VwGH 2008/01/0243

VwGH2008/01/024323.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des A M in G, vertreten durch Mag. Dr. Anton Karner und Mag. Dr. Michael Mayer, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Steyrergasse 103/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 10. März 2008, Zl. FA7C-11-1557/2005-68, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §69 Abs1 Z1;
AVG §69 Abs3;
EheG §55a;
StbG 1985 §11a Abs1 Z1 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §4 idF 1998/I/124;
AVG §69 Abs1 Z1;
AVG §69 Abs3;
EheG §55a;
StbG 1985 §11a Abs1 Z1 idF 1998/I/124;
StbG 1985 §4 idF 1998/I/124;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Der Beschwerdeführer wurde 1977 in Mazedonien geboren. Er hat seit 22. Jänner 2002 seinen Hauptwohnsitz in Österreich und heiratete am 25. Oktober 2003 die österreichische Staatsbürgerin M

T. Davor wurde die Ehe des Beschwerdeführers mit seiner ersten Ehefrau am 31. Jänner 2003 in Mazedonien geschieden. Am 3. Oktober 2005 beantragte er bei der belangten Behörde die österreichische Staatsbürgerschaft.

2. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 31. Jänner 2006 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 20 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) die Verleihung der Staatsbürgerschaft für den Fall zugesichert, dass er innerhalb von zwei Jahren ab Erhalt des Bescheides das Ausscheiden aus dem bisherigen Staatsverband nachweist. Am 21. Juni 2006 legte der Beschwerdeführer seine Entlassung (des Ministeriums für Innere Angelegenheiten der Republik Mazedonien vom 30. Mai 2006) aus der Staatsbürgerschaft der Republik Mazedonien vor.

3. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 25. August 2006 wurde dem Beschwerdeführer "mit Wirkung vom 5. September 2006" die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen. Im Zuge der Verleihung wurde er am 5. September 2006 niederschriftlich befragt, wobei er mit seiner Unterschrift unter anderem bestätigte, dass er gemäß § 11a Abs. 1 StbG mit seiner Ehegattin (M T) derzeit im gemeinsamen Haushalt lebe.

4. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Leibnitz vom 5. Dezember 2006 wurde die Ehe des Beschwerdeführers mit M T gemäß § 55a Ehegesetz einvernehmlich geschieden (Rechtskraft: 2. Jänner 2007). In der Begründung wurde ausgeführt, dass die eheliche Gemeinschaft der Antragsteller seit mehr als sechs Monaten aufgehoben gewesen sei und beide die unheilbare Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses zugestanden hätten.

5. Am 16. Jänner 2007 heiratete der Beschwerdeführer seine erste Ehefrau erneut und stellte am 6. Februar 2007 Anträge auf Familienzusammenführung. Am 14. Juni 2007 wurde das (zweite) gemeinsame Kind geboren (das erste kam am 22. Mai 2006 zur Welt).

6. Am 11. Juli 2007 wurde der Beschwerdeführer durch die belangte Behörde niederschriftlich befragt, wobei er zur Frage, wie lange er mit M T vor der Scheidung nicht mehr zusammengelebt habe, Folgendes angab (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Ich habe mit meiner ehemaligen Frau ungefähr 6 Monate nicht mehr zusammengelebt. Ich habe für meinen Lebensunterhalt selbst gesorgt. Für den Lebensunterhalt meiner geschiedenen Frau bin ich zwar nicht aufgekommen, jedoch habe ich ihr im Monat EUR 180,-- gegeben. Die Kinder meiner geschiedenen Frau habe ich bis 3 Monate nach der Scheidung bei mir freiwillig mitversichert. Ich war bis 28.09.2006 an dem Wohnsitz meiner ehemaligen Gattin gemeldet.

Zur Aussage anlässlich meiner Scheidung (am 5.12.2006), dass die Lebensgemeinschaft seit mehr als 6 Monaten aufgehoben ist, kann ich nur sagen, dass dies wahrscheinlich die Voraussetzung für die Auflösung der Ehe war."

7. Bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme am 9. August 2007 gab M T als Zeugin Folgendes an (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"...

Der gemeinsame Haushalt war bereits 1 Jahr vor der Scheidung aufgehoben, sofern er überhaupt jemals bestanden hat.

...

Ich habe von meinem Gatten (dem Beschwerdeführer) nie Geld bekommen. Hin und wieder Kleinigkeiten (EUR 10,-- bzw. EUR 20,--) bis 1 Jahr vor der Scheidung. Die Behauptung, dass ich monatlich EUR 180,-- erhalten habe, entspricht nicht den Tatsachen.

...

Ich habe mich deshalb hinsichtlich des Wegweisungsrechtes erkundigt, da mein ehemaliger Ehegatte zum jüngsten Sohn handgreiflich wurde. Er war damals lediglich auf Besuch bei mir.

...

Ich wusste nicht, dass er mit seiner 1. Ehefrau im Mai 2006 ein Kind bekommen hat. Meines Wissens war er öfter und längere Zeit nicht in Österreich. Diese Auskünfte habe ich über Telefon erhalten. Er hat hie und da mit mir telefoniert. Deshalb wusste ich auch, dass er sich immer wieder in Mazedonien aufhält. Ich selbst war nie in Mazedonien.

Weiters gebe ich bekannt, dass unsere eheliche Gemeinschaft nur kurz gedauert hat und ich von meinem geschiedenen Ehegatten nie Geld oder eine Unterstützung erhalten habe. Seine Aussage, dass ich EUR 180,-- mtl. erhalten habe, stimmt nicht. Das wäre auch über mein Konto jederzeit zu überprüfen.

Seit mindestens 1 Jahr vor Auflösung der Ehe hat mein geschiedener Ehegatte nicht mehr bei mir übernachtet. Bis zu Scheidung habe ich ihm zwar die Wäsche gewaschen (1 mal pro Woche), ich habe dafür jedoch nichts bekommen.

Mein Einkommen, auch während der Ehe, war das Pflegegeld, Alimente und Kinderbeihilfe.

Es hat keine Vermögensgemeinschaft und kein gemeinsamer Haushalt bestanden. Meine Ausführungen im Zuge der einvernehmlichen Scheidung können auch in diesem Sinne verstanden werden.

Ich bestätige nochmals, dass ich während der gesamten Ehe nie von meinem geschiedenen Gatten Geld erhalten habe. Auch die Ausrichtung unserer seinerzeitigen Hochzeitsfeier habe ich bestritten.

Leider muss ich noch bekannt geben, dass auch meine Familie der Meinung ist, dass es ein großer Fehler war, den Beschwerdeführer zu heiraten und alle der Meinung sind, dass er mich nur wegen der Staatsbürgerschaft geheiratet hat. Deshalb hat er auch die Scheidung hinausgezögert, bis er Staatsbürger war. Diese Meinung vertrete ich deshalb, da er erst einem Scheidungstermin zugestimmt hat, wie er gewusst hat, dass er die österreichische Staatsbürgerschaft bekommt.

Ich wollte schon zu Beginn 2006 die Scheidung beantragen, was er aber bis September 2006 verhindert hat.

Von seinem Kind (geb. am 22.5.2006) hat er mir nie etwas erzählt."

8. In seiner Stellungnahme im Zuge des Parteiengehörs vom 2. Oktober 2007 führte der Beschwerdeführer - nunmehr rechtsanwaltlich vertreten - aus, es sei für eine einvernehmliche Scheidung notwendig, außer Streit zu stellen, dass die eheliche Gemeinschaft seit 6 Monaten aufgehoben sei. Daraus könne jedoch ein anderes Verfahren keine Bindungswirkung ableiten. Im Übrigen sei es für eine derartige Außerstreitstellung sehr wohl rechtlich möglich, weiter den gemeinsamen Wohnsitz zu haben. Eine eheliche Gemeinschaft könne auch beim Wohnen in einer gemeinsamen Wohnung aufgehoben sein. § 11a Abs. 1 Z. 1 StbG verlange, dass der Ehegatte Staatsbürger sei und im gemeinsamen Haushalt lebe. Dies sei vorgelegen, es sei sohin diesbezüglich keine falsche Angabe gemacht bzw. in keinster Weise irgendetwas erschlichen worden. Es werde auf die im Akt befindlichen Meldezettel verwiesen.

Die anders lautenden Aussagen von M T seien so zu verstehen, dass sie persönlich über die Scheidung sehr traurig gewesen sei. Tatsächlich habe die Hausgemeinschaft, wie sie der Gesetzgeber in § 11a StbG fordere, bis zur Scheidung angedauert. Dies ergebe eine Überprüfung der Meldezettel.

Der Staatsbürgerschaftsverleihungsbehörde sei es immer offen gestanden während des Ermittlungsverfahrens Kontrollen anderer Art durchzuführen, wenn es Zweifel am Bestehen einer aufrechten Ehe gegeben habe. Dabei hätte die Behörde erkennen können, dass tatsächlich eine Hausgemeinschaft vorgelegen sei. Nunmehr im Nachhinein es als Wiederaufnahmegrund zu werten, wenn Widersprüche zum Scheidungsverfahren auftauchen, die leicht erklärbar seien bzw. rechtlich nicht vorlägen, könne nicht angehen, wenn es die Behörde verabsäumt habe, den Sachverhalt zu ermitteln. Dieser Mangel schließe es aus, eine unrichtige Parteiangabe, die in concreto gar nicht vorliege, als ein Erschleichen des Bescheides zu werten.

Es liege in keinster Weise ein falsches Zeugnis vor bzw. ein Erschleichen im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG, da es für das falsche Zeugnis am bösen Vorsatz, der Strafbarkeit als Verbrechen oder Übertretung bedingt, mangle, da ein etwaiges Fehlverhalten des Beschwerdeführers in concreto, das bestritten werde, in keinster Weise strafrechtliche Relevanz hätte, nachdem er eben nicht als Zeuge einvernommen bzw. als solcher auch nicht belehrt worden sei, was Strafbarkeit ausschließe. Da der Beschwerdeführer keine mazedonische Staatsbürgerschaft sowie keine Niederlassungsbewilligung für Österreich mehr besitze, wäre er bei Wiederaufnahme des Verfahrens und Abweisung des gestellten Staatsbürgerschaftsantrages bei weitem schlechter gestellt, als wenn die Behörde im Sinne eines Ermittlungsverfahrens gemäß §§ 37 ff AVG zu dem Schluss gekommen wäre, das Staatsbürgerschaftsbegehren abzuweisen. Es könne nicht sein, dass sich die Behörde auf die Meldebescheinigungen verlassen habe und nunmehr im Wege der Wiederaufnahme das Staatsbürgerschaftsbegehren abweisen wolle.

In der ergänzenden Stellungnahme vom 18. Oktober 2007 wird ausgeführt, dass § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG eine Wiederaufnahme nur bei Vorliegen einer strafbaren Handlung im Sinne des österreichischen StGB rechtfertige. Dem Beschwerdeführer könne kein strafbares Verhalten angelastet werden, denn er habe weder eine Urkunde gefälscht, noch als Zeuge eine falsche Aussage abgelegt und die Staatsbürgerschaft auch nicht durch eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen. "Erschleichen" sei kein eigener Tatbestand, sondern beziehe sich wie "herbeigeführt" auf die "andere gerichtlich strafbare Handlung".

9. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. März 2008 wurde

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Rechtslage

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des StbG in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 (im Folgenden: StbG nF) lauten:

"§ 24. Die Wiederaufnahme eines Verleihungsverfahrens darf aus den im § 69 Abs. 1 Z 2 und 3 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, genannten Gründen nur bewilligt oder verfügt werden, wenn der Betroffene hiedurch nicht staatenlos wird.

...

§ 35. Die (...) Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z 1 AVG hat von Amts wegen oder auf Antrag des Bundesministers für Inneres zu erfolgen. ...

...

§ 64a. ...

(4) Verfahren auf Grund eines vor dem In-Kraft-Treten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 37/2006 erlassenen Zusicherungsbescheides nach § 20 Abs. 1 sind nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der vor der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 37/2006 geänderten Fassung zu Ende zu führen."

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des StbG in der Fassung vor der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, also in der Fassung BGBl. I Nr. 124/1998 (im Folgenden: StbG aF) lauten:

"§ 4 ... Fremde, die einen Antrag auf Verleihung der Staatsbürgerschaft eingebracht haben, sind jedoch verpflichtet, in diesen Verfahren ihre familiären Verhältnisse, die Mittelpunkte ihrer Lebensinteressen sowie ihre persönlichen Lebensumstände darzulegen.

...

§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft kann einem Fremden verliehen werden, wenn

1. er seit mindestens zehn Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat;

...

(4) Von der Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 kann abgesehen werden

1. aus besonders berücksichtigungswürdigem Grund, sofern es sich um einen Minderjährigen, der seit mindestens vier Jahren, oder um einen Fremden handelt, der seit mindestens sechs Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat, es sei denn, es wäre in Abs. 5 hinsichtlich dieser Wohnsitzdauer anderes vorgesehen;

...

(5) Als besonders berücksichtigungswürdiger Grund (Abs. 4 Z 1) gilt insbesondere

...

3. der Nachweis nachhaltiger persönlicher und beruflicher Integration ...

§ 11a. (1) Einem Fremden ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 und Abs. 3 die Staatsbürgerschaft zu verleihen, wenn

1. sein Ehegatte Staatsbürger ist und im gemeinsamen Haushalt mit ihm lebt,

..."

2. Zur Wiederaufnahme des Verleihungsverfahrens

2.1. Zum Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG:

Im Beschwerdefall ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft objektiv unrichtig angegeben habe, er lebe mit M T im gemeinsamen Haushalt. Dies hat die belangte Behörde als Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG (Erschleichung) gewertet, da diese Angabe des Beschwerdeführers im Hinblick auf die Verleihungsvoraussetzung nach § 11a Abs. 1 StbG aF von wesentlicher Bedeutung gewesen sei.

Wie der Verwaltungsgerichtshof zuletzt im Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2007/01/1051, mwN, ausgesprochen hat, setzt die für eine Erschleichung eines Bescheides nach § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG notwendige Irreführungsabsicht voraus, dass die Partei wider besseres Wissen gehandelt hat und dies deshalb, um einen vielleicht sonst nicht erreichbaren Vorteil zu erlangen. Ob Irreführungsabsicht vorliegt, kann nur aus den das rechtswidrige Verhalten der Partei begleitenden Umständen geschlossen werden, die von der Behörde in freier Beweiswürdigung festzustellen sind (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom 19. März 2009, Zl. 2008/01/0496, und vom 26. Mai 2009, Zl. 2009/01/0017, sowie vom heutigen Tage, Zl. 2008/01/0138 bzw. 2008/01/0628, die alle eine Wiederaufnahme wegen objektiv unrichtiger Erklärung bei Verleihung der Staatsbürgerschaft zum Gegenstand hatten).

Die Beschwerde bringt in diesem Zusammenhang vor, wenn es die Behörde verabsäume, von der im Rahmen der Sachverhaltsermittlung ohne besondere Schwierigkeiten offen stehenden Möglichkeit Gebrauch zu machen, schließe dieser Mangel es aus, auch objektiv unrichtige Parteiangaben als ein Erschleichen des Bescheides im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG zu werten. Der Staatsbürgerschaftsbehörde sei es immer offen gestanden, während des Ermittlungsverfahrens eine Einvernahme der Ehegattin durchzuführen bzw. Kontrollen anderer Art, wenn es Zweifel am Bestand einer aufrechten Ehe gegeben habe. Dem Beschwerdeführer könne im Rahmen einer beabsichtigten Wiederaufnahme nicht angelastet werden, dass die Behörde amtswegige Ermittlungen unterlassen habe. Bei Wiederaufnahme des Verfahrens und Abweisung des gestellten Staatsbürgerschaftsantrages wäre der Beschwerdeführer schlechter gestellt, als wenn die Behörde im Zuge eines Ermittlungsverfahrens gemäß §§ 37 ff AVG zu dem Schluss gekommen wäre, das Staatsbürgerschaftsbegehren abzuweisen, da er diesfalls noch die mazedonische Staatsbürgerschaft gehabt hätte bzw. auch eine Niederlassungsbewilligung für die Republik Österreich. Dem Beschwerdeführer könne überdies kein strafbares Verhalten angelastet werden. Weder habe er eine Urkunde gefälscht, noch als Zeuge eine falsche Aussage abgelegt und sei die Staatsbürgerschaft auch nicht durch eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden.

Dem ist entgegenzuhalten:

Obwohl die Beweiswürdigung der belangten Behörde unstrukturiert ist, erweist sie sich keineswegs als unschlüssig. Die belangte Behörde legt nämlich durchaus nachvollziehbar dar, dass dem Beschwerdeführer sehr wohl klar gewesen sein musste, dass ein gemeinsamer Haushalt mit M T eine der Voraussetzungen für die Verleihung der Staatsbürgerschaft war und er daher die Tatsache des inzwischen eingetretenen Fehlens dieser Voraussetzung im Zeitpunkt der Verleihung bewusst verschwiegen habe. Es ist nicht als unschlüssig zu erkennen, wenn die belangte Behörde der zeugenschaftlichen Aussage der M T glaubt, die angibt, dass der Beschwerdeführer der Scheidung erst zugestimmt habe, als er gewusst habe, dass sein Staatsbürgerschaftsverfahren positiv abgeschlossen werden würde. Vor dem Hintergrund der eigenen Aussage des Beschwerdeführers im Zuge seiner niederschriftlichen Einvernahme, dass die eheliche Gemeinschaft mit M T bereits sechs Monate vor der Scheidung nicht mehr bestanden habe, sowie der Tatsache, dass der Beschwerdeführer bereits zwei Wochen nach der Scheidung erneut geheiratet hat und sowohl im Mai 2006 als auch im Juni 2007 ein Kind mit seiner nunmehrigen Frau bekommen hat, begegnet die Beweiswürdigung der belangten Behörde keinen Bedenken. Die belangte Behörde konnte daher zu Recht den Schluss ziehen, der Beschwerdeführer habe wider besseres Wissens und sohin in Irreführungsabsicht gehandelt.

Weiters kann auch kein Ermittlungsfehler der belangten Behörde erkannt werden. So geht die belangte Behörde zu Recht davon aus, dass der Beschwerdeführer nach § 4 StbG (die Bestimmung wurde durch die Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 nicht geändert) verpflichtet ist, im Verleihungsverfahren seine familiären Verhältnisse, die Mittelpunkte seiner Lebensinteressen sowie seine persönlichen Lebensumstände darzulegen (vgl. zu dieser Bestimmung mit Verweis auf die Erläuterungen in RV 1283 BlgNR XX. GP, 6 f, das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 2004, Zl. 2003/01/0169). Diese Verpflichtung umfasst auch die Bekanntgabe von nicht unerheblichen Änderungen der familiären Verhältnisse und der persönlichen Lebensumstände während des Verfahrens. Im vorliegenden Fall, in dem die Verleihungsvoraussetzung eines gemeinsamen Haushaltes nach § 11a StbG aF maßgeblich war, ist die Aufgabe des gemeinsamen Haushaltes, auch wenn eine rechtliche Unkenntnis über die Auslegung des Begriffes des gemeinsamen Haushaltes nach § 11a StbG aF vorliegen sollte, jedenfalls eine nicht unerhebliche Änderung der persönlichen Lebensumstände, die der belangten Behörde bekannt zu geben war (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2008/01/0628). Dies hat der Beschwerdeführer aber - der nicht unschlüssigen Beweiswürdigung der belangten Behörde folgend - bewusst unterlassen. Von dieser Verpflichtung ausgehend und unter Berücksichtigung des von der belangten Behörde vorgebrachten Umstandes, dass während des gesamten Verleihungsverfahrens keinerlei Zweifel am Bestehen einer aufrechten Ehe des Beschwerdeführers mit M T aufgetreten seien, kann von der belangten Behörde als Staatsbürgerschaftsbehörde nicht verlangt werden, dass sie grundsätzlich von falschen Angaben des Staatsbürgerschaftswerbers auszugehen und diese von sich aus - auch ohne besondere Anhaltspunkte - in jedem Fall von Amts wegen detailliert zu überprüfen hat. Dies würde die Ermittlungspflichten der Staatsbürgerschaftsbehörde überspannen und die besondere Mitwirkungspflicht des Verleihungswerbers nach § 4 StbG verkennen.

2.2. Zum gemeinsamen Haushalt nach § 11a StbG aF:

Die Beschwerde wiederholt zu den Begriffen der "ehelichen Lebensgemeinschaft" und des "gemeinsamen Haushaltes" wortgleich die Ausführungen der - bereits oben zusammenfassend dargestellten -

Stellungnahmen vom 2. und 19. Oktober 2007. Darüber hinaus bekräftigt die Beschwerde, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Verleihung sehr wohl mit M T im gemeinsamen Haushalt gelebt habe.

Mit dem Begriff des gemeinsamen Haushaltes nach § 11a StbG aF im Verhältnis zu § 55a EheG hat sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2007/01/1051, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, auseinandergesetzt. Danach setzt der gemeinsame Haushalt nach § 11a StbG aF das Zusammenleben der Ehegatten in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft voraus, wobei kurzfristige Unterbrechungen dieses Zusammenlebens bei grundsätzlich aufrechtem gemeinsamen Wohnsitz und gemeinsamer Wirtschaftsführung nicht schaden. Bei der Prüfung, ob ein derartiger gemeinsamer Haushalt vorgelegen ist, macht ein Ehescheidungsbeschluss nach § 55a EheG bzw. die in diesem Zusammenhang abgegebene Erklärung, die eheliche Lebensgemeinschaft sei seit mindestens einem halben Jahr aufgelöst, Ermittlungen darüber, ob der Beschwerdeführer mit seiner Ehegattin im gemeinsamen Haushalt lebte, nicht schlechterdings entbehrlich (vgl. auch hiezu die hg. Erkenntnisse vom heutigen Tage, Zl. 2008/01/0138 bzw. 2008/01/0628, mwN).

Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde ihre Annahme, zum Zeitpunkt der Verleihung der Staatsbürgerschaft an den Beschwerdeführer habe kein gemeinsamer Haushalt mit M T bestanden, in diesem Sinne zutreffender Weise nicht nur auf das Protokoll der einvernehmlichen Scheidung nach § 55a EheG, sondern auch auf die niederschriftliche Aussagen des Beschwerdeführers sowie der M T gestützt, wonach der gemeinsame Haushalt zum Zeitpunkt der Scheidung bereits seit sechs Monaten (Aussage Beschwerdeführer) bzw. einem Jahr (Aussage M T) aufgehoben gewesen sei. Diese Beweiswürdigung erweist sich als nicht unschlüssig.

Wenn die Beschwerde auf die im Akt befindlichen Meldezettel verweist, aus denen ersichtlich sei, dass sich der Beschwerdeführer erst am 28. September 2006 von der gemeinsamen Wohnung mit M T abgemeldet habe, so ist darauf hinzuweisen, dass der Hauptwohnsitzmeldung zwar Indizwirkung zukommt, eine Bindung der Staatsbürgerschaftsbehörde an eine solche jedoch in keine Richtung besteht, also weder in dem Sinne, dass das Fehlen einer polizeilichen Meldung die Existenz eines Hauptwohnsitzes ausschließt noch dass aufgrund einer aufrechten Hauptwohnsitzmeldung in jedem Fall von einer tatsächlichen Aufrechterhaltung des Hauptwohnsitzes durch den Verleihungswerber auszugehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2007/01/1051, sowie das hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2008/01/0628, jeweils mwN). Es ist daher fallbezogen nicht als unschlüssig zu erkennen, wenn die belangte Behörde - ausgehend von den niederschriftlichen Aussagen des Beschwerdeführers sowie von M T - die polizeiliche Meldung nicht als Nachweis dafür angesehen hat, dass die Ehepartner zum Zeitpunkt der Verleihung der Staatsbürgerschaft tatsächlich im gemeinsamen Haushalt gelebt haben, zumal eine Aufrechterhaltung der Meldung durch den Beschwerdeführer bis nach der Verleihung der Staatsbürgerschaft durchaus auch den Grund gehabt haben mag, ihm eben diese Verleihung zu ermöglichen.

2.3. Somit begegnet die auf § 69 Abs. 1 Z. 1 AVG gestützte Wiederaufnahme des Verleihungsverfahrens keinen Bedenken.

3. Widerruf der Zusicherung

3.1. Gemäß § 20 Abs. 2 StbG (die Rechtslage hat sich insofern durch die Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 nicht geändert) ist die Zusicherung zu widerrufen, wenn der Fremde auch nur eine der für die Verleihung der Staatsbürgerschaft erforderlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt.

3.2. Im Beschwerdefall stützte die belangte Behörde den Widerruf der Zusicherung auf die Feststellung, dass der gemeinsame Haushalt des Beschwerdeführers mit M T gemäß § 11a StbG aF nach Erlassung des Zusicherungsbescheides nicht mehr gegeben war (vgl. zu der im Beschwerdefall auf Grund der Wiederaufnahme anzuwendenden Rechtslage vor der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005 das hg. Erkenntnis vom 19. März 2009, Zl. 2008/01/0496, mwN).

Diese Feststellung gründet sich auf - wie oben dargelegt nicht als unschlüssig zu erkennende - beweiswürdigende Überlegungen, wonach der gemeinsame Haushalt (den Aussagen der M T und des Beschwerdeführers folgend) jedenfalls sechs Monate vor der einvernehmlichen Scheidung nach § 55a EheG und somit nach Zusicherung aufgehoben war.

Aus diesem Grunde begegnet dieser Spruchpunkt keinen Bedenken.

4. Abweisung des Antrags auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG aF kann einem Fremden die Staatsbürgerschaft verliehen werden, wenn er seit mindestens zehn Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat. Gemäß § 10 Abs. 4 leg. cit. kann aus besonders berücksichtigungswürdigem Grunde von der Voraussetzung des Abs 1 Z. 1 abgesehen werden, sofern es sich um einen Fremden handelt, der seit mindestens sechs Jahren seinen Hauptwohnsitz ununterbrochen im Bundesgebiet hat, es sei denn, es wäre in Abs. 5 hinsichtlich dieser Wohnsitzdauer anderes vorgesehen. In Abs. 5 leg. cit. wird ausgeführt, was als besonders berücksichtigungswürdiger Grund gilt, darunter der Nachweis nachhaltiger persönlicher und beruflicher Integration nach Z. 3.

Im Beschwerdefall geht die belangte Behörde davon aus, dass der Beschwerdeführer nicht die Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG aF erfüllt, da er sich erst seit dem 22. Jänner 2002 in Österreich aufhalte. Damit sei zwar eine sechsjährige Aufenthaltsdauer gegeben, jedoch kein besonders berücksichtigungswürdiger Grund im Sinn des § 10 Abs. 5 StbG aF ersichtlich, insbesondere habe vom Beschwerdeführer ein Nachweis nachhaltiger persönlicher und beruflicher Integration nicht erbracht werden können.

Dem entgegnet die Beschwerde, dieser Spruchteil sei "völlig verwunderlich", da dem Beschwerdeführer durch die mit der Wiederaufnahme verbundene Abweisung seines Verleihungsansuchens jegliche Möglichkeit genommen worden sei, derartige besonders zu berücksichtigende Gründe namhaft zu machen. Der Beschwerdeführer erachte sich daher im Recht auf Parteiengehör verletzt.

Dieses Vorbringen ist aktenwidrig, da sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt, dass dem Beschwerdeführer (mit Schreiben der belangten Behörde vom 21. September 2007 = OZ

61) auch zur beabsichtigten Abweisung des Verleihungsansuchens Parteiengehör gewährt wurde und hiezu vom Beschwerdeführer - nunmehr auch rechtsanwaltlich vertreten - die oben angeführten Stellungnahmen abgegeben wurden. Diese beschränkten sich zur beabsichtigten Abweisung des Verleihungsansuchens darauf, es könne "nunmehr nicht angehen, wenn sich die Behörde auf die Meldebescheinungen verlassen hat und nunmehr im Wege der Wiederaufnahme das Staatsbürgerschaftsbegehren abweisen will". Berücksichtigungswürdige Gründe nach § 10 Abs. 5 StbG aF wurden mit diesem Vorbringen nicht aufgezeigt.

5. Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 23. September 2009

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