VwGH 2008/01/0628

VwGH2008/01/062823.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des H E in G, vertreten durch Dr. Klaus Kocher und Mag. Wilfried Bucher, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Friedrichgasse 31, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 28. August 2008, Zl. FA7C- 11-1536/2005-66, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §69 Abs1 Z1;
AVG §69 Abs3;
EheG §55a;
StbG 1985 §11a Abs1 Z1 idF 1998/I/124;
AVG §69 Abs1 Z1;
AVG §69 Abs3;
EheG §55a;
StbG 1985 §11a Abs1 Z1 idF 1998/I/124;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Der Beschwerdeführer wurde am 10. Oktober 1983 in der Türkei geboren. Er hat seit 7. Dezember 2001 seinen Hauptwohnsitz in Österreich und heiratete am 10. September 2003 die österreichische Staatsbürgerin C N. Am 30. September 2005 beantragte er bei der belangten Behörde die österreichische Staatsbürgerschaft.

2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 17. März 2006 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 20 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) die Verleihung der Staatsbürgerschaft für den Fall zugesichert, dass er innerhalb von zwei Jahren ab Erhalt des Bescheides das Ausscheiden aus dem bisherigen Staatsverband nachweist. Am 11. Juli 2006 legte der Beschwerdeführer die Genehmigung (des Innenministeriums der Republik der Türkei vom 7. Juli 2006) zum Austritt aus der türkischen Staatsangehörigkeit vor.

3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 25. August 2006 wurde dem Beschwerdeführer "mit Wirkung vom 5. September 2006" die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. Im Zuge der Verleihung wurde er am 5. September 2006 niederschriftlich befragt, wobei er mit seiner Unterschrift unter anderem bestätigte, dass er gemäß § 11a Abs. 1 StbG mit seiner Ehegattin (C N) derzeit im gemeinsamen Haushalt lebe.

4. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes G vom 24. Jänner 2007 wurde die Ehe des Beschwerdeführers mit C N gemäß § 55a Ehegesetz einvernehmlich geschieden (Rechtskraft: 15. Februar 2007). In der Begründung wurde ausgeführt, dass die eheliche Gemeinschaft der Antragsteller seit mehr als sechs Monaten aufgehoben gewesen sei und beide die unheilbare Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses zugestanden hätten.

5. Mit Schreiben vom 10. September 2007 teilte das Amt der Kärntner Landesregierung mit, dass der Beschwerdeführer mit der türkischen Staatsangehörigen C E am 1. Mai 2007 in Araban, Türkei, die Ehe geschlossen habe und diese darauf gestützt die Erteilung eines Aufenthaltstitels als "Familienangehöriger" beantragt habe.

6. Am 18. September 2007 wurde der Beschwerdeführer durch die belangte Behörde hiezu niederschriftlich befragt, wobei er Folgendes angab (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Es ist mir bewusst, dass ich am 5.9.2006 die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten habe, da ich zu diesem Zeitpunkt den Wohnsitz seit 7.12.2001 nachweisen konnte und seit 10.9.2003 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet war und mit dieser im gemeinsamen Haushalt gelebt habe.

...

Es stimmt, dass ich mit Scheidungsurteil vom 24. Jänner 2007 aufgrund einer Scheidung im Einvernehmen geschieden worden bin. Es stimmt auch, dass ich bei Gericht bekannt gegeben habe, dass die eheliche Lebensgemeinschaft seit mehr als sechs Monaten aufgehoben ist, weil die ehelichen Verhältnisse unheilbar zerrüttet waren. Seit März 2006 weiß ich auch, dass das Kind meiner Ehegattin nicht von mir stammt. Dies war auch der Grund, dass die eheliche Gemeinschaft zerrüttet und aufgelöst war.

Bis zur Auflösung der Ehe habe ich mit meiner Frau gemeinsam alles für das Kind besorgt. Nachdem sowohl meine Gattin als auch ich ein eigenes Einkommen hatten, hat jeder sein Geld für sich selbst verwaltet. Wir haben gemeinsam gewohnt und zusammen gelebt. Nach Erwerb der Staatsbürgerschaft haben wir gemeinsam einen Kredit aufgenommen (...), damit ich meine Schulden in der Türkei zurückzahlen konnte. Den Kredit zahle ich zurück, obwohl meine ehemalige Ehegattin als Bürgin aufscheint. Das Geld habe ich über die D...-Bank ... am gleichen Tag in die Türkei transferiert.

Einen Monat nach Erwerb der Staatsbürgerschaft ist meine damalige Ehefrau nach Gu gezogen.

Bis einen Monat vor der Scheidung ist bei uns alles in Ordnung gewesen. Bis zu diesem Zeitpunkt haben wir gemeinsam gelebt, gemeinsam gewohnt und gemeinsam eingekauft.

Zum letzten Geburtstag im Jahr 2006 habe ich meiner Frau rote Blumen geschenkt.

Zwei bis drei Monate (Juni oder Juli 2007) nach der Scheidung bin ich das erste Mal wieder in die Türkei gefahren. Die derzeitige Ehefrau gehört meiner Verwandtschaft an und wurde für mich ausgesucht. Ich war für einen Monat lang in der Türkei.

..."

7. Bei ihrer Einvernahme am 16. Oktober 2007 führte C N Folgendes aus (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Es stimmt, dass wir seit Ende Jänner 2007 geschieden sind. Es stimmt auch, dass ich im Zuge des Scheidungsverfahrens angegeben habe, dass unsere Ehe seit 6 Monaten aufgelöst war. Wir haben zuerst in G gemeinsam gewohnt und im Frühling 2006 bin ich wieder nach Gu zurückgezogen. Bis Ende des Jahres 2006 ist mein Mann immer wieder am Wochenende nach Gu gekommen. Diesen Umstand können unsere Nachbarn in Gu bestätigen.

Ich habe nach der Eheschließung ein Kind bekommen, wobei der Vater des Kindes nicht mein Ehemann war. Diesen Umstand hat mein geschiedener Ehegatte erst im Sommer 2006 erkannt. Im Zuge einer Krankheit des Kindes ist man durch eine Blutprobe auf diesen Umstand gestoßen. Dieser Umstand hat meinem geschiedenen Gatten nicht gefallen. Zu meiner vorigen Aussage muss ich noch ergänzen, dass die Besuche am Wochenende ab Mai 2006 nicht mir sondern eher dem Kind gegolten hat.

Seit Mai 2006 war der gemeinsame Haushalt zwar aufgelöst, aber trotzdem hat mein geschiedener Ehemann bei den Besuchen für die Familie eingekauft.

Seit Juli 2006 habe ich einen neuen Freund und dies hat mein Ex-Ehemann auch gewusst. Die beiden haben sich bei den Wochenendbesuchen meines Ex-Ehemannes auch kennen gelernt.

Ich stelle nochmals fest, dass seit Mai 2006 weder die Ehe noch der gemeinsame Haushalt stattgefunden haben und mein früherer Ehemann seine Besuche ausschließlich auf das Kind beschränkt hat.

Zu dem nach der Einbürgerung aufgenommenen Kredit muss ich sagen, dass ich den zwar mit unterschrieben habe, die Rückzahlungen jedoch von meinem Ex-Ehemann alleine getätigt werden.

Zu seinem letzten Urlaub im Jahr 2006 kann ich nur ausführen, dass ich glaube, dass er ungefähr 1 Monat im Ausland war; genau kann ich das nicht sagen, da ich ja nicht mehr mit ihm im gemeinsamen Haushalt gelebt habe.

Ohne Einflussnahme stelle ich nochmals fest, dass seit Mai 2006 (Unehelicherklärung meines Kindes) kein gemeinsamer Haushalt mehr gegeben war und trotzdem die Besuche, die nachher stattgefunden haben, dem minderjährigen Kind gegolten haben. Ich selbst bin seit Juli 2006 mit einem Freund liiert, lebe jedoch nicht im gemeinsamen Haushalt mit ihm.

Es wurde mir auch mitgeteilt, dass die Aussagen zum gemeinsamen Haushalt, die ich jetzt getroffen habe, zum Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft für meinen früheren Ehemann führen können. Aufgrund der geforderten Zeugenaussage konnte ich nur den wahren Sachverhalt wiedergeben."

Darunter befindet sich eine handschriftliche Ergänzung der Zeugin C N "Ich bestätige meine Aussagen nochmals", Unterschrift, Datum.

8. In seiner Stellungnahme im Zuge des Parteiengehörs zur geplanten Wiederaufnahme des Verfahrens vom 24. Oktober 2007 führte der Beschwerdeführer - nunmehr rechtsanwaltlich vertreten - aus, dass die einvernehmliche Scheidung gemäß § 55a EheG auf dem Zerrüttungsgrundsatz und dem Einvernehmlichkeitsprinzip aufbaue. Entscheidend für die einvernehmliche Scheidung gemäß § 55a EheG sei danach nicht die Aufhebung der Wohngemeinschaft im Sinne von getrennten Wohnsitzen, sondern der Verlust der ehelichen Gesinnung. Der Beschwerdeführer spreche in seinen Aussagen lediglich von der Zerrüttung der Ehe, der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Die Aussage der geschiedenen Ehegattin bei ihrer Einvernahme, dass der gemeinsame Haushalt seit Mai 2006 aufgelöst gewesen sei, sei darauf zurückzuführen, dass für die einvernehmliche Scheidung die Auflösung der häuslichen Gemeinschaft seit sechs Monaten erforderlich sei. Dafür sei es nötig gewesen, anzugeben, dass die Ehepartner seit sechs Monaten nicht mehr im gemeinsamen Haushalt leben. Die Auflösung der häuslichen Gemeinschaft habe jedoch nicht im Mai 2006 stattgefunden, da der Beschwerdeführer eine sehr starke Bindung zu dem Kind seiner geschiedenen Gattin habe und schon aus diesem Grund die Auflösung der häuslichen Gemeinschaft für ihn völlig undenkbar gewesen sei.

9. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 28. August 2008 wurde

§ 64 Abs. 4 StbG 1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 37/2006,

§ 10 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 5 in der Fassung vor der

Staatsbürgerschafts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006) (Spruchpunkt III.).

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei über die Voraussetzungen für die Verleihung informiert gewesen, er habe die persönlichen Dokumente von C N vorgelegt und er habe in seinem Antrag sehr wohl zwischen den Daten "Wohnsitz in Österreich" und "Datum der Eheschließung" unterscheiden können. Weiters habe er mit seiner Unterschrift bestätigt, dass er mit C N im gemeinsamen Haushalt lebe.

Ausgehend vom Tatbestand der Ehescheidung und des während aufrechter Ehe zunächst ehelich, in weiterer Folge unehelich geborenen Kindes, spreche - rückwirkend gesehen - alles dagegen, dass der gemeinsame Haushalt zum Zeitpunkt der Einbürgerung noch bestanden haben soll. Die definitive melderechtliche Änderung (Abmeldung nach Gu am 10. Oktober 2006), das Erkennen, dass der Antragsteller nicht der leibliche Vater des während der Ehe geborenen Kindes sei und die Bekanntschaft mit dem neuen Freund der damals Noch-Ehegattin C N seit Juli 2006 wiesen darauf hin, dass die Angaben im Zuge der einvernehmlichen Scheidung, dass der gemeinsame Haushalt bereits sechs Monate davor aufgehoben gewesen sei, den tatsächlichen familiären Verhältnissen sowie den persönlichen Lebensumständen des Antragstellers entsprochen hätten. Es sei daraus zu erkennen, dass der Beschwerdeführer durch Unterlassung der Angaben der wahren familiären Verhältnisse bzw. durch Verschweigen der wahren persönlichen Lebensumstände den Verleihungsbescheid erschlichen habe. So habe er vorsätzlich unwahre Angaben gemacht, als er im Zuge der Niederschrift am 5. September 2006 erklärt habe, dass er mit der seinerzeitigen Ehegattin im gemeinsamen Haushalt lebe. Es gebe keine Hinweise, die darauf schließen ließen, dass eine Bereitschaft zur Fortführung eines gemeinsamen Haushaltes noch bestanden habe, da auch keine gemeinsame Wirtschaftsführung auf Dauer behauptet worden und auch nicht zu erkennen gewesen sei. Der Beschwerdeführer könne nicht behaupten, über die gesetzlichen Erfordernisse nicht informiert gewesen zu sein, da er die Voraussetzung des gemeinsamen Haushalts wiederholt bestätigt habe und somit erkannt haben musste, dass es sich dabei um eine Einbürgerungsvoraussetzung gehandelt habe.

In der Stellungnahme sei die Zerrüttung der Ehe weder bestritten noch widerlegt worden, woraus zur Kenntnis genommen worden sei, dass ein Leben im gemeinsamen Haushalt im Sinne einer häuslichen Gemeinschaft nicht mehr gegeben gewesen sei und nicht weiter von einem intakten Eheleben gesprochen werden könnte. Durch die nachfolgende einvernehmliche Scheidung werde die defekte eheliche Beziehung und die nicht vorhandene häusliche Gemeinschaft bestätigt, da es sich nicht nur um eine vorübergehende Störung des Ehelebens gehandelt habe und ein Ehewille nicht mehr vorhanden gewesen sei. In der Stellungnahme zum Parteiengehör habe der Beschwerdeführer die Angaben der damaligen Ehegattin bezüglich der Unehelicherklärung des ursprünglich ehelichen Kindes sowie bezüglich ihres neuen Freundes und ihres tatsächlichen Aufenthaltes in Gu nicht widerlegt.

Der Gesetzgeber habe mit § 4 StbG dem Beschwerdeführer die Aufgabe übertragen, seine persönlichen Verhältnisse darzulegen. Diese Aussagen könnten auf ein falsches Zeugnis oder eine absichtliche Unterlassung der Bekanntgabe des tatsächlichen Sachverhaltes hin nur dann untersucht werden, wenn Anhaltspunkte vorliegen, die die Aussagen bezweifeln ließen. Im Sinne der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit des Verfahrens sei es bei einer Bringschuld, die sich auf höchstpersönliche Lebensumstände beziehe, nicht erforderlich, jede dieser Angaben auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen, da gerade bei der Angabe persönlicher Bereiche die Umstände nur dann zu hinterfragen seien, wenn Zweifel oder unterschiedliche Angaben darüber erfolgten. Im vorliegenden Verfahren habe es bis zur Bekanntgabe der einvernehmlichen Scheidung keine Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der Angaben über die persönlichen Verhältnisse und den gemeinsamen Haushalt gegeben. Dass es sich nicht um das gemeinsame Kind der damaligen Eheleute gehandelt habe, sei der Behörde erst im Zuge des Wiederaufnahmeverfahrens bekannt geworden. Daraus sei erkennbar, dass der Beschwerdeführer gezielt falsche Angaben gemacht habe, die erst nach der Einbürgerung offenkundig geworden seien. Die Folgen unwahrer Aussagen, die jedoch entscheidungsrelevant gewesen seien, habe der Einbürgerungswerber zu tragen.

Bei einer Kreditaufnahme seien Kriterien der gemeinsamen Haftung angesprochen, die lediglich eine haftungsrelevante Rechtssituation erzeugen würden und mit der Frage eines gemeinsamen Haushaltes oder intakten Ehelebens nicht verbunden werden könnten. Daher habe die Kreditaufnahme unmittelbar nach der Einbürgerung unter Bürgschaftsleistung seiner ehemaligen österreichischen Gattin keine Auswirkung auf das gegenständliche Verfahren, da durch eine solche Handlung kein gemeinsamer Haushalt nachgewiesen werden könne.

Da die Voraussetzungen des § 11a Abs. 1 Z. 1 StbG im Zeitpunkt der Verleihung nicht mehr alle vorgelegen seien, sei der Zusicherungsbescheid zu widerrufen gewesen.

Der Beschwerdeführer erfülle zwar inzwischen die Voraussetzung des Mindestwohnsitzes von sechs Jahren, doch habe er nicht den Nachweis der nachhaltigen persönlichen und beruflichen Integration, wie von § 10 Abs. 4 Z. 1 iVm Abs. 5 StbG in der Fassung vor der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 gefordert, erbracht. Es existierten daher auch keine Hinweise, dass die Voraussetzungen eines anderen Tatbestandes zur Verleihung der Staatsbürgerschaft erfüllt wären, weshalb der Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft abzuweisen war.

10. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Rechtslage

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des StbG in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 (im Folgenden: StbG nF) lauten:

"§ 24. Die Wiederaufnahme eines Verleihungsverfahrens darf aus den im § 69 Abs. 1 Z 2 und 3 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, genannten Gründen nur bewilligt oder verfügt werden, wenn der Betroffene hiedurch nicht staatenlos wird.

...

§ 35. Die (...) Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z 1 AVG hat von Amts wegen oder auf Antrag des Bundesministers für Inneres zu erfolgen. ...

...

§ 64a. ...

(4) Verfahren auf Grund eines vor dem In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 37/2006 erlassenen Zusicherungsbescheides nach § 20 Abs. 1 sind nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der vor der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 37/2006 geänderten Fassung zu Ende zu führen."

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des StbG in der Fassung vor der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, also in der Fassung BGBl. I Nr. 124/1998 (im Folgenden: StbG aF) lauten:

"§ 11a. (1) Einem Fremden ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 und Abs. 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn

1. sein Ehegatte Staatsbürger ist und im gemeinsamen Haushalt mit ihm lebt,

..."

2. Zur Wiederaufnahme des Verleihungsverfahrens

2.1. Zum Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG:

Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft objektiv unrichtig angegeben habe, er lebe mit C N im gemeinsamen Haushalt. Dies hat die belangte Behörde als Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG (Erschleichung) gewertet, da diese Angabe des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Verleihungsvoraussetzung nach § 11a Abs. 1 StbG aF von wesentlicher Bedeutung gewesen sei.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zuletzt in seinem Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2007/01/1051, mwN, ausgesprochen hat, setzt die für eine Erschleichung eines Bescheides nach § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG notwendige Irreführungsabsicht voraus, dass die Partei wider besseres Wissen gehandelt hat und dies deshalb, um einen vielleicht sonst nicht erreichbaren Vorteil zu erlangen. Ob Irreführungsabsicht vorliegt, kann nur aus den das rechtswidrige Verhalten der Partei begleitenden Umständen geschlossen werden, die von der Behörde in freier Beweiswürdigung festzustellen sind (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 19. März 2009, Zl. 2008/01/0496, und vom 26. Mai 2009, Zl. 2009/01/0017, die alle eine Wiederaufnahme wegen objektiv unrichtiger Erklärung bei Verleihung der Staatsbürgerschaft zum Gegenstand hatten).

2.2. Zum gemeinsamen Haushalt nach § 11a StbG aF:

Die Beschwerde bringt vor, die eheliche Lebensgemeinschaft habe im Zeitpunkt der Scheidung seit einem halben Jahr aufgehoben sein müssen. Dabei sei nicht entscheidend, ob die Ehegatten noch in einer gemeinsamen Wohnung lebten, sondern ob ihre geistige und körperliche Gemeinschaft trotz des räumlichen Naheverhältnisses aufgehört habe zu bestehen. Die Bekräftigung des Ehegatten, die eheliche Lebensgemeinschaft wäre iSd § 55a EheG seit zumindest sechs Monaten aufgehoben, sei nicht gleichzusetzen mit der Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes iSd § 11a Abs. 1 StbG. Daher wäre die belangte Behörde verhalten gewesen, nähere Ermittlungen zu pflegen (Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 22. November 2005, Zl. 2005/01/0050), was sie aber unterlassen habe.

Die belangte Behörde stütze sich lediglich auf die Aussage der Ehegattin des Beschwerdeführers, wonach sie bereits im Frühjahr 2006 nach G gezogen sei. Sie führe nicht aus, weshalb sie den Aussagen der früheren Ehegattin mehr Glauben schenke als jenen des Beschwerdeführers. Es ergebe sich keine nachvollziehbare Beweiswürdigung der belangten Behörde. Diese stelle hinsichtlich des Zeitpunktes der behaupteten Auflösung des gemeinsamen Haushalts offenkundig lediglich auf die Angaben im Verfahren gemäß § 55a EheG ab.

Hilfsweise davon ausgehend, dass die frühere Ehegattin des Beschwerdeführers tatsächlich schon zum Zeitpunkt der Verleihung in Gu gelebt habe, sei auszuführen, dass selbst diese angegeben habe, dass der Beschwerdeführer an den Wochenenden nach Gu gekommen sei und dort auch für die gesamte Familie eingekauft habe. Es sei daher - objektiv betrachtet - die häusliche Gemeinschaft trotz einer möglicherweise zeitlich befristeten getrennten Wohnsitznahme aufrecht gewesen. Die Tatsache der gemeinsamen Aufnahme eines Kredites sei - entgegen den Ausführungen der belangten Behörde - sehr wohl von Bedeutung, zumal zum gemeinsamen Haushalt auch eine zumindest auf den Haushalt bezogene gemeinsame Wirtschaftsführung notwendig sei. Die gemeinsame Kreditaufnahme nach Verleihung der Staatsbürgerschaft spreche daher sehr wohl für das Vorliegen eines gemeinsamen Haushalts der Ehegatten. Es liege ein wesentlicher Verfahrensmangel vor, da die belangte Behörde diesen Umstand nicht in ihre Beweiswürdigung aufgenommen habe, dieser jedoch geeignet gewesen wäre, darzulegen, dass ein gemeinsamer Haushalt zum Zeitpunkt der Verleihung noch bestanden habe.

Zu diesem Vorbringen ist festzuhalten:

Mit dem Begriff des gemeinsamen Haushaltes nach § 11a StbG aF im Verhältnis zu § 55a EheG hat sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2007/01/1051, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, auseinandergesetzt. Danach setzt der gemeinsame Haushalt nach § 11a StbG aF das Zusammenleben der Ehegatten in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft voraus, wobei kurzfristige Unterbrechungen dieses Zusammenlebens bei grundsätzlich aufrechtem gemeinsamen Wohnsitz und gemeinsamer Wirtschaftsführung nicht schaden. Bei der Prüfung, ob ein derartiger gemeinsamer Haushalt vorgelegen ist, macht ein Ehescheidungsbeschluss nach § 55a EheG bzw. die in diesem Zusammenhang abgegebene Erklärung, die eheliche Lebensgemeinschaft sei seit mindestens einem halben Jahr aufgelöst, Ermittlungen darüber, ob die Beschwerdeführerin mit ihrem Ehegatten im gemeinsamen Haushalt lebte, nicht schlechterdings entbehrlich (wobei der Verwaltungsgerichtshof auf das von der Beschwerde zitierte Erkenntnis Zl. 2005/01/0050 verwies).

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde ihre Annahme, zum Zeitpunkt der Verleihung der Staatsbürgerschaft an den Beschwerdeführer habe kein gemeinsamer Haushalt mit C N bestanden, in diesem Sinne zutreffenderweise nicht nur auf das Protokoll der einvernehmlichen Scheidung nach § 55a EheG, sondern im Wesentlichen auch auf die zeugenschaftliche Aussage der C N gestützt. Danach habe C N seit Mai 2006 - also mehr als 3 Monate vor der Verleihung der Staatsbürgerschaft an den Beschwerdeführer -

mit diesem nicht mehr im gemeinsamen Haushalt gelebt, sondern sei zu diesem Zeitpunkt aus der gemeinsamen Ehewohnung nach Gu (zu ihren Eltern) gezogen. Entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde führte die belangte Behörde sehr wohl beweiswürdigend aus, weshalb sie den Angaben der C N und nicht jenen des Beschwerdeführers folgt. Das von der belangten Behörde in diesem Zusammenhang angeführte Argument, es sei sehr unwahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer mit C N weiterhin im gemeinsamen Haushalt gelebt habe, nachdem er erfahren habe, dass er nicht der Kindesvater sei und dass C N mit dem wahren Kindesvater bereits eine neue Beziehung eingegangen sei, ist nicht unschlüssig. Bei der räumlichen Trennung der Ehegatten seit Mai 2006 kann auch - trotz der gelegentlichen Besuche des Beschwerdeführers am Wochenende - nicht von einer (nach der obzitierten Rechtsprechung) für das Bestehen eines gemeinsamen Haushaltes unschädlichen kurzfristigen Unterbrechung des Zusammenlebens gesprochen werden.

Wenn die Beschwerde vorbringt, C N habe sich erst nach Verleihung der Staatsbürgerschaft an den Beschwerdeführer vom gemeinsamen Wohnsitz abgemeldet, so ist darauf hinzuweisen, dass der Hauptwohnsitzmeldung zwar Indizwirkung zukommt, eine Bindung der Staatsbürgerschaftsbehörde an eine solche jedoch in keine Richtung besteht, also weder in dem Sinne, dass das Fehlen einer polizeilichen Meldung die Existenz eines Hauptwohnsitzes ausschließt noch dass aufgrund einer aufrechten Hauptwohnsitzmeldung in jedem Fall von einer tatsächlichen Aufrechterhaltung des Hauptwohnsitzes durch den Verleihungswerber auszugehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2007/01/1051, mwN). Es ist daher fallbezogen nicht als unschlüssig zu erkennen, wenn die belangte Behörde - ausgehend von der zeugenschaftlichen Aussage der C N - die polizeiliche Meldung nicht als Nachweis dafür angesehen hat, dass die Ehepartner zum Zeitpunkt der Verleihung der Staatsbürgerschaft tatsächlich im gemeinsamen Haushalt gelebt haben, zumal eine Aufrechterhaltung der Meldung durch C N bis zur Verleihung der Staatsbürgerschaft durchaus auch den Grund gehabt haben mag, dem Beschwerdeführer eben diese Verleihung zu ermöglichen.

Dass sich C N nach der Verleihung bei einer Kreditvergabe an den Beschwerdeführer als Bürgin zu Verfügung gestellt hat, hat die belangte Behörde in nicht unschlüssiger Weise als nicht ausreichend angesehen, um vom Bestehen einer gemeinsamen Wirtschaftsführung bzw. eines gemeinsamen Haushaltes ausgehen zu können.

2.3. Zur Beweiswürdigung hinsichtlich der Irreführungsabsicht des Beschwerdeführers:

Diesbezüglich bringt die Beschwerde vor, dass sich - selbst wenn man davon ausgehe, dass kein gemeinsamer Haushalt mehr bestanden habe - aus dem angefochtenen Bescheid nicht ergebe, dass der Beschwerdeführer vorsätzlich gehandelt habe. Die belangte Behörde lege zwar dar, dass der Beschwerdeführer gemäß § 4 StbG verpflichtet gewesen sei, seine persönlichen Verhältnisse darzulegen und gewusst habe, dass das Bestehen eines gemeinsamen Haushalts notwendige Voraussetzung für die Verleihung gewesen sei. Damit werde jedoch noch nichts darüber ausgesagt, ob er tatsächlich vorsätzlich gehandelt habe. Der Beschwerdeführer sei davon ausgegangen, dass durch seine Besuche an den Wochenenden in Gu und die dort getätigten Einkäufe die Voraussetzungen des § 11a StbG aF noch vorgelegen seien. Es könne kein vorsätzliches Erschleichen der Verleihung angenommen werden, wenn der Beschwerdeführer auf etwaige bestehende Eheprobleme während aufrechter Ehe nicht eingegangen sei.

Dem ist entgegenzuhalten:

Die belangte Behörde legt beweiswürdigend dar, dass dem Beschwerdeführer sehr wohl klar gewesen sei, dass ein gemeinsamer Haushalt mit C N eine der Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft war und er daher die Tatsache des inzwischen eingetretenen Fehlens dieser Voraussetzung bewusst verschwiegen habe. Es ist auch nicht als unschlüssig zu erkennen, wenn die belangte Behörde davon ausgeht, dass es sich bei der Übersiedelung von C N aus der gemeinsamen Ehewohnung mit dem Beschwerdeführer zu ihren Eltern nicht nur um eine vorübergehende räumliche Trennung der Ehepartner gehandelt habe und daher zu dem Schluss kommt, dass es der Beschwerdeführer bewusst unterlassen habe, die Änderung seiner persönlichen Lebensumstände bekannt zu geben. Letztlich würde auch die - von der Beschwerde nunmehr behauptete - rechtliche Unkenntnis des Beschwerdeführers über die Auslegung des Begriffes des gemeinsamen Haushaltes nach § 11a StbG aF nichts daran ändern, dass der Beschwerdeführer - gemäß § 4 StbG - verpflichtet gewesen war, diese doch nicht unerhebliche Änderung seiner persönlichen Lebensumstände der belangten Behörde bekannt zu geben, was er unterlassen hat.

2.4. Somit begegnet insgesamt die auf § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG gestützte Wiederaufnahme des Verleihungsverfahrens keinen Bedenken.

3. Widerruf der Zusicherung

3.1. Gemäß § 20 Abs. 2 StbG (die Rechtslage hat sich insofern durch die Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 nicht geändert) ist die Zusicherung zu widerrufen, wenn der Fremde auch nur eine der für die Verleihung der Staatsbürgerschaft erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt.

3.2. Im Beschwerdefall stützte die belangte Behörde den Widerruf der Zusicherung auf die Feststellung, dass der gemeinsame Haushalt des Beschwerdeführers mit C N gemäß § 11a StbG aF nach Erlassung des Zusicherungsbescheides nicht mehr gegeben war (vgl. zu der im Beschwerdefall auf Grund der Wiederaufnahme anzuwendenden Rechtslage vor der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 das hg. Erkenntnis vom 19. März 2009, Zl. 2008/01/0496, mwN).

Da sich die zu dieser Feststellung führende Beweiswürdigung - wie bereits oben dargelegt - als nicht unschlüssig erweist und die Verleihungsvoraussetzung (im Gegensatz zu dem dem obzitierten hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2007/01/1051, zu Grunde liegenden Sachverhalt) nach Erlassung der Zusicherung weggefallen ist, bestehen gegen diesen Spruchpunkt keine Bedenken.

4. Abweisung des Antrags auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG aF kann einem Fremden die Staatsbürgerschaft verliehen werden, wenn er seit mindestens zehn Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat. Gemäß § 10 Abs. 4 leg. cit. kann aus besonders berücksichtigungswürdigem Grunde von der Voraussetzung des Abs. 1 Z. 1 abgesehen werden, sofern es sich (...) um einen Fremden handelt, der seit mindestens sechs Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat, es sei denn, es wäre in Abs. 5 hinsichtlich dieser Wohnsitzdauer anderes vorgesehen. In Abs. 5 leg. cit. wird ausgeführt, was als besonders berücksichtigungswürdiger Grund gilt.

Die belangte Behörde geht im angefochtenen Bescheid davon aus, dass der Beschwerdeführer nicht die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG aF erfüllt, da er sich erst seit dem 7. Dezember 2001 in Österreich aufhalte. Damit sei zwar eine sechsjährige Aufenthaltsdauer gegeben, jedoch kein besonders berücksichtigungswürdiger Grund im Sinn des § 10 Abs. 5 StbG aF ersichtlich.

Entgegen den Beschwerdeausführungen wurde dem Beschwerdeführer nach der Aktenlage mit Schreiben der belangten Behörde vom 17. Oktober 2007 Parteiengehör gewährt. Diese Möglichkeit hat er - anwaltlich vertreten - mit Schreiben vom 24. Oktober 2007 auch wahrgenommen, wobei keinerlei Ausführungen zu einem eventuellen Staatsbürgerschaftserwerb nach § 10 Abs. 4 Z. 1 getroffen wurden. Der belangten Behörde kann somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Voraussetzung des Mindestwohnsitzes von sechs Jahren bejaht, jedoch - auch im Hinblick auf § 4 StbG - keine besonders berücksichtigungswürdigen Gründe im Sinn des § 10 Abs. 5 für die Verleihung der Staatsbürgerschaft erkennen kann. Die nunmehr in der Beschwerde angeführten - nach der Beschwerde für eine nachhaltige persönliche und berufliche Integration des Beschwerdeführers sprechenden - Umstände unterliegen daher dem Neuerungsverbot und sind unbeachtlich.

5. Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 23. September 2009

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