VwGH 2004/04/0166

VwGH2004/04/01661.7.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde der

U GesmbH in Y, vertreten durch Dr. Gunther Huber, Rechtsanwalt in 4050 Traun, Heinrich-Gruber-Straße 1, gegen den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit (nunmehr: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend), wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend die Erledigung der Berufung der mitbeteiligten Parteien gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22. Dezember 2003, Zl. Ge-442712/8-2003-Z/Str, betreffend die Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Parteien: 1. A in P, 2. B, 3. C, 4. D, 5. E, 6. F,

7. G, 8. H, alle in Y, alle vertreten durch Poduschka Anwaltsgesellschaft mbH in 4320 Perg, Leharstraße 6), zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §74;
GewO 1994 §77;
GewO 1994 §81;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §74;
GewO 1994 §77;
GewO 1994 §81;

 

Spruch:

In Anwendung des § 62 Abs. 2 und § 42 Abs. 4 zweiter Satz VwGG iVm § 66 Abs. 4 AVG wird der Berufung der mitbeteiligten Parteien gegen Spruchpunkt 2. des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22. Dezember 2003, Zl. Ge- 442712/8-2003-Z/Str, keine Folge gegeben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte mit der am 3. Mai 2000 bei der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (BH) eingelangten Eingabe die Erteilung der gewerbebehördlichen Genehmigung für die Änderung der bestehenden Betriebsanlage durch Errichtung einer Ladezone-West zur Be- und Entladung von LKW ohne Anhänger auf näher genannten Parzellen sowie Errichtung einer Lärmschutzwand auf näher genannten Grundstücken.

Im Zuge der nach zahlreichen Verfahrensschritten am 1. März 2001 durchgeführten mündlichen Verhandlung, in der die beigezogenen Sachverständigen aus den Fachgebieten Medizin, Verkehrstechnik und Gewerbetechnik ihre Gutachten erstatteten, stellte sich heraus, dass die Voraussetzungen zur Durchführung des vereinfachten Genehmigungsverfahrens gemäß § 359b GewO 1994 nicht zur Anwendung kommen. Die Nachbarn der Betriebsanlage (darunter auch die nunmehr Mitbeteiligten) wurden daher mit Schreiben vom 15. März 2001 aufgefordert, binnen zwei Wochen eine Stellungnahme abzugeben bzw. Einwendungen zu erheben. Sollte nach Ablauf dieser Frist keine Nachricht eingelangt sein, werde dies als Zustimmung gewertet.

Mit Bescheid der BH vom 23. Juni 2001 wurde dem Ansuchen der Beschwerdeführerin Folge gegeben und die beantragte Änderung der Betriebsanlage bewilligt. Den Anträgen und Einwendungen der Nachbarn (darunter auch die Mitbeteiligten) wurde keine Folge gegeben. Dieser Bescheid der BH wurde vom Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 18. Dezember 2001 wegen Unzuständigkeit infolge des vor Erlassung des Genehmigungsbescheides durch die BH bei der Oberbehörde eingelangten Devolutionsantrages behoben.

Der (neuerliche) Genehmigungsbescheid der BH vom 14. Jänner 2002 wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22. Dezember 2003 wegen Unzuständigkeit der Behörde behoben (Spruchpunkt I.).

Mit Spruchpunkt 2. dieses Bescheides gab der Landeshauptmann von Oberösterreich dem Antrag der Beschwerdeführerin Folge und erteilte ihr die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung der Betriebsanlage durch Errichtung einer Ladezone-West zur Be- und Entladung von LKW ohne Anhänger nach bestimmten Parzellen sowie Errichtung einer Lärmschutzwand auf bestimmten Grundstücken entlang der S.-Straße und Z.-Straße nach Maßgabe der Projektunterlagen und Vorschreibung von Auflagen. Den Einwendungen der (u.a.) Mitbeteiligten wurde keine Folge gegeben.

Nach Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe der im Verfahren eingeholten Gutachten der Amtssachverständigen führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die medizinische Sachverständige sei zum Ergebnis gekommen, dass durch den Lärm, der durch die im Projekt beantragten LKW-Fahrbewegungen und die Ladetätigkeit verursacht werde, auf Grund der berechneten Lärmpegel eine Gesundheitsgefährdung der Nachbarn nicht zu erwarten sei. Ebenso sei die Belästigungswirkung des Lärms den Nachbarn zumutbar, weil die maßgebliche 10 dB-Grenze nicht überschritten werde. Gesundheitliche Auswirkungen durch die Beschattung von Seiten der Lärmschutzwand seien nicht zu erwarten, weil diese in nordöstlicher, nördlicher bzw. nordwestlicher Richtung zu den Nachbargrundstücken liege. Die aus gesundheitlicher Sicht unverzichtbare Besonnung und Belichtung sei trotz Lärmschutzwand ausreichend gegeben. Durch die Errichtung und den Betrieb der Betriebsanlage sei eine Minderung des Verkehrswertes der angrenzenden Liegenschaft zwar denkbar, diese Minderung schließe jedoch nicht jedwede Nutzung des Eigentums aus. Die bloße Minderung des Substanzwertes sei eine auf dem Zivilrechtsweg zu klärende Angelegenheit und nicht von den Schutzinteressen der Gewerbeordnung mitumfasst. Zu den Einwänden betreffend die projektierte Schallschutzwand sei festzuhalten, dass die Lärmschutzwände nur so, wie im Projekt dargestellt und im Befund und Gutachten der Sachverständigen beschrieben, errichtet und betrieben werden dürften. Die Messungen im schallschutztechnischen Gutachten seien auf die konkreten, im Projekt dargestellten bzw. von den Amtssachverständigen beschriebenen, Verhältnisse abgestellt. Die Lärmschutzwand vor einem bestimmten Punkt enden zu lassen, sei notwendig gewesen, was auch im lärmtechnischen Gutachten entsprechend berücksichtigt worden sei. Ebenso sei bei der Berechnung der nach außen tretenden Lärmimmissionen die Unterbrechung der Lärmschutzwände durch die Zufahrten berücksichtigt worden. Da das durchgeführte Verfahren ergeben habe, dass bei Vorschreibung der angeführten Auflagen das vorliegende Projekt den Schutzinteressen gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 nicht widerspreche, seien die Anträge und Forderungen der Mitbeteiligten abzuweisen und das Ansuchen um gewerbebehördliche Genehmigung zu bewilligen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Mitbeteiligten am 26. Jänner 2004 Berufung.

Mit ihrer am 2. September 2004 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde machte die Beschwerdeführerin im Hinblick auf die Berufung der Mitbeteiligten die Verletzung der Entscheidungspflicht durch den (nunmehr:) Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend und Arbeit geltend und beantragte, der Verwaltungsgerichtshof wolle in Stattgebung dieser Säumnisbeschwerde in der Sache selbst erkennen und der Berufung der Mitbeteiligten nicht Folge zu geben.

Der Verwaltungsgerichtshof forderte die belangte Behörde mit Schriftsatz vom 7. September 2004, Zl. 2004/04/0166-2 (der belangten Behörde zugestellt am 14. September 2004), gemäß § 36 Abs. 2 VwGG zur Nachholung des versäumten Bescheides binnen drei Monaten auf.

Mit Beschluss vom 11. November 2004, Zl. 2004/04/0166-4, wurde der belangten Behörde über deren Antrag die Frist zur Erlassung des versäumten Bescheides um sechs Monate verlängert. Die belangte Behörde hatte vorgebracht, weitere Erhebungsschritte, insbesondere die Einholung technischer Gutachten sowie das darin anschließende Parteiengehör, seien vorzunehmen. Im Übrigen habe auch der Vertreter der Beschwerdeführerin selbst zuletzt einen Fristantrag an die belangte Behörde zur Vorlage weiterer Unterlagen gestellt.

Ein weiterer Fristerstreckungsantrag der belangten Behörde wurde mit hg. Beschluss vom 11. Mai 2005, Zl. 2004/04/0166-6, gemäß § 36 Abs. 2 zweiter Satz VwGG abgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2005 teilte die belangte Behörde mit, eine Bescheiderlassung innerhalb der gesetzten Nachfrist sei nicht möglich gewesen. Die zuletzt eingeholte gewerbetechnische Äußerung sei dem Parteiengehör zugeführt worden. Die diesbezügliche Stellungnahme der Mitbeteiligten hätte einer weiteren gewerbetechnischen Überprüfung zugeführt werden müssen, weitere Verfahrensschritte seien jedoch auf Grund des Zeitablaufes nicht mehr möglich gewesen. Unter einem erfolgte die Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens.

Im Hinblick auf die auf Grund des Berufungsvorbringens und der Aktenlage bestehenden Unklarheiten in Bezug auf die projektierten Lärmschutzwände wurde die T. GmbH, deren "schalltechnisches Projekt" den Projektsunterlagen beigelegt war, vom Verwaltungsgerichtshof mit Schriftsatz vom 14. Oktober 2008 zur Stellungnahme aufgefordert, welche Ausführung der Lärmschutzwand ("kurze" oder "lange" Variante) den Messungen zugrunde gelegen sei. Dazu gab die T. GmbH bekannt, dem eingereichten schalltechnischen Projekt sei die "kurze" Lärmschutzvariante zugrunde gelegt worden.

Die medizinische Amtssachverständige Dr. T. teilte über entsprechende Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes mit, dass ihre im Verfahren abgegebene medizinische Stellungnahme unter der Voraussetzung der "kurzen" Lärmschutzwand erstellt worden sei. Die Ein- und Ausparkvorgänge von LKWs in der S.-Straße träten laut Lärmprojekt maximal zweimal pro Tag auf, wobei auch nur der Tagzeitraum, nicht aber die Nacht betroffen sei. Eine Gesundheitsgefährdung durch zwei Lärmspitzen am Tag sei bei gesunden normal empfindenden Erwachsenen oder Kindern nicht zu erwarten, noch dazu seien die Spitzen so beschrieben worden, dass in der gleichen Größenordnung wie KFZ-Vorbeifahrten auf der S.- Straße lägen. Eine Belästigungsreaktion könne bei jeder wahrgenommenen Schallimmission entstehen, allerdings sei bei zwei Spitzen am Tag in der angegebenen Größenordnung bei gesunden, normal empfindenden Erwachsenen nicht mit Belästigungsreaktionen mit gesundheitlichen Auswirkungen zu rechnen.

Die eingeholten Ergänzungen der T. GmbH und der medizinischen Amtssachverständigen wurde der Beschwerdeführerin und den Mitbeteiligten zur Kenntnis- und allfälligen Stellungnahme übermittelt.

Äußerungen sind nicht eingelangt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 27 Abs. 1 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im administrativen Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der Unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des administrativen Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Die vorliegende Säumnisbeschwerde ist zulässig.

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in den Fällen des Art. 132 B-VG sein Erkenntnis vorerst auf die Entscheidung einzelner maßgebender Rechtsfragen beschränken und der belangten Behörde auftragen, den versäumten Bescheid unter Zugrundelegung der hiemit festgelegten Rechtsanschauung binnen bestimmter, acht Wochen nicht übersteigender Frist zu erlassen. Macht der Verwaltungsgerichtshof von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch oder kommt die belangte Behörde dem Auftrag nicht nach, so entscheidet er über die Säumnisbeschwerde durch Erkenntnis in der Sache selbst, wobei er auch das sonst der Verwaltungsbehörde zustehende freie Ermessen handhabt.

Hat der Verwaltungsgerichtshof bei Säumnisbeschwerden in der Sache selbst zu entscheiden, so hat er gemäß § 62 Abs. 2 VwGG, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, jene Verwaltungsvorschriften anzuwenden, die die belangte Behörde anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 77 Abs. 1 GewO 1994 ist die Betriebsanlage zu genehmigen, wenn nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu erwarten ist, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden bestimmten geeigneten Auflagen die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden.

Gemäß § 81 Abs. 1 leg. cit. bedarf, wenn es zur Wahrung der in § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage soweit zu umfassen, als es wegen der Änderung der zur Wahrung der in § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

Der vorliegenden Entscheidung wird der vom Landeshauptmann von Oberösterreich erhobene Sachverhalt, wie er in dem bereits angeführten Bescheid vom 22. Dezember 2003 dargestellt wurde, sowie die bereits vorliegenden Sachverständigengutachten und die eingeholten ergänzenden Stellungnahmen zugrunde gelegt.

Zum Berufungsvorbringen im Einzelnen:

Soweit die Mitbeteiligten zunächst geltend machen, die Auffahrt an der Westseite des Betriebsgeländes würde den LKW-Verkehr durch das gesamte Wohngebiet führen und damit zwangsläufig die möglichst weit gehende Trennung von Wohn- und Betriebsgebiet unterlaufen, ist ihnen zu entgegnen, dass eine möglichst weit gehende Trennung von Wohn- und Betriebsgebiet kein Genehmigungskriterium des § 74 Abs. 2 GewO 1994 darstellt.

Bei der Erteilung einer Genehmigung nach § 77 GewO 1994 (wie auch einer Änderung nach § 81 GewO 1994) handelt es sich um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt (vgl. dazu beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 2004, Zl. 2001/04/0204). Gegenstand der Genehmigung ist die konkrete Betriebsanlage, wie sie anhand der Projektunterlagen beantragt worden ist. Die von den Mitbeteiligten angemeldeten "Zweifel", dass tatsächlich nur ein LKW pro Tag fahren werde, sind daher im vorliegenden Genehmigungsverfahren nicht maßgeblich. Dies gilt auch für die von den Mitbeteiligten monierte Überprüfung im Hinblick auf die Zweckmäßigkeit der zusätzlichen Belastung durch die Westausfahrt, weil auch die Zweckmäßigkeit eines Vorhabens nicht zu den Genehmigungsvoraussetzungen des § 74 GewO 1994 zählt. Ob die Feuerwehr eine Ausfahrt entlang des bestehenden Betriebsgebäudes "begrüßt", ist für die Genehmigung des Vorhabens nach den zitierten Bestimmungen der GewO 1994 ebenso wenig von Bedeutung wie der Einwand, die Betriebsanlage sei eine "Katastrophe für das Ortsbild".

Mit ihrem Vorbringen, die Gewerbebehörde dürfe landesrechtliche Planungsüberlegungen nicht ignorieren, beziehen sich die Mitbeteiligten offenkundig auf die Beachtlichkeit baurechtlicher und raumordnungsrechtlicher Regelungen, die allerdings bei der Betriebsanlagengenehmigung keine Rolle spielen (vgl. dazu die bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2 (2003), § 359 Rz 10 S. 1240 referierte hg. Rechtsprechung). Der Fall des § 77 Abs. 5 GewO 1994 liegt gegenständlich nicht vor.

Dass das Projekt in erster Instanz "mehrfach" geändert worden sei, wie die Mitbeteiligten vortragen (ohne allerdings auf diese "mehrfachen" Änderungen konkret einzugehen) und ihnen keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden sei, ist nach der vorliegenden Aktenlage nicht nachvollziehbar. Abgesehen davon, hatten die Mitbeteiligten in der Berufung die Möglichkeit zur Stellungnahme. Soweit mit diesem Vorbringen angesprochen werden sollte, dass die Länge der Lärmschutzwand nicht klar ersichtlich sei, so wurde dies, wie bereits dargestellt, durch die ergänzenden Erhebungen klargestellt.

Die Auflage in Punkt II.3. (Einbau von dauerhaft durchsichtigen nicht spiegelnden Elementen in die Lärmschutzwand im Einfahrtsbereich) beruht auf einer Empfehlung des verkehrstechnischen Sachverständigen aus Gründen der Sicherheit des Verkehrs. Der Schutz dieser Interessen ist von der Gewerbebehörde von Amts wegen wahrzunehmen. Die Nachbarn einer Betriebsanlage sind hingegen nicht berechtigt, den Schutz dieser Interessen geltend zu machen (vgl. dazu Grabler/Stolzlechner/Wendl, aaO, § 74 Rz 29, S 533). Der Konsenswerber hat im Übrigen die von ihm im Projekt vorgesehene Variante "Verkehrsspiegel" im Hinblick auf die Empfehlung des verkehrstechnischen Sachverständigen nicht mehr aufrecht erhalten.

Zum Vorbringen der Mitbeteiligten, die Lärmschutzwand müsse nicht 60 cm, sondern zumindest 120 cm in das Grundstück des Konsenswerbers eingerückt werden, um die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zu gewährleisten, ist Folgendes auszuführen:

Die Auflage II.2., wonach die Lärmschutzwände entlang der S.- und der Z.-Straße mindestens 60 cm vom Fahrbahnrand abzurücken hätten, beruht ebenfalls auf einer Empfehlung des verkehrstechnischen Sachverständigen zur Sicherstellung der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs. Auch hier gilt das oben Gesagte, dass die Nachbarn nicht berechtigt sind, den Schutz dieser Interessen geltend zu machen.

Dem Gutachten der medizinischen Sachverständigen sind die Mitbeteiligten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten.

Den befürchteten psychologischen Belastungen sowie den "optischen Belästigungen" durch die Nichtrücksichtnahme auf "ästhetische Ansprüche" ist zu entgegnen, dass unter den in § 74 Abs. 2 GewO 1994 genannten Gefährdungen, Belästigungen und Beeinträchtigungen die durch den Anblick einer Betriebsanlage hervorgerufene Beeinträchtigungen des Empfindens nicht darunter fallen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 2003, Zl. 2002/04/0073).

Bedenken, dass das schalltechnische Gutachten bzw. das medizinische Gutachten nicht lege artis durchgeführt worden seien, sind durch das nicht näher konkretisierte Vorbringen in Richtung Vermessungen "mittels Gehörkopfmethode" nicht entstanden.

Eine Unzuständigkeit des Landeshauptmannes von Oberösterreich ist auf Grund des § 382 Abs. 10 GewO 1994 nicht zu erkennen.

Der Berufung der Mitbeteiligten war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 55 Abs. 1 iVm § 47 Abs. 1 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 433 zuzusprechen.

Wien, am 1. Juli 2010

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