VwGH 2006/02/0086

VwGH2006/02/008630.4.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des JS in N, vertreten durch Dr. Franz Hofbauer, Rechtsanwalt in 3370 Ybbs, Hauptplatz 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 10. Februar 2006, Zl. Senat-ME-04-0149, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §8;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §51 Abs7;
VStG §51d;
AVG §56;
AVG §8;
StVO 1960 §5 Abs1;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
VStG §51 Abs7;
VStG §51d;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 10. Februar 2006 wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe sich am 11. Dezember 2003 um 07.20 Uhr an einem näher genannten Ort nach Verlangen eines dazu ermächtigten Organs der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl vermutet habe werden können, dass er ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung des § 5 Abs. 2 StVO begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt u.a., die belangte Behörde habe unberücksichtigt lassen, dass die in § 51 Abs. 7 VStG genannte Frist im vorliegenden Fall bereits verstrichen sei. Mit dem Einlangen der Berufung bei der Behörde erster Instanz sei die 15- Monatsfrist am 18. November 2004 in Gang gesetzt worden; die Frist habe mit Ablauf des 18. Februar 2006 geendet. Ab diesem Zeitpunkt sei die Erlassung (Zustellung) des das Straferkenntnis bestätigenden Berufungsbescheides nicht mehr zulässig. Da der Berufungsbescheid (dem Beschwerdeführer) am 28. Februar 2006 zugestellt worden sei, trete das Straferkenntnis von Gesetzes wegen außer Kraft.

Die belangte Behörde wies in der erstatteten Gegenschrift in Übereinstimmung mit den vorgelegten Verwaltungsakten darauf hin, dass der Berufungsbescheid der Erstbehörde "mit Fax im Voraus" am 14. Februar 2006 zugestellt wurde.

Nach der ständigen hg. Rechtsprechung ist mit der Zustellung des angefochtenen Bescheides an die Erstbehörde als eine Partei des Verfahrens vor dem unabhängigen Verwaltungssenat innerhalb der Frist des § 51 Abs. 7 VStG dieser Bescheid als erlassen anzusehen und wird damit die mit der Versäumung der genannten Frist verbundene Rechtsfolge der Aufhebung des erstbehördlichen Bescheides mit anschließender Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens vermieden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. September 2004, Zl. 2001/02/0235, m.w.N.).

Da im vorliegenden Beschwerdefall die Zustellung des angefochtenen Bescheides an die Erstbehörde innerhalb der Frist des § 51 Abs. 7 VStG erfolgte, ist es somit rechtlich unerheblich, ob dessen Zustellung (im Wege der Erstbehörde) an den Beschwerdeführer nach dieser Frist erfolgte (vgl. neuerlich das vorzitierte hg. Erkenntnis vom 10. September 2004). Die in diesem Zusammenhang gerügte Rechtswidrigkeit liegt daher nicht vor.

Ferner rügt der Beschwerdeführer, es sei ihm wegen seines Gesundheitszustandes objektiv unmöglich gewesen, den Alkomattest durchzuführen, weshalb keine Verweigerung vorliege. Auf Grund einer "Magen- und Darmgrippe" sei er gesundheitlich nicht in der Lage gewesen, einen Alkomattest durchzuführen. Der Beschwerdeführer sei auch nicht in der Lage gewesen, auf seine medizinischen Leiden hinzuweisen, weil er zu diesem Zeitpunkt einen Brechreiz verspürt habe und raschen Schrittes zur Toilette geeilt sei, um zu erbrechen. Er sei eine Weile auf der Toilette verweilt, wobei die einschreitenden Beamten nicht auf ihn gewartet, sondern die Amtshandlung "voreilig" beendet hätten.

Nach der nunmehrigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 2004, Zl. 2001/02/0095; die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte, gegenteilige hg. Rechtsprechung - so etwa im von ihm zitierten Erkenntnis vom 1. Februar 1984, Zl. 83/03/0223, = ZfVB 1984/5/3006 - ist seit geraumer Zeit überholt) hat derjenige, der gemäß § 5 Abs. 2 StVO zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, umgehend (d.h. bei diesem Anlass) auf die Unmöglichkeit der Ablegung einer Atemalkoholuntersuchung mittels Alkomats aus medizinischen Gründen hinzuweisen, sodass die Organe der Straßenaufsicht in die Lage versetzt werden, das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 5 Abs. 5 Z. 2 StVO zu prüfen, bejahendenfalls von der Aufforderung zur Untersuchung der Atemluft Abstand zu nehmen und den Aufgeforderten zum Zwecke der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden oder bei einer Bundespolizeidirektion tätigen Arzt zu bringen.

Unbestritten ist, dass der Beschwerdeführer während der in Rede stehenden Amtshandlung nicht auf eine derartige Unmöglichkeit hinwies. Selbst in dem ersten, an die Behörde gerichteten Schreiben des Beschwerdeführers vom 11. Dezember 2003 wurde keine derartige Unmöglichkeit erwähnt. Die Argumentation, er sei krankheitsbedingt derart geschwächt gewesen, dass er die Tragweite seiner Weigerung nicht habe einsehen können, wurde erstmals in der vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers abgegebenen Stellungnahme vom 27. Jänner 2004 vorgebracht.

Dass der Beschwerdeführer den Alkomattest mit der (rechtlich verfehlten; vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 2006, Zl. 2006/02/0196, m.w.N.) Begründung verweigert habe, er sei auf Privatgrund, und dass er den Tatort nach mehrmaliger Aufforderung zum Alkomattest nach ca. 5 Minuten ohne Angabe von Gründen verließ, konnte die belangte Behörde (insbesondere) aus der in der Begründung des angefochtenen Bescheides wiedergegebenen Aussage des Zeugen RI A. ableiten. Es war daher nicht unschlüssig, wenn die belangte Behörde dieser Aussage - die im Übrigen insoweit auch mit den Ausführungen des Beschwerdeführers in seiner ersten an die Behörde gerichteten Stellungnahme vom 11. Dezember 2003 übereinstimmte - Glauben schenkte und nicht der erst nachträglich im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens vom Beschwerdeführer vorgebrachten Behauptung, er sei auf Grund seines Gesundheitszustandes nicht in der Lage gewesen, den Alkomattest durchzuführen.

Da der Beschwerdeführer auf die behauptete "objektive Unmöglichkeit" der Ablegung eines Alkomattests während der Amtshandlung nicht hinwies und auch sonst keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer solchen Unmöglichkeit von den einschreitenden Beamten wahrgenommen wurden, wäre der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen, der an ihn ergangenen Aufforderung zur Ablegung des Alkomattests nachzukommen.

Es kam daher - entgegen dem Beschwerdevorbringen - weder auf diesbezügliche Aussagen der Entlastungszeugen noch darauf an, ob der Amtsarzt im Gutachten vom 18. Februar 2004 (ca. 2 Monate nach der Tat) habe feststellen können, dass dem Beschwerdeführer trotz der behaupteten "Magen- und Darmgrippe" zumindest ein Blasversuch zumutbar gewesen sei.

Bereits mit dem hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1996, Zl. 95/02/0567, wurde klargestellt, dass eine Berechtigung zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt schon dann besteht, wenn eine Person bloß "verdächtig" ist, ein Kraftfahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben (vgl. zum "Verdacht" der "Alkoholisierung" etwa das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 2004, Zl. 2004/02/0005). Die Weigerung der so "verdächtigten" Person, die Atemluft untersuchen zu lassen, bildet demnach eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b i. V.m. § 5 Abs. 2 StVO, wobei der objektive Tatbestand bereits mit der Weigerung, sich dem Test zu unterziehen, vollendet ist. Es ist daher rechtlich unerheblich, ob in der Folge, etwa im Zuge eines darauf folgenden Verwaltungsstrafverfahrens der Beweis erbracht werden kann, dass der Beschuldigte tatsächlich ein Kraftfahrzeug gelenkt hat oder nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Oktober 2002, Zl. 2002/02/0223) oder ob der Beschwerdeführer nicht "alkoholisiert" war (vgl. das zitierte hg. Erkenntnis vom 11. Mai 2004). Von daher gesehen waren sämtliche Beweisanträge, die dieser Rechtsprechung nicht Rechnung tragen - so insbesondere betreffend entsprechende Zeugenbeweise - von vornherein verfehlt.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 30. März 2007

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