Normen
31993L0089 Güterbeförderungs-RL;
62000CJ0115 Hoves Internationaler Transport-Service VORAB;
KfzStG 1992 §1 Abs2;
31993L0089 Güterbeförderungs-RL;
62000CJ0115 Hoves Internationaler Transport-Service VORAB;
KfzStG 1992 §1 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 19. November 2002 schrieb das Finanzamt Grieskirchen der Beschwerdeführerin für die Monate 01- 12/2001 Kraftfahrzeugsteuer von EUR 126.459,67 vor; dies mit der Begründung, abweichend von der Steuererklärung sei die Kraftfahrzeugsteuer für die überzähligen Anhänger zu erheben, weil sie von einem Anderen verwendet worden seien.
Mit Berichtigungsbescheid vom 27. November 2002 berichtigte das Finanzamt Grieskirchen die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer gemäß § 293 BAO auf EUR 124,732,39.
In der gegen diese Bescheide erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, Tatsache sei, dass der deutsche Unternehmer, welcher die in Österreich zum Verkehr zugelassenen Anhänger (Sattelauflieger) mit in Deutschland zum Verkehr zugelassenen Sattelzugmaschinen ausschließlich im Ausland (also nicht auf öffentlichen Straßen im Inland) gezogen habe, bei gesetzeskonformer Auslegung nicht Steuerschuldner nach § 3 KfzStG sei. Die österreichische Kraftfahrzeugsteuer sei für diese Anhänger nicht zu erheben. Zu berücksichtigen sei, dass der deutsche Unternehmer für diese Anhänger in Deutschland Kraftfahrzeugsteuer entrichte. Würde Österreich für diese Anhänger ebenfalls Kraftfahrzeugsteuer erheben, läge eine Doppelbesteuerung vor.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung heißt es, nach § 1 Abs. 2 zweiter und dritter Satz KfzStG sei für Anhänger, deren Anzahl die der ziehenden steuerpflichtigen Kraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen desselben Steuerschuldners übersteige und die, bezogen auf die gesamte Anzahl der Anhänger des Steuerschuldners die niedrigere Bemessungsgrundlage aufwiesen, die Steuer nicht zu erheben. Anhänger, die von einem Kraftfahrzeug eines anderen Steuerschuldners gezogen würden, seien aus dieser Berechnung auszuscheiden; für sie sei die Steuer für den Kalendermonat, in dem die Verwendung erfolge, zu erheben.
Der Gesetzgeber habe unmissverständlich die Vermeidung einer unverhältnismäßigen Steuerlast und damit eine Begünstigung ausschließlich jener Anhänger zum Ausdruck gebracht, die rein rechnerisch gar nicht zum selben Zeitpunkt von den Zugfahrzeugen desselben Steuerschuldners gezogen und verwendet werden könnten, weil ein Ungleichgewicht zwischen der Anzahl der Anhänger und der Anzahl der Zugfahrzeuge bestehe. Damit sei dem Umstand Rechnung getragen worden, dass ein Zugfahrzeug jeweils nur einen Anhänger ziehen könne. Mit dem Ausschlusstatbestand des dritten Satzes dieser Bestimmung stelle der Gesetzgeber klar, dass jede Verwendung der Anhänger schädlich sei. Das Schwergewicht dieser Aussage sei daher in der Wortfolge "eines anderen" zu erblicken, womit der Gesetzgeber eine Differenzierung zwischen jenen herstelle, welche die Anhänger anderer verwendeten und die eigenen Anhänger mangels verfügbarer Zuggeräte nicht verwenden könnten. Nur in diesem Sinn sei die Wortfolge "eines anderen Steuerschuldners" zu verstehen; jede andere Auslegung würde der im zweiten und dritten Satz dieser Bestimmung klar und deutlich zum Ausdruck gebrachten Intention des Gesetzgebers zuwiderlaufen. Im systematischen Zusammenhang mit dem Generaltatbestand des § 1 Abs. 1 KfzStG komme es dabei nicht darauf an, ob eine Verwendung der Anhänger von "Anderen" in oder außerhalb Österreichs stattfinde. Diesem Interpretationsergebnis stehe auch § 3 KfzStG nicht entgegen. Diese Norm umschreibe, wer als "Steuerschuldner" der Kraftfahrzeugsteuer anzusehen sei, wer also die Steuer zu entrichten habe. Dieser Begriff sei aber nicht zur Auslegung des § 1 Abs. 2 KfzStG heranzuziehen. Die strittigen Anhänger seien nachweislich in einem inländischen Zulassungsverfahren zum Verkehr zugelassen. Es habe Kraftfahrzeugsteuerpflicht bestanden und zwar unabhängig davon, ob eine Verwendung in Österreich oder im Ausland vorgelegen sei. Da diese Anhänger zweifelsfrei von Zugfahrzeugen anderer Unternehmungen gezogen worden seien, komme die Begünstigungsbestimmung des § 1 Abs. 2 KfzStG nicht zur Anwendung. Hinsichtlich des Vorbringens des Bestehens einer Doppelbesteuerung werde auf die Richtlinie 93/89/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 verwiesen. Nach Artikel 5 dieser Richtlinie stehe das Besteuerungsrecht Österreich zu. Der angefochtene Bescheid stehe im Einklang mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht, jene Anhänger, welche von im Ausland zugelassenen Zugmaschinen im Ausland gezogen worden seien, bei der Berechnung der überzähligen Anhänger im Sinne des § 1 Abs. 2 KfzStG zu berücksichtigen, verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird die Ansicht vertreten, im Jahr 2001 seien überzählige Sattelauflieger, welche in Österreich auf die Beschwerdeführerin zugelassen seien, von deutschen Unternehmen ausschließlich auf Straßen in der Bundesrepublik Deutschland gezogen worden, sodass diese Sattelauflieger als Überbestand qualifiziert und nicht in die Kraftfahrzeugsteuererklärung 2001 aufgenommen worden seien. Die deutschen Unternehmer seien nicht Steuerschuldner nach § 3 KfzStG. Erfolge die Verwendung der überzähligen Anhänger somit aber durch Kraftfahrzeuge von Personen, die nicht als Steuerschuldner im Sinne des § 3 KfzStG in Betracht kämen, so seien die durch die Kraftfahrzeuge gezogenen Anhänger bei der Berechnung des Überbestandes nicht auszuscheiden. Folglich seien die von ausländischen Zugmaschinen im Ausland gezogenen Anhänger eines inländischen Steuerschuldners grundsätzlich in den Überbestand im Sinne des § 1 Abs. 2 KfzStG einzubeziehen, sodass für diese Anhänger keine Kraftfahrzeugsteuerpflicht für den inländischen Steuerschuldner bestehe.
Der Kraftfahrzeugsteuer unterliegen gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 lit. a bis c KfzStG in einem inländischen Zulassungsverfahren zum Verkehr zugelassene Kraftfahrzeuge, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, die kraftfahrrechtlich als Zugmaschine oder Motorkarren genehmigt sind und wenn und solange für diese eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, auf die § 6 Abs. 3 Versicherungssteuergesetz 1953 anzuwenden ist, nicht besteht.
Anhänger mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen gelten gemäß § 1 Abs. 2 KfzStG als Kraftfahrzeuge im Sinne dieses Gesetzes. Für Anhänger, deren Anzahl die der ziehenden steuerpflichtigen Kraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen desselben Steuerschuldners übersteigt, und die, bezogen auf die gesamte Anzahl der Anhänger des Steuerschuldners, die niedrigere Bemessungsgrundlage aufweisen, ist die Steuer nicht zu erheben. Anhänger, die von einem Kraftfahrzeug eines anderen Steuerschuldners gezogen werden, sind aus dieser Berechnung auszuscheiden; für sie ist die Steuer für den Kalendermonat, in dem die Verwendung erfolgt, zu erheben.
Steuerschuldner ist gemäß § 3 Z 1 KfzStG bei einem in einem inländischen Zulassungsverfahren zugelassenen Kraftfahrzeug die Person, für die das Kraftfahrzeug zugelassen ist; nach § 3 Z 2 KfzStG in allen anderen Fällen die Person, die das Kraftfahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland verwendet.
Die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen betreffend Kraftfahrzeugsteuer lauten wie folgt:
Die Richtlinie 93/89/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 über die Besteuerung bestimmter Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung sowie die Erhebung von Maut- und Benutzungsgebühren für bestimmte Verkehrswege durch die Mitgliedstaaten in der Fassung des Beschlusses des Rates der Europäischen Union vom 1. Jänner 1995 zur Anpassung der Dokumente betreffend den Beitritt neuer Mitgliedstaaten zur Europäischen Union (95/1/EG, Euratom, EGKS) ist in Erwägung nachstehender Gründe ergangen:
Die Beseitigung der Wettbewerbsverzerrungen zwischen Verkehrsunternehmen aus den Mitgliedstaaten erfordert die Harmonisierung der Abgabensysteme und die Einführung gerechter Mechanismen für die Anlastung der Wegekosten an die Verkehrsunternehmer.
Unter den derzeitigen Umständen sollte die Angleichung der einzelstaatlichen Abgabensysteme auf Nutzfahrzeuge mit einem bestimmten Mindestgesamtgewicht beschränkt werden. Zu diesem Zweck sollten Mindestsätze für die in den Mitgliedstaaten derzeit geltenden Kraftfahrzeugsteuern oder für die Steuern, die möglicherweise die Kraftfahrzeugsteuern ersetzen, festgelegt werden.
Die Richtlinie hat nachstehenden auszugsweise wiedergegebenen Inhalt:
"Artikel 1
Die Mitgliedstaaten gleichen erforderlichenfalls ihre Systeme für die Besteuerung von Kraftfahrzeugen sowie für die Maut- und Benutzungsgebühren gemäß dieser Richtlinie an.
Diese Richtlinie betrifft nicht Fahrzeuge, die ausschließlich für Transporte in den außereuropäischen Gebieten der Mitgliedstaaten eingesetzt werden.
...
Artikel 2
Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck
...
- 'Kraftfahrzeug' ein Kraftfahrzeug oder eine Fahrzeugkombination, die ausschließlich für den Güterkraftverkehr bestimmt sind und deren zulässiges Gesamtgewicht mindestens 12 Tonnen beträgt.
Kraftfahrzeugsteuern
Artikel 3
(1) Kraftfahrzeugsteuern im Sinne von Artikel 1 sind folgende Steuern:
...
- Deutschland: Kraftfahrzeugsteuer
...
- Österreich: Kraftfahrzeugsteuer
...
Artikel 5
Die in Artikel 3 genannten Steuern für Fahrzeuge, die in einem Mitgliedstaat zugelassen sind, werden nur von dem Mitgliedstaat der Zulassung erhoben."
Die nationale Vorschrift des § 3 KfzStG regelt den "Steuerschuldner", der nach den nationalen Vorschriften zu erhebenden Kraftfahrzeugsteuer abschließend. Nach dieser Bestimmung des § 3 KfzStG ist ein Unternehmer, der von einer (anderen) Person in Österreich zugelassene Anhänger nicht in Österreich verwendet, nicht Steuerschuldner der inländischen Kraftfahrzeugsteuer.
Gemäß Artikel 5 der Richtlinie 93/89/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 werden die Kraftfahrzeugsteuern für Fahrzeuge, die in einem Mitgliedstaat zugelassen sind, nur von dem Mitgliedstaat der Zulassung erhoben (vgl. auch das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 2. Juli 2002, Andreas Hoves Internationaler Transport-Service SARL, Rs C- 115/00 , Slg. 2002, I-06077).
Der Ansicht der Beschwerdeführerin folgend bestünde somit auf Grund der Bestimmungen des KfzStG kein Recht der Erhebung der Kraftfahrzeugsteuer für die in Österreich zugelassenen und außerhalb Österreichs von einer anderen Person als dem Zulassungsbesitzer verwendeten Anhänger. Dies widerspricht jedoch klar den in der Präambel der Richtlinie 93/89/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 festgehaltenen Zielsetzungen des Gemeinschaftsrechts, weil damit eine Wettbewerbsverzerrung gegeben wäre, die durch die Richtlinienbestimmungen vermieden werden sollte. Die in Österreich zugelassenen Anhänger könnten nämlich in Deutschland zum Unterschied von den anderen Fahrzeugen ohne Belastung mit einer Kraftfahrzeugsteuer verwendet werden.
Die Bestimmung des § 1 Abs. 2 KfzStG ist daher seit 1. Jänner 1995 richtlinienkonform zu interpretieren: Die Erhebung der "Kraftfahrzeugsteuer" ist durch die Richtlinie 93/89/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 in Grundzügen gemeinschaftsrechtlich geregelt; es soll eine Harmonisierung der Abgabensysteme erreicht werden. In den Mitgliedstaaten der EU erfolgt für Nutzfahrzeuge mit einem bestimmten Mindestgewicht - das hier im Beschwerdefall gegeben ist - eine harmonisierte Erhebung mit gleichartigen Steuern - in Österreich und in Deutschland der Kraftfahrzeugsteuer - innerhalb des durch die Richtlinie 93/89/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 vorgegebenen Umfangs.
Die Person des Steuerschuldners wird unter Beachtung dieser Richtlinie jeweils durch die nationalen Vorschriften geregelt und an diese Personen ergehen die Leistungsgebote durch die einzelnen Mitgliedstaaten.
Die Bestimmung des § 1 Abs. 2 dritter Satz KfzStG "Kraftfahrzeug eines anderen Steuerschuldners" ist bei der gegebenen Gemeinschaftsrechtslage nicht bloß national als Kraftfahrzeug eines anderen "inländischen" Steuerschuldners, sondern richtlinienkonform als Kraftfahrzeug eines anderen Steuerschuldners, der auf Grund des Gemeinschaftsrechts mit einer Kraftfahrzeugsteuer belastet ist, zu interpretieren. Nur durch die Miteinbeziehung aller Steuerschuldner der durch die Richtlinie 93/89/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 harmonisierten "Kraftfahrzeugsteuern" im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts ist die Zielsetzung dieser Richtlinie - die Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen - gewährleistet. Der im § 1 Abs. 2 dritter Satz KfzStG angeführte "Steuerschuldner", ist der jeweils in den Mitgliedstaaten bestimmte Steuerschuldner der durch das Gemeinschaftsrecht harmonisierten Kraftfahrzeugsteuer.
Der in Deutschland ansässige Unternehmer, der die im Inland zugelassenen Anhänger nicht in Österreich, aber im Anwendungsbereich der Richtlinie 93/89/EWG verwendete, war der "andere Steuerschuldner" gemäß § 1 Abs. 2 dritter Satz KfzStG. Demnach war die Kraftfahrzeugsteuer für die Anhänger in Österreich zu erheben. Dem stand eine - allfällige widerrechtliche - Erhebung der Kraftfahrzeugsteuer in Deutschland von dem die Anhänger verwendenden deutschen Unternehmer nicht entgegen, weil nach dem Gemeinschaftsrecht die Erhebungsberechtigung der Steuer vom Zulassungsinhaber nur in Österreich gegeben war (vgl. das bereits zitierte Urteil des EuGH vom 2. Juli 2002) und der Steueranspruch Österreichs für die österreichische Kraftfahrzeugsteuer nicht durch die allfällige Vorschreibung und Bezahlung der deutschen Kraftfahrzeugsteuer erloschen ist.
Aus diesen Erwägungen erweist sich die Vorschreibung der Kraftfahrzeugsteuer an die Beschwerdeführerin als nicht rechtswidrig.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Einholung einer Vorabentscheidung konnte im Sinne des Urteils des EuGH vom 6. Oktober 1982, Rs C-283/81 , C.I.L.F.I.T, 1982, I-3415, Abstand genommen werden, weil kein vernünftiger Zweifel an der Auslegung des im Beschwerdefall anzuwendenden Gemeinschaftsrechts besteht.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 18. Mai 2006
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