Kraftfahrzeugsteuerrechtliche Behandlung von "überzähligen" Anhängern
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2005/16/0282 eingebracht. Mit Erk. v. 18.5.2006 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der Bw, vertreten durch Karl Fusseis, Wirtschaftstreuhänder, 4910 Ried, Bahnhofstraße 63, vom 28. November 2002 gegen den Bescheid des Finanzamtes Grieskirchen vom 27. November 2002 betreffend Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Jänner bis Dezember 2001 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
Entscheidungsgründe
Gegenstand des berufungswerbenden Unternehmens ist die Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen sowie die Ausübung des Mietwagengewerbes.
Am 4. Februar 2002 reichte die berufungswerbende Gesellschaft die Kraftfahrzeugsteuererklärung für das Jahr 2001 beim zuständigen Finanzamt ein.
Im Schriftsatz vom 25. September 2002 vertrat der steuerliche Vertreter der Berufungswerberin folgende Rechtsansicht:
Im Jahr 2001 wären "überzählige" Sattelauflieger, welche in Österreich auf die Berufungswerberin zugelassen waren, von deutschen Unternehmern mit in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Sattelzugmaschinen nicht auf österreichischen Straßen mit öffentlichem Verkehr (also ausschließlich im Ausland) gezogen worden. Eine, wenn auch nur vorübergehende Verwendung dieser Auflieger im Inland hätte im Jahr 2001 nicht stattgefunden. Diese Voraussetzungen wären von März 2001 bis Mai 2001 auf einen Sattelauflieger (höchst zulässiges Gesamtgewicht 22 Tonnen), von Juni 2001 bis September 2001 auf zwei Sattelauflieger (höchst zulässiges Gesamtgewicht 22 Tonnen) und von Oktober bis Dezember 2001 auf insgesamt vier Sattelauflieger (höchst zulässiges Gesamtgewicht 22 Tonnen) gegeben gewesen.
Diese Anhänger seien daher in die Kraftfahrzeugsteuererklärung 2001 mit folgender Begründung nicht aufgenommen worden:
Nach § 1 Abs 2 KfzStG 1992 sei die Steuer für jene Anhänger nicht zu erheben, welche die Anzahl der ziehenden steuerpflichtigen Kraftfahrzeuge mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen desselben Steuerschuldners übersteigen, wobei Anhänger, die von einem Kraftfahrzeug eines anderen Steuerschuldners gezogen würden, aus dieser Berechnung auszuscheiden wären.
Die deutschen Unternehmer, welche diese Auflieger im Jahr 2001 mit in der Bundesrepublik zugelassenen Zugmaschinen ausschließlich im Ausland verwendet hätten, seien nicht als Steuerschuldner im Sinne des § 3 KfzStG 1992 anzusehen, folglich könnten nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut die betreffenden Sattelauflieger auch bei der Ermittlung der "überzähligen" Anhänger berücksichtigt und letztendlich auch als solche qualifiziert werden. Eine abweichende Rechtsauslegung zu § 1 Abs 2 KfzStG 1992 sei weder in der Fachliteratur noch in der Judikatur zu finden.
Mit Schreiben vom 15. Oktober 2002 übermittelte die Berufungswerberin der Abgabenbehörde erster Instanz folgende Unterlagen:
- Aufstellung betreffend polizeiliche Kennzeichen sowie Anmeldedaten der betreffenden Sattelauflieger
- Subfrächter-Vereinbarung vom 12. Juni 2001 mit Firma S Transporte
- Subfrächter-Vereinbarung vom März 2001 mit Firma H. W
- Bescheid über Kraftfahrzeugsteuer des Finanzamtes Passau für Herrn H. W
Für die Zurverfügungstellung der Leihauflieger an die deutschen Subfrächter wäre von der Berufungswerberin kein eigenes Mietentgelt in Rechnung gestellt worden. Auch für Instandhaltung, Service und Wartung dieser Anhänger sei die Berufungswerberin verantwortlich. Die Entlohnung der Subfrächter umfasse nur die für die Auftraggeberin durchgeführten Fahrten mit der den Subfrächtern gehörigen Zugmaschinen samt Fahrer.
Wie aus dem Kraftfahrzeugsteuerbescheid des Finanzamtes Passau hervorgehe, habe der deutsche Subfrächter für den in Deutschland gezogenen, in Österreich auf die Berufungswerberin zugelassenen Sattelauflieger in der BRD Kraftfahrzeugsteuer entrichtet. Würde Österreich für diesen Auflieger ebenfalls Kraftfahrzeugsteuer erheben, läge eine Doppelbesteuerung vor.
Das Finanzamt setzte sodann mit Bescheid vom 19. November 2002 die Kraftfahrzeugsteuer für die Monate Jänner bis Dezember 2001 in der Höhe von 126.459,67 € fest. Begründend wurde dazu ausgeführt:
Auf Grund der im Schreiben vom 25. September 2002 ergänzenden Sachverhaltsoffenlegung in Bezug auf die Kraftfahrzeugsteuererklärung für das Jahr 2001 sei die Veranlagung durchgeführt worden.
Gemäß § 1 Abs 2 KfzStG 1992 seien für Anhänger, deren Anzahl die der ziehenden steuerpflichtigen Kraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen desselben Steuerschuldners übersteigen, die Steuer nicht zu erheben.
Anhänger, die von einem Kraftfahrzeug eines anderen Steuerzahlers gezogen werden, seien aus dieser Berechnung auszuscheiden; für sie sei die Steuer für den Kalendermonat, in dem die Verwendung erfolgt, zu erheben.
Die steuerliche Begünstigung gelte nur für überzählige Anhänger. Da ein Anhänger insoweit er von einem Anderen verwendet werde, nicht als überzählig gelte, sei die Begünstigung nicht anwendbar.
Gemäß § 293 BAO erfolgte mit Bescheid vom 27. November 2002 eine Berichtigung der Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer. Die Berichtigung sei erforderlich gewesen, da bei der Ermittlung der Anzahl der überzähligen Anhänger ein Rechenfehler passiert wäre. Die Steuer wurde sodann in Höhe von 124.732,93 € festgesetzt.
Dagegen erhob die Berufungswerberin mit Schriftsatz vom 28. November 2002 das Rechtsmittel der Berufung und stellte den Antrag, für die im Jahr 2001 von deutschen Unternehmern mit in der BRD zum Verkehr zugelassenen Sattelzugmaschinen ausschließlich nicht auf inländischen Straßen mit öffentlichen Verkehr gezogenen, auf die Berufungswerberin zugelassenen Anhänger (Sattelauflieger) nach § 1 Abs 2 KfzStG 1992 die Steuer nicht zu erheben, da die nachstehend angeführten Anhänger in den einzelnen Monaten die Anzahl der ziehenden steuerpflichtigen Kraftfahrzeuge mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen der Berufungswerberin überstiegen hätten und diese Anhänger nicht von einem Kraftfahrzeug eines anderen Steuerschuldners gezogen worden wären:
Monat | Anzahl | HzlGG je Auflieger |
März 2001 | 1 | 22 Tonnen |
April 2001 | 1 | 22 Tonnen |
Mai 2001 | 1 | 22 Tonnen |
Juni 2001 | 2 | 22 Tonnen |
Juli 2001 | 2 | 22 Tonnen |
August 2001 | 2 | 22 Tonnen |
September 2001 | 2 | 22 Tonnen |
Oktober 2001 | 4 | 22 Tonnen |
November 2001 | 4 | 22 Tonnen |
Dezember 2001 | 4 | 22 Tonnen |
In der Begründung des bekämpften Bescheides werde im zweiten Absatz angeführt, dass "ein Anhänger insoweit er von einem Anderen verwendet wird, nicht als überzählig gilt" und folglich die Begünstigung nicht anwendbar sei. Die Argumentation der Behörde sei unkorrekt, da nach § 1 Abs 2 KfzStG 1992 ausdrücklich die Begünstigung für "überzählige" Anhänger nur dann versagt werde, wenn diese Anhänger von einem Kraftfahrzeug eines anderen Steuerschuldners gezogen werden.
Tatsache sei, dass die deutschen Unternehmer, welche die in Österreich zum Verkehr zugelassenen Anhänger (Sattelauflieger) mit in der BRD zum Verkehr zugelassenen Sattelzugmaschinen ausschließlich im Ausland (also nicht auf öffentliche Straßen im Inland) ziehen, nicht als Steuerschuldner im Sinne des § 3 KfzStG 1992 anzusehen seien.
§ 1 Abs 2 KfzStG 1992 normiere zweifelsfrei, dass nur jene Anhänger bei der Berechnung der "überzähligen" Anhänger auszuscheiden seien, die von einem Kraftfahrzeug eines anderen Steuerschuldners gezogen werden. Wer als Steuerschuldner anzusehen sei, richte sich wiederum nach der Gesetzesdefinition in § 3 KfzStG 1992.
Daraus folge bei gesetzeskonformer Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen:
Solange der deutsche Unternehmer den Anhänger nicht auf inländischen Straßen mit öffentlichem Verkehr verwende, sei er nicht als Steuerschuldner im Sinne des KfzStG 1992 anzusehen. Die berufungsgegenständlichen Anhänger seien folglich aus der Berechnung der "überzähligen" Anhänger im Sinne der Begünstigung des § 1 Abs 2 KfzStG 1992 nicht auszuscheiden, mit dem Ergebnis, dass die Kraftfahrzeugsteuer für diese Anhänger nicht zu erheben sei.
Bei der rechtlichen Beurteilung des berufungsgegenständlichen Sachverhalts sei weiters zu berücksichtigen, dass der jeweilige, den auf die Berufungswerberin zugelassene Anhänger für nicht auf inländischen Straßen stattfindenden Verkehr verwendende deutsche Unternehmer in der BRD für diesen Anhänger Kraftfahrzeugsteuer entrichtet habe. Würde Österreich für diesen Auflieger ebenfalls Kraftfahrzeugsteuer erheben, läge eine Doppelbesteuerung vor. Außerdem beantrage er die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.
Die Berufung wurde am 15. Oktober 2003 dem Unabhängigen Finanzsenat als Abgabenbehörde zweiter Instanz - ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung - zur Entscheidung vorgelegt.
Auf die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung wurde mit Schreiben vom 17. Oktober 2005 verzichtet.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 1 Abs 1 Z 1 KfzStG 1992 unterliegen der Kraftfahrzeugsteuer in einem inländischen Zulassungsverfahren zum Verkehr zugelassene Kraftfahrzeuge,
a) deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt;
b) die kraftfahrrechtlich als Zugmaschine oder Motorkarren genehmigt sind;
c) wenn und solange für diese eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung, auf die § 6 Abs. 3 Versicherungssteuergesetz 1953 anzuwenden ist, nicht besteht.
Auf Grund der im § 1 Abs 2 erster Satz KfzStG 1992 idF BGBl. 1994/629, enthaltenen Fiktion ("Anhänger mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen gelten als Kraftfahrzeuge im Sinne dieses Gesetzes") werden Anhänger mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen in den Anwendungsbereich des Kraftfahrsteuergesetzes einbezogen. Grundsätzlich ist daher für einen aus einem Kraftfahrzeug und einem Anhänger zusammengesetzten Kraftwagenzug die Kraftfahrzeugsteuer jeweils gesondert für das Zugfahrzeug und für den Anhänger zu berechnen und jeweils gesondert zu beurteilen, welche Steuersätze bzw Steuerbefreiungstatbestände Anwendung finden.
Mit BGBl. 1994/629 fügte der Gesetzgeber eine Begünstigungsbestimmung für "überzählige Anhänger" ein. Für die Jahre ab 1995 normiert § 1 Abs 2 zweiter Satz KfzStG 1992 nunmehr, dass für Anhänger, deren Anzahl die der ziehenden steuerpflichtigen Kraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen desselben Steuerschuldners übersteigt und die, bezogen auf die gesamte Anzahl der Anhänger des Steuerschuldners, die niedrigere Bemessungsgrundlage aufweisen, die Steuer nicht zu erheben ist.
Anhänger, die von einem Kraftfahrzeug eines anderen Steuerschuldners gezogen werden, sind aus dieser Berechnung auszuscheiden; für sie ist die Steuer für den Kalendermonat, in dem die Verwendung erfolgt, zu erheben.
In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1713 BlgNR XVIII. GP ) wird die Einführung dieser Begünstigung damit begründet, dass zur Vermeidung einer unverhältnismäßigen Steuerlast für "überzählige Anhänger" eine ähnliche Begünstigung gelten soll, wie bisher beim Straßenverkehrsbeitrag.
In § 3 Z 1 und 2 KfzStG 1992 erfährt der Begriff "Steuerschuldner" eine Legaldefinition. Steuerschuldner ist demnach
1. bei einem in einem inländischen Zulassungsverfahren zugelassenen Kraftfahrzeug die Person, für die das Kraftfahrzeug zugelassen ist;
2. in allen anderen Fällen die Person, die das Kraftfahrzeug auf Straßen mit öffentlichem Verkehr im Inland verwendet.
Der Berufungswerber vertritt nun die Rechtsansicht, dass der deutsche Unternehmer nicht als Steuerschuldner im Sinne des § 3 KfzStG 1992 anzusehen sei, solange er den Anhänger nicht auf inländischen Straßen mit öffentlichem Verkehr verwende. Die strittigen Anhänger seien folglich aus der Berechnung der "überzähligen" Anhänger im Sinne der Begünstigung des § 1 Abs 2 KfzStG 1992 nicht auszuscheiden und die Kraftfahrzeugsteuer für diese Anhänger sei nicht zu erheben.
Der Ansicht des Berufungswerbers kann aus folgenden Erwägungen nicht gefolgt werden:
Auch im öffentlichen Recht ist bei der Auslegung nach jenen grundlegenden Regeln des Rechtsverständnisses vorzugehen, die im ABGB für den Bereich der Privatrechtsordnung normiert sind. Nach § 6 ABGB darf einem Gesetze in der Anwendung kein anderer Verstand beigelegt werden, als welcher aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtet (VwGH 23.02.2001, 98/06/0240; 20.02.2003, 2001/06/0057).
Nach Bydlinski (in Rummel, ABGB I, Rz 1 zu § 6) müssen die objektiven, jedermann zugänglichen Kriterien des Verständnisses statt des subjektiven Verständnishorizonts der einzelnen Beteiligten im Vordergrund stehen. In diesem Sinne vertreten auch Antoniolli/Koja (Allgemeines Verwaltungsrecht³, 1996, 101 f) die Auffassung, dass die Bindung der Verwaltung an die Gesetze nach Art. 18 B-VG einen Vorrang des Gesetzeswortlautes aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit und der demokratischen Legitimation der Norm bewirke und den dem Gesetz unterworfenen Organen die Disposition über das Verständnis möglichst zu entziehen sei. Dies bedeute bei Auslegung von Verwaltungsgesetzen einen Vorrang der Wortinterpretation in Verbindung mit der grammatikalischen und der systematischen Auslegung.
Die systematische Methode versucht, Erkenntnisse über Gesetzeszweck und Sinn des Gesetzestextes aus dem äußeren System oder Kontext zu gewinnen und zwar aus der Stellung des Rechtssatzes im Gesetz. Tipke (Die Steuerrechtsordnung, Köln 1993, zu § 28, S 1253) spricht dabei von einem "Verwendungszusammenhang" (siehe auch § 6 ABGB). Nicht ein isolierter Begriff soll ausgelegt werden, sondern vielmehr ist der Kontext, in dem der Begriff verwendet wird, zu beachten. Das promulgierte Gesetz steht somit mit seinem Wortlaut, seiner Systematik und mit seinem Zusammenhang über der Meinung der Gesetzesredaktoren. Auf Erkenntnisquellen außerhalb der kundgemachten Gesetze darf nur dann zurückgegriffen werden, wenn die Ausdrucksweise des Gesetzgebers Zweifel aufwirft. Für sich allein können sie über den normativen Inhalt einer Rechtsvorschrift nichts aussagen (VwGH 25.02.1994, 93/12/0203).
Diese Ausführungen von Lehre und Rechtsprechung zeigen, dass der Wortlaut eines einzelnen, in der Rechtsnorm verwendeten Begriffes nicht uneingeschränkt zur Subsumtion heranzuziehen ist, sondern es bei Unklarheiten und Mehrdeutigkeiten einer Interpretation bedarf, um den Anwendungsbereich, den Regelungsbereich und die Reichweite der Tatbestandsmerkmale einer Rechtsnorm exakt erfassen zu können. Im vorliegenden Berufungsfall ist daher danach zu fragen, welche Bedeutung dem Wort "Steuerschuldner" in Verbindung mit dem gesamten Gesetzesabschnitt bzw dem Kraftfahrzeugsteuergesetz insgesamt zukommt:
Zunächst unterwirft der Gesetzgeber mit § 1 Abs 1 Z 1 alle in einem inländischen Zulassungsverfahren zum Verkehr zugelassene Kraftfahrzeuge (bei Zutreffen der unter lit a bis c angeführten Tatbestandselemente), zu denen ausdrücklich auch Anhänger zählen, der Kraftfahrzeugsteuer. Festzuhalten ist an dieser Stelle, dass das Kraftfahrzeugsteuergesetz nicht auf eine ausschließliche oder überwiegende Verwendung der Fahrzeuge im Inland abgestellt, sondern es vielmehr darauf ankommt, ob eine Zulassung zum Verkehr nach dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG) gegeben ist oder nicht.
Von einer Steuerpflicht der Anhänger sieht der Gesetzgeber gemäß § 1 Abs 2 zweiter Satz jedoch dann ab, wenn deren Anzahl die der ziehenden steuerpflichtigen Kraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen desselben Steuerschuldners übersteigt.
Damit bringt der Gesetzgeber unmissverständlich zum Ausdruck, was er mit dieser Bestimmung bezwecken wollte (siehe auch oben: Erläuterungen zur Regierungsvorlage), nämlich die Vermeidung einer unverhältnismäßigen Steuerlast und damit eine Begünstigung ausschließlich jener Anhänger, die rein rechnerisch gar nicht zum selben Zeitpunkt von den Zugfahrzeugen desselben Steuerschuldners gezogen und verwendet werden können, da eben ein Ungleichgewicht zwischen der Anzahl der Anhänger und der Anzahl der Zugfahrzeuge besteht. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass ein Zugfahrzeug jeweils nur einen Anhänger ziehen kann.
Als Klarstellung und zur Vermeidung einer ungerechtfertigten Inanspruchnahme der Begünstigung ist der dritte Satz dieser Bestimmung zu verstehen, welcher normiert, dass "Anhänger, die von einem Kraftfahrzeug eines anderen Steuerschuldners gezogen werden," aus der Berechnung auszuscheiden sind. Mit diesem Ausschlusstatbestand stellt der Gesetzgeber klar, dass jegliche andere Verwendung der Anhänger als eben nicht von demselben Abgabepflichtigen als schädlich zu beurteilen ist. Das Schwergewicht dieser Aussage ist daher in der Wortfolge "eines anderen" zu erblicken, womit der Gesetzgeber eine Differenzierung zwischen jenen beiden Personenkreisen herstellt, die einerseits die Anhänger anderer verwenden und somit nicht als "überzählig" anzusehen sind und andererseits jener, die die eigenen Anhänger mangels verfügbarer Zuggeräte eben nicht verwenden können. Nur in diesem Sinn ist die Wortfolge des "anderen Steuerschuldners" zu verstehen; jede andere Auslegung würde der im zweiten und dritten Satz klar und deutlich zum Ausdruck gebrachten Intention des Gesetzgebers zuwiderlaufen. Im systematischen Zusammenhang mit dem Generaltatbestand des § 1 Abs 1 kommt es dabei nicht darauf an, ob eine Verwendung der Anhänger von "Anderen" in oder außerhalb Österreichs stattfindet.
Diesem Interpretationsergebnis steht auch § 3 KfzStG 1992 nicht entgegen. Diese Norm umschreibt zwar, wer als "Steuerschuldner" der Kraftfahrzeugsteuer anzusehen ist, aber der Kontext mit den Folgebestimmungen (Dauer der Steuerpflicht, Steuersatz, Anzeige-, Aufzeichnung- und Erklärungspflicht, Entrichtung der Steuer) lässt erkennen, dass der Begriff "Steuerschuldner" dahingehend gerichtet ist, festzulegen, wer die Steuer zu entrichten hat. Dieser Begriff ist trotz Wortgleichheit nicht zur Auslegung des § 1 Abs 2 heranzuziehen, zumal der Gesetzgeber ansonsten durch ausdrücklichen Verweis mittels Klammerausdruck auf die in § 3 enthaltene Legaldefinition verwiesen hätte.
Die strittigen Anhänger wurden nachweislich in einem inländischen Zulassungsverfahren zum Verkehr zugelassen. Darüber hinaus sind die unter lit. a bis c angeführten Tatbestandsmerkmale erfüllt. Für die Anhänger bestand somit im berufungsgegenständlichen Jahr Kraftfahrzeugsteuerpflicht und zwar unabhängig davon, ob eine Verwendung in Österreich oder im Ausland vorlag. Da diese Anhänger zweifelsfrei von Zugfahrzeugen anderer Unternehmungen gezogen wurden, kommt die Begünstigungsbestimmung des § 1 Abs 2 KfzStG 1992 nicht zur Anwendung und es besteht Steuerpflicht.
Hinsichtlich des Vorbringens des Bestehens einer Doppelbesteuerung ist auf folgende gemeinschaftsrechtliche Ausgangssituation hinzuweisen:
Die Richtlinie 93/89/EWG des Rates vom 25. Oktober 1993 hat die Besteuerung bestimmter Kraftfahrzeuge zur Güterbeförderung sowie die Erhebung von Maut- und Benutzungsgebühren für bestimmte Verkehrswege durch die Mitgliedstaaten zum Inhalt.
Art. 2 dieser Richtlinie enthält zunächst eine Legaldefinition des Begriffes "Kraftfahrzeug". Demnach ist ein "Kraftfahrzeug" ein Kraftfahrzeug oder eine Fahrzeugkombination, die ausschließlich für den Güterkraftverkehr bestimmt sind und deren zulässiges Gesamtgewicht mindestens 12 Tonnen beträgt.
Art. 5 bestimmt weiters, dass die Kraftfahrzeugsteuer für Fahrzeuge, die in einem Mitgliedstaat zugelassen sind, nur von dem Mitgliedstaat der Zulassung erhoben werden.
Die gegenständlichen Anhänger wurden unstrittig in Österreich zugelassen und weisen ein höchstes zulässiges Gesamtgewicht von über 12 Tonnen auf. Das Besteuerungsrecht steht somit eindeutig Österreich zu. Die vorliegende Berufungsentscheidung steht daher im Einklang mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben.
Hinsichtlich Besteuerung der Anhänger in Deutschland wird auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 2. Juli 2002, Rs. C-115/00 , Andres Hoves Internationaler Transport-Service Sarl, verwiesen.
Linz, am 10. November 2005
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 1 Abs. 1 Z 1 KfzStG 1992, Kraftfahrzeugsteuergesetz 1992, BGBl. Nr. 449/1992 |
Schlagworte: | überzählige Anhänger, anderer Steuerschuldner, systematische Interpretation, Verwendung der Anhänger außerhalb Österreichs |