VwGH 2004/10/0145

VwGH2004/10/014529.9.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie den Senatspräsidenten Dr. Novak und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, in der Beschwerdesache der G H in T, vertreten durch Mag. Manfred Pollitsch, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Friedrichgasse 6/10/40, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 23. Juli 2004, Zl. FA10A - 31 Hu 7/10 - 04, betreffend Rodungsbewilligung, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art103 Abs4;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §170 Abs7;
ForstG 1975 §19 Abs1 litb;
VerwaltungsreformG 2001 Art4 Z4;
VwGG §34 Abs1;
B-VG Art103 Abs4;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §170 Abs7;
ForstG 1975 §19 Abs1 litb;
VerwaltungsreformG 2001 Art4 Z4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Liezen (BH) vom 4. Juli 2003 wurde der bei der BH am 9. Juli 2002 eingelangte Antrag der Beschwerdeführerin auf (nachträgliche) Erteilung der Bewilligung, Waldboden auf dem Grundstück Nr. 261/102 der KG D. im Ausmaß von ca. 850 m2 zum Zwecke der landwirtschaftlichen Nutzung zu roden, gemäß § 17 Abs. 1 und 3 bis des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440 (in der Folge: ForstG), abgewiesen (Spruchpunkt I.).

Mit Spruchpunkt II. wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 72 Abs. 6 ForstG zur Wiederherstellung der Wirkungen des Waldes Folgendes aufgetragen:

"1. Der angelegte Fischteich ist umgehend aufzulassen und der ursprüngliche Geländezustand wiederherzustellen.

2. Die Fläche ist bis spätestens 31. Mai 2004 mit 100 Tannen, 100 Fichten und 20 Bergahorn wieder aufzuforsten und bis zur Sicherung der Kultur entsprechend zu pflegen."

Die abweisende Entscheidung wurde einerseits mit der erhöhten Wohlfahrts- und Schutzfunktion der Rodungsfläche und andererseits mit dem Nichtvorliegen eines öffentlichen Interesses an einer Agrarstrukturverbesserung begründet.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und der unter Spruchpunkt II.2. ergangene forstbehördliche Wiederherstellungsauftrag mit 31. Mai 2005 befristet. Nach der Begründung habe der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 1. Juni 2004 ein "Bodenmechanisches Gutachten" des DI Johann F. vorgelegt. Auf Grund mehrerer Probenentnahmen und Besichtigung vor Ort sei dieser dabei zum Schluss gelangt, dass die Rodungsfläche als Untergrund festgewachsenes Graphitschiefergestein aufweise und stabil sei. Die Verwitterungszone sei mit Gras bewachsen und mit dem Gestein gut verzahnt. Eine Rutschgefährdung, wie sie der von der BH befasste Amtssachverständige angenommen habe, sei daher auszuschließen. Nach Auffassung von DI Johann F. stehe daher im gegenständlichen Fall der Bewilligung zur Rodung keinesfalls ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung der Fläche als Wald im Sinne des § 17 Abs. 2 ForstG entgegen. Eine Interessenabwägung nach § 17 Abs. 3 ForstG habe daher nicht zu erfolgen, sodass sich die Beiziehung der Agrarbezirksbehörde erübrige.

Die Gemeinde T. habe sich im Rahmen ihres Anhörungsrechtes dahingehend geäußert, dass sich schon im Jahre 1986 im östlichen Teil der Liegenschaft ein natürlicher Tümpel befunden habe, der im Jahre 2000 durch die Söhne der Beschwerdeführerin zu einem Fischteich erweitert worden sei. Ein Wald von 800 m2 sei gerodet worden, da der Gatte der Beschwerdeführerin einen landwirtschaftlichen Betrieb (vorwiegend Schafzucht) führe und das Futter der Rodefläche dringend benötige.

Die belangte Behörde habe am 14. Juli 2004 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, wobei der forsttechnische Amtssachverständige nach örtlicher Erhebung eine Stellungnahme abgegeben habe.

Diese lautet (auszugsweise) wie folgt:

"Die gegenständliche Rodung betrifft den südlichen Teil des Grundstückes Nr. 261/102, KG. D. Die Rodung wurde bereits im Sommer 2001 durchgeführt, wobei die Wurzelstöcke entfernt und eine Geländekorrektur durchgeführt wurde. Die Rodefläche hat ein Zirkaausmaß von 0,085 ha. Die Gesamtfläche des Grundstückes beträgt 1,2842 ha. Im Südwesten der Rodefläche oberhalb des Brunnens und im obersten Drittel der Rodefläche zeigen sich zwei Verebnungen, die einen Hinweis auf ehemalige Rutschungen geben dürften. Bei der oberen Verebnung im Nordosten der Rodefläche wurde unter Einbeziehung einer natürlichen Nassstelle ein Fischteich in der Größe von ca. 6 x 14 m einschließlich Böschungen (Größenfeststellung nach Schrittmaß) zusammen mit der Geländekorrektur errichtet. Das Wasser durch den Teich wird aus dem Graben, der östlich der Rodefläche verläuft, entnommen und wieder dort eingeleitet. Eine wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung des Teiches liegt derzeit noch nicht vor. Da ein forstlicher Bewuchs auf der beantragten Rodefläche nicht mehr vorhanden ist, wurden die angrenzenden Waldbereiche begangen, wobei zumindest beim Waldbestand oberhalb der Rodefläche bzw. im Westen der Rodungsfläche auf Grund des teilweisen Säbelwuchses der standortswidrigen Fichten aber auch der vorhandenen Buchen einen Hinweis auf Rutschungen bzw. Hangbewegungen geben. Im schmalen Waldbestand nordöstlich der Rodefläche bis zum wasserführenden Graben ist bei den älteren Fichten ebenfalls Säbelwuchs feststellbar. Außerdem sind mehrere Fichten geworfen. Auf Grund des steilen Einhanges zum Graben und der Erosionsansätze ist dieser schmale Waldstreifen als Schutzwald im Sinne des § 21 Abs. 1 Forstgesetz (Standortsschutzwald) anzusehen. Nach Angaben von Herrn H. (Ehegatte der Beschwerdeführerin) war die gegenständliche Rodefläche mit zwei großen Buchen, einzelnen Erlen und einzelnen Fichten bestockt. Die Hangneigung der Rodefläche liegt bei 40 bis 60 %, wobei die Einhänge zum westlichen Graben noch steiler sind.

Im genehmigten Waldentwicklungsplan liegt die Rodefläche in einer Funktionsfläche, die mit der Kennziffer 221 klassifiziert wurde, was bedeutet, dass eine mittlere Schutz- und eine mittlere Wohlfahrtsfunktion vorliegt. Die mittlere Schutzfunktion wird begründet durch Gefahr von Rutschungen, Bodenabtrag und Erosionen auf Grund des geologischen Untergrundes im Sinne des § 6 Abs. 2 lit. b Forstgesetz. Die mittlere Wohlfahrtsfunktion wird einerseits in dem Erhalt bzw. Verbesserung des Grundwassers bzw. Wasserspeicherfähigkeit begründet und liegt andererseits in der Luftfilterwirkung für diesen ganzen Talraum im Bereich von T. Belastungen von Schwefeldioxid gemäß den Bioindikatorennutzuntersuchungen liegen vor.

Für die Rodefläche selbst gilt dieselbe Festlegung wie die der überwirtschaftlichen Funktionen. Auch wenn der Geologe DI Johann F. im Gutachten vom 28.5.2004 festgestellt hat, dass eine Rutschungsgefährdung in dem Bereich der Rodefläche nicht gegeben ist, kommt dem Wald auf der Rodefläche insofern eine mittlere Schutzfunktion zu, da der forstliche Bewuchs einerseits eine Bindung von Niederschlagswässern erfüllt und andererseits die Abflussverhältnisse verbessert bzw. stabil hält. Auch wenn die Rodefläche mit 850 m2 relativ klein ist, können durch Wiederholung bzw. Verschlechterung der Abflussverhältnisse die darunter liegenden Waldbestände negativ beeinflusst werden und möglicherweise Rutschungen auslösen. Die mittlere Wohlfahrtsfunktion gilt für diese Fläche wie bereits oben beschrieben, wobei der Schwerpunkt in der Bindung des Niederschlagswassers im Boden liegt. ...

Auf Grund der festgestellten Wertigkeit der überwirtschaftlichen Funktionen liegt der Erhalt des Waldes im hohen öffentlichen Interesse und es ist somit aus forstlicher Sicht das Verfahren nach § 17 Abs. 3 Forstgesetz durchzuführen.

Sollte nach Abwägung der öffentlichen Interessen durch die Behörde ein Überwiegen an den öffentlichen Interessen der Rodung festgestellt werden, wird vorgeschlagen nachstehende Bedingungen und Auflagen festzulegen:

1) Die Rodung ist zweckgebunden für die landwirtschaftliche Nutzung als Schafweide (Futternutzung) und der Fischzucht.

2) Für den Weg unterhalb der Rodefläche ist ein bergseitiger Graben mit einem Rohrdurchlass zu errichten.

..."

Über Befragen des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin - so heißt es in der Begründung des angefochtenen Bescheides weiter - habe der forsttechnische Amtssachverständige angegeben, das von der Beschwerdeführerin vorgelegte geologische Gutachten nicht widerlegen zu können. Es gebe aber keine technischen Maßnahmen, die die Wirkungen des Waldes ersetzen könnten; dies gelte auch für die Abflussverhältnisse.

Die belangte Behörde habe zur Frage der Agrarstrukturverbesserung auch das Gutachten des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen eingeholt.

In diesem Gutachten wurde im Wesentlichen Folgendes dargelegt:

"...

Die Rodefläche liegt abseits von landwirtschaftlichen Grundstücken im Eigentum des Sohnes der Beschwerdeführerin und ist zur Gänze von Wald umgeben. Durch die Rodung dieses Teilstückes können die Benützungs- und Bewirtschaftungsverhältnisse des landwirtschaftlichen Eigengrundes aufgrund ihrer exponierten Lage nicht verbessert werden. Die Rodung dieser Fläche bedeutet lediglich eine Ausweitung der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf Waldgrund. Aufgrund des gegebenen Flächenausmaßes der Rodefläche bietet diese lediglich die Futtergrundlage für ein Mutterschaf mit Nachzucht für ein Jahr. Eine Maßnahme zur Sicherung der Existenz eines landwirtschaftlichen Betriebes kann aufgrund des geringen Flächenausmaßes aus landwirtschaftlicher Sicht nicht abgeleitet werden, da bisher lediglich ein landwirtschaftlicher Nebenerwerb vorlag, welcher durch die gegenständliche Maßnahme geringfügig gestärkt werden könnte. Außerdem stellt die Rodemaßnahme keine Maßnahme im Hinblick auf einen zeitgemäßen Wirtschaftsbetrieb dar, da schon bisher eine für die Tiere günstige Hochalm als Weide zur Verfügung stand. Für die beantragte Rodungsmaßnahme kann daher aus landwirtschaftlicher Sicht keine im öffentlichen Interesse liegende Agrarstrukturverbesserung im Sinne des Rodungserlasses abgeleitet werden."

Nach der weiteren Begründung des angefochtenen Bescheides habe der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin demgegenüber auf die Stellungnahme der Stadtgemeinde T. verwiesen, wonach der Bezug von Heu auf der Rodungsfläche für den ohnehin schon verkleinerten Betrieb der Beschwerdeführerin dringend notwendig sei. Ferner habe die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihren Sohn, in der mündlichen Verhandlung im Verfahren vor der BH am 7. Mai 2003 bereits ein umfangreiches Vorbringen erstattet, welches auf Grund der geänderten Rechtslage (ForstG-Novelle 2002, BGBl. I Nr. 59) als Anmeldung im Sinne des § 17a ForstG zu sehen sei. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung lägen deshalb vor, da die Rodefläche das Ausmaß von 1.000 m2 nicht übersteige und sämtliche in § 17a Abs. 1 Z. 2 ForstG genannten Unterlagen der Behörde vorgelegt worden seien. Da die Behörde innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Kenntnis bzw. nach Einlangen der Anmeldung die entsprechende Mitteilung nicht erstattet habe, sei von einer Verfristung im Sinne des § 17a Abs. 1 Z. 3 ForstG auszugehen. Eine Rodungsbewilligung für die gegenständliche Fläche sei daher gar nicht mehr erforderlich.

Mit einer Eingabe vom 16. Juli 2004 habe der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin ferner auf einen "Nichtwaldfeststellungsantrag" gemäß § 5 ForstG verwiesen. Darin habe er unter anderem ausgeführt, dass auf dem Grundstück ein 650 m2 großer natürlicher Tümpel bestanden habe. Dieser Tümpel sei 2001 zu einem Fischteich verkleinert worden, wobei lediglich ein Bereich im Ausmaß von ca. 200 m2 in der Form gerodet worden sei, dass man zwei Bäume entfernt habe. Im Hinblick auf diese 200 m2 liege bereits eine Rodungsbewilligung durch Nichtuntersagung gemäß § 17a Abs. 1 Z. 3 ForstG vor.

Nach Wiedergabe der angewendeten Rechtsgrundlagen verwies die belangte Behörde im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zunächst auf die Ausführungen des forsttechnischen Amtssachverständigen, wonach die Rodefläche im genehmigten Waldentwicklungsplan in einer Funktionsfläche mit einer mittleren Schutz- und mittleren Wohlfahrtsfunktion liege. Die mittlere Schutzfunktion sei mit der Gefahr von Rutschungen, Bodenabtrag und Erosionen auf Grund des geologischen Untergrundes im Sinne des § 6 Abs. 2 lit. b ForstG begründet worden. Die mittlere Wohlfahrtsfunktion werde einerseits in dem Erhalt bzw. der Verbesserung des Grundwassers bzw. der Wasserspeicherfähigkeit begründet und liege andererseits in der Luftfilterwirkung für den ganzen Talraum im Bereich von T. Der forsttechnische Amtssachverständige habe auch schlüssig dargelegt, dass trotz des von der Beschwerdeführerin vorgelegten geologischen Gutachtens der Rodungsfläche weiterhin eine Schutz- und insbesondere Wohlfahrtsfunktion zukomme. Das von der Beschwerdeführerin vorgelegte Gutachten könne die Argumentation des Forsttechnikers nicht entkräften, wonach durch Wiederholung bzw. Verschlechterung der Abflussverhältnisse die darunter liegenden Waldbestände negativ beeinflusst würden und möglicherweise Rutschungen auslösen könnten. Die mittlere Wohlfahrtsfunktion liege für diese Fläche einerseits im Erhalt bzw. der Verbesserung des Grundwassers bzw. der Wasserspeicherfähigkeit bzw. in der Luftfilterwirkung begründet, wobei schon diese Funktion allein die Durchführung eines Verfahrens nach § 17 Abs. 2 ForstG nicht zulasse.

Angesichts des dem Forstgesetz innewohnenden Grundsatzes der Walderhaltung habe die belangte Behörde den Rodungsantrag dahingehend zu prüfen, ob das Rodungsbegehren überhaupt im öffentlichen Interesse gelegen sei. Die Beschwerdeführerin habe als öffentliches Interesse die Agrarstrukturverbesserung genannt. Das diesbezüglich eingeholte, schlüssige Gutachten des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen zeige allerdings auf, dass die Rodung dieser Fläche lediglich eine Ausweitung der landwirtschaftlichen Nutzfläche auf Waldgrund bedeute. Auf Grund des gegebenen Flächenausmaßes der Rodefläche biete diese lediglich die Futtergrundlage für ein Mutterschaf mit Nachzucht für ein Jahr. Eine Maßnahme zur Sicherung der Existenz eines landwirtschaftlichen Betriebes könne auf Grund des geringen Flächenausmaßes aus landwirtschaftlicher Sicht nicht abgeleitet werden, da bisher lediglich ein landwirtschaftlicher Nebenerwerb vorgelegen sei, welcher durch die gegenständliche Maßnahme nur geringfügig gestärkt werden könne. Außerdem stelle die Rodungsmaßnahme keine Maßnahme im Hinblick auf einen zeitgemäßen Wirtschaftsbetrieb dar, da schon bisher eine für die Tiere günstige Hochalm als Weide zur Verfügung stehe. Sohin könne für die Rodungsmaßnahme keine im öffentlichen Interesse liegende Agrarstrukturverbesserung abgeleitet werden, weshalb auch einer Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Walderhaltung von vornherein jede Grundlage entzogen sei.

Wenn der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin vorbringe, dass diese gemäß § 17a ForstG ein Rodungsverfahren bei der Behörde angemeldet habe, so sei dem entgegen zu halten, dass aus dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 9. Juli 2002 um Rodungsgenehmigung eindeutig der Wille erkennbar gewesen sei, dass die Behörde eine Rodungsgenehmigung erteilen möge. Der Wille der Beschwerdeführerin, eine Genehmigung zu erlangen, ergebe sich schon daraus, dass sie vom örtlich zuständigen Bezirksförster, der die Wertigkeit des Waldes in diesem Bereich kenne, belehrt worden sei, dass sie um eine Genehmigung ansuchen müsse. Diesem Einwand komme daher keine Berechtigung zu.

Dem Antrag der Beschwerdeführerin, auf Aussetzung des Verfahrens während des (bei der BH) anhängigen Verfahrens auf "Nichtwaldfeststellung" werde auf Grund der Angaben der Beschwerdeführerin in der Verhandlung vom 14. Juli 2004 nicht Folge gegeben. Dabei habe die Beschwerdeführerin angegeben, dass die Rodung im Sommer 2001 erfolgt sei, wobei Wurzelstöcke entfernt und Geländekorrekturen durchgeführt worden seien. Auch sei unter Einbeziehung der natürlichen Nassstelle ein Fischteich errichtet worden. Die belangte Behörde gehe daher im Hinblick auf § 5 ForstG davon aus, dass die Rodefläche zum Rodungszeitpunkt jedenfalls Wald im Sinne des Forstgesetzes dargestellt habe. Dies insbesondere auch deshalb, da natürliche Nassstellen (Tümpeln), wenn sie vom Wald umgeben seien, auch dann, wenn sie unbestockt seien, als Wald anzusprechen seien. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden.

Nach der Rechtsmittelbelehrung ist gegen diesen Bescheid eine weitere Berufung nicht zulässig. Es könne aber innerhalb von sechs Wochen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden.

Gegen diesen Bescheid - im Umfang des Spruchpunktes I. - richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

I. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Zulässigkeit der Beschwerde erwogen:

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.

Die Beschwerdeführerin hat nach Lage der Verwaltungsakten mit dem bei der BH am 9. Juli 2002 eingelangten Antrag um die (nachträgliche) Erteilung einer Rodungsbewilligung auf einem näher genannten Grundstück zum Zwecke der landwirtschaftlichen Nutzung angesucht. Nach der bis zum Inkrafttreten des Verwaltungsreformgesetzes 2001 geltenden Rechtslage endete (u.a.) gemäß § 170 Abs. 7 ForstG in den Angelegenheiten des § 19 Abs. 1 lit b (Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde zur Entscheidung über einen Rodungsantrag) der Instanzenzug beim Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft.

Durch das Verwaltungsreformgesetz 2001, BGBl. I Nr. 65/2002, entfiel (u.a.) der genannte § 170 Abs. 7 ForstG (vgl. Art. 4 Z. 1 des Verwaltungsreformgesetzes). Dem § 179 ForstG wurde (nach Art. 4 Z. 4 des Verwaltungsreformgesetzes 2001) folgender Abs. 6 angefügt:

"(6) § 170 Abs. 5 und 6 in der Fassung des Verwaltungsreformgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 65/2002, treten mit 1. Juli 2002, jedoch nicht vor dem vierten der Kundmachung des Verwaltungsreformgesetzes 2001 folgenden Monatsersten in Kraft. Zugleich treten § 170 Abs. 5, 7 und 8 in der zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung außer Kraft. In diesem Zeitpunkt anhängige Verfahren sind nach der bis zum In-Kraft-Treten des Verwaltungsreformgesetzes 2001 geltenden Rechtslage zu Ende zu führen."

Das Verwaltungsreformgesetz 2001 ist am 1. August 2002 in Kraft getreten.

Das vorliegende Rodungsverfahren ist seit dem Einlangen des verfahrenseinleitenden Rodungsantrages der Beschwerdeführerin bei der BH am 9. Juli 2002 anhängig. Hinsichtlich des Instanzenzuges gilt daher die Regelung des Forstgesetzes, so wie sie vor dem In-Kraft-Treten des Verwaltungsreformgesetzes 2001 mit 1. August 2002 bestanden hat. Der Instanzenzug endete daher beim zuständigen Bundesminister (vgl. zB den Beschluss vom 12. Dezember 2002, Zl. 2001/10/0179, mwH).

Die vorliegende Beschwerde war daher mangels Erschöpfung des Instanzenzuges gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

II. Im Hinblick auf die besondere Verfahrenslage des Beschwerdefalles sieht sich der Verwaltungsgerichtshof noch zu folgenden Ausführungen veranlasst:

Zunächst ist hervorzuheben, dass die Beschwerde den angefochtenen Bescheid lediglich hinsichtlich des Spruchpunktes I. (Abweisung des Antrages auf Erteilung einer Rodungsbewilligung) bekämpft. Zum forstpolizeilichen Auftrag (Spruchpunkt II.) finden sich weder Beschwerdeausführungen noch ist der Auftrag vom Beschwerdepunkt umfasst.

Der die "Rodung" regelnde § 17 ForstG lautet auszugsweise:

"§ 17. (1) Die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) ist verboten.

(2) Unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1 kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald nicht entgegensteht.

(3) Kann eine Bewilligung nach Abs. 2 nicht erteilt werden, kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung dann erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.

(4) Öffentliche Interessen an einer anderen Verwendung im Sinne des Abs. 3 sind insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- oder öffentlichen Straßenverkehr, im Post- oder öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung, im Siedlungswesen oder im Naturschutz.

(5) Bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses im Sinne des Abs. 2 oder bei der Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinne des Abs. 3 hat die Behörde insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen. Unter dieser Voraussetzung sind die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen.

(6) ..."

Die mit der Novelle BGBl. I Nr. 59/2002 geschaffene Bestimmung des § 17a ForstG ("Anmeldepflichtige Rodung") bestimmt:

"§ 17a. (1) Einer Rodungsbewilligung bedarf es nicht, wenn

  1. 1. die Rodungsfläche ein Ausmaß von 1000m2 nicht übersteigt und
  2. 2. der Antragsberechtigte das Rodungsvorhaben unter Anschluss der in §19 Abs.2 genannten Unterlagen bei der Behörde anmeldet und

    3. die Behörde dem Anmelder nicht innerhalb von sechs Wochen ab Einlangen der Anmeldung mitteilt, dass die Rodung aus Rücksicht auf das öffentliche Interesse an der Walderhaltung ohne Erteilung einer Rodungsbewilligung nach § 17 nicht durchgeführt werden darf.

    § 91 Abs. 2 gilt sinngemäß.

(2) In das Flächenausmaß einer angemeldeten Rodung einzurechnen sind alle an die zur Rodung angemeldete Fläche unmittelbar angrenzenden und für den selben Zweck nach Abs. 1 durchgeführten Rodungen, sofern diese nicht länger als zehn Jahre zurückliegen.

(3) Die Gültigkeit der Anmeldung erlischt, wenn die angemeldete Rodung nicht innerhalb eines Jahres ab Einlangen der Anmeldung bei der Behörde durchgeführt wird."

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die Beschwerdeführerin habe bei der BH einen Antrag auf Erteilung einer Rodungsbewilligung nach § 17 ForstG eingebracht. Da ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung der Fläche als Wald bestehe, habe eine Bewilligung nach § 17 Abs. 2 ForstG nicht erteilt werden können. Ferner sei das von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Interesse an einer Agrarstrukturverbesserung nicht gegeben, weshalb es schon an einem öffentlichen Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche fehle.

Dem hält die Beschwerde zunächst entgegen, dass die Beschwerdeführerin einen "expliziten Antrag" auf "Anmeldung eines Rodungsvorhabens" im Sinne des § 17a ForstG gestellt habe. Demgegenüber sei die belangte Behörde jedoch von einem Antrag auf Erteilung einer Rodungsbewilligung ausgegangen.

Auf dieses Vorbringen ist zu erwidern, dass die Beschwerdeführerin nach Lage der Verwaltungsakten mit dem am 9. Juli 2002 bei der BH eingelangten Schriftsatz ausdrücklich einen Antrag auf (nachträgliche) Rodungsgenehmigung zwecks landwirtschaftlicher Nutzung für Schafhaltung gestellt hat. Die Anmeldung einer Rodung nach § 17 a ForstG ist hingegen nicht aktenkundig.

Die Beschwerde verweist ferner darauf, dass der geologische Sachverständige DI Johann F. in dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Gutachten eine Rutschgefährdung des Hanges ausgeschlossen habe, was der forsttechnische Amtssachverständige nicht habe widerlegen können.

Auch dieses Vorbringen ist nicht geeignet ist, die Beschwerde zum Erfolg zu führen:

Dem angefochtenen Bescheid liegt nämlich die Annahme zu Grunde, dass der in Rede stehenden Waldfläche auch eine mittlere Wohlfahrtsfunktion zukomme, die einerseits in den Erhalt bzw. der Verbesserung des Grundwassers bzw. der Wasserspeicherfähigkeit begründet wird. Dies wird auch von der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen. Bereits aus der mittleren Wohlfahrtsfunktion ergibt sich aber ein besonderes öffentliches Interesse an der Walderhaltung im Sinne des § 17 Abs. 2 ForstG (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 31. März 2009, Zl. 2006/10/0071, mit Hinweis auf Vorjudikatur). Der Größe der in Rede stehenden Fläche kommt dabei keine entscheidende Bedeutung zu.

In der Beschwerde wird auch die Auffassung vertreten, dass die Beschwerdeführerin für ihre Tiere eine Weide um teures Geld anmieten müsse, was zu einer "existenziellen Gefährdung des landwirtschaftlichen Betriebes" führe. Könnte die Beschwerdeführerin die gerodete Fläche für ihren landwirtschaftlichen Betrieb nutzen, so würde eine "enorme Verbesserung der Ertragssituation" zu erzielen sein.

Dazu ist zu sagen, dass ein in der Agrarstrukturverbesserung begründetes öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche dann zu bejahen ist, wenn die Rodung eine Maßnahme darstellt, die für die Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebes unter dem Gesichtspunkt der Existenzsicherung dieses Betriebes oder dem gleichermaßen bedeutsamen Blickwinkel der Erfordernisse eines zeitgemäßen Wirtschaftsbetriebes notwendig sind (vgl. etwa das Erkenntnis vom 29. Mai 2000, Zl. 97/10/0036). Rein privatwirtschaftliche Nützlichkeitserwägungen reichen für die Begründung eines öffentlichen Interesses an einer anderwertigen Verwendung von Waldboden nicht aus (vgl. das Erkenntnis vom 24. November 1997, Zl. 95/10/0257). Dass die in Rede stehende Maßnahme lediglich die Futtergrundlage für ein Mutterschaf mit Nachzucht für ein Jahr bietet, wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Die nicht weiter konkretisierten Beschwerdeausführungen sind nicht geeignet, das Gutachten des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen in Zweifel zu ziehen.

Der Beschwerde ist schließlich auch nicht zu folgen, wenn sie die Auffassung vertritt, im Hinblick auf den von ihr gestellten Antrag auf Nichtwaldfeststellung bei der BH hätte das gegenständliche Verfahren unterbrochen werden müssen. Die Behörde kann nämlich die Frage der Waldeigenschaft als Vorfrage selbst beurteilen (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 18. Jänner 1988, Zl. 87/10/0143, und vom 30. Mai 1994, Zl. 92/10/0390). Im Hinblick auf das der belangten Behörde vorliegende Gutachten des forstfachlichen Amtssachverständigen bestehen gegen die Annahme der Waldeigenschaft keine Bedenken.

Gegen den forstbehördlichen Wiederherstellungsauftrag, gegen dessen Rechtmäßigkeit keine Bedenken bestehen, wird in der Beschwerde nichts vorgebracht.

Wien, am 29. September 2010

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