VwGH 2004/04/0140

VwGH2004/04/014024.2.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der I GesmbH in T, vertreten durch Dr. Bernt Elsner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Ebendorferstraße 3, gegen den Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Wien vom 28. Mai 2004, Zl. VKS- 3657/04, betreffend Nachprüfung eines Vergabeverfahrens (mitbeteiligte Parteien: 1. Stadt Wien - Wiener Wohnen, Alserbachstraße 41, 1090 Wien, 2. F & E R KG, Fgasse 62, W), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs1;
AVG §37;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §8;
LVergRG Wr 2003 §13 Abs1;
LVergRG Wr 2003 §16 Abs2;
LVergRG Wr 2003 §18 Abs1 Z3;
VwGG §34 Abs1 impl;
VwRallg;
AVG §13 Abs1;
AVG §37;
AVG §56;
AVG §59 Abs1;
AVG §8;
LVergRG Wr 2003 §13 Abs1;
LVergRG Wr 2003 §16 Abs2;
LVergRG Wr 2003 §18 Abs1 Z3;
VwGG §34 Abs1 impl;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Wien vom 28. Mai 2004 wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei, die in einem näher bezeichneten Vergabeverfahren ergangene Entscheidung der erstmitbeteiligten Partei betreffend Ausscheiden ihres Angebotes sowie die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der zweitmitbeteiligten Partei für nichtig zu erklären, abgewiesen (Spruchpunkt 1). Gleichzeitig wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abgewiesen (Spruchpunkt 2) und der Teilnahmeantrag der zweitmitbeteiligten Partei zurückgewiesen (Spruchpunkt 3). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die erstmitbeteiligte Partei habe die Vergabe von Fenstertauscharbeiten für ein näher bezeichnetes Objekt im Rahmen eines offenen Verfahrens ausgeschrieben. Es habe sich dabei um einen Auftrag im Oberschwellenbereich gehandelt, wobei ca. 700 thermisch getrennte Alu-Fensterelemente und ca. 800 Holz-Alu-Fenster, nach entsprechenden Demontagearbeiten geliefert und eingebaut werden sollten. An der Ausschreibung hätten sich u.a. die beschwerdeführende Partei und die zweitmitbeteiligte Partei jeweils durch Legung eines Angebots beteiligt. Mit Zuschlagsentscheidung vom 17. Februar 2004 habe die erstmitbeteiligte Partei mitgeteilt, sie beabsichtige den Zuschlag der beschwerdeführenden Partei zu erteilen. Auf Grund dieser Zuschlagsentscheidung habe die zweitmitbeteiligte Partei einen Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung gestellt. Mit Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Wien vom 23. März 2004, VKS-1796/04, sei die Zuschlagsentscheidung für nichtig erklärt worden, weil das Angebot der beschwerdeführenden Partei ein nicht den Ausschreibungsbedingungen gleichwertiges System enthalten habe und daher gemäß § 98 Z. 8 BVergG 2002 auszuscheiden gewesen wäre. Die von der beschwerdeführenden Partei angebotenen Produkte hätten den in den Ausschreibungsbedingungen festgelegten Abmessungen bezüglich der Profile nicht entsprochen. Die beschwerdeführende Partei habe nämlich ein Konstruktionssystem mit einer Bautiefe von 70 mm statt 75 mm angeboten. Anhaltspunkte dafür, dass es sich dabei um einen verbesserungsfähigen Mangel gehandelt habe, hätten sich aus dem Angebot der beschwerdeführenden Partei nicht ergeben. Die unter Bestätigung des angebotenen Preises nachträglich abgegebene Garantie der geforderten Profilstärke sei jedoch eine unzulässige Abänderung des ursprünglich abgegebenen, nicht ausschreibungskonformen Angebots gewesen. Mangels eines rechtzeitigen Teilnahmeantrages gemäß § 16 Wiener Vergaberechtsschutzgesetz (WVRG) sei der beschwerdeführenden Partei in diesem Verfahren Parteistellung nicht zugekommen. Ihr Antrag auf Zustellung des Nichtigerklärungsbescheides sei mit Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Wien vom 14. Mai 2004, Zl. VKS- 1796/04, zurückgewiesen worden. Am 23. April 2004 habe die erstmitbeteiligte Partei eine Zuschlagsentscheidung zu Gunsten der zweitmitbeteiligten Partei getroffen. Dagegen habe nunmehr die beschwerdeführende Partei einen Nachprüfungsantrag eingebracht und Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung geltend gemacht. Allfällige Rechtswidrigkeiten dieser Zuschlagsentscheidung könnten die beschwerdeführende Partei jedoch in ihren Rechten nicht beeinträchtigen, weil ihr Angebot - wie im Bescheid des Vergabekontrollsenates vom 23. März 2004 ausgesprochen - gemäß § 98 Z. 8 BVergG 2002 auszuscheiden gewesen sei. Tragende Begründung für die Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung sei gewesen, dass das Angebot der beschwerdeführenden Partei nicht ausschreibungskonform und daher auszuscheiden gewesen sei. An diese Feststellung sei die erstmitbeteiligte Partei im fortgesetzten Verfahren gebunden gewesen. Das von der beschwerdeführenden Partei nunmehr erstattete Vorbringen, sie habe ein der Ausschreibung gleichwertiges Angebot gelegt, könne nicht mehr berücksichtigt werden, weil zu dieser Frage im erwähnten Bescheid bereits abschließend Stellung genommen worden sei. Dass die beschwerdeführende Partei an diesem Verfahren nicht als Partei teilgenommen habe, könne an diesem Ergebnis nichts ändern, weil es ihr freigestanden wäre, rechtzeitig einen Teilnahmeantrag gemäß § 16 WVRG zu stellen. Sei das Angebot der beschwerdeführenden Partei aber zufolge der Verwirklichung eines Ausscheidungstatbestandes für den Zuschlag nicht in Betracht gekommen, dann fehle es an der Erfüllung der Antragsvoraussetzungen. Ihr Antrag auf Nichtigerklärung sei daher spruchgemäß abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Die mitbeteiligten Parteien nahmen am verwaltungsgerichtlichen Verfahren trotz gebotener Gelegenheit nicht teil.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 23. April 2004 sowie im Recht auf Nichtigerklärung der Ausscheidung ihres Angebotes verletzt. Sie bringt hiezu im Wesentlichen vor, es hätte geprüft werden müssen, ob ihr Angebot, in dem es eine Profiltiefe von 70 mm anstelle der ausgeschriebenen 75 mm vorgesehen habe, einen unverbesserbaren Mangel aufgewiesen habe. Da nur solche Mängel unverbesserbar seien, deren Behebung nach Angebotseröffnung zu einer Änderung der Wettbewerbsstellung des Bieters führe, dies im vorliegenden Fall aber nicht zutreffe, weil die Verbesserung auf ein ausschreibungskonformes Angebot nichts am Angebotspreis ändere, hätte von einem verbesserbaren Mangel ausgegangen werden müssen. Im Hinblick auf die sohin zulässige Verbesserung hätte ihr Angebot nicht ausgeschieden werden dürfen. Im Übrigen sei, obwohl die beschwerdeführende Partei zu dieser Frage ein Sachverständigengutachten vorgelegt habe, auch keine Auseinandersetzung mit der Frage erfolgt, ob das irrtümlich angebotene Fenster "Alcan 70 mm" dem ausgeschriebenen nicht gleichwertig sei. Die belangte Behörde habe auch die Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung unterlassen, bei der die Frage der Gleichwertigkeit erörtert hätte werden können.

Gemäß § 13 Abs. 1 Wiener Vergaberechtsschutzgesetz (WVRG) kann ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem Bundesvergabegesetz 2002 unterliegenden Vertrages behauptet, die Nichtigerklärung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung (§ 20 Z. 13 lit. a des Bundesvergabegesetzes 2002 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 99/2002) des Auftraggebers im Verfahren zur Vergabe von Aufträgen wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ihm durch eine behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. Nicht gesondert anfechtbare Entscheidungen (§ 20 Z. 13 lit. b des Bundesvergabegesetzes 2002 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 99/2002) können nur gemeinsam mit den ihnen nächstfolgenden gesondert anfechtbaren Entscheidungen angefochten werden.

Ein Unternehmer ist nur insoweit antragslegitimiert, als seine Möglichkeiten, am Vergabeverfahren teilzunehmen, durch die behauptete Rechtswidrigkeit beeinträchtigt werden könnten. Mangelt es dem Angebot des Antragstellers in einem Nachprüfungsverfahren daher an der grundsätzlichen Eignung, gemäß den vergaberechtlichen Bestimmungen für den Zuschlag in Betracht gezogen zu werden, so ist die Antragslegitimation zu verneinen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 27. September 2000, Zl. 2000/04/0050).

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, es sei bereits mit Bescheid vom 23. März 2004 ausgesprochen worden, dass das Angebot der beschwerdeführenden Partei nicht ausschreibungskonform und daher gemäß § 98 Z. 8 BVergG 2002 auszuscheiden gewesen sei. Damit fehle der beschwerdeführenden Partei die Legitimation, einen Nachprüfungsantrag betreffend die Zuschlagsentscheidung vom 23. April 2004 zu stellen.

Mit dem erwähnten Bescheid vom 23. März 2004 wurde die Zuschlagsentscheidung der erstmitbeteiligten Partei vom 17. Februar 2004 zu Gunsten der beschwerdeführenden Partei für nichtig erklärt, weil das von dieser gelegte Angebot auszuscheiden gewesen sei. Dieser Bescheid verwehrt der erstmitbeteiligten Partei eine Zuschlagserteilung an die beschwerdeführende Partei.

Nun wurde die beschwerdeführende Partei vom Nachprüfungsantrag der zweitmitbeteiligten Partei, der das Nachprüfungsverfahren betreffend die Zuschlagsentscheidung vom 17. Februar 2004 auslöste, zwar in Kenntnis gesetzt. Sie wurde diesem Verfahren allerdings nicht als Partei beigezogen, der Bescheid vom 23. März 2004 wurde ihr auch nicht zugestellt, weil sie - so die belangte Behörde - keinen Teilnahmeantrag gemäß § 16 WVRG gestellt und daher ihre Parteistellung verloren habe.

Die belangte Behörde hat dabei verkannt, dass die Parteistellung der beschwerdeführenden Partei in diesem Nachprüfungsverfahren nicht von einem Teilnahmeantrag abhing. Demjenigen, zu dessen Gunsten eine Zuschlagsentscheidung getroffen wurde, mangelt nämlich ein Interesse an der Nichtigerklärung dieser Entscheidung; er kann durch die Zuschlagsentscheidung in keinem Recht verletzt sein, wie das § 18 Abs. 1 Z. 3 WVRG für die Stellung eines Teilnahmeantrages voraussetzt. Sein Interesse ist im Gegenteil darauf gerichtet, dass eine Nichtigkeit der Zuschlagsentscheidung unterbleibt. Der durch die Zuschlagsentscheidung Begünstigte kann daher auch nicht zu jenen Bietern gezählt werden, die im Sinne des § 16 Abs. 2 zweiter Satz WVRG ihre Parteistellung verlieren, weil sie keinen Antrag auf Teilnahme am Nachprüfungsverfahren gestellt haben. Vielmehr unterliegt seine Parteistellung im Nachprüfungsverfahren keinem Verlusttatbestand.

Die beschwerdeführende Partei konnte daher im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde ihre Parteistellung im Nachprüfungsverfahren betreffend die Zuschlagsentscheidung vom 17. Februar 2004 nicht verlieren. Dies ändert allerdings nichts an der Rechtswirksamkeit des - ohne ihre Zuziehung als Partei ergangenen - Bescheides vom 23. März 2004 (mit dem diese Zuschlagsentscheidung für nichtig erklärt wurde) und führt auch nicht dazu, dass dieser Bescheid, soweit es um das Nachprüfungsverfahren betreffend die Zuschlagsentscheidung vom 23. April 2004 geht, nicht beachtlich wäre. In ein und derselben Sache können divergierende Sachentscheidungen nämlich nicht rechtens nebeneinander bestehen. Vielmehr hat nach § 59 Abs. 1 AVG auch in einem Mehrparteienverfahren letztlich ein einheitlicher Bescheid zu ergehen, durch den die in Verhandlung stehende Sache zur Gänze erledigt und über alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge abgesprochen wird (vgl. Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensgesetze7, Rz 543). Solange der Bescheid vom 23. März 2004 daher dem Rechtsbestand angehört - Gegenteiliges wurde weder behauptet, noch ist dies aus den vorgelegten Verwaltungsakten ersichtlich - verwehrt er der erstmitbeteiligten Partei eine Zuschlagserteilung an die beschwerdeführende Partei. Eine Zuschlagserteilung an die beschwerdeführende Partei kommt somit nicht in Betracht.

Gegen den Bescheid vom 23. März 2004 sind der beschwerdeführenden Partei grundsätzlich alle Rechtsbehelfe eingeräumt, die einer übergangenen Partei offen stehen; vom Vorliegen einer Rechtsschutzlücke kann insofern nicht gesprochen werden.

Kam eine Zuschlagserteilung an die beschwerdeführende Partei solcherart aber nicht in Betracht, so wurde ihre Legitimation zur Stellung eines Nachprüfungsantrages betreffend die Zuschlagsentscheidung vom 23. März 2004 zu Recht verneint.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 24. Februar 2006

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