Normen
AVG §8;
BauO Wr §134a Abs1 litb;
BauO Wr §5 Abs4 liti;
BauO Wr §81 Abs2;
BauO Wr §81 Abs4;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §8;
BauO Wr §134a Abs1 litb;
BauO Wr §5 Abs4 liti;
BauO Wr §81 Abs2;
BauO Wr §81 Abs4;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat den Beschwerdeführern insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die mitbeteiligte Partei ist Eigentümerin des Grundstückes Nr. 586/8 der Liegenschaft EZ 626, Grundbuch Obersievering (in der Folge: Baugrundstück). Dieses rund 900 m2 große Grundstück grenzt im Osten in einer Länge von über 20 m an die öffentliche Verkehrsfläche Siolygasse und erstreckt sich über 45 m Richtung Westen.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37, vom 1. Dezember 2003 wurden für das Baugrundstück der mitbeteiligten Partei antragsgemäß nach § 9 der Bauordnung für Wien die Bebauungsbestimmungen wie folgt bekannt gegeben (auszugsweise):
"Die Baulinie ist durch die Linie a-b für die 8,00 m breite Siolygasse gegeben.
Die durch den Bebauungsplan festgesetzte Baufluchtlinie sowie die Grenzlinie sind im beiliegenden Plan festgehalten.
Aus dem Bebauungsplan ergibt sich für die Liegenschaft an der Siolygasse:
Wohngebiet, Bauklasse I (eins) und die offene oder gekuppelte
Bauweise.
Es bestehen folgende Bebauungsbeschränkungen:
- In der Bauklasse I (eins) beträgt die Gebäudehöhe maximal 7,5 m.
- ...
- Bei den innerhalb des Baulandes zur Errichtung gelangenden Gebäuden darf der höchste Punkt des Daches nicht höher als 4,5 m über der ausgeführten Gebäudehöhe liegen.
- Soweit die zulässige Gebäudehöhe nach § 81 (2) der BO für Wien zu ermitteln ist, wird für die Gliederung der Baumassen bestimmt, dass keine Front eine Fläche aufweisen darf, die größer ist als das Produkt aus der Länge der Front und der höchstzulässigen Gebäudehöhe. Der obere Abschluss der Gebäudefronten darf überdies an keiner Stelle höher als das um 1,5 m vermehrte Ausmaß der zulässigen Gebäudehöhe über dem anschließenden Gelände liegen.
- ..."
Die Bebauungsbestimmungen ergeben sich aus dem Bebauungsplandokument Nr. 6665.
Die festgesetzte Baufluchtlinie verläuft parallel zur Baulinie um 5 m nach Westen versetzt.
Alle Beschwerdeführer sind seitliche Nachbarn.
Die erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien sind je zur Hälfte Eigentümer des im Süden an das Baugrundstück über eine Länge von 24 m angrenzenden, an der Siolygasse liegenden Grundstückes Nr. 586/24 der Liegenschaft EZ 627, Grundbuch Obersievering.
Die drittbeschwerdeführende Partei ist Eigentümerin des nördlich an das Baugrundstück in einer Länge von rund 21 m grenzenden, ebenfalls an der Siolygasse liegenden Grundstückes Nr. 586/7 der Liegenschaft EZ 625, Grundbuch Obersievering.
Im Westen grenzt an das Grundstück Nr. 586/7 der drittbeschwerdeführenden Partei das Grundstück Nr. 585/1 der Liegenschaft EZ 632, Grundbuch Obersievering. Im Süden grenzt dieses Grundstück zur Gänze an das Baugrundstück. Die viertbeschwerdeführende Partei ist Miteigentümer des Grundstückes Nr. 585/1, Grundbuch Obersievering, mit welchem das Wohnungseigentum an einer bestimmten Wohnung eines auf diesem Grundstück errichteten Hauses verbunden ist.
Die mitbeteiligte Partei hat mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2005, der bei der Baubehörde am 19. Dezember 2005 eingelangt ist, Baupläne betreffend die Errichtung eines Wohnhausneubaus auf dem Baugrundstück für die Genehmigung im vereinfachten Baubewilligungsverfahren gemäß § 70a der Bauordnung für Wien eingebracht. Das Bauvorhaben wurde von der Baubehörde nicht untersagt; der Baubeginn wurde mit 8. Mai 2006 angezeigt.
Die Beschwerdeführer haben mit Eingabe vom 27. Juli 2006 Einwendungen gegen das Bauvorhaben erhoben. Sie sprachen sich u. a. gegen die Überschreitung der höchstzulässigen Gebäudehöhe aus.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 64, vom 7. September 2006 wurden die Einwendungen der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen bzw. als unzulässig zurückgewiesen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführer hat die belangte Behörde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid abgewiesen.
Entscheidungswesentlich führte die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides aus, dass die Gebäudehöhe im Beschwerdefall gemäß § 81 Abs. 2 Bauordnung für Wien zu berechnen sei. Den Einreichplänen sei zu entnehmen, dass die Gebäudehöhe sowohl an der West- als auch an der Ostfassade und damit auch an der Nord- und an der Südfassade als Giebelfronten 7,50 m betrage. Eine Überschreitung der zulässigen Gebäudehöhe - selbst in dem von der Bauordnung für Wien sowie den im Bezug habenden Plandokument Nr. 6665 festgesetzten Bebauungsbestimmungen im Zuge des Flächenausgleiches zulässigen Ausmaß - liege somit nicht vor. Auch die Ermittlung der Größe der Giebelfläche sei von der Baubehörde erster Instanz richtig beurteilt worden. Die Giebelfläche, die im Regelfall den seitlichen lotrechten Dachabschluss bilde, sei beim gegenständlichen Bauvorhaben nicht zur Gänze tatsächlich ausgeführt, sondern auf Grund der als Staffelgeschoss ausgeformten zwei Dachgeschosse teilweise nur als gedachte Giebelfläche vorhanden. Sie sei aber ebenso wenig wie eine tatsächlich ausgeführte Giebelfläche für die Ermittlung der Fassadenflächen heranzuziehen; die vorliegende Berechnung der Fassadenflächen stelle sich als korrekt dar. In der Bauordnung für Wien sei auch keine Beschränkung der Art festgelegt, dass die Ausführung eines Giebels lediglich an der schmäleren Seite eines Gebäudes zulässig wäre. Es stelle sich daher im Sinne der Baufreiheit auch die Ausformung einer Giebelfläche an der Längsfront eines Gebäudes und damit die Ausformung des Firstes als Flachdach - wie im gegenständlichen Bauvorhaben geplant - als zulässig dar; diese Giebelfläche sei deshalb auch nicht in die Bemessung der Gebäudehöhe mit einzubeziehen. Die beiden Dachgeschosse seien weiters nicht als Hauptgeschosse anzusehen, auch wenn sie keine Dachschrägen wie bei einem konventionellen Dachausbau aufwiesen, da durch diese beiden Geschosse der zulässige Gebäudeumriss - wie bereits ausgeführt - nicht überschritten werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführer machen Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde sowie Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragen, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Die Beschwerdeführer replizierten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das der Beschwerde zu Grunde liegende Bauvorhaben stimmt in seinen Ausmaßen - mit Ausnahme der im gegenständlichen Fall nicht mehr vorgesehenen Aufschüttungen des Baugrundstückes - mit dem Bauvorhaben, das Gegenstand des hg. Erkenntnisses vom 30. Jänner 2007, Zl. 2005/05/0315, war, überein. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird daher auf dieses Erkenntnis gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen.
Auch im Beschwerdefall ist die Regelung des § 81 Abs. 4 Bauordnung für Wien in der Fassung vor der am 29. August 2007 in Kraft getretenen Bauordnungsnovelle, LGBl. Nr. 31/2007, anzuwenden. Diese Bestimmung hat daher in der hier anzuwendenden Fassung folgenden Wortlaut:
"(4) Durch das Gebäude darf jener Umriss nicht überschritten werden, der sich daraus ergibt, dass in dem nach Abs. 1 bis 3 für die Bemessung der Gebäudehöhe maßgeblichen oberen Abschluss der Gebäudefront ein Winkel von 45 Grad , im Gartensiedlungsgebiet von 25 Grad , von der Waagrechten gegen das Gebäudeinnere ansteigend, angesetzt wird. Ist im Bebauungsplan eine besondere Bestimmung über die Höhe oder die Form der Dächer festgesetzt, ist der dieser Festsetzung entsprechende Winkel für die Bildung des Gebäudeumrisses maßgebend."
Auch im Beschwerdefall hat die belangte Behörde ihrer Beurteilung des Gebäudeumrisses zwar § 81 Abs. 4 erster Satz Bauordnung für Wien zu Grunde gelegt und für die Ermittlung des Umrisses von der maßgeblichen Waagrechten gegen das Gebäudeinnere ansteigend einen 45 Grad igen Winkel angesetzt. Unberücksichtigt geblieben ist jedoch die Anordnung des § 81 Abs. 4 zweiter (letzter) Satz leg. cit., wonach dann, wenn im Bebauungsplan eine besondere Bestimmung über die Höhe oder die Form der Dächer festgesetzt ist, der dieser Festsetzung entsprechende Winkel für die Bildung des Gebäudeumrisses maßgebend ist. Ausgehend von der maßgeblichen Länge der Gebäudefront (rund 33 m) beträgt der hier entsprechende Winkel für die Bildung des Gebäudeumrisses unter Beachtung des höchstzulässigen Punktes des Daches maßgeblich weniger als der von der belangten Behörde angenommene 45 Grad ige Winkel. Damit wird der im Sinne des § 81 Abs. 4 erster Satz Bauordnung für Wien zu bildende Umriss vom bewilligten Bauvorhaben überschritten.
Auf Grund ihrer Rechtsauffassung, die die Festsetzung des entsprechenden Winkels für die Bildung des Gebäudeumrisses im Sinne des § 81 Abs. 4 zweiter Satz Bauordnung für Wien unbeachtet lässt, hat sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht mit der weiteren auf § 5 Abs. 4 lit. i Bauordnung für Wien gestützten Regelung des Bebauungsplanes über die Gliederung der Baumassen bei der Ermittlung der zulässigen Gebäudehöhe nach § 81 Abs. 2 Bauordnung für Wien auseinander gesetzt. Es ist daher auch im Beschwerdefall nicht auszuschließen, dass die Beschwerdeführer durch die Bewilligung des Bauvorhabens in dem von ihnen geltend gemachten subjektivöffentlichen Recht auf Einhaltung der Bestimmungen über die Gebäudehöhe gemäß § 134a Abs. 1 lit. b Bauordnung für Wien verletzt werden, weshalb der angefochtene Bescheid schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.
Der Einwand der mitbeteiligten Partei in ihrer Gegenschrift, diese vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Vorerkenntnis vom 30. Jänner 2007, Zl. 2005/05/0315, unter Bezugnahme auf das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2006, Zl. 2005/05/0073, vertretene Rechtsansicht weiche von seiner langjährigen Rechtsprechung ab, trifft nicht zu. Die von der mitbeteiligten Partei als Belegstellen für ihre Behauptung zitierten hg. Erkenntnisse haben sich mit der Regelung des § 81 Abs. 4 zweiter Satz Bauordnung für Wien nicht auseinander gesetzt. In dem von der mitbeteiligten Partei im Besonderen hervorgehobenen hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2002, Zl. 2001/05/1066, welches auch auf das hg. Erkenntnis vom gleichen Tag, Zl. 2001/05/1067, Bezug nimmt, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Berücksichtigung des ihm im Rahmen einer Nachbarbeschwerde zukommenden Prüfungsumfanges vielmehr ausgeführt, dass die beschwerdeführenden Nachbarn "durch die gewählte Ausgestaltung, nämlich Zurücksetzung des Dachgeschosses, weder hinsichtlich des Lichteinfalles noch hinsichtlich der Gebäudehöhe beeinträchtigt" sind. Ob das Bauvorhaben gegen § 81 Abs. 4 zweiter Satz Bauordnung für Wien verstoßen hat, war in diesen Beschwerdefällen nicht Gegenstand der Erörterung.
Schon auf Grund dieser Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung war gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abzusehen.
Wien, am 29. April 2008
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