VwGH 2006/06/0001

VwGH2006/06/000125.9.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des Ing. LS in G, vertreten durch Brunner § Kohlbacher Advokatur GmbH in 8010 Graz, Keesgasse 11, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 21. November 2005, GZ. FA13B-

12.10 M 221 - 05/13, betreffend Einwendungen im Bauverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. GL, 2. CL, beide in M, beide vertreten durch Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1;
BauG Stmk 1995 §31;
BauG Stmk 1995 §4 Z56;
BauG Stmk 1995 §4 Z61;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1;
BauG Stmk 1995 §31;
BauG Stmk 1995 §4 Z56;
BauG Stmk 1995 §4 Z61;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das verfahrensgegenständliche Grundstück ist gemäß dem im vorliegenden Fall anzuwendenden Flächenwidmungsplan der Gemeinde M. vom 9. Februar 1993 (genehmigt von der Stmk. Landesregierung am 13. April 1993 und nach Kundmachung in Kraft getreten am 12. Mai 1993) als Freiland gewidmet.

Der Bürgermeister der Gemeinde M. erteilte Rechtsvorgängern des Erst- und der Zweitmitbeteiligten im Eigentum an dem verfahrensgegenständlichen Grundstück in der KG R. (K.T. und C.T.) mit Bescheid vom 23. September 1968 die Baubewilligung für die Errichtung eines Wohn- und Pensionsbaues.

Der Erst- und die Zweitmitbeteiligte als nunmehrige Eigentümer des verfahrensgegenständlichen Grundstückes ersuchten bei der Gemeinde M. mit Ansuchen vom 15. September 2004 um die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses unter Verwendung eines Fundamentes, das für den bewilligten Wohnhaus- und Pensionsbau errichtet worden sei.

Die Kundmachung der Verhandlung erfolgte unter Verweis auf § 42 AVG mit dem Hinweis auf den Verlust der Parteistellung der Nachbarn, die nicht spätestens am Tag vor der Verhandlung oder während der Verhandlung erhoben hätten. Danach nicht rechtzeitig eingebrachte Einwendungen fänden im weiteren Verfahren keine Berücksichtigung.

In der von der erstinstanzlichen Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung vom 1. Oktober 2004 machte der Beschwerdeführer u.a. geltend, dass es für das vorliegende Bauvorhaben eines Umbaues keine rechtsgültige Baubewilligung (offenbar gemeint für den Bestand) gebe. Es gebe keinen Beweis dafür, dass das auf dem Grundstück befindliche Fundament in den nunmehrigen Rohbau integriert worden sei bzw. für diesen verwendet worden sei. Gemäß § 31 Stmk. BauG sei die ursprüngliche Baubewilligung daher erloschen. Darüber hinaus stehe das vorliegende Bauvorhaben nicht im Einklang mit § 25 Stmk. RaumordnungsG (im Folgenden: Stmk. ROG). Selbst wenn das vorhandene Fundament einen Baubeginn innerhalb der geforderten drei Jahre darstelle, reiche dies gemäß § 31 Stmk. BauG nicht aus, da dieses Fundament nicht für das zu errichtende Gebäude verwendet worden sei und daher nicht zur Herstellung der baulichen Anlage gedient habe. Es seien zu dieser Frage weitere Erhebungen erforderlich.

Der Bürgermeister der Gemeinde M. erteilte mit Bescheid vom 14. April 2005 dem Erst- und der Zweitmitbeteiligten die baurechtliche Bewilligung für den beantragten Zu- und Umbau auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück "beim bewilligten Wohnhaus- und Pensionsbau". In diesem Bescheid wird zur Frage des aufrechten Bestandes der Baubewilligung vom 23. September 1968 ausgeführt, dass der Erst- und die Zweitmitbeteiligte als Bauwerber nach Aufforderung eine Bestätigung der bauführenden Firma K., R. & Partner GmbH vom 9. August 2004 vorgelegt hätten, in der ausgeführt werde, eine Vermessung und Überprüfung der in der Natur vorhandenen betonierten Kellerwand ergebe, dass diese Baumaßnahmen - mit dem genehmigten Bauplan - aus dem Jahre 1967 übereinstimmten und die Gebäudeabstände zur Gemeindestraße und zur Wegparzelle entsprechend dem Baubescheid hergestellt worden seien. Die bestehende Kellerwand sei tragfähig hergestellt und Teil des eingereichten Projektes. Der von der erstinstanzlichen Behörde herangezogene gerichtlich zertifizierte Sachverständige Baumeister H.St. sei - nach Durchführung eines Ortsaugenscheines am 8. Juli 2004 - zum Ergebnis gekommen, dass der freigelegte Fundamentstreifen in etwa der Lage der südöstlichen Hausfront entsprechend dem Einreichplan aus dem Jahre 1968 entspräche. Seitens der Baubehörde seien - unter Beiziehung eines bautechnischen Sachverständigen - eigene Erhebungen vor Ort mit maschinellen Grabungsarbeiten durchgeführt worden, die ebenfalls das Vorhandensein einer rund 7 m langen Fundamentmauer bestätigt hätten, wobei auch anlässlich dieses Ortsaugenscheines der Sachverständige zur fachlichen Beurteilung gekommen sei, dieses gefundene Fundamentmauerwerk sei in Einklang mit der seinerzeitigen Baubewilligung zu bringen. Von der einen früheren Liegenschaftseigentümerin C.T. sei mit Schreiben vom 26. Juli 2004 ebenfalls bestätigt worden, dass bereits kurz nach Erteilung der Baugenehmigung mit den Fundamentarbeiten begonnen und ein Fundamentstreifen betoniert worden sei. Über die genaue Lage habe diese frühere Liegenschaftseigentümerin nichts mehr sagen können. Auch der Rechtsnachfolger dieser Liegenschaftseigentümer habe erklärt, dass im Kaufvertrag ausdrücklich festgestellt worden sei, er sei in Kenntnis über die seinerzeit erfolgte "Widmungsbestimmung" (offenbar gemeint: Widmungsbewilligung) und die Baubewilligung samt der begonnenen Herstellung der Fundamente.

Auch wenn der zusätzlich beigezogene Sachverständige Dipl. Ing. G. in seinem Gutachten zum Ergebnis komme, er könne keine klare Aussage, dass das Fundament der Herstellung des bewilligten Bauvorhabens diene, treffen, so habe er demgegenüber jedoch weiter ausgeführt, es bestehe die nahe liegende Vermutung, es sei dazu vorgesehen gewesen.

Insbesondere die Angaben der beiden Voreigentümer erschienen der erstinstanzlichen Behörde durchwegs glaubhaft und überzeugend, die auch durch die Erhebungsergebnisse und die Ausführungen der beigezogenen Sachverständigen durchwegs unterstützt bzw. nicht widerlegt worden seien. Die erstinstanzliche Baubehörde sei daher der Ansicht, dass die am Grundstück vorgefundenen Betonfundamente bereits im Jahre 1968/1969 errichtet worden seien und als Bestandteil des mit dem Baubewilligungsbescheid vom 23. September 1968 genehmigten Wohnhauses vorgesehen gewesen seien. Damit sei das diesbezügliche vom Beschwerdeführer erhobene Vorbringen widerlegt. Der Umfang und die Ausgestaltung dieser Fundamente sei auch in einem derartigen Umfang erfolgt, das von einem tatsächlichen Baubeginn im Sinne der erteilten Bewilligung gesprochen werden könne, sollten diese Teile doch sowohl der Herstellung als auch als fester Bestandteil der bewilligten Anlage dienen (und sie dienten auch dem nunmehr vor Ort errichteten Gebäude zur Fundamentierung der Außenmauer), wie dies anhand der im Akt vorliegenden Lichtbilder (Gutachten Dipl. Ing. G.) ersichtlich sei. Da sohin die Baubewilligung vom 23. September 1968 nicht erloschen und somit von den Bauwerbern rechtmäßig in Anspruch genommen worden sei, bestünden die erhobenen "Einwendungen" nicht zu Recht.

Der Bürgermeister der Gemeinde M. erteilte dem Erst- und der Zweitmitbeteiligten mit Bescheid vom 25. August 2005 den Auftrag, binnen zwei Monaten ab Rechtskraft dieses Bescheides das auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück befindliche Wohnhaus, so wie es in der Natur ausgeführt worden bzw. im Plan der S-GmbH vom 1. September 2004 (mit näher bezeichneter Nummer) beschrieben sei, zu beseitigen. Dies wurde damit begründet, dass die erstinstanzliche Baubewilligung auf Grund der Erhebung von Berufungen von Nachbarn noch nicht in Rechtskraft erwachsen sei. Eine vorschriftswidrige bauliche Anlage liege solange vor, als keine rechtskräftige Baubewilligung gegeben sei. Der Bau sei offensichtlich fertig gestellt.

Der Gemeinderat der Gemeinde M. gab mit Bescheid vom 9. September 2005 u.a. der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid Folge, behob diesen Bescheid und wies das Ansuchen des Erst- und der Zweitmitbeteiligten vom 15. September 2004 auf Erteilung der Baubewilligung für den Zu- und Umbau auf dem Grundstück Nr. 439, KG S., unter Verwendung eines Fundamentes, das für den bewilligten Wohnhaus- und Pensionsbau errichtet worden sei, gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Diese Entscheidung wurde insbesondere damit begründet, dass auf Grund der vorliegenden Beweisergebnisse nicht davon ausgegangen werden könne, die Bauführung sei nach der Baubewilligung aus dem Jahre 1968 rechtzeitig erfolgt. Nicht jede Baumaßnahme, die im Nachhinein nachgewiesen werden könne, stelle eine typische erste Baumaßnahme für die Errichtung des bewilligten Projektes dar. Nur wenn eine solche typische erste Baumaßnahme vorliege, die dem seinerzeit bewilligten Bauprojekt eindeutig zugerechnet werden könne, sei das vorliegende Bauansuchen bewilligungsfähig. Das seinerzeit im Jahre 1968 bewilligte Bauprojekt habe zweifelsfrei eine Unterkellerung aufgewiesen, die im Ermittlungsverfahren festgestellten Fundamente seien für die Herstellung eines Kellers keine typischen ersten Baumaßnahmen. Auch das nach dem Einreichplan vorhandene Mauerwerk im Erdgeschoß könne in der Natur nicht eindeutig dem Altbestand zugeordnet werden. Letztlich ausschlaggebend sei, dass der von der Baubehörde beigezogene Bausachverständige Ing. L. in seinem Befund und Gutachten vom 1. Oktober 2004, aus dem Bauakt 1968 die konkrete Situierung des Altbestandes nicht eindeutig habe nachvollziehen können, sodass von vornherein eine Zuordnung der beim Ortsaugenschein gesichteten Bauteile (unabhängig davon, seit wann sich diese dort befänden) nicht möglich sei. Auch aus der Stellungnahme der früheren Liegenschaftseigentümerin C.T. vom 26. Juli 2004 gehe nicht hervor, welche Baumaßnahmen tatsächlich gesetzt worden seien. Auch die Bestätigungen der Baufirma R., K. & Partner und die weiteren von den Bauwerbern vorgelegten Stellungnahmen könnten in dieser Frage keine eindeutige Aufklärung bringen. Es erübrige sich daher auf die Frage einzugehen, ob allenfalls vorhandene "Altbestände" tatsächlich für das nunmehrige Bauprojekt verwendet worden seien bzw. verwendet werden könnten.

Die belangte Behörde behob auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung des Erst- und der Zweitmitbeteiligten mit dem angefochtenen Bescheid den Berufungsbescheid vom 9. September 2005 und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der Gemeinde M. Dies wurde insbesondere damit begründet, dass die Berufungswerber (u.a. der Beschwerdeführer) in der durchgeführten Bauverhandlung am 1. Oktober 2004 und auch in weiterer Folge lediglich Vorbringen in Bezug auf die Übereinstimmung mit dem Flächenwidmungsplan und der nicht konsumierten Baubewilligung sowie die Qualifikation, ob es sich um einen Zu- oder Umbau bzw. um einen Neubau handle, geltend gemacht hätten. Es sei mit dem Vorbringen kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht eingewendet worden. Die Berufungsbehörde habe aber auf Grund der erhobenen Berufungen nochmals geprüft, ob eine rechtzeitige Bauführung erfolgt und daher die Baubewilligung aus dem Jahre 1968 konsumiert worden sei. Die Berufungsbehörde sei dabei zu dem Ergebnis gelangt, dass keine typischen ersten Baumaßnahmen gesetzt worden seien, weshalb von der ursprünglichen Baubewilligung aus dem Jahre 1968 nicht Gebrauch gemacht worden sei. Die Einwendungen der Beschwerdeführer seien von der Berufungsbehörde im Verfahren dennoch aufgenommen und näher geprüft worden. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde im Falle einer beschränkten Parteistellung des Berufungswerbers, wie es für Nachbarn im Baubewilligungsverfahren typisch sei, auf jenen Themenkreis eingeschränkt, in dem diese Partei mitzuwirken berechtigt sei. Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG sei sohin ausschließlich jener Bereich, in welchem dem Berufungswerber ein Mitspracherecht zustehe (u.a. Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. Mai 2003, Zl. 2001/06/0140). Demzufolge seien dadurch, dass die Berufungsbehörde den Sachverhalt weiter geprüft habe, als dies auf Grund des beschränkten Themenkreises zulässig gewesen wäre, Rechte des Erst- und der Zweitmitbeteiligten verletzt worden.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie der Erst- und die Zweitmitbeteiligte gemeinsam - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zunächst ist - entgegen dem Beschwerdevorbringen - klarzustellen, dass die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde sowie der Aufsichtsbehörde und auch der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts im Falle des Rechtsmittels eines Nachbarn im Baubewilligungsverfahren, dem nur ein beschränktes Mitspracherecht zukommt, auf jene Fragen beschränkt ist, hinsichtlich derer dieses Mitspracherecht als subjektiv-öffentliches Recht besteht und soweit rechtzeitig im Verfahren derartige Einwendungen erhoben wurden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2006, Zl. 2006/05/0229). Dies gilt für Nachbarn, die - wie im vorliegenden Fall - gemäß § 27 Abs. 1 Stmk. BauG i.d.F. LGBl. Nr. 78/2003 (mit dem gemäß § 82 Abs. 7 AVG i.d.F. BGBl. I Nr. 158/1998 § 42 AVG i.d.F. der Novelle BGBl. I Nr. 10/2004 verdrängt wurde) ihre Parteistellung beibehalten haben. Da die Kundmachung bzw. die Ladung zur Verhandlung inhaltlich den entsprechenden Hinweis auf die Rechtsfolge gemäß § 27 Abs. 1 Stmk. BauG für den Fall, dass Nachbarn nicht rechtzeitig Einwendungen erheben, enthalten hat, war die unzutreffende Bezugnahme auf § 42 AVG nicht von Bedeutung.

Der tragende Aufhebungsgrund im angefochtenen Bescheid ist, dass die Berufungsbehörde nach Ansicht der belangten Behörde gegen diese eingeschränkte Prüfungsbefugnis verstoßen habe, da die Berufungswerber (u.a. der Beschwerdeführer) keine subjektivöffentlichen Nachbarrechte geltend gemacht hätten.

Da sich die Berufungsbehörde allein mit der Frage des rechtzeitigen Baubeginnes im Hinblick auf die Baubewilligung aus dem Jahre 1968 und damit mit der Frage des aufrechten Bestandes dieser Baubewilligung auseinander gesetzt hat, war im vorliegenden Fall allein zu klären, ob die belangte Behörde zu Recht angenommen hat, dass einem Nachbarn gemäß dem Stmk. BauG in dieser Frage kein Mitspracherecht zukommt.

Die Nachbarrechte, die einem Nachbarn gemäß dem Stmk. BauG zukommen, sind grundsätzlich im § 26 Abs. 1 Stmk. BauG, LGBl. Nr. 59/1995 (Stmk. BauG), aufgezählt. Daneben stehen dem Nachbarn aber auch weitere Parteienrechte zu, die sich allgemein aus dem AVG ergeben, wie z.B. das Recht auf Beachtung der entschiedenen Sache, das Recht auf Beachtung der Rechtsansschauung der Aufsichtsbehörde und das Recht auf Beachtung der Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Hauer, Der Nachbar im Baurecht5, S. 308ff und die dort zitierte hg. Judikatur). Als ein solches weiteres Parteienrecht des Nachbarn in einem Baubewilligungsverfahren ist die Frage anzuerkennen, ob eine Baubewilligung, die die Grundlage für eine beantragte Änderungsbewilligung ist, überhaupt noch aufrecht ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2006/06/0007), ergibt sich doch aus der Beantwortung dieser Frage, ob der Gegenstand des Bauansuchens tatsächlich bloß die beantragte Änderung eines bewilligten Bauvorhabens ist oder ob ein Neubau vorliegt, also was überhaupt rechtens Gegenstand des Bauvorhabens ist, das im vorliegenden Fall in konkrete, dem Nachbarn nach dem Stmk. BauG eingeräumte Rechte eingreifen kann. Es geht dabei im vorliegenden Fall um die Anwendung der Bestimmung, die das Erlöschen einer erteilten Baubewilligung zum Gegenstand hat (im vorliegenden Fall, in dem die in Frage stehende baurechtliche Bewilligung vom 23. September 1968 wohl noch vor Inkrafttreten der Stmk. BauO 1968 am 1.1.1969 erteilt wurde, wäre dafür § 154 der Bauordnung für das Herzogtum Steiermark, LRBl. II Abt. Nr. 5 (Kundmachung vom 9. Februar 1857), heranzuziehen, nach dem die Baubewilligung nach dreijährigem Nichtgebrauch als erloschen zu betrachten war). Entsprechende Bestimmungen über das Erlöschen der Baubewilligung sah auch die Stmk. BauO 1968 (§ 66) und sieht das Stmk. BauG (§ 31) vor. Das Erlöschen der Baubewilligung bewirkt das Außerkrafttreten jenes bescheidmäßigen Spruches, mit dem auch über Einwendungen der Nachbarn im betreffenden Baubewilligungsverfahren abgesprochen wurde. Die Rechtssphäre des Nachbarn wird daher durch die Entscheidung über die Frage, ob eine rechtskräftig erteilte Baubewilligung erloschen ist oder nicht, berührt (vgl. zum Mitspracherecht des Nachbarn in dem nach dem Vbg. BauG 2001 vorgesehenen Verlängerungsverfahren in Bezug auf die Frage des Baubeginnes das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 2005, Zl. 2004/06/0070).

Dem Beschwerdeführer stand somit ein Mitspracherecht im Hinblick auf die Frage, ob die Baubewilligung aus dem Jahre 1968 erloschen ist oder nicht, zu. Die Berufungsbehörde hat damit die ihr zustehende eingeschränkte Prüfungsbefugnis nicht überschritten. Die belangte Behörde hat diese Überschreitung der Überprüfungsbefugnis durch die Berufungsbehörde vielmehr zu Unrecht angenommen.

Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Für das fortgesetzte Verfahren ist lediglich aus Gründen der Verfahrensökonomie auf Folgendes hinzuweisen:

Unter Baubeginn ist jede auf die Errichtung eines bewilligten Bauvorhabens gerichtete bautechnische Maßnahme zu verstehen, wobei es - wenn das Gesetz darüber keine näheren Bestimmungen trifft - unerheblich ist, in welchem Größenverhältnis die durchgeführten Arbeiten zum geplanten Bauvorhaben stehen. Bereits die Errichtung eines kleinen Teiles eines Fundamentes ist daher schon als Baubeginn anzusehen, soweit er der Herstellung des Vorhabens dient (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 20. Oktober 2005, Zl. 2004/06/0070, vom 29. August 2000, Zl. 97/05/0101, und vom 31. Jänner 1979, VwSlg. Nr. 9754A/1979).

Weiters ist darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Fall von einem Um- bzw. Zubau des mit Bescheid vom 23. September 1968 bewilligten Bauvorhabens nur dann gesprochen werden kann, wenn sich das nunmehrige Bauvorhaben zu dem ursprünglich bewilligten Bauvorhaben im Sinne der Bestimmungen des Stmk. BauG § 4 Z. 56 und Z. 61 als Umbau bzw. als Zubau darstellt (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 11. Juli 2003, Zl. 2001/06/0045, und vom 23. Mai 2001, Zl. 99/06/0041). So könnte von einem Umbau einer bewilligten (wenn auch noch nicht errichteten) baulichen Anlage nur dann gesprochen werden, wenn im Sinne des § 4 Z. 56 Stmk. BauG die äußeren Abmessungen des bewilligten Bauvorhabens nicht verändert werden, und von einem Zubau im Sinne des § 4 Z. 61 Stmk. BauG nur dann, wenn zu dem bewilligten Bauvorhaben eine Vergrößerung der Höhe, Länge oder Breite erfolgt. Der Begriff des Zubaues setzt dabei voraus, dass die Vergrößerungen ausgehend vom ursprünglich bewilligten Bauvorhaben vorgesehen sind. Ein lagemäßig maßgeblich verändertes Bauvorhaben kann jedenfalls nicht als ein Zubau eines bewilligten Bauvorhabens qualifiziert werden (vgl. das angeführte hg. Erkenntnis vom 11. Juli 2003).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 25. September 2007

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