VwGH 2005/05/0073

VwGH2005/05/007318.12.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des Friedrich Kammerer in Wien, vertreten durch Mag. Christoph Hackl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rabensteig 1, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 14. Dezember 2004, Zl. BOB - 205 bis 207/04, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: Markus Ebner und Dr. Monika Sinzinger in Wien, beide vertreten durch Gassauer - Fleissner, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wallnerstraße 4), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO Wr §134a Abs1 litb;
BauO Wr §81 Abs2;
BauRallg;
AVG §8;
BauO Wr §134a Abs1 litb;
BauO Wr §81 Abs2;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in Höhe von insgesamt 381,90 EURO und den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in Höhe von 991,20 EURO zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die mitbeteiligten Bauwerber sind Eigentümer des Grundstückes in Wien, C-Straße 173. Dieses Grundstück grenzt im Norden an das Grundstück des Beschwerdeführers.

Mit Eingabe vom 22. Juli 2003 beantragten die mitbeteiligten Bauwerber die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Kleinhauses samt Geländeveränderungen. In der über dieses Bauansuchen durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 5. November 2003 brachte der Beschwerdeführer Einwendungen - soweit hier noch wesentlich - dahingehend vor, dass die zulässige Gebäudehöhe nicht eingehalten werde.

Mit Bescheid vom 4. März 2004 erteilte der Magistrat der Stadt Wien die beantragte Baubewilligung. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er im Wesentlichen darauf verwies, dass der Dachaufbau bis zu seiner Grundstücksgrenze reiche und erheblich die maximal zulässige Gebäudehöhe überschreite. Zudem werde das Haus auf einem nicht ebenen Grund an der Grundstücksgrenze errichtet. Des Weiteren sei der Umstand nicht berücksichtigt worden, dass nach eigenen Messungen die verglichene Mehrhöhe durch das Gefälle 88 cm betrage.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. In ihrer Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass für die gegenständliche Liegenschaft die Widmung Gartensiedlungsgebiet festgelegt sei. Die Gebäudehöhe dürfe im Gartensiedlungsgebiet 5,50 m betragen. Bei den zur Errichtung gelangenden Gebäuden dürfe nach den Bebauungsbestimmungen der höchste Punkt des Daches nicht höher als 4,50 m über der ausgeführten Gebäudehöhe liegen. Soweit die zulässige Gebäudehöhe nach § 81 Abs. 2 der Bauordnung für Wien (BO) zu ermitteln sei, werde für die Gliederung der Baumassen bestimmt, dass der obere Abschluss der Gebäudefronten an keiner Stelle höher als das um 1,50 m vermehrte Ausmaß der zulässigen Gebäudehöhe über dem anschließenden Gelände liegen dürfe. Es dürften maximal 120 m2 bzw. 25 Prozent je Baulos bebaut werden. Für den Gebäudeumriss sei eine maximale Dachneigung bis 45 Grad zulässig. Den Einreichplänen sei eine Fassadenabwicklung angeschlossen, aus der hervorgehe, dass das Bauvorhaben diese Gebäudehöhe einhalte. Die Summe der Flächeninhalte aller Gebäudefronten betrage 221,70 m2 und sei geringer als die Summe der Länge aller Gebäudefronten multipliziert mit der höchsten zulässigen Gebäudehöhe (229,40 m2). Sowohl die höchste zulässige Gebäudehöhe als auch die Bestimmungen, wonach der höchste Punkt des Daches nicht höher als 4,50 m über der ausgeführten Gebäudehöhe liegen dürfe, und ebenso der zulässige Gebäudeumriss würden eingehalten. Bei der Nordansicht sei zwar die fiktive Giebelfläche nicht von der ausgeführten Gebäudehöhe, sondern vielmehr von der zulässigen Gebäudehöhe aus eingezeichnet worden, doch ergebe sich aus der planlichen Darstellung zweifellos, dass auch bei einer Einzeichnung ausgehend von der ausgeführten Gebäudehöhe der zulässige Dachumriss nicht überschritten werde. Der Sichtschutz sei nicht als raumbildendes Element zu werten und habe daher bei der Beurteilung des Dachumrisses außer Betracht zu bleiben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Auch die mitbeteiligten Parteien erstatteten eine Gegenschrift, in der sie beantragten, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt im Wesentlichen vor, dass die zulässige Gebäudehöhe von 5,50 m überschritten werde. Da auch die Bebauungsbestimmungen nichts anderes vorsähen, gelte § 75 Abs. 7 BO uneingeschränkt. Die Bauführung erfolge über eine Länge von 10,99 m unmittelbar an der nördlichen Grundgrenze zum Beschwerdeführer. An der Grundgrenze und bis zu einem Abstand von drei Metern von dieser dürfe die höchste zulässige Gebäudehöhe gemäß § 81 Abs. 2 BO überhaupt nicht und an den übrigen Fronten an keiner Stelle um mehr als drei Meter überschritten werden. Die Gebäudehöhe an der Grundgrenze stelle somit eine absolute Vorgabe dar. Die in den Einreichplänen dargestellte Fassadenabwicklung sei falsch, da der Aufbau zur Gänze unberücksichtigt sei. Weiters sei nach den Bebauungsbestimmungen für den Gebäudeumriss eine Dachneigung bis 45 Grad zulässig. Diese Zulässigkeit beziehe sich auf sämtliche Dachflächen, weshalb der Bauwerber nur jene Kubatur ausführen könne, die innerhalb dieser fiktiven Dachneigung liege. Der Bauweber habe diese fiktive Dachneigung jedoch nicht eingehalten, da zahlreiche Baukörper über diese zulässige Neigung hinausragten, wobei es sich hierbei um wesentliche Überschreitungen der zulässigen Maße handle. Des Weiteren macht der Beschwerdeführer Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend, da sein Vorbringen ignoriert worden sei. Den Umstand, dass die Baubehörde von einer falschen Grundstücksadresse ausgegangen sei, habe er nur mit größtem Engagement relevieren können. Zudem hätten die Behörden maßgebliche Vorbringen des Beschwerdeführers und auch der übrigen Parteien des Verwaltungsverfahrens nicht beachtet.

Gemäß § 134 Abs. 3 BO sind im Baubewilligungsverfahren außer dem Antragsteller die Eigentümer (Miteigentümer) der Liegenschaft Parteien. Die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften sind dann Parteien, wenn der geplante Bau und dessen Widmung ihre im § 134a BO festgelegten subjektiv öffentliche Rechte berührt und sie spätestens, unbeschadet Abs. 4, bei der mündlichen Verhandlung Einwendungen im Sinnes des § 134a BO gegen die geplante Bauführung erheben. Benachbarte Liegenschaften sind im Bauland jedenfalls jene, die mit der vom Bauvorhaben betroffenen Liegenschaft eine gemeinsame Grenze haben.

§ 134a Abs. 1 BO lautet auszugsweise wie folgt:

" (1) Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:

...

b) Bestimmungen über die Gebäudehöhe;

... "

In Bezug auf die Gebäudehöhe steht dem Beschwerdeführer somit ein Mitspracherecht zu. Für die gegenständliche Liegenschaft ist die Widmung "Gartensiedlungsgebiet" festgelegt. Gemäß § 75 Abs. 7 BO darf in Gartensiedlungsgebieten die Gebäudehöhe 5,50 m nicht überschreiten, sofern der Bebauungsplan nicht anderes bestimmt.

§ 79 Abs. 5 BO lautet:

"(5) In Gartensiedlungsgebieten müssen die Gebäude auf den Baulosen von der Achse der Aufschließungswege einen Mindestabstand von 4 m aufweisen. Wird das Gebäude nicht unmittelbar an Grundgrenzen errichtet, muss es von diesen einen Abstand von mindestens 2 m einhalten. Dieser Abstand ist mit Ausnahme von Nebengebäuden von jeder Bebauung freizuhalten. Für das Anbauen an Grundgrenzen bedarf es nicht der Zustimmung des Eigentümers der Nachbarliegenschaft. Baulose dürfen auch geschlossen bebaut werden."

§ 81 BO lautet auszugsweise:

"....

(2) Bei den über eine Gebäudetiefe von 15 m hinausragenden Teilen von Gebäuden an der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie sowie bei allen nicht an diesen Fluchtlinien gelegenen Gebäuden darf die Summe der Flächeninhalte aller Gebäudefronten nicht größer als das Produkt aus der Summe der Längen aller Gebäudefronten und der höchsten zulässigen Gebäudehöhe sein; hiebei darf die höchste zulässige Gebäudehöhe an der Grundgrenze und bis zu einem Abstand von 3 m von derselben überhaupt nicht und an den übrigen Fronten an keiner Stelle um mehr als 3 m überschritten werden. Bei dieser Ermittlung sind die Feuermauern ab 15 m hinter der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie wie Fronten in Rechnung zu stellen. Die der Dachform entsprechenden Giebelflächen bleiben bei der Bemessung der Gebäudehöhe außer Betracht, und der oberste Abschluß des Daches darf keinesfalls höher als 7,5 m über der zulässigen Gebäudehöhe liegen, sofern der Bebauungsplan nicht anderes bestimmt.

.....

(4) Durch das Gebäude darf jener Umriß nicht überschritten werden, der sich daraus ergibt, daß in dem nach Abs. 1 bis 3 für die Bemessung der Gebäudehöhe maßgeblichen oberen Anschluß der Gebäudefront ein Winkel von 45 Grad , im Gartensiedlungsgebiet von 25 Grad , von der Waagrechten gegen das Gebäudeinnere ansteigend, angesetzt wird. Ist im Bebauungsplan eine besondere Bestimmung über die Höhe oder die Form der Dächer festgesetzt, ist der dieser Festsetzung entsprechende Winkel für die Bildung des Gebäudeumrisses maßgebend.

....

(6) Der nach den Abs. 1 bis 5 zulässige Gebäudeumriß darf durch einzelne, nicht raumbildende Gebäudeteile untergeordneten Ausmaßes überschritten werden; mit raumbildenden Dachaufbauten darf der Gebäudeumriß nur durch einzelne Dachgauben sowie im unbedingt notwendigen Ausmaß durch Aufzugstriebwerksräume und durch Stiegenhäuser überschritten werden. Die einzelnen Dachgauben müssen in ihren Ausmaßen und ihrem Abstand voneinander den Proportionen der Fenster der Hauptgeschosse sowie dem Maßstab des Gebäudes entsprechen. Die Dachgauben dürfen insgesamt höchstens ein Drittel der Länge der betreffenden Gebäudefront in Anspruch nehmen.

(7) Der zulässige Gebäudeumriß darf auch durch Verglasungen untergeordneten Ausmaßes überschritten werden. "

Die Liegenschaft des Beschwerdeführers befindet sich nördlich der zu bebauenden Liegenschaft. Der Nachbar hat auf die Einhaltung der zulässigen Gebäudehöhe nur in Bezug auf die ihm zugewandten Seiten der Außenflächen des Gebäudes einen Rechtsanspruch (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2005, Zl. 2005/05/0129). Das Beschwerdevorbringen hinsichtlich der Einhaltung der zulässigen volumsmäßigen Ausnützung in Zusammenhang mit sämtlichen Dachflächen vermag der Beschwerde daher nicht zum Erfolg zu verhelfen.

Zum Beschwerdevorbringen, dass die Fassadenabwicklung im Einreichplan falsch sei, ist festzuhalten, dass die Wortfolge in § 81 Abs. 2 letzter Satz BO "die der Dachfläche entsprechenden Giebelflächen" nicht so auszulegen ist, dass nur eine tatsächliche, von der vorhandenen Dachform gebildete Giebelfläche außer Betracht zu bleiben hat, sondern auch eine fiktive (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. September 2001, Zl. 2001/05/0154). Soweit sich der Dachaufbau im fiktiven Giebelbereich befindet, sind diese Flächen folglich jedenfalls zu Recht nicht in die Fassadenabwicklung gemäß § 81 Abs. 2 BO miteinbezogen worden.

Für den Gebäudeumriss ist laut den Bebauungsbestimmungen eine Dachneigung bis maximal 45 Grad zulässig. Allerdings sieht § 81 Abs. 4 letzter Satz BO vor, dass für den Fall, dass eine besondere Bebauungsbestimmung über die Höhe oder die Form der Dächer festgesetzt ist, der dieser Festsetzung entsprechende Winkel für die Bildung des Gebäudeumrisses maßgebend ist; dies ist hier der Fall, da nach den Bebauungsbestimmungen der höchste Punkt des Daches nicht höher als 4,50 m über der angeführten Gebäudehöhe liegen darf. Daraus folgt, dass der Winkel von 45 Grad nicht voll ausgeschöpft werden kann, weil die fiktive Firsthöhe auf maximal den genannten Höchstpunkt zu liegen kommen darf. Somit ergibt sich - anders als nach den Einreichplänen - ein geringerer Winkel als 45 Grad, in dem das fiktive Dach anzusetzen wäre.

Östlich ragt nun ein als "Sichtschutz (Pergola)" bezeichneter dreiecksförmiger Bauteil über den somit zulässigen Dachumriss hinaus (in einem etwas geringeren Ausmaß wäre dies auch bei einem Dachneigungswinkel von 45 Grad der Fall). Der Beschwerdeführer tritt der Auffassung der belangten Behörde, dass der Sichtschutz nicht raumbildend ist, nicht entgegen. Auch aus den Plänen ist nicht ersichtlich, dass die Auffassung der belangten Behörde unzutreffend ist und dass der gegenständliche Teil des "Sichtschutzes Pergola" die Kriterien des § 81 Abs. 6 BO nicht erfüllen würde.

Die Ansetzung des geringeren Winkels nach Maßgabe des § 81 Abs. 4 letzter Satz BO führt an der westlichen Seite allerdings dazu, dass der fiktive Giebel mit einem raumbildenden Bauteil überschritten wird. Dabei handelt es sich aber um ein zur Begehbarkeit des Abstellraumes und der Dachterrasse notwendiges und damit zulässiges Stiegenhaus im Sinn des § 81 Abs. 6 BO (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 20. Juni 1995, Zl. 94/05/0172, und vom 27. April 2004, Zl. 2002/05/1507).

Dadurch, dass sich hinter dem Stiegenhaus ein Teil des Abstellraumes befindet, kann der Beschwerdeführer in keinem Recht verletzt sein, da die von seiner Liegenschaft aus sichtbare maßgebende Gebäudehöhe nach dem Stiegenhaus zu beurteilen ist und nicht nach dem dahinter liegenden und für ihn nicht sichtbaren Teil des Abstellraumes (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 1996, Zl. 96/05/0113).

Die Relevanz der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Verfahrensmängel wird in der Beschwerde nicht aufgezeigt, zumal nicht darlegt wird, weshalb bei Vermeidung dieser Verfahrensmängel die Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da die Umsatzsteuer in der Pauschalgebühr der zitierten Verordnung bereits enthalten ist.

Wien, am 18. Dezember 2006

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