VwGH 2006/17/0118

VwGH2006/17/011811.12.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerde der L GmbH in L, vertreten durch die Plan Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 4020 Linz, Kudlichstraße 41-43, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 29. Mai 2006, GZ. RV/0240-L/06, RV/0351-L/06, betreffend Energieabgabenvergütung, zu Recht erkannt:

Normen

31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art4 Abs1;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art4 Abs2;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art4;
32003L0096 Energiesteuer-RL Art11 Abs1;
32003L0096 Energiesteuer-RL Art11 Abs2;
32006L0112 Mehrwertsteuersystem-RL Art9 Abs1;
BAO §124;
BAO §125;
EnergieabgabenvergütungsG 1996 §2 Abs1;
LiebhabereiV 1993 §1 Abs2;
LiebhabereiV 1993 §6;
UStG 1994 §17 Abs2;
UStG 1994 §2 Abs5 Z2;
UStG 1994;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist eine von einer Stadt beherrschte GmbH, welche auf verschiedenen Gebieten kommunale Dienste erbringt.

Anlässlich einer Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt u. a. die Auffassung, dass der Beschwerdeführerin hinsichtlich des Wirtschaftsjahres Oktober 2001 bis September 2002 für den Bereich "Bäder" eine Vergütung der Energieabgabe nicht zustehe, weil dieser Bereich keine Gewinne erwirtschafte und daher kein Betrieb iSd § 2 Energieabgabenvergütungsgesetz (EAVG) vorliege (Punkt 16 des Besprechungsprogrammes für die Schlussbesprechung vom 14. Juli 2005).

Mit Bescheid vom 6. September 2005 wies das Finanzamt einen Antrag der Beschwerdeführerin vom 30. Juli 2004 betreffend die "Energieabgabenvergütung 2002" ab und verwies auf Punkt 16 des genannten Besprechungsprogrammes und den dazu erstellten Betriebsprüfungsbericht.

Mit Bescheid vom 10. Februar 2006 wies das Finanzamt weitere Ansuchen der Beschwerdeführerin vom 1. Februar 2005 und vom 21. September 2005 auf Vergütung von Energieabgaben für den "Teilbetrieb Bäder 10-9/2003, 10-12/2003, 1-9/2004" mit der Begründung ab, dass der Betrieb der Bäder seit dem Veranlagungsjahr 1996 von der Finanzverwaltung körperschaftsteuerrechtlich als Voluptuar eingestuft werde, weswegen kein Betrieb iSd § 2 Abs. 1 Energieabgabenvergütungsgesetz vorliege.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die gegen die genannten Bescheide erhobenen Berufungen als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin betätige sich in verschiedenen Dienstleistungsbereichen (Bäder, Friedhöfe, Bestattung usw.). Der Betrieb der Bäder (stadteigene Bäder und Seen) sei seit Jahren defizitär und werde seit 1996 als Voluptuartätigkeit eingestuft. Strittig sei, ob für den Bäderbetrieb 2002 (und den Folgezeiträumen Oktober 2002 bis September 2004) dennoch eine Energieabgabenvergütung geltend gemacht werden könne. Nach § 2 EAVG bestehe ein Anspruch auf Vergütung für "Betriebe". Es sei der ertragsteuerliche Betriebsbegriff zu Grunde zu legen. Das heißt, es seien nur Betriebe vergütungsfähig, die einen Gesamtgewinn erzielten. Aus dem EAVG ergäbe sich kein Anhaltspunkt dafür, dass der Betriebsbegriff anders auszulegen wäre als im Einkommen- und Körpersteuerrecht. Die gesamte Terminologie des EAVG und die Ermittlung des Vergütungsbetrages spräche für die Anwendung des ertragssteuerlichen Begriffes. So seien bei den Vorleistungen auch Anlagenzugänge (abzüglich Eigenleistungen und Pkw) anzusetzen, ebenso der Verbrauch von Rückstellungen und Wertberichtigungen zu Forderungen. Umsätze seien auch Erlöse aus dem Abgang von Wertpapieren des Umlaufvermögens. Die gesamte Ermittlung des Vergütungsbetrages (und auch der Begriff Nettoproduktionswert) stelle auf Wirtschaftsgüter des Anlage- oder Umlaufvermögens und damit auf das Betriebsvermögen im ertragssteuerlichen Sinn ab. Überdies sei das Ziel des EAVG die Entlastung von Betrieben, um deren Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Diese "Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit" könne sich nur auf Betätigungen beziehen, die steuerlich relevant seien. Andernfalls würde der Staat Betätigungen mitfinanzieren, die seinem Steuerregime nicht unterlägen. Ein Anspruch auf Vergütung bestehe nach § 3 Z 1 EAVG überdies nicht, soweit die Energieträger für die Erzeugung von Wärme, Dampf oder Warmwasser verwendet würden, ausgenommen unmittelbar für einen betrieblichen Zweck. Wäre tatsächlich jede (organisierte betriebswirtschaftliche) Betätigung vergütungsfähig, dann ergebe die Normierung eines "unmittelbaren betrieblichen Zweckes" keinen Sinn. Auch im Sinne der Betriebswirtschaftslehre sei der Betrieb durch das erwerbswirtschaftliche Prinzip (das Streben nach möglichst hohem Gewinn unter Beachtung des Marktrisikos, um auf Dauer bestehen zu können) gekennzeichnet. Auch nach der ertragswirtschaftlichen Lehre sei die Absicht, einen Gesamtgewinn zu erzielen, untrennbar mit dem Betriebsbegriff verknüpft. Dementsprechend liege auch eine Betriebsaufgabe vor, wenn ein Betrieb nicht mehr nach wirtschaftlichen Grundsätzen geführt und zur Liebhaberei werde. Dem stehe auch nicht der Gleichheitsgrundsatz entgegen, weil es zwischen einer steuerlich nicht anerkannten Betätigung und einem steuerlich anerkannten Betrieb keine Gleichheit geben könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher ausschließlich Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin hat mit ihren öffentlichen Schwimmbädern in den Streitjahren keine Gewinne erwirtschaftet. Strittig ist, ob ihr dennoch auch hinsichtlich dieser Schwimmbäder der Anspruch auf Energieabgabenvergütung zusteht.

§ 1 des Energieabgabevergütungsgesetzes, BGBl. Nr. 201/1996, lautete in der Stammfassung:

"§ 1. (1) Die Energieabgaben auf Erdgas und elektrische Energie sind für ein Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) auf Antrag insoweit zu vergüten, als sie (insgesamt) 0,35% des Unterschiedsbetrages zwischen

1. Umsätzen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994 und

2. Umsätzen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994, die an das Unternehmen erbracht werden, übersteigen (Nettoproduktionswert).

(2) 1. Als Umsätze im Sinne von Abs. 1 Z 2 gelten auch Umsätze, die, wären sie im Inland erbracht worden, Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1994 wären.

2. Nicht als Umsätze im Sinne von Abs. 1 Z 2 gelten Umsätze aus der Gestellung von Arbeitskräften."

Durch die Novelle BGBl. I Nr. 71/2003 wurde der Bereich der Energieabgaben um jene auf Kohle erweitert. Durch die Novelle BGBl. I Nr. 92/2004 wurde sowohl der Kreis der Energieträger erweitert als auch der Satz, der auf den Unterschiedsbetrag Anwendung findet, auf 0,5 % erhöht.

§ 2 Abs. 1 EAVG lautete in der Stammfassung:

"§ 2. (1) Einen Anspruch auf Vergütung haben nur Unternehmen, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung von körperlichen Wirtschaftsgütern besteht."

In der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 797/1996 lautete § 2 Abs. 1 leg. cit:

"§ 2. (1) Ein Anspruch auf Vergütung besteht nur für Betriebe, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht."

Durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 158/2002 wurde § 2 Abs. 1 EAVG wie folgt neu gefasst:

"§ 2. (1) Ein Anspruch auf Vergütung besteht für alle Betriebe, soweit sie nicht Erdgas und elektrische Energie liefern oder Wärme (Dampf oder Warmwasser) liefern, das aus Erdgas oder elektrischer Energie erzeugt wurde."

§ 2 Abs. 1 EAVG lautete idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 71/2003:

"§ 2. (1) Ein Anspruch auf Vergütung besteht für alle Betriebe, soweit sie nicht Erdgas, elektrische Energie oder Kohle liefern oder Wärme (Dampf oder Warmwasser) liefern, das aus Erdgas, elektrischer Energie oder Kohle erzeugt wurde."

§ 2 Abs. 1 EAVG erhielt durch die Novelle BGBl. I Nr. 92/2004 folgende Fassung:

"§ 2. (1) Ein Anspruch auf Vergütung besteht für alle Betriebe, soweit sie nicht die in § 1 Abs. 3 genannten Energieträger liefern oder Wärme (Dampf oder Warmwasser) liefern, die aus den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern erzeugt wurde."

§ 2 Abs. 2 idF des BGBl. I Nr. 59/2001 lautet:

"(2) Über Antrag des Vergütungsberechtigten wird je Kalenderjahr (Wirtschftsjahr (Anm.: richtig: Wirtschaftsjahr)) der Betrag vergütet, der den in § 1 genannten Anteil am Nettoproduktionswert übersteigt. Der Antrag hat die im Betrieb verbrauchte Menge an Erdgas und an Elektrizität und die in § 1 genannten Beträge zu enthalten. Er ist spätestens bis zum Ablauf von fünf Jahren ab Vorliegen der Voraussetzungen für die Vergütung zu stellen. Der Antrag gilt als Steuererklärung. Der Antrag ist mit Bescheid zu erledigen und hat den Vergütungsbetrag in einer Summe auszuweisen. Der Vergütungsbetrag wird abzüglich eines Selbstbehaltes von höchstens 363 Euro gutgeschrieben."

Durch die Novelle BGBl. I Nr. 71/2003 wurde in dieser Bestimmung die Wortfolge "verbrauchte Menge an Erdgas und an Elektrizität" durch die Wortfolge "verbrauchte Menge an Erdgas, elektrischer Energie und Kohle" ersetzt. Durch die Novelle BGBl. I Nr. 92/2004 wurde in Abs. 2 die letztgenannte Wortfolge durch "den in § 1 Abs. 3 genannten Energieträgern" ersetzt, vor dem ersten Satz die Nummerierung "1." eingefügt und der letzte Satz in dieser Bestimmung (d. h. über den Selbstbehalt) gestrichen. Weiters wurden eine Z 2 (betreffend eine neue Berechnung von Selbstbehalten gegliedert nach Energie bzw. Energieträger) und Z 3 (über eine Vorauszahlung von Vergütungen) der nunmehrigen Abs. 2 Z 1 angefügt.

§ 4 EAVG idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 92/2004 lautet:

"§ 4. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit dem Inkrafttreten des Erdgasabgabegesetzes und des Elektrizitätsabgabegesetzes in Kraft.

§ 2 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 59/2001 tritt mit 1. Jänner 2002 in Kraft. § 2 Abs. 1 und § 3 Z 1 in der Fassung des BGBl. I Nr. 158/2002 ist auf Sachverhalte anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2001 und vor dem 1. Jänner 2003 stattfinden.

(2) Mit der Vollziehung ist der Bundesminister für Finanzen betraut.

(3) Das Energieabgabenvergütungsgesetz in der Fassung vor dem BGBl. I Nr. 71/2003 ist auf Sachverhalte anzuwenden, die vor dem 1. Jänner 2004 stattfinden.

(4) Das Energieabgabenvergütungsgesetz in der Fassung des BGBl. I Nr. 92/2004 ist mit Ausnahme von § 4 Abs. 5 und 6 und § 2 Abs. 2 Z 3 auf Sachverhalte anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2003 stattfinden. § 2 Abs. 2 Z 3 tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2004 in Kraft. Der Vergütungsbetrag setzt sich im selben Verhältnis zusammen wie die eingesetzten Energieträger.

(5) Für Betriebe, deren Schwerpunkt nicht in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht, gilt für das Jahr 2003 folgende Regelung:

Neben dem Selbstbehalt gemäß § 2 Abs. 2 wird ein Anteil von 0,00872 EUR /m3 verbrauchtes Erdgas bzw. von 0,003 EUR /kWh verbrauchte elektrische Energie nicht vergütet.

…"

Aus der wiedergegebenen Rechtslage folgt, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall das EAVG in der Fassung BGBl. I Nr. 92/2004, und zwar nach Maßgabe der Vorschriften über den zeitlichen Anwendungsbereich der verschiedenen Fassungen des Gesetzes in den einzelnen Jahren, anzuwenden hatte.

Im Hinblick auf die Entscheidung der Kommission vom 9. März 2004 über eine durch Österreich angewendete Beihilferegelung betreffend die Energieabgabenvergütung auf Erdgas und Elektrizität in den Jahren 2002 und 2003, 2005/565/EG, ABl. Nr. L 190/13 vom 22. Juli 2005, die sich auch auf diese Rechtslage bezog, bestehen keine Bedenken im Hinblick auf eine allfällige Verpflichtung zur Beachtung des Durchführungsverbotes nach Art. 88 Abs. 3 EG.

Für das Kalenderjahr 2004 stellt sich die Situation insofern anders dar, als mit der Richtlinie 2003/96/EG des Rates vom 27. Oktober 2003 zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (im Folgenden: Energiebesteuerungsrichtlinie; ABl. L 283/51 vom 31. Oktober 2003) es den Mitgliedstaaten u. a. freigestellt wurde, bestimmte näher geregelte Steuerbefreiungen oder Steuerermäßigungen zu gewähren, und zwar entweder direkt, über einen gestaffelten Steuersatz oder indem sie die entrichteten Steuern vollständig oder teilweise erstatten (Art. 6). Art. 17 der Energiebesteuerungsrichtlinie erlaubt für "energieintensive Betriebe" Steuerermäßigungen, sofern die in dieser Richtlinie vorgeschriebenen Mindeststeuerbeträge im Durchschnitt für alle Betriebe eingehalten werden. Als energieintensiver Betrieb gilt eine Betriebseinheit, bei der sich entweder die Energie- und Strombeschaffungskosten auf mindestens 3,0 % des Produktionswertes belaufen oder die zu entrichtende nationale Energiesteuer mindestens 0,5 % des Mehrwertes beträgt. Im Rahmen dieser Definition können die Mitgliedstaaten enger gefasste Begriffe anwenden, einschließlich verkaufswert-, prozess- und sektorbezogener Definitionen. Die Mitgliedstaaten erlassen und veröffentlichen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, um dieser Richtlinie spätestens am 31. Dezember 2003 nachzukommen (Art. 28 Abs. 1). Sie wenden diese Rechtsvorschriften (mit im Einzelnen genannten Ausnahmen) ab dem 1. Jänner 2004 an. Nach Art. 31 tritt die Richtlinie am Tag ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Die bereits mehrfach genannte Novelle BGBl. I Nr. 92/2004 sollte nach dem Willen des Gesetzgebers in erster Linie der Umsetzung dieser Richtlinie dienen. Zwar wurde weiterhin an der Selektivität der Erstattungsbestimmung festgehalten, allerdings wurde durch Art. 17 der Energiebesteuerungsrichtlinie ausdrücklich ein solches Vorgehen erlaubt, sofern die zu entrichtende nationale Energiesteuer mindestens 0,5 % des Mehrwertes beträgt. Um diesen Anforderungen zu entsprechen, wurde durch die genannte Novelle die Grenze von 0,35 % des Nettoproduktionswertes auf 0,5 % angehoben und weitere Energieträger in die Vergütung einbezogen (vgl. die Erläuterungen zu dieser Novelle 478 BlgNR XXII. GP, 2).

Vor diesem Hintergrund begegnen nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes der Regelung der Energieabgabenvergütung auch ab dem Kalenderjahr 2004, wie sie durch die Novelle BGBl. I Nr. 92/2004 geschaffen wurde, keine gemeinschaftsrechtlichen Bedenken. Insbesondere ist nicht davon auszugehen, dass der Energieabgabenvergütung nach diesen Bestimmungen das Durchführungsverbot entgegenstünde (in diesem Sinne auch Jaeger, ÖZW 2006, 114).

Es ist daher in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob die Verweigerung der Energieabgabenvergütung für eine Tätigkeit eines Unternehmers, mit der dieser keine Gewinne erzielt und die daher nach dem österreichischen Ertragssteuerrecht als Liebhaberei beurteilt wird, rechtswidrig ist.

Die belangte Behörde verneint im Beschwerdefall das Vorliegen eines Vergütungsanspruches mit der Begründung, dass das Betreiben der öffentlichen Schwimmbäder wegen der ertragsteuerlichen Beurteilung als Liebhaberei nicht als zur Vergütung berechtigender Betrieb iSd § 2 Abs. 1 EAVG anzusehen sei.

Das EAVG bedient sich im Wesentlichen der Terminologie des UStG 1994 (vgl. beispielsweise die Bestimmung des Nettoproduktionswertes in § 1 Abs. 1 EAVG, wo ausdrücklich auf die Umsätze iSd § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 des UStG 1994 abgestellt wird) und des Zollrechts (vgl. § 1 Abs. 3 EAVG). Dementsprechend obliegt nach § 2 Abs. 4 EAVG die Vergütung dem für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständigen Finanzamt (und nicht jenem, welches für die ertragsteuerliche Veranlagung zuständig ist).

§ 2 Abs. 1 der Stammfassung des EAVG nennt als Vergütungsberechtigten das "Unternehmen". Ein Unternehmen umfasst nach § 2 Abs. 1 zweiter Satz UStG 1994 die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit eines Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt. Nicht als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit gilt eine Tätigkeit, die auf Dauer gesehen Gewinne oder Einnahmenüberschüsse nicht erwarten lässt ("Liebhaberei"; § 2 Abs. 5 Z 2 zweiter Satz UStG 1994). Unterschiedliche Tätigkeiten eines Unternehmens iSd § 2 UStG 1994 sind allenfalls gesondert zu beurteilen. So ist die umsatzsteuerliche Liebhabereibeurteilung für jede eine Einheit bildende Tätigkeit gesondert vorzunehmen (Ruppe, Umsatzsteuergesetz 19943, Tz 254 f zu § 2).

Durch die Novelle des Abgabenänderungsgesetzes 1996, BGBl. Nr. 797/1996, wurde ausdrücklich zur "Klarstellung" (vgl. 497 BlgNR 20. GP 37) der Begriff des Unternehmens durch jenen des Betriebes ersetzt. Auf Grund des Gesetzeswortlauts vor dieser Novelle hätte § 2 Abs. 1 EAVG tatsächlich so interpretiert werden können, dass die Vergütung nur dann zu gewähren wäre, wenn das Unternehmen insgesamt seinen Schwerpunkt in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter hat. Klargestellt sollte nunmehr offensichtlich werden, dass die Vergütung auch dann zu gewähren ist, wenn der Schwerpunkt nur einzelner Teilbereiche eines Unternehmens ("Betriebe") nachweislich in der Herstellung von körperlichen Wirtschaftsgütern besteht, allerdings beschränkt auf diese Produktionsbetriebe.

Der Begriff des Betriebes ist dem UStG 1994 keineswegs fremd (vgl. etwa die Bestimmungen des § 14 Abs. 1 und 2, § 18 Abs. 6 oder § 25 Abs. 2). Ob bei mehreren Tätigkeiten ein einheitlicher Betrieb oder mehrere Betriebe vorliegen, richtet sich nach der Verkehrsauffassung, wobei es nicht auf die Willensrichtung des Unternehmers, sondern auf objektiv vorliegenden Verhältnisse ankommt (vgl. die bei Ritz, BAO3, Tz 7 zu § 125 genannte hg. Rechtsprechung). Dass ein solcher Betrieb im umsatzsteuerlichen Sinn vorliegen kann, auch wenn in ertragsteuerlicher Hinsicht von Liebhaberei auszugehen ist, zeigt sich bei § 17 Abs. 2 zweiter Satz UStG 1994. Dieser sieht vor, dass Unternehmer, die hinsichtlich einzelner Betriebe nicht buchführungspflichtig sind, nur hinsichtlich dieser Betriebe zur Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten verpflichtet sind. Die Buchführungspflicht ist an Hand der §§ 124 oder § 125 BAO zu beurteilen (Ruppe, UStG3 Tz 21 zu § 17). Wenn eine Tätigkeit ertragsteuerlich als Liebhaberei und daher nicht als Einkunftsquelle behandelt wird und demzufolge auch keine Buchführungspflicht besteht (vgl. Ritz, BAO3, Tz 4 zu § 125), so kann in umsatzsteuerlicher Hinsicht dennoch ein nicht als Liebhaberei zu beurteilender Betrieb vorliegen, für dessen Leistungen die Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten zu berechnen ist. Das umsatzsteuerliche Verständnis von Liebhaberei ist nämlich seit dem UStG 1994 wesentlich enger gefasst als das ertragsteuerliche (vgl. Ruppe, Umsatzsteuergesetz 19943, Tz 254 f zu § 2). Eine rein erfolgsorientierte Interpretation der Liebhabereibestimmung des § 2 Abs. 5 Z 2 zweiter Satz UStG 1994 wäre nämlich im Widerspruch zu Art. 4 Abs. 1 der Sechsten Mehrwertsteuer-Richtlinie vom 17. Mai 1977, 77/388/EWG, ABl L 145, 1 (im Folgenden: Sechste Mehrwertsteuer-Richtlinie) gestanden. Nach dieser Bestimmung galt als Steuerpflichtiger, wer eine (in Art. 4 Abs. 2 dieser Richtlinie genannte) wirtschaftliche Tätigkeit selbstständig ausübt, gleichgültig zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis (vgl. diesbezüglich die im Wesentlichen gleich lautende Bestimmung des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, ABl L 347, 1).

Dem wurde in Österreich durch die Liebhaberei-Verordnung, BGBl. Nr. 33/1993, insofern Rechnung getragen, als Liebhaberei im umsatzsteuerlichen Sinn nur mehr für Tätigkeiten in Frage kommt, die typischerweise einer besonderen, in der Lebensführung begründeten Neigung entsprechen oder auf diese zurückzuführen sind. Dies betrifft regelmäßig Tätigkeiten, die auch nach der Sechsten Mehrwertsteuer-Richtlinie nicht als wirtschaftliche Tätigkeiten angesehen werden können (Ruppe, Umsatzsteuergesetz 19943, Tz 12 und 254 f zu § 2). Solche Tätigkeiten kommen aber bei Kapitalgesellschaften im Eigentum der öffentlichen Hand - wie im Beschwerdefall - schon deswegen nicht in Betracht, weil deren Tätigkeiten (Betriebe) nicht in einer in der Lebensführung begründeten Neigung begründet sein können. Deren defizitäre Tätigkeiten sind daher regelmäßig umsatzsteuerlich nicht als Liebhaberei zu beurteilen (vgl. Ruppe, Umsatzsteuergesetz 19943, Tz 268 f zu § 2).

Dies entspricht auch dem Verständnis der Energiebesteuerungsrichtlinie. Diese unterscheidet bei den Mindeststeuerbeträgen solche für die betriebliche und für nichtbetriebliche Verwendung. Als betriebliche Verwendung wird in Art. 11 Abs. 1 die Verwendung durch eine Betriebseinheit, die selbstständig und unabhängig von ihrem Ort Waren liefert oder Dienstleistungen erbringt, gleichgültig zu welchem Zweck und welcher Verwendung dies erfolgt. Die Definition der betrieblichen Verwendung wird deutlich angelehnt an jene des Steuerpflichtigen nach Art. 4 der Sechsten Mehrwertsteuer-Richtlinie (vgl. auch Leitgeb/Pilz, ÖStZ 2004, 324). Auch hier ist es gleichgültig, zu welchem Zweck und mit welchem Ergebnis die wirtschaftlichen Tätigkeiten ausgeübt werden. Weiters wird in Art. 11 Abs. 2 der Energiebesteuerungsrichtlinie festgelegt, dass eine Betriebseinheit keine kleinere Einrichtung ist als ein Teil eines Unternehmens oder eine juristische Person, die in organisatorischer Hinsicht einen selbstständigen Betrieb, d. h. eine aus eigenen Mitteln funktionsfähige Einheit darstellt. Auf die Gewinnerzielung dieser Einheit kommt es somit auch nach der Energiebesteuerungsrichtlinie nicht an.

Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass weder nach dem EAVG, das auf den umsatzsteuerlichen Betriebsbegriff abstellt, noch den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen auf das Ergebnis der Tätigkeit des Vergütungsberechtigten abzustellen ist.

Für den Beschwerdefall bedeutet dies, dass der Umstand, dass der Betrieb der öffentlichen Bäder von der Abgabenbehörde ertragsteuerlich als Liebhaberei beurteilt wurde, noch nicht zur Folge hat, dass der Beschwerdeführerin für diesen Bereich keine Energieabgabenvergütung zustünde.

Indem die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Für das fortgesetzte Verfahren wird noch Folgendes zu beachten sein:

Sowohl der erstinstanzliche Bescheid vom 6. September 2005 als auch der angefochtene Bescheid haben über die "Energieabgabenvergütung 2002" abgesprochen. Weder aus dem Spruch dieser Bescheide noch aus deren Begründung lässt sich eindeutig erschließen, ob es sich dabei um das gesamte Kalenderjahr 2002 handelt, oder nur um einen Teil desselben oder um ein Wirtschaftsjahr, welches (nicht näher genannte) Monate des Kalenderjahres 2001 und (nicht näher genannte) Monate des Jahres 2002 umfasst. Im fortgesetzten Verfahren wird klarzustellen sein, auf welchen Zeitraum sich der erstinstanzliche Bescheid vom 6. September 2005 und damit der angefochtene Bescheid tatsächlich bezieht. Sollten auch Monate des Kalenderjahres 2001 umfasst sein (vgl. das eingangs angeführte Besprechungsprogramm der Betriebsprüfung), so wird zu prüfen sein, ob der Gewährung der Energieabgabenvergütung für diesen Zeitraum das Durchführungsverbot entgegensteht.

Da die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, dem nicht entgegensteht, konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG von der beantragten Verhandlung abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 11. Dezember 2009

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