass es eine (für die Frage der Verbauung der gemeinsamen Grundgrenze offenbar relevante) Baubewilligung für den Beschwerdeführer gibt, gegen die die nunmehrige Bauwerberin seinerzeit Berufung erhoben hat. Diese Berufung habe sie in der Zwischenzeit aber zurückgezogen. Unzutreffend ist in diesem Zusammenhang die Auffassung der belangten Behörde, dass die beiden Bauvorhaben (das seinerzeitige des Beschwerdeführers und das nunmehrige der Mitbeteiligten) getrennt zu sehen und zu beurteilen seien. Wesentlich ist es vielmehr, dass der Abstand an beiden Seiten der gemeinsamen Grundstücksgrenze, eben nach jeder Seite hin, gewahrt sein muss. Es kann daher auch für die Ermittlung der Länge der Verbauung der gemeinsamen Grenze nicht isoliert auf jede einzelne Seite der Grenze abgestellt werden. Im Ergebnis könnte sonst nämlich die gesamte Grenze zugebaut werden, und zwar von jedem Nachbarn bis zur Hälfte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. März 2010, Zl. 2006/06/0214, mwN).

Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass auch rechtskräftige Baubewilligungen auf der anderen Seite der Grundgrenze als auf der vom nunmehrigen Bauvorhaben betroffenen eine Rolle spielen, solange diese noch konsumiert werden können, also noch nicht, etwa durch Fristablauf oder Verzicht, erloschen sind (vgl. § 27 TBO 2001). Die belangte Behörde hätte daher feststellen müssen, welche Baulichkeiten auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers errichtet wurden bzw. errichtet werden dürfen, und ausgehend davon zu beurteilen gehabt, ob die Bestimmung der Regelung des § 6 Abs. 6 TBO 2001 betreffend die Hälfte der Grenze verletzt wird.

Hingewiesen wird in diesem Zusammenhang darauf, dass zwar die eingereichten "Carports" keine Gebäude sind, sie sind aber bauliche Anlagen (§ 2 Abs. 1 TBO 2001; § 6 Abs. 3 lit. a TBO 2001) und keine bloßen Flächen, die zum Abstellen von Kraftfahrzeugen bestimmt sind, sie sind also somit keine bloßen Stellplätze (§ 2 Abs. 14 TBO 2001), die bei der Berechnung im Sinne des § 6 Abs. 6 TBO 2001 (vgl. den Verweis auf § 6 Abs. 3 lit. d TBO 2001) unberücksichtigt blieben.

Bemerkt wird ferner, dass es auch nicht darauf ankommt, ob das "Carport" nur mit einer Ecke nahe an die Grundgrenze heranragt. Bei der Regelung des § 6 Abs. 3 und 6 TBO 2001 geht es nämlich um die Freihaltung der Mindestabstandsflächen insgesamt und nicht nur um Anbauten unmittelbar an der Grenze.

Hinsichtlich der Einhaltung der übrigen Abstandsbestimmungen des § 6 TBO 2001 ist schließlich darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer mit seiner Berufung das Schreiben des Dr. A vom 23. Oktober 2006 mit zugehörigem Plan vorgelegt hat. Darin hat Dr. A ausgeführt, dass der relevante Grenzabschnitt (in dem sich jener Punkt befindet, der für die Berechnung des Abstandes des neuen Gebäudes zur Grundgrenze maßgeblich ist) jener ist, der zwischen den Katasterpunkten 13305 und 25990 liegt. Hinsichtlich der Koordinaten des Punktes 25990 gelangte Dr. A. zu einem anderen Ergebnis als Dr. H, was dazu führte, dass durch die Verschiebung der Verbindungslinie zwischen den Punkten 13305 und 25990 auch der für die Bemessung des Abstandes maßgebliche Grenzpunkt an verschiedenen Stellen zu liegen kam. Es ist daher unzutreffend, wenn die belangte Behörde in ihrer Bescheidbegründung davon ausgegangen ist, dass die Lage des für die Abstandsberechnung maßgebenden Grenzpunktes unstrittig sei.

Im Übrigen ist es zwar zutreffend, dass dann, wenn die Abstände jedenfalls eingehalten sind, der genaue Grenzverlauf keiner Vorfragenbeurteilung durch die Baubehörde mehr bedarf. Davon kann aber im vorliegenden Fall keine Rede sein, hat doch Dr. A einen Seitenabstand von 3,97 m festgestellt. Die belangte Behörde hat daher in ihrer Entscheidung, auch wenn das in der Bescheidbegründung nicht eindeutig zum Ausdruck kommt, den Verlauf der Grundgrenze insofern als Vorfrage beurteilt, als sie davon ausgegangen ist, dass diese dort verläuft, wo sich im maßgeblichen Punkt derzeit der Zaun befindet.

Abgesehen davon, dass sie sich bei dieser Vorfragenbeurteilung jedenfalls auch mit den Ausführungen des Dr. A vom 23. Oktober 2006 hätte auseinandersetzen müssen, ist die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers berechtigt, dass die belangte Behörde hinsichtlich der von ihr amtswegig veranlassten Ermittlungsergebnisse eines Lokalaugenscheines vom 14. März 2007 und einer Vermessung vom 3. April 2007, auf die sie sich im angefochtenen Bescheid gestützt hat, Parteiengehör zu gewähren gehabt hätte. Es ist auch keineswegs ausgeschlossen, dass bei der Gewährung eines solchen Parteiengehöres ein anderes Ergebnis als jenes, das die belangte Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat, erzielt worden wäre. Die belangte Behörde hat den Parteien des Verfahrens gegenüber auch nicht offengelegt, welche neuen Vermessungsinstrumente bei den Vermessungen am 3. April 2007 zum Einsatz gekommen sind. Auch diesbezüglich stünde aber jedenfalls Parteiengehör zu.

Der angefochtene Bescheid war im Hinblick auf die vorrangig wahrzunehmende Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Kostenersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da die Umsatzsteuer in den Pauschalbeträgen der genannten Verordnung bereits berücksichtigt ist.

Wien, am 23. November 2010

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