Normen
AVG §69 Abs1 Z1;
AVG §69 Abs3;
EheG §55a;
StbG 1985 §11a idF 1999/I/124;
AVG §69 Abs1 Z1;
AVG §69 Abs3;
EheG §55a;
StbG 1985 §11a idF 1999/I/124;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Der Beschwerdeführer wurde am 27. Jänner 1979 im Kosovo geboren. Er hat seit 5. Februar 2002 seinen Hauptwohnsitz in Österreich und heiratete am 31. Mai 2002 die österreichische Staatsbürgerin L M. Am 15. November 2004 beantragte er bei der belangten Behörde die österreichische Staatsbürgerschaft.
2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 9. August 2005 wurde dem Beschwerdeführer "mit Wirkung vom 11. August 2005" die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. Im Zuge der Verleihung wurde er am 11. August 2005 niederschriftlich befragt, wobei er mit seiner Unterschrift unter anderem bestätigte, dass er gemäß § 11a Abs. 1 StbG mit L M derzeit im gemeinsamen Haushalt lebe.
3. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes S vom 21. Oktober 2005 wurde die Ehe des Beschwerdeführers mit L M gemäß § 55a Ehegesetz einvernehmlich geschieden. In dem zugehörigen Protokoll gestanden der Beschwerdeführer und L M, dass die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens einem halben Jahr aufgehoben ist. In dem gleichzeitig geschlossenen Vergleich wurde unter anderem festgehalten, dass L M die gemeinsame Ehewohnung bereits geräumt und dem Beschwerdeführer übergeben habe.
4. Am 9. Jänner 2006 teilte der Magistrat S der belangten Behörde mit, dass der Beschwerdeführer nach erfolgter Scheidung nun seine frühere Freundin, mit welcher er ein bereits 2002 geborenes Kind habe, heiraten und diese nach Österreich holen wolle. Wie von der Fremdenpolizei mitgeteilt worden sei, dürfte der Beschwerdeführer mit seiner Freundin bereits in Deutschland zusammengelebt haben. Dort habe er jedoch keinen Aufenthaltstitel bekommen, weshalb er nach Österreich gereist sei und um Asyl angesucht habe.
5. Am 1. Juni 2006 wurde L M (nach der Scheidung nunmehr L G) im Rechtshilfewege vom Magistrat der Stadt Wien hiezu niederschriftlich befragt. Der Ladung leistete sie erst nach Verhängung einer Zwangsstrafe (Vollstreckungsverfügung vom 24. März 2006) Folge und gab Folgendes an (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof, Schreibfehler im Original):
"Ich habe den Beschwerdeführer im Mai 2002 geheiratet. Ca. 6 bis 7 Monate vor der Scheidung haben wir uns nicht mehr sehr gut verstanden und haben eine Pause unserer Ehe vereinbart, um zu sehen, ob unsere Ehe noch weiter Bestand hat. Ich bin aus der gemeinsamen Wohnung zu meinen Eltern gezogen. Die Scheidung, welche am 28.11.2005 vollzogen wurde, ist von meiner Seite ausgegangen, da ich bemerkt habe, dass ich nicht mehr für meinen Ehemann die Gefühle habe wie am Anfang unsere Beziehung. Dass der Beschwerdeführer mit seiner früheren Freundin ein Kind hat, habe ich von ihm erst nach der Scheidung erfahren. Der Beschwerdeführer hat seine Staatsbürgerschaft ca. im August 2005 erhalten. Zu diesem Zeitpunkt haben wir eben noch versucht, die Ehe zu retten. Eine Scheinehe hat sicher nicht vorgelegen."
6. Nachdem der Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt wurde, erschien L G am 16. Oktober 2006 freiwillig bei der belangten Behörde und gab unter anderem Folgendes zu Protokoll (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof, Schreibfehler im Original):
- Wo und wann haben sie Ihren Gatten kennengelernt? In Deutschland, im Sommer 2001, bei Verwandten.
- Wo wohnte er in Deutschland.?
Ich weiß es nicht, ich traf ihn immer nur unterwegs. Übernachtet haben wir meistens im Hotel oder bei meinem Onkel.
- Warum waren Sie nie bei ihm in der Wohnung.
Wir wollten alleine sein, ich glaube in seiner Wohnung wohnten Verwandte.
- Wer wohnte denn in seiner Wohnung?
Ich fragte nicht, das hat mich nicht interessiert.
- Wie oft haben Sie ihn bis zur Hochzeit gesehen?
Die ersten drei Monate war ich oft in Deutschland, dann habe ich ihn nach Österreich geholt.
- Kennen Sie seine Verwandtschaft?
Ich kenne sie nicht persönlich, da wir zumeist in Österreich waren.
- Wissen Sie wie seine Mutter heißt?
Nein.
- Sein Vater?
Nein.
- Ob er Geschwister hat?
Nein, ich habe nie gefragt.
- Was hat Ihr Exgatte in Deutschland gemacht?
Ich weiß es nicht genau, er sagte mir nur, dass er arbeitet. Ich fragte nicht wo.
- Hat Ihr Gatte erzählt, wie, warum und wann er nach Deutschland gekommen ist?
Nein, ich habe ihn auch nicht gefragt.
- Waren Sie einmal mit ihm in seiner Heimat?
Ja, aber nicht sehr oft, glaublich nur zweimal. Wir sind zu meiner Familie gefahre in P. Wir haben dort ein Haus, wo wir im Sommer wohnen.
- Ihr Gatte ist als Asylwerber nach Österreich eingereist, angeblich mit dem Zug von Italien kommend, er war dann in verschiedenen Flüchtlingsunterkünften.
Hatten Sie während dieser Zeit Kontakt mit ihrem Exgatten? Nein.
- Wann haben Sie zum ersten Mal gehört, dass er in Österreich ist? Ich habe Mitte Dezember 2001 zu ihm gesagt, dass er nach Österreich kommen solle. Nach seiner Einreise hat er ca. 1 Woche bei mir gewohnt, dann hat er in der H-straße eine Wohnung gefunden. Ich bin dann sofort mit ihm in die H-straße gezogen, das war unmittelbar nach Silvester.
- Wer war bei der Trauung als Trauzeuge?
Bei mir meine Schwester, bei ihm war es sein Freund. Auch ein Kosovare, ich weiß aber seinen Namen nicht.
- Wie sah der Ehealltag aus?
Ich bin wegen der Arbeitsmarktsituation nach Wien gegangen und wollte dann nach Lehrabschluss wieder zurück nach S. Ich war meistens am Wochenende in S, manchmal war er in Wien.
- Wie groß war denn die Wohnung in der G-straße?
Sie war recht klein, eine Garconniere.
- Wer kaufte die Einrichtung für die Wohnung?
Mein Exgatte.
- Wie war sie eingerichtet?
Wir hatten nur Platz für ein Bett und einen Fernseher, wir hatten auch eine kleine Küche. Bad und WC waren am Gang.
- War die Ehe zum Zeitpunkt der Verleihung noch aufrecht? Ich hatte schon gekündigt und war arbeitslos. Ich war die ersten drei Wochen nach der Kündigung auf Urlaub im Kosovo. Ich dachte, er kommt nach. Als ich dann
ca. in der zweiten, dritten Augustwoche zurückkam, bin ich zu ihm gekommen. Es hat dann nicht mehr funktioniert, wir haben täglich gestritten.
- Wer hat wann die Scheidung eingereicht?
Ich habe sie eingereicht, am 21.10.2005 war die Scheidung.
- Wann haben Sie Ihren Gatten von der Scheidung verständigt? Mitte September, Anfang Oktober.
- War er damit einverstanden?
Er hatte keine andere Wahl.
- Es war demnach im August noch bestes Einverständnis, aber ca. 6 Wochen später die völlige Zerrüttung vorhanden?
Ja. Wir hatten davor auch einmal Streit, aber nichts Schwerwiegendes.
- Wann haben Sie erfahren, dass ihr Exgatte ein Kind mit seiner Freundin und jetzigen Gattin hat?
Nach der Scheidung hat er es mir erzählt.
- Was denken Sie jetzt darüber?
Ich weiß nicht, ob er gewusst hat, dass seine Freundin schwanger war.
- Bei Ihrer Aussage am 1.6.2006 gaben Sie an, dass sie bereits 6-7 Moante vor der Scheidung eine Pause der Ehe vereinbart hätten. Wie meinten Sie das?
Wir hatten gestritten und ich bin nach Wien zurückgefahren. Ich habe mich nach ca. 3 Wochen bei ihm gemeldet und wir haben wieder miteinander geredet.
- Wie sah die finanzielle Situation aus?
Ich habe bei meinen Eltern fast kostenfrei gewohnt, da ich ja Lehrling war und kaum eigenes Einkommen hatte.
Die Wohnung in S samt Betriebskosten zahlte mein Gatte, ich brauchte kein Geld von ihm. Wir hatten auch kein gemeinsames Konto."
7. In seiner Stellungnahme im Zuge des Parteiengehörs vom 16. März 2007 führte der Beschwerdeführer - nunmehr rechtsanwaltlich vertreten - aus, L G habe bei ihrer Einvernahme am 16. Oktober 2006 ihre ursprünglich am 1. Juni 2006 gemachten Angaben richtiggestellt. Im Zeitpunkt der Verleihung der Staatsbürgerschaft am 11. August 2005 habe die eheliche Lebensgemeinschaft noch bestanden. L G habe ausdrücklich ausgesagt, dass sie nach ihrem Urlaub im August 2005 in die eheliche Wohnung zurückgekehrt sei. Die eheliche Gemeinschaft sei daher aufrecht gewesen, die Scheidung sei erst am 21. Oktober 2005 eingereicht worden. Die Angaben im Ehescheidungsverfahren hätten lediglich dazu gedient, dem Gericht gegenüber die Voraussetzungen für eine einvernehmliche Ehescheidung nach § 55a Ehegesetz glaubhaft zu machen. Dies ändere aber nichts daran, dass zum Zeitpunkt der Verleihung der Staatsbürgerschaft die eheliche Gemeinschaft tatsächlich noch aufrecht gewesen sei.
8. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 2. Juni 2007 wurde
- das Verleihungsverfahren von Amts wegen in jenem Stande wieder aufgenommen, in dem es sich vor Erlassung des Verleihungsbescheides befand (als Rechtsgrundlagen führt die belangte Behörde an: § 69 Abs. 3 iVm § 69 Abs. 1 Z. 1 sowie § 70 AVG; Spruchpunkt I.),
- der Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft abgewiesen (als Rechtsgrundlagen führt die belangte Behörde an: §§ 10, 11, 11a Abs. 1 und 4, 12, 13 und 14 StbG 1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 37/2006; Spruchpunkt II.).
Begründend führte die belangte Behörde aus, bereits die Daten des Scheidungsverfahrens wiesen darauf hin, dass die eheliche Lebensgemeinschaft des Beschwerdeführers und seiner damaligen Gattin seit mindestens Februar 2005 aufgehoben gewesen sei. Dies könne durch die teilweise unglaubwürdigen Angaben der L G nicht entkräftet werden. Vielmehr würden ihre Aussagen darauf hindeuten, dass die Ehe zum Zwecke der Aufenthaltsverfestigung in Österreich und in der Folge zur Erlangung der Staatsbürgerschaft geschlossen worden sei. Es sei völlig unglaubwürdig, dass L G bei aufrechter Lebensgemeinschaft und damit auch emotioneller Verbundenheit mit dem Beschwerdeführer keinerlei Angaben über dessen Verwandtschaft treffen könne. Ihr seien nicht einmal die Namen der Schwiegereltern oder die Existenz von Schwägerinnen bekannt gewesen, ebenso wenig der Name des Trauzeugen und Freundes des Beschwerdeführers. Genauso wenig habe sie die Wohnadresse des Beschwerdeführers in Deutschland oder seine Arbeitsstelle nennen können. Angeblich habe sie nicht danach gefragt. Bei intakter Beziehung erscheine es völlig unglaubwürdig, dass L G nie Kontakt zur Verwandtschaft des Beschwerdeführers gehabt hätte. Auch ihre Angaben zur Einreise des Beschwerdeführers nach Österreich ließen Zweifel über die Motivation der Eheschließung aufkommen. L G habe angegeben, dass sie keinen Kontakt zu ihrem künftigen Gatten gehabt habe, während dieser nach Österreich eingereist sei und vorab in Flüchtlingsunterkünften gewohnt habe. Andererseits habe sie ausgeführt, "ihn nach Österreich geholt zu haben" bzw. ihm gesagt zu haben "er solle kommen".
Weiters habe L G angegeben, dass die Eheleute bereits 6-7 Monate vor der Scheidung eine "Pause" der Ehe vereinbart hätten. Sie sei ausgezogen und zu ihren Eltern gegangen, im August 2005 hätten sie noch versucht, die Ehe zu retten. Bei ihrer zweiten Einvernahme habe sie ihre Aussage dann relativiert und angegeben, dass sie gestritten hätten und sie nach drei Wochen zu ihm zurück sei und sie wieder miteinander geredet hätten. Diese Angaben seien unglaubwürdig, es handle sich wohl um Schutzbehauptungen, um sich selbst nicht hinsichtlich einer Scheinehe zu belasten. Dass das Kind des Beschwerdeführers mit seiner jetzigen Ehefrau bereits zu einem Zeitpunkt gezeugt wurde, als der Beschwerdeführer bereits mit seiner ersten Frau bekannt gewesen sein solle, werfe ein bezeichnendes Bild auf die gegebene Situation. Die Lebensumstände und die widersprüchlichen und teilweise völlig unglaubwürdigen Angaben der L G ließen darauf schließen, dass die Ehe unter anderem zum Zwecke der Staatsbürgerschaft geschlossen oder zumindest aufrecht erhalten worden sei. Eine aufrechte Ehe im Sinne des bürgerlichen Rechts habe zum Zeitpunkt der Verleihung nicht (mehr) bestanden.
Die geschilderte Vorgangsweise lasse auf das gewollte Verschweigen von Tatsachen zum Zweck der Erlangung der Staatsbürgerschaft schließen. Der Beschwerdeführer behaupte lediglich den gegenteiligen Standpunkt, ohne konkrete Beweismittel vorzubringen.
Da die Scheidung erst nach der Verleihung vorgenommen worden sei, sowie der Auszug aus dem ZMR (Zentralen Melderegister) keinen Hinweis auf eine Auflösung der Haushaltsgemeinschaft gegeben habe, habe die Behörde im Verleihungszeitpunkt keinen Anlass für weitere Ermittlungen gesehen.
9. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Rechtslage
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des StbG in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 (im Folgenden: StbG nF) lauten:
"§ 24. Die Wiederaufnahme eines Verleihungsverfahrens darf aus den im § 69 Abs. 1 Z 2 und 3 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, genannten Gründen nur bewilligt oder verfügt werden, wenn der Betroffene hiedurch nicht staatenlos wird.
...
§ 35. Die (...) Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z 1 AVG hat von Amts wegen oder auf Antrag des Bundesministers für Inneres zu erfolgen. ..."
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des StbG in der Fassung vor der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, also in der Fassung BGBl. I Nr. 124/1998 (im Folgenden: StbG aF) lauten:
"§ 11a. (1) Einem Fremden ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 und Abs. 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn
1. sein Ehegatte Staatsbürger ist und im gemeinsamen Haushalt mit ihm lebt,
..."
2. Zur Wiederaufnahme des Verleihungsverfahrens
2.1. Zum Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG:
Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft objektiv unrichtig angegeben habe, er lebe mit L G im gemeinsamen Haushalt. Dies hat die belangte Behörde als Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG gewertet, da diese Angabe des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Verleihungsvoraussetzung nach § 11a Abs. 1 StbG aF von wesentlicher Bedeutung gewesen sei.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2007/01/1051, mwN, ausgesprochen hat, setzt Irreführungsabsicht voraus, dass die Partei wider besseres Wissen gehandelt hat und dies deshalb, um einen vielleicht sonst nicht erreichbaren Vorteil zu erlangen. Ob Irreführungsabsicht vorliegt, kann nur aus den das rechtswidrige Verhalten der Partei begleitenden Umständen geschlossen werden, die von der Behörde in freier Beweiswürdigung festzustellen sind (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 19. März 2009, Zl. 2008/01/0496, und vom 26. Mai 2009, Zl. 2009/01/0017, sowie vom 23. September 2009, Zlen. 2008/01/0138, 2008/01/0243 bzw. 2008/01/0628, die alle eine Wiederaufnahme wegen objektiv unrichtiger Erklärung bei Verleihung der Staatsbürgerschaft zum Gegenstand hatten, die drei letztgenannten Erkenntnisse betrafen - wie auch das zitierte hg. Erkenntnis Zl. 2007/01/1051 - Fälle, in denen ein fehlender gemeinsamer Haushalt nach § 11a StbG aF verschwiegen wurde).
2.2. Zum gemeinsamen Haushalt nach § 11a StbG aF:
Die Beschwerde bringt in diesem Zusammenhang vor, die eheliche Gemeinschaft zu L G sei im Zeitpunkt der Verleihung der Staatsbürgerschaft noch aufrecht gewesen, was der Beschwerdeführer während des gesamten Verfahrens widerspruchsfrei behauptet habe. Auch aus den Angaben der Zeugin L G könne nichts Gegenteiliges abgeleitet werden. Bei ihrer ausführlichen Befragung am 16. Oktober 2006 habe sie unter Wahrheitspflicht angegeben, dass sie nach ihrer Kündigung arbeitslos gewesen und nach drei Wochen Urlaub im Kosovo in der zweiten oder dritten Augustwoche in die eheliche Wohnung zurückgekehrt sei. Nachdem täglich gestritten worden sei, habe sich L G dann am 21. Oktober 2005 zur Einbringung des Scheidungsantrages entschlossen. Sie habe bestätigt, dass im August noch bestes Einverständnis bestanden habe. Bei ihrer Aussage am 1. Juni 2006 habe L G angegeben, dass der Beschwerdeführer und sie noch bestrebt gewesen seien, die Ehe zu retten. Aus der Aussage "wir hatten eine Pause für unsere Ehe beschlossen" könne nicht entnommen werden, dass die eheliche Gemeinschaft zum Zeitpunkt der Verleihung nicht mehr aufrecht gewesen sei. L G habe auch bestätigt, dass sie ihm ihren Scheidungsbeschluss erst im September bzw. Oktober 2005 mitgeteilt und ihn insoweit vor vollendete Tatsachen gestellt habe. Die Wiederaufnahme eines Staatsbürgerschaftsverfahrens könne nicht auf die Aussagen einer unglaubwürdigen, widersprüchliche Angaben machenden Zeugin gestützt werden. Der Beschwerdeführer habe sich eindeutig und widerspruchsfrei verhalten, weshalb seine Angaben der Entscheidungsfindung zugrunde zu legen seien. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde sei nicht nachvollziehbar.
Dem ist entgegenzuhalten:
Mit dem Begriff des gemeinsamen Haushaltes nach § 11 a StbG aF im Verhältnis zu § 55a EheG hat sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2007/01/1051, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, auseinandergesetzt. Danach setzt der gemeinsame Haushalt nach § 11a StbG aF das Zusammenleben der Ehegatten in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft voraus, wobei kurzfristige Unterbrechungen dieses Zusammenlebens bei grundsätzlich aufrechtem gemeinsamen Wohnsitz und gemeinsamer Wirtschaftsführung nicht schaden. Bei der Prüfung, ob ein derartiger gemeinsamer Haushalt vorgelegen ist, macht ein Ehescheidungsbeschluss nach § 55a EheG bzw. die in diesem Zusammenhang abgegebene Erklärung, die eheliche Lebensgemeinschaft sei seit mindestens einem halben Jahr aufgelöst, Ermittlungen darüber, ob der Beschwerdeführer mit seiner Ehegattin im gemeinsamen Haushalt lebte, nicht schlechterdings entbehrlich.
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde ihre Annahme, zum Zeitpunkt der Verleihung der Staatsbürgerschaft an den Beschwerdeführer habe kein gemeinsamer Haushalt mit L G bestanden, in diesem Sinne zutreffenderweise nicht nur auf das Protokoll der einvernehmlichen Scheidung nach § 55a EheG, sondern auch auf die beiden niederschriftlichen Aussagen der Zeugin L G sowie den Umstand, dass der Beschwerdeführer lediglich Behauptungen aufstellte, ohne diese konkret zu belegen, gestützt.
Diese Beweiswürdigung ist entgegen dem Beschwerdevorbringen vor dem Hintergrund des dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Prüfungsmaßstabes (vgl. hiezu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), 685, E 262 und 265 zu § 45 AVG wiedergegebene hg. Rechtsprechung) nicht als unschlüssig zu erkennen:
So hat die belangte Behörde die Unwissenheit der L G über Verwandtschaft, Wohnadresse und Einreise des Beschwerdeführers nach Österreich in nicht unschlüssiger Weise dahingehend gewertet, dass eine intakte Beziehung der L G zum Beschwerdeführer nie vorgelegen und die Ehe vielmehr zur Erlangung der Staatsbürgerschaft geschlossen worden sei. Die erste Aussage der L G, sie sei bereits vor der Verleihung der Staatsbürgerschaft an den Beschwerdeführer aus der gemeinsamen Ehewohnung aus- und zu ihren Eltern gezogen, konnte die belangte Behörde zu Recht ihren Feststellungen zu Grunde legen. So durfte die belangte Behörde die zweite Aussage der L G durchaus als Schutzbehauptung werten, zumal L G den vorgelegten Verwaltungsakten zufolge diese zweite Aussage freiwillig bei der belangten Behörde und erst nach der Verständigung des Beschwerdeführers vom Ergebnis der Beweisaufnahme erstattete. Letztlich kann der belangten Behörde auch nicht entgegen getreten werden, wenn sie den Umstand, dass der Beschwerdeführer im Verleihungsverfahren - abgesehen von der Behauptung des Gegenteils - zum Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes keinerlei konkretes Vorbringen erstattet hat, gemeinsam mit der Tatsache, dass die einvernehmliche Scheidung nicht einmal drei Monate nach Verleihung der Staatsbürgerschaft erfolgte, zu Lasten des Beschwerdeführers berücksichtigte.
2.3. Somit begegnet die auf § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG gestützte Wiederaufnahme des Verleihungsverfahrens keinen Bedenken.
3. Abweisung des Antrags auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft
Nach der von der belangten Behörde zu Recht angewendeten neuen Rechtslage nach der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 (ein Zusicherungsbescheid lag nicht vor, die Übergangsbestimmung des § 64a Abs. 4 StbG nF kam daher nicht zur Anwendung) darf gemäß § 10 Abs. 1 Z.1 StbG nF einem Fremden die Staatsbürgerschaft nur verliehen werden, wenn er sich seit mindestens zehn Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat und davon zumindest fünf Jahre niedergelassen war.
Im Beschwerdefall ging die belangte Behörde davon aus, dass der Beschwerdeführer diese Verleihungsvoraussetzung nicht erfüllte, da er sich erst seit Dezember 2001 in Österreich aufhalte. Auch die Voraussetzungen für eine Verleihung nach §§ 10 Abs. 4, 11a Abs. 1, 11a Abs. 4, 12, 13 und 14 leg. cit. lägen nicht vor. Obwohl in gewissem Maße integrationsfördernde Merkmale, wie der ca. 6 jährige Aufenthalt in Österreich oder die Erwerbstätigkeit vorhanden seien, könnten diese in Anbetracht des Erschleichens des Bescheides und dessen Auswirkung auf die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit, insbesondere auf das öffentliche Interesse an einem geregelten Fremden- und Staatsbürgerschaftswesen, nicht ausschlaggebend zugunsten des Antragstellers gewertet werden und das auf Grund der zu kurzen Aufenthaltsdauer bestehende Verleihungshindernis nicht heilen.
In der Beschwerde wird hiezu nichts ausgeführt.
4. Die sich somit insgesamt als unbegründet erweisende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht im beantragten Ausmaß auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 28. Oktober 2009
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