Normen
AdLRegOrgG 1925 §3 Abs1;
AVG §1;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §58 Abs3;
NatSchG Tir 1997 §27 Abs2 idF 2004/050;
NatSchG Tir 1997 §7 Abs1 idF 2004/050;
NatSchG Tir 1997 §7 Abs2 idF 2004/050;
AdLRegOrgG 1925 §3 Abs1;
AVG §1;
AVG §18 Abs4;
AVG §56;
AVG §58 Abs3;
NatSchG Tir 1997 §27 Abs2 idF 2004/050;
NatSchG Tir 1997 §7 Abs1 idF 2004/050;
NatSchG Tir 1997 §7 Abs2 idF 2004/050;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer beantragte bei der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel die abfallrechtliche und naturschutzrechtliche Genehmigung einer Geländekorrektur mit Aufschüttung. Mit Bescheid vom 24. Jänner 2005 wurde die Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung gemäß §§ 40 Abs. 1 und 27 Abs. 6 in Verbindung mit §§ 27 Abs. 2 lit. a Z 2 sowie 7 Abs. 2 lit. b Z 2 und 9 lit. e Tiroler Naturschutzgesetz, LGBl. Nr. 33/1997, in der Fassung LGBl. Nr. 50/2004, versagt.
Auf Grund der Berufung des Beschwerdeführers erging der nunmehr angefochtene Bescheid, mit dem die Berufung als unbegründet abgewiesen wurde. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass sich im Gebiet der geplanten Aufschüttung ein Feuchtgebiet im Sinne des § 3 Abs. 8 Tiroler Naturschutzgesetz 1997, LGBl. Nr. 33/1997, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 50/2004 (in der Folge kurz: Tir NatSchG 1997), befinde. Gemäß § 9 lit. e Tir NatSchG 1997 bedürften in Feuchtgebieten außerhalb geschlossener Ortschaften Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen sowie jede sonstige Veränderung der Bodenoberfläche einer naturschutzrechtlichen Genehmigung.
§ 27 Abs. 2 lit. a Tir NatSchG 1997 besage, dass eine naturschutzrechtliche Bewilligung unter anderem für Vorhaben nach § 9 nur dann erteilt werden dürfe, wenn
1. das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 Tir NatSchG nicht beeinträchtige, oder
2. andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 Tir NatSchG überwögen.
Im Hinblick auf die zitierten Bestimmungen des Tir NatSchG 1997 habe die Behörde erster Instanz folgende Feststellungen getroffen:
Die beantragte Aufschüttungsfläche liege südlich der Bauernhöfe V und H in einer Senke östlich des früheren Hoferschließungsweges. Ca. 2.000 m2 der insgesamt etwa 5.000 m2 seien ein ausgeprägtes Feuchtgebiet im Sinne der Begriffsbestimmung des Tir NatSchG 1997. Das Feuchtgebiet setze sich aus den Vegetationsarten Streuwiese sowie Moor und Bruchwald zusammen. Die angrenzenden Moorflächen auf leicht ansteigendem Gelände würden aus einem Fichten-Tannenwald mit Heidelbeere gebildet.
Durch die Aufschüttung auf einem Flächenanteil von etwa 2.000 m2 würden der Artenreichtum der Pflanzen- und Tierwelt und der Naturhaushalt erheblich und nachhaltig beeinträchtigt. Es werde ein sehr deutlich ausgeprägtes Feuchtgebiet mit dem entsprechenden Artenreichtum in eine landwirtschaftlich intensiv nutzbare Fläche umgewandelt.
Diese Feststellungen seien vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden.
Die Behörde erster Instanz habe die geplante Aufschüttung zu Recht als bewilligungspflichtige Maßnahme im Sinne des § 9 lit. e Tir NatSchG 1997 qualifiziert. Auf Grund der mit dem geplanten Vorhaben verbundenen Beeinträchtigungen der Interessen des Naturschutzes habe die Erstbehörde zu Recht eine Interessenabwägung nach § 27 Abs. 2 lit. a Tir NatSchG 1997 vorgenommen.
Der Beschwerdeführer habe ein langfristiges öffentliches Interesse an der durch die Maßnahme zu erwartenden Agrarstrukturverbesserung geltend gemacht. Durch die betreffende Aufschüttung sei die Bewirtschaftung seines Betriebes leichter und werde damit zeitgemäß, was ein entscheidender Beitrag zur dauerhaften Existenzsicherung im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei.
In dem vom Beschwerdeführer genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. August 2002, Zl. 2000/10/0044, stelle der Verwaltungsgerichtshof fest, dass eine Verbesserung der Agrarstruktur als langfristiges öffentliches Interesse im Sinne des § 27 Abs. 2 Tir NatSchG 1997 zu werten sei. Der Verwaltungsgerichtshof führe weiter aus, dass nicht jede der Ertragsverbesserung, Rationalisierung oder Arbeitserleichterung dienende Maßnahme bereits im öffentlichen Interesse der Agrarstrukturverbesserung liege, vielmehr kämen nur solche Maßnahmen in Betracht, die einen entscheidenden Beitrag zur dauerhaften Existenzsicherung des Betriebes leisteten oder in gleicher Weise notwendig seien, um einen zeitgemäßen Wirtschaftsbetrieb zu gewährleisten.
Gefordert werde somit ein entscheidender Beitrag der Maßnahme zum zeitgemäßen Wirtschaftsbetrieb. Schon in Anbetracht der Flächenverhältnisse - von insgesamt ca. 11 ha Grünland sowie ca. 5 ha Wald zum Betrieb des Beschwerdeführers gehöriger Fläche seien 5.000 m2 betroffen - könne die Art der Bewirtschaftung dieser 5.000 m2 nicht den entscheidenden Beitrag zu einem zeitgemäßen Wirtschaftsbetrieb leisten. Zudem finde sich auch im landwirtschaftlichen Gutachten vom 9. Dezember 2004 kein Hinweis darauf, dass die geplante Maßnahme einen entscheidenden Beitrag zum zeitgemäßen Wirtschaftsbetrieb leisten könne. Auch dass durch die hofnahe Lage des aufzuschüttenden Grundstücks Zufahrtswege eingespart werden könnten, mache die beantragte Maßnahme nicht zu einem entscheidenden Beitrag zur zeitgemäßen Bewirtschaftung des Betriebes des Beschwerdeführers.
Dass bei der erforderlichen Interessenabwägung die vom Gesetzgeber in zahlreichen Landesgesetzen eindeutig zum Ausdruck gebrachte "Positionierung der Land- und Forstwirtschaft als ein im öffentlichen Interesse gelegenes landespolitisches Ziel mitberücksichtigt werden müsse", werde von der belangten Behörde nicht bestritten. Welche Maßnahmen in der Land- und Forstwirtschaft aber konkret zur Annahme einer relevanten Maßnahme der Agrarstrukturverbesserung im Sinne des § 27 Abs. 2 Tir NatSchG führten, habe der Verwaltungsgerichtshof im oben wiedergegebenen Erkenntnis präzisiert. Wenn der Beschwerdeführer vorbringe, dass er innerhalb seines landwirtschaftlichen Betriebes bereits mehrere Feuchtgebiete, Feuchtwiesen sowie Biotope ordnungsgemäß bzw. arterhaltend bewirtschafte, so sei dieses Argument nicht geeignet, ein langfristiges öffentliches Interesse im Sinne des § 27 Abs. 2 Tir NatSchG 1997 darzutun.
Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte rechtskräftige Rodungsbewilligung der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel sei für das vorliegende Verfahren insofern nicht bindend, als es sich bei der Rodungsbewilligung nicht um die Entscheidung einer Vorfrage im Sinne des § 38 AVG handle.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Soweit in der Beschwerde unter Hinweis auf die Fertigungsklausel "Für den Landeshauptmann" die Bescheidqualität des angefochtenen Bescheides bestritten wird, genügt es, darauf hinzuweisen, dass nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides "die Tiroler Landesregierung als Naturschutzbehörde II. Instanz" über die Berufung des Beschwerdeführers entschieden hat. Die Zurechnung des Bescheides zur Landesregierung ist daher im Beschwerdefall nicht zweifelhaft (vgl. zur Zurechnung von Bescheiden der Landesregierung, die "Für den Landeshauptmann" gezeichnet sind, das hg. Erkenntnis vom 22. September 1998, Zl. 97/17/0448, mit Hinweis auf das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 2. Juli 1980, Slg. 10.192/A).
Der angefochtene Bescheid wurde durch seine Zustellung am 4. März 2005 erlassen. Im Beschwerdefall ist daher das Tiroler Naturschutzgesetz 1997 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 50/2004 (also nicht die Wiederverlautbarung des Tiroler Naturschutzgesetzes durch LGBl. Nr. 26/2005) anzuwenden.
§ 27 des Gesetzes vom 12. März 1997 über die Erhaltung und Pflege der Natur (Tiroler Naturschutzgesetz 1997), LGBl. Nr. 33/1997, lautete:
"§ 27
Naturschutzrechtliche Bewilligungen
(1) Eine naturschutzrechtliche Bewilligung ist, soweit in den Abs. 2, 3 und 3a nichts anderes bestimmt ist, zu erteilen,
a) wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht beeinträchtigt oder
b) wenn andere öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen.
(2) Eine naturschutzrechtliche Bewilligung
a) für eine über die Instandhaltung oder Instandsetzung hinausgehende Änderung einer bestehenden Anlage im Bereich der Gletscher und ihrer Einzugsgebiete (§ 6 lit. f), für Vorhaben nach den §§ 7 Abs. 1 und 2, 8, 9, 25 Abs. 3 und 26 Abs. 3,
...
darf nur erteilt werden,
1. wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht beeinträchtigt oder
2. wenn andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen. In Naturschutzgebieten darf außerdem ein erheblicher, unwiederbringlicher Verlust der betreffenden Schutzgüter nicht zu erwarten sein.
(3) Eine naturschutzrechtliche Bewilligung für Ausnahmen von den in Verordnungen nach den §§ 22 Abs. 1 oder 23 Abs. 1 festgesetzten Verboten darf nur erteilt werden, wenn andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen.
...
(6) Eine Bewilligung ist zu versagen, wenn eine Voraussetzung für ihre Erteilung nicht vorliegt."
Der Beschwerdeführer wendet sich insbesondere gegen die Annahme der Behörde, dass die geplante Maßnahme keinen entscheidenden Beitrag zu einem zeitgemäßen Wirtschaftsbetrieb des Betriebes des Beschwerdeführers leisten könne. Auf Grund des landwirtschaftlichen Gutachtens stehe fest, dass die gegenständliche Maßnahme einen wesentlichen Beitrag zu einem zeitgemäßen Wirtschaftsbetrieb leiste und die Maßnahme einer Verbesserung der Betriebsstruktur diene. Die Maßnahme leistete einen entscheidenden Beitrag zur dauerhaften Existenzsicherung des Betriebes des Beschwerdeführers.
Auf Grund des landwirtschaftlichen Gutachtens stehe fest, dass von der beantragten Aufschüttungs- bzw. Kultivierungsfläche eine Futtergrundlage zur ganzjährigen Haltung eines zwei- bis dreijährigen Rindes zu erwarten sei. Bei einer Almnutzung - und eine solche liege im Beschwerdefall vor - könne um eine Kuh mehr gehalten werden. Unstrittig sei wohl auch, dass erst durch eine entsprechende Kultivierung eine maschinelle und daher zeitgemäße Bewirtschaftung bzw. Bearbeitung der gegenständlichen Flächen möglich sei. Da der Beschwerdeführer einen Bio-Betrieb führe und daher eine intensive Bewirtschaftungsweise nicht stattfinde, sei im Vergleich zu einem Nicht-Bio-Betrieb von einem geringeren Viehstand auszugehen. Nach dem landwirtschaftlichen Gutachten sei davon auszugehen, dass die geplante Maßnahme eine Erhöhung des Viehbestandes ermögliche und daher das ohnehin knapp bemessene Einkommen für die Familie des Beschwerdeführers stabilisiert werden könne. Auch das Argument der hofnahen Lage sei von der belangten Behörde nicht ausreichend gewürdigt worden.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.
Liegt eine Beeinträchtigung der Interessen des Naturschutzes vor, so ist für Maßnahmen nach § 7 Abs. 1 und 2 Tir NatSchG 1997 in der hier anzuwendenden Fassung die Bewilligung nach § 27 Abs. 2 Tir NatSchG 1997 nur zu erteilen, wenn andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen.
Im Beschwerdefall ist die Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen an der Erhaltung der Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Natur bzw. des Artenreichtums der heimischen Tier- und Pflanzenwelt durch die Aufschüttung des gegenständlichen Feuchtgebiets unbestritten.
Der Beschwerdeführer wendet sich gestützt auf das landwirtschaftliche Gutachten vielmehr gegen die Annahme der belangten Behörde, dass die für ihn mit der Maßnahme verbundene Erleichterung der Bewirtschaftung kein langfristiges Interesse der Agrarstrukturverbesserung im Sinne des § 27 Abs. 2 Tir NatSchG 1997 darstelle.
Diesem Gutachten kann aber lediglich entnommen werden, dass "das Betriebseinkommen vorwiegend" dazu beitrage, "die auf dem Hof lebende 8-köpfige Familie" zu erhalten und die Kultivierung dazu beitrage, "das ohnehin knapp bemessene Einkommen für die Familie zu stabilisieren". Die daran anschließende Feststellung, dass die Maßnahme "eine zeitgemäße Bewirtschaftung, eine Verbesserung der Betriebsstruktur ... und insbesondere ... die Existenzsicherung des Betriebes" gewährleiste, ist aus dem Gutachten nicht nachvollziehbar. Es kann der belangten Behörde daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie der mit der geplanten Maßnahme durchaus verbundenen Erleichterung der Bewirtschaftung nicht jene Bedeutung zugesprochen hat, die nach dem von ihr genannten hg. Erkenntnis erforderlich ist, um ein langfristiges Interesse der Agrarstruktur im Sinne des § 27 Abs. 2 Tir NatSchG 1997 zu begründen.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, sie war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.
Wien, am 29. April 2009
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)