Normen
AVG §37;
AVG §38;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art132;
LuftfahrtG 1958 §30 Abs1 litb;
LuftfahrtG 1958 §32;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;
VwGG §42 Abs4;
VwGG §62 Abs2;
VwRallg;
ZLPV 1958 §11 lita;
ZLPV 1958 §7 Abs1;
AVG §37;
AVG §38;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art132;
LuftfahrtG 1958 §30 Abs1 litb;
LuftfahrtG 1958 §32;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §27;
VwGG §42 Abs4;
VwGG §62 Abs2;
VwRallg;
ZLPV 1958 §11 lita;
ZLPV 1958 §7 Abs1;
Spruch:
Das Verfahren über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Austro Control GmbH vom 26. April 2004, Zl OPL 135-3/7-04, wird gemäß § 38 AVG iVm § 62 Abs 2 VwGG bis zur rechtskräftigen Erledigung des gegen den Beschwerdeführer beim Landesgericht für Strafsachen Wien über die Anklageschrift zu 66 St 1/05f vom 28. Dezember 2005 anhängigen Strafverfahrens ausgesetzt.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Austro Control GmbH vom 26. April 2004 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung der Gültigkeitsdauer des Berufshubschrauberpilotenscheines mit der Nummer 257 vom 22. November 2003 gemäß § 11 der Zivilluftfahrt-Personalverordnung (ZLPV) iVm § 32 Luftfahrtgesetz 1957 (LFG) und § 7 ZLPV abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurden im Zuge des Ermittlungsverfahrens gestellte - näher genannte - Beweisanträge des Beschwerdeführers abgewiesen (Spruchpunkt II.).
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, die bei der erstinstanzlichen Behörde per Fax am 12. Mai 2004 einlangte.
Mit der am 26. November 2004 zur Post gegebenen und am 30. November 2004 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Säumnisbeschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, dass die belangte Behörde mit der Entscheidung über die von ihm erhobene Berufung säumig geworden sei.
Die belangte Behörde, die den versäumten Bescheid auch nicht innerhalb der ihr mit Verfügung vom 6. Dezember 2004 eingeräumten Nachfrist von drei Monaten erließ, legte - nach Urgenz - die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der Aktenlage sind die Voraussetzungen für eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in der Sache selbst (§ 42 Abs 4 VwGG) gegeben.
Mit Bescheid der Erstbehörde wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Verlängerung der Gültigkeit seines Berufshubschrauberpilotenscheines gemäß § 11 ZLPV iVm §§ 32 LFG und 7 ZLPV abgewiesen. Die erstinstanzliche Behörde verneinte die gemäß §§ 30 iVm mit 32 LFG erforderliche Verlässlichkeit des Beschwerdeführers im Wesentlichen deshalb, weil der Beschwerdeführer sich in näher dargestellten Fällen über "grundlegende luftfahrtrechtliche Bestimmungen" hinweggesetzt habe, nämlich in vier Fällen die gesetzlich normierten praktischen Prüfungsflüge mit Bewerbern für die Berufshubschrauberpilotenprüfung - entgegen eines von ihm erstellten Prüfungsgutachtens - nicht durchgeführt habe. Damit liege ein schwerwiegendes, gegen die Sicherheit der Luftfahrt gerichtetes Fehlverhalten vor, das Rückschlüsse auf Eigenschaften und Persönlichkeitsmerkmale zulasse, die ein künftiges, die Sicherheit der Luftfahrt gefährdendes Fehlverhalten befürchten ließen. Wenn auch die Vorfälle der Tätigkeit des Beschwerdeführers als Mitglied der Prüfungskommission zuzuordnen seien, könne nicht ausgeschlossen werden, sondern sei vielmehr zu befürchten, dass er im Rahmen seiner Tätigkeit als Berufspilot, nicht zuletzt als Fluglehrer, Handlungen setzen werde, welche die Sicherheit der Luftfahrt beeinträchtigten. Nicht nur gerichtliche Verurteilungen, sondern auch andere Tatsachen, wie im vorliegenden Fall die Unterlassung der Durchführung von praktischen Prüfungen verbunden mit der Ausstellung von Gutachten über eine tatsächlich nicht durchgeführte praktische Prüfung, könnten die Verlässlichkeit beeinträchtigen.
In der Berufung gegen diesen Bescheid wendet sich der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Aktenwidrigkeit, der Verletzung von Verfahrensvorschriften und der unrichtigen Beweiswürdigung gegen die Tatsachenannahmen der belangten Behörde; im Übrigen sei auch unter Heranziehung der bekämpften Feststellungen an seiner Verlässlichkeit im Sinne der § 32 LFG und § 7 ZLPV nicht zu zweifeln.
Gemäß § 25 Luftfahrtgesetz, BGBl Nr 253/1957 (LFG), gehören zum zivilen Luftfahrtpersonal alle in der Zivilluftfahrt tätigen Personen, deren Tätigkeit für die Sicherheit der Luftfahrt von Bedeutung ist und flugtechnische oder flugbetriebliche Kenntnisse voraussetzt.
Gemäß § 26 LFG ist zur Ausübung der in § 25 angeführten Tätigkeiten eine Erlaubnis der Austro Control GmbH oder einer auf Grund einer Übertragung gemäß § 140b zuständigen Behörde erforderlich. Diese Erlaubnis ist durch schriftlichen Bescheid zu erteilen (Zivilluftfahrt-Personalausweis).
Der zur Betätigung als Zivilluftfahrer erforderliche Zivilluftfahrt-Personalausweis ist gemäß § 29 Abs 1 LFG der Zivilluftfahrerschein.
Voraussetzung für die Erteilung eines Zivilluftfahrerscheines ist unter anderem gemäß § 30 Abs 1 lit b LFG die Verlässlichkeit.
Gemäß § 32 LFG ist ein Bewerber um einen Zivilluftfahrerschein dann als verlässlich anzusehen (§ 30 Abs 1 lit b), wenn auf Grund seines bisherigen Verhaltens anzunehmen ist, dass er den aus diesem Bundesgesetz sich ergebenden Verpflichtungen nachkommen wird.
Gemäß § 7 Abs 1 der Zivilluftfahrt-Personalverordnung (ZLPV), BGBl Nr 219/1958, ist als verlässlich im Sinne der §§ 28, 32 und 51 LFG in der Regel insbesondere nicht anzusehen, wer beschränkt oder voll entmündigt ist, Alkohol oder Suchtgifte missbraucht oder wer sich einer schweren Zuwiderhandlung oder wiederholter Zuwiderhandlungen gegen die Zoll- oder Verkehrsvorschriften oder gegen die Vorschriften zum Schutz der körperlichen Sicherheit schuldig gemacht hat.
Gemäß § 11 lit a ZLPV setzt die Verlängerung der Gültigkeitsdauer von Ausweisen und Berechtigungen im Sinne dieser Verordnung voraus, dass die Voraussetzungen für die Erteilung weiterhin gegeben sind.
Ausgehend von § 32 LFG ist für die Frage der Verlässlichkeit maßgeblich, ob auf Grund des bisherigen Verhaltens des Betreffenden anzunehmen ist, dass er den aus diesem Bundesgesetz sich ergebenden Verpflichtungen nachkommen werde. Bei der Verlässlichkeit gemäß § 32 Abs 1 lit b LFG handelt es sich - wie bei der Verkehrszuverlässigkeit gemäß § 7 FSG - um eine Charaktereigenschaft, die von der Behörde auf Grund von konkreten Feststellungen zum Verhalten des Betreffenden zu beurteilen ist (vgl das hg Erkenntnis vom 25. Juni 2003, Zl 2002/03/0069). Von Relevanz ist dabei jedes Verhalten, aus dem geschlossen werden kann, dass der Bewerber um einen Zivilluftfahrerschein den aus dem LFG sich ergebenden Verpflichtungen nicht nachkommen werde. Die Behörde hat dabei - wie etwa auch bei der Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit gemäß § 6 Abs 1 Z 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr 1994 (vgl das hg Erkenntnis vom 28. Februar 2005, Zl 2004/03/0205) - vom Gesamtverhalten des Betroffenen auszugehen und von diesem darauf zu schließen, ob zu erwarten sei, dass er die sich aus dem LFG ergebenden Verpflichtungen einhalten werde.
Der erstinstanzlichen Behörde ist darin beizupflichten, dass das dem Beschwerdeführer vorgeworfene Verhalten (tatsachenwidrige Ausstellung eines Gutachtens trotz Unterlassung der Prüfungsabnahme) Schlüsse auf seine Verlässlichkeit im Sinne des § 32 LFG zulässt. Das Gutachten der Prüfungskommission ist gemäß § 22 Abs 1 ZLPV Grundlage für die Beurteilung der fachlichen Befähigung des Bewerbers durch die zuständige Behörde. Die Vorschriften über die Ausbildung und Prüfung von Hubschrauberpiloten, die u.a. gewährleisten sollen, dass nur fachlich befähigte Personen eine Zivilluftfahrertätigkeit ausüben, haben eine derart hohe Bedeutung für die Sicherheit der Zivilluftfahrt, dass der dem Beschwerdeführer angelastete gravierende Verstoß gegen die Bestimmungen der ZLPV auch dann zu seiner Beurteilung als unzuverlässig führen muss, wenn es sich um ein einmaliges Fehlverhalten handeln sollte.
Gemäß § 38 AVG ist die Behörde, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.
Gegen den Beschwerdeführer ist beim Landesgericht für Strafsachen Wien zu 66 St 1/05f (221 Ur 408/03a) ein Strafverfahren wegen § 302 Abs 1 StGB anhängig, in dem ihm zur Last gelegt wird, im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter die Protokolle und Gutachten über die praktische Berufshubschrauberpilotenprüfung von drei Kandidaten tatsachenwidrig ausgefüllt und statt des tatsächlichen Prüfers (des Beschwerdeführers) den eingeteilten, jedoch nicht die Prüfung durchführenden Prüfer MP eingetragen zu haben, wobei MP dies unterschrieben und der Austro Control GmbH vorgelegt habe (Punkt I. des Anklagetenors), am 8. Juni 2002 statt des eingeteilten Prüfers MP die Prüfung von drei Kandidaten abgenommen zu haben (Punkt II. des Anklagetenors) und es am 21. Juni 2002 unterlassen zu haben, als eingeteilter Prüfer dem Kandidaten NF die Prüfung abzunehmen, jedoch tatsachenwidrig im Gutachten protokolliert zu haben, dies getan zu haben (Punkt III. des Anklagetenors). Im Falle einer Verurteilung wäre die Behörde an eine rechtskräftige Bestrafung insofern gebunden, als damit die Tatsache der Handlungen oder Unterlassungen, derentwegen die Bestrafung erfolgt, feststeht.
Die im - bereits anhängigen - Strafverfahren zu entscheidende Frage ist - wie oben dargestellt - präjudiziell für die im Beschwerdefall zu beurteilende Verlässlichkeit des Beschwerdeführers. Bei der - ins Ermessen der Behörde gestellten - Entscheidung, die Vorfrage selbst zu beurteilen oder von der Möglichkeit der Aussetzung des Verfahrens Gebrauch zu machen, sind in erster Linie Aspekte der Verfahrensökonomie maßgebend (vgl die bei Walter/Thienel, Die Österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze I2, unter E 107 ff zu § 38 AVG wiedergegebene hg Judikatur).
Diese Aspekte sprechen im Beschwerdefall für eine Aussetzung des Verfahrens, zumal im Strafverfahren bereits eine rechtskräftige Anklageschrift vorliegt.
Gemäß § 62 Abs 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof, wenn er bei Säumnisbeschwerden in der Sache selbst zu entscheiden hat, soweit dieses Bundesgesetz nicht anderes bestimmt, jene Verwaltungsvorschriften anzuwenden, die die säumig gewordene Behörde anzuwenden gehabt hätte; es ist daher auch § 38 AVG anzuwenden.
Es war daher gemäß § 38 AVG das Berufungsverfahren auszusetzen. Mit dieser Aussetzung ist die Säumnis der belangten Behörde beendet (vgl das hg Erkenntnis vom 30. Jänner 2006, Zlen 2005/17/0231 bis 0233).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003. Wien, am 4. Mai 2006
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