Normen
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
NatSchG Tir 1997 §1 Abs1;
NatSchG Tir 1997 §27 Abs1;
NatSchG Tir 1997 §27 Abs2 litc;
NatSchG Tir 1997 §27 Abs2;
NatSchG Tir 1997 §27 Abs6;
NatSchG Tir 1997 §6 litc;
NatSchG Tir 1997 §6 lite;
NatSchG Tir 1997 §7 Abs1 litb;
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
NatSchG Tir 1997 §1 Abs1;
NatSchG Tir 1997 §27 Abs1;
NatSchG Tir 1997 §27 Abs2 litc;
NatSchG Tir 1997 §27 Abs2;
NatSchG Tir 1997 §27 Abs6;
NatSchG Tir 1997 §6 litc;
NatSchG Tir 1997 §6 lite;
NatSchG Tir 1997 §7 Abs1 litb;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung zur Errichtung der Achter-Einseilumlaufbahn Pirchkogel, der Sechser-Sesselbahn Schafjoch, von Skipisten, Transportwegen, eines Bergrestaurants und einer Quellfassung gemäß § 6 lit. c und e sowie 7 Abs. 1 lit. b Tiroler Naturschutzgesetz 1997 iVm § 27 Abs. 6 Tiroler Naturschutzgesetz 1997 ab.
Begründend wurden zunächst unter dem Titel "Allgemeine Darstellung des Ist-Zustandes und Grundzüge des Projektes" folgende Feststellungen getroffen:
"Das Projektsgebiet erstreckt sich vom Schigebiet Kühtai ausgehend bis zu der ausgedehnten Mulde östlich des Faltegartenkogels im Bereich der Feldringalm knapp oberhalb der Baumgrenze. Das Projektsgebiet ist durch zwei markante Berggipfel geprägt, das sind der Hintere Grieskogel und der Pirchkogel selbst. Für die Erschließung der Feldringer Böden von Kühtai aus sind zwei Bahnen erforderlich, die 8-EUB Pirchkogel und die 6-SB Schafjoch. Die geplante Verbindungsbahn 8-EUB Pirchkogel hat ihre Talstation unmittelbar im Bereich der bestehenden Talstation des Schleppliftes Schwarzmoos. Entgegen dem ursprünglichen Einreichprojekt soll die Piste Pirchkogel nicht mehr errichtet werden. Dieses Gelände soll als freies Schigelände erhalten bleiben. In einer Mulde unmittelbar nördlich des Pirchkogel soll die Mittelstation situiert werden. Von hier führt der Verlauf der geplanten Schipiste Richtung Feldringalm am markanten Nordgrat des Pirchkogels vorbei, dreht dann scharf nach Westen und führt in westlicher Richtung über einen ausgeprägten Grat zum Schafjoch, dem oberen Ende der Feldringalm, in einer Seehöhe von etwa
2.600 m. Dieser Abschnitt soll zum überwiegenden Teil skiwegartig die pistenmäßige Verbindung entlang des Gratrückens in Richtung Feldring herstellen. Die Breite der Strecke variiert je nach Geländeausformung und Hangneigung. Bei sich bietenden Möglichkeiten sollen kurze Falllinienhänge die Skiwege unterbrechen. Gemeinsam mit dem Pisten- und Skiwegebau soll in diesem Abschnitt auch der erforderliche Bauhilfs- und Transportweg in die vorgesehene Pistentrasse gelegt werden. Um eine sichere und problemlose Bewältigung dieser Gratstrecke für alle Könnensstufen von Skiläufern zu gewährleisten, sind folgende technische Maßnahmen erforderlich: hm 0,5 - hm 1,5: Skiwegbau; hm 1,5 - hm 4,8: Pistenbau, Skiwegbau, Absturzsicherungen talseitig, teilweise technische Maßnahmen (Hangbrücken); hm 4,8 - hm 7,5: Pistenbau, Hangausgleich, Geländeabtrag; hm 7,5 - Schafjoch: Pistenbau und Hangausgleich. Am Schafjoch ist die Errichtung der Bergstationen der 8-EUB Pirchkogel und der 6-SB Schafjoch geplant. Vom Schafjoch erstrecken sich westwärts gleichmäßig geneigte und flache Hänge bis hinunter in die Mulde östlich des Faltegartenkogels. Die Feldringer Böden sollen mittels der geplanten 6-SB Schafjoch erschlossen werden. Die Piste Feldring soll nunmehr aufgrund der Projektänderung bei hm 18 in westlicher Richtung entlang des flachen Geländerückens bis hm 10 führen, wobei keinerlei Geländeveränderungen, abgesehen von kleinflächigen Entsteinungsmaßnahmen, vorgesehen sind. Bei hm 10 schwenkt die geplante Schipiste nach Nordwest und führt mit weiterhin geringer Neigung einem Rücken entlang, schwenkt dann nach Westen und führt anschließend wiederum in der Falllinie bis in eine auffällige Mulde. Im Bereich der vorgesehenen Pistenkurve sind einige Geländerippen zu überwinden. Daher ist in diesem Bereich eine Geländekorrektur vorgesehen, sodass die maximale Neigung der Piste nicht mehr als 40 % beträgt und eine ebene Pistenfläche entsteht. Zwischen hm 5 und hm 4 ist eine größere Geländekorrektur notwendig, wobei der dort befindliche Felsrücken durchschnitten werden soll. Die Abtragshöhe beträgt etwa 5,5 m. Das Aushubmaterial soll im Bereich unter- und oberhalb des Einschnittes eingebaut werden. Bei hm 2,50 schwenkt die geplante Piste nach Osten und führt durch ein mit lichtem Zirbenwald bestocktes Tal auf die Ebene hinab, auf der auch die Errichtung der Talstation der 6-SB Schafjoch vorgesehen ist, welche gegenüber dem Einreichprojekt um 385 m in westlicher Richtung an den Waldrand verschoben wurde. Hier sollen die Zirben gerodet und das Gelände in diesem Bereich eingeebnet werden, sodass es für die Präparierung mit Pistengeräten geeignet ist. Aufgrund der günstigen Geländeverhältnisse ist vorgesehen, eine zweite Piste, jedoch mit minimalem Aufwand für Geländekorrekturen, zu errichten, welche dem flachen Rücken bei hm 10 weiter entlang zieht und bei einem markanten Tal Richtung Nordosten schwenkt. Die Piste Feldringer Abfahrt erfordert nur im gleichen Bereich wie die Piste Feldring Geländekorrekturen zur Überwindung der bestehenden Geländerippen. Etwa im Bereich der Mulde münden beide Pisten wieder zusammen. Da das Projektsgebiet besonders im Bereich des Hinteren Grieskogels, des Pirchkogels und teilweise auch im Bereich der Feldringer Böden durch lawinengefährdete Hänge führt, ist ein permanenter Lawinenschutz für die geplanten Bahnen, die Stationen, jeweils eine dazugehörige Piste und für den Bergefall vorzusehen. Um einerseits den Bau der Schipiste und der Stationsgebäude zu ermöglichen und auch im Wartungsfall eine Zufahrt zu den Stationen zu erhalten, ist die Errichtung von Bauhilfs- und Transportwegen vorgesehen. Der Bauhilfsweg Feldringalm-Pirchkogel beginnt am Umkehrplatz des bestehenden Weges von Marlstein zu den Feldringer Böden und folgt dem Wanderweg bis hinauf in die Flanken des Pirchkogels. Eine Abzweigung dieses Weges soll als Bauhilfsweg auch zur Talstation der geplanten 6-SB Schafjoch errichtet werden. Auch im Bereich der 8-EUB Pirchkogel ist die Errichtung eines Bauhilfsweges beabsichtigt."
Unter der Überschrift "Allgemeine Angaben zur naturräumlichen Gliederung" traf die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides sodann folgende Feststellungen:
"Der Bereich der Talstation der 8-EUB Pirchkogel bis hinauf zur Bergstation Schlepplift Schwarzmoos ist geprägt durch zahlreiche Kleingerinne sowie einige größere Feuchtstellen und Flachmoore, welche aufgrund der Hangverflachungen entstanden sind. Die geplante Talstation der 8-EUB Pirchkogel liegt unmittelbar östlich eines kleinen Gerinnes, aber bereits im trockenen Bereich eines flachen Hanges. Laut Kataster befinden sich etwa 20 m neben der geplanten Talstation die sogenannte Wittingsprungquelle 1 und
2. Diese Quellen sind an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen und gefasst. Der Bereich um die Bergstation des Schleppliftes Schwarzmoos ist durch den Schwarzmoos-See bestimmt. Er ist einer von vier Seen. Am größten der vier Seen ist die limnologische Forschungsstation der Universität Innsbruck eingerichtet. Die Hänge im Bereich der Bergstation Schlepplift Schwarzmoos bis hinauf zur Station 17 der geplanten 8-EUB Pirchkogel liegen in zwei völlig verschiedenen Expositionen, doch haben sie hydrologisch gesehen gemeinsam, dass sie von grobem Blockschutt bedeckt sind und daher sehr hohe Versickerungsraten aufweisen. Die groben Blöcke befinden sich wahrscheinlich auf feinerem Untergrundmaterial, welches geringere Durchlässigkeiten aufweist und daher für das Sickerwasser als Stauhorizont wirkt: In diesem Bereich finden sich an keiner Stelle permanent fließende Oberflächengerinne, fallweise kann es bei Starkniederschlägen zu Oberflächenabfluss in Geländesenken kommen, welche jedoch bisher keine ausgeprägten Gerinne haben entstehen lassen. Der Gratrücken im Bereich der Stütze 17 der geplanten 8-EUB Pirchkogel bis zum Schafjoch ist sehr trocken. Das Schafjoch ist bis zu hm 8 des Längsprofiles 3 durch die flachen Hänge der Feldringer Böden geprägt. Auf den flachen Hängen sind immer wieder Erosionsrunsen zu erkennen, welche als Folge von Rinnenerosion entstanden sind. Die hydrologischen Verhältnisse sind also durch Oberflächenabfluss geprägt, welcher sich nach einer gewissen Hanglänge konzentriert und daher zu erodieren beginnt. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Rillenerosion erst bei lang andauernden Niederschlägen beginnt, da der hohe Grobskelettanteil der Böden für hohe Versickerungsraten zumindest bei beginnendem Starkregen sorgt. Der 5. Bereich wird hydrologisch gesehen durch die Quellbereiche (Grießer Sprünge) im Bereich bergseits der geplanten Talstation 6-SB Schafjoch und die in der Umgebung liegenden Bachbereiche und Feuchtgebiete bestimmt. Die Quellen entspringen im gesamten steileren Hangbereich oberhalb der geplanten Talstation. Die geplante Talstation liegt an der Waldgrenze. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass der überwiegende Teil des Projektsgebietes sehr trocken ist; lediglich im Bereich, in dem die Piste Feldring sowie der Pistenast Feldringer Abfahrt wieder zusammenmünden, befindet sich eine Feuchtfläche.
Vegetation
Die Vegetation wird umfangreich im Projekt (Beilage 10b: Textteil zur Vegetationskartierung) beschrieben. Ergänzend dazu liegt ein Orthofoto mit Vegetationskartierung (Plan 10a) vor. Insbesondere aus Planunterlage 10a geht hervor, welche Vegetationseinheiten durch die einzelnen Baumaßnahmen betroffen werden. Verbal erfolgt eine Beschreibung in Kapitel 1.1. des Textteiles zur Vegetationskartierung (Projektbeilage 10b).
Geologische Verhältnisse
Das Grundgestein im gesamten behandelten Bereich besteht durchwegs aus basischen Gesteinen wie Paragneis und Granitgneis. Die geologischen Verhältnisse sind auf der Kühtaier Seite des Projektgebietes insbesondere durch den Einfluss der Vergletscherung und der damit vorhandenen Moränen und Blockschutthalden bestimmt. Die morphologischen Geländegegebenheiten auf den Feldringer Böden mit zahlreichen hangparallelen Rippen und Rücken, welche zum Teil auch Seen bilden, deuten auf großräumige Massenbewegungen hin, welche für das vorliegende Projekt jedoch aufgrund ihrer langsamen Entwicklung von untergeordneter Bedeutung sind.
Naturgefahren
An Naturgefahren sind im Projektbereich vor allem die Lawinengefahr und in kleineren Bereichen möglicherweise Steinschlag von Bedeutung. Es sind Maßnahmen an der Nordostflanke des Hinteren Grieskogels, zum Schutz der Pisten Pirchkogel Ostseite und an der Nordostflanke des Pirchkogels zum Schutz der Mittelstation Pirchkogel erforderlich. Die geplante Schipiste an der Nordflanke des Pirchkogels soll mittels Anbruchverbauung gesichert werden. Weiters sind Maßnahmen an der Nordwestflanke der Feldringer Böden zum Schutz der 6-SB Schafjoch und der geplanten Talstation der 6-SB Schafjoch erforderlich. Im Bereich der Grießer Sprünge ist zum Schutz der Seilbahntrasse eine Werkreihe vorgesehen. Im Bereich Faltegarten sind ebenfalls Sicherungen für die Seilbahntrasse und die Errichtung der erforderlichen lawinensicheren Schipiste vorgesehen.
Nutzungen
Das Projektsgebiet wird einerseits im Bereich der Gossenkölle und andererseits im Bereich der Feldringerböden als Almweide genutzt. Der Bereich der Gossenkölle und der Bereich unterhalb der Gossenkölle bis zur Talstation der geplanten 8-EUB Pirchkogel wird als Schaf- und Pferdeweide genutzt. Die felsigen Partien des Pirchkogel sind für eine Beweidung ungeeignet. Hingegen werden die Feldringer Böden in den Sommermonaten ebenfalls extensiv beweidet und die Lägerflora zeigt, dass die Beweidung bis knapp unterhalb des Pirchkogels bis in eine Seehöhe von etwa 2.600 m erfolgt, in höheren Regionen hauptsächlich durch Schafe, auf den flacheren Almböden auch durch Pferde. Das Projektsgebiet weist sowohl Winterals auch Sommertourismus auf. Der Sommerwanderweg führt von der Gossenkölle auf den Pirchkogel und über das Schafjoch Richtung Feldringalm. Vom Schafjoch gibt es auch einen markierten Wanderweg Richtung Norden nach Stams. Nördlich des sogenannten Predigtstuhls führt ebenfalls ein selten begangener Wanderweg etwa der Höhenschichtenlinie entlang zur Faltegartenalm. Der Pirchkogel ist aufgrund der weit hinaufreichenden Erschließung durch Lifte und der geringen Anstiegshöhe ein beliebtes Schitourenziel. Die meisten Schifahrer fahren wieder Richtung Kühtai ab, nur wenige fahren zu den Feldringerböden, Richtung Feldringeralm und Silzer Sattel ab."
Sodann traf die belangte Behörde folgende "Feststellungen aus schitechnischer Sicht":
"Der skitechnisch interessante Abschnitt des Projektes liegt im Bereich-Schafjoch-Feldringer Böden-Faltegartenalm. Hier liegen Skiflächen für jede Könnensstufe mit einem Höhenunterschied von 600 Meter. Die Verlängerung und Verschwenkung der Piste Feldring bringt eine bessere Ausnützung und Linienführung auf günstig geneigten Skiflächen im unteren Bereich der geplanten Skiabfahrt. Die Pirchkogelbahn hat primär Verbindungscharakter. Der Entfall des Pistenausbaues von der Mittelstation Pirchkogel hinunter zum Schwarzmoos bringt mit sich, dass für den schwachen und mittleren Skiläufer auf dieser Strecke keine adäquate Abfahrtsmöglichkeit besteht. Dieser Skiläuferkreis kann jedoch mit der Pirchkogelbahn abfahrend problemlos das Skigebiet in Kühtai erreichen. Der gute Skiläufer kann bei der Zwischenstation aussteigen und bietet sich diesem bei lawinensicheren Schnee- und Witterungsverhältnissen eine zusätzliche Abfahrtsmöglichkeit auf der Skiroute Pirchkogel-Mittelstation-Schwarzmoos von rund 400 Höhenmeter an. Durch die Erschließung des Schafjoches und durch den Bau der Verbindungsbahn Pirchkogel ergibt sich aus schitechnischer Sicht eine wesentliche Erhöhung der Attraktivität des Skigebietes Kühtai. Die Förderleistung der Bahnanlagen steht in einem angemessenen Verhältnis zu den angebotenen und im Projekt ausgewiesenen Skiflächen."
Die von der belangten Behörde getroffenen "Feststellungen aus naturkundlicher Sicht" lauten:
Das Pirchkogelmassiv selbst sowie die weitere Umgebung sind hochsensible alpine bis hochalpine und zum Teil nur schwer zugängliche oder unzugängliche Bereiche weitab besiedelter Räume oberhalb der Waldgrenze und weisen keine technischen Erschließungen auf. Der Abwechslungsreichtum und die landschaftliche Vielfalt an unterschiedlichsten Ensembles prägen den gegenständlichen Bereich. Nur randlich wird das beschriebene Gebiet von technischen Einrichtungen bzw. Eingriffen betroffen:
auf der einen Seite endet die Schierschließung des Kühtai, auf der anderen Seite im Westen werden die Feldringer Böden von einer Hochspannungsleitung durchschnitten. Im Übrigen ist der gesamte Bereich mit Ausnahme der Forschungsstation der Universität Innsbruck frei von technischen Einrichtungen. Diese Station ist jedoch nur über einen schmalen Fußsteig erreichbar und liegt knapp oberhalb des schitechnisch erschlossenen Bereiches. Im betroffenen Gebiet selbst findet man nur durch das Begehen ausgetretene, jedoch nicht eigens errichtete Steige. Es handelt sich um einen alpinen bis hochalpinen natürlichen Raum mit besonderen landschaftlichen Kontrasten, einer speziellen geografischen Lage zwischen Kühtai und Inntal mit weiten Ausblicken in das Oberland und auf den Mieminger Bereich und ebenso mit von weither möglichen Einblicken auf den Pirchkogel selbst, Abwechslungsreichtum im Kleinen, vielfältigen alpinen Lebensräumen mit teilweise besonderem Schutzstatus (Lebensraum des Schnee- und Steinhuhns, Biosphärenreservat) und erhebender Lage. Die vorgesehenen Maßnahmen betreffen überwiegend Naturräume bzw. naturnahe Kulturlandschaften. Aus naturkundlicher Sicht ist der gegenständliche Bereich als hoch schutzwürdig in allen Belangen einzustufen. Das Gesamtausmaß der mit dem Projekt verbundenen Beeinträchtigungen, insbesondere des Landschaftsbildes und des Erholungswertes, ist als dauerhaft und irreversibel zu bezeichnen. Aus naturkundlicher Sicht gibt es bei derart schwerwiegenden Beeinträchtigungen keine effektiven Möglichkeiten, die geeignet wären, das Ausmaß der Beeinträchtigungen wesentlich und somit auf ein vertretbares Maß zu reduzieren. Nur in einigen kleinen Details könnten durch Maßnahmen Reduktionen von Beeinträchtigungen erreicht werden, die jedoch - gemessen am Gesamtausmaß der Beeinträchtigungen - keine Änderung der Gesamtbeurteilung bewirken können."
Im Zusammenhang mit den "öffentlichen Interessen, die für die Realisierung des Projektes sprechen", traf die belangte Behörde folgende Feststellungen:
"Positive Auswirkungen auf den Tourismus durch eine Attraktivitätssteigerung des Schigebietes: Kühtai gehört zur Gemeinde Silz. Da der Hauptort Silz nur wenige Betten aufweist und vor allem im Winter kaum Nächtigungen hat, ist die Entwicklung des Wintertourismus von Kühtai über die Zahl der Gesamtgemeinde gut verfolgbar.
Tourismusentwicklung in der Gemeinde Silz im Vergleich zu Tirol
Betten | Nächtigungen | Vollbelegstage | |
Silz | |||
Winter 92/93 | 1317 | 121.000 | 92 |
Winter 97/98 | 1354 | 108.000 | 80 |
Land Tirol | |||
Winter 92/93 | 355.781 | 22.927.000 | 64 |
Winter 97/98 | 352.191 | 20.713.000 | 59 |
Auch Silz (Kühtai) hat im Winter in den letzten 5 Jahren Nächtigungsverluste erlitten. Die Bettenauslastung liegt aber wesentlich über dem Landesmittel, sie gehört zu den höchsten Tirols. Kühtai allein weist eine noch um eine Spur höhere Bettenauslastung aus. Das Bettenangebot ist in Silz (Kühtai) unvergleichlich höherwertiger als in Gesamttirol.
Bettenangebot nach Unterkunftsarten im Winter 1997/98
Kategorie | Silz (Kühtai) | Tirol |
4 und 5 Sternbetriebe | 51 % | 15 % |
3 Sternbetriebe | 23 % | 18 % |
Rest (incl. Privatquartiere) | 26 % | 67 % |
Das Schigebiet Kühtai wies im Jahr 1996 10 Anlagen auf, davon 2 kuppelbare 4-Sesselbahnen und einen Babylift. Wegen der Höhenlage sind alle Anlagen Sportbahnen. Ihre Transportkapazität (Summe der Produkte aus Förderleistung und Höhenmeter der einzelnen Anlagen) betrug 3.573.000 Personenhöhenmeter/h. Dies ergibt rechnerisch einen Wert von 2.639 Personenhöhenmeter/h pro Bett. Das heißt, dass, wenn alle Betten vollbelegt sind und alle Gäste Schi fahren, jeder von ihnen in der Stunde mehr als 2.600 Höhenmeter fahren kann. Das sind zweifellos gewaltige Überkapazitäten (auch unter Berücksichtigung der Sellrainer Betten). In der Tat wird das Kühtai von vielen Tagesbesuchern außerhalb des engeren Einzugsbereiches besucht, wofür auch Werbung betrieben wird. Auch wenn Überkapazitäten vorhanden sind, so hängt die Qualität eines Schigebietes doch in immer größerem Maße von der absoluten Größe ab. In dieser Hinsicht würde das geplante Vorhaben eine Verbesserung bringen. Die erste Teilstrecke, die durch die ca. 3 km lange 8-EUB erschlossen wird, ist zwar zum Schifahren denkbar schlecht geeignet, da sie zum überwiegenden Teil aus Schiwegen besteht, die nur für gute Schifahrer benutzbar sind. Die Fahrt mit der Seilbahn über den Pirchkogel, die 9 Minuten dauert, wäre jedoch des grandiosen Ausblicks wegen ein eindrucksvolles Erlebnis. Die kuppelbare 6-Sesselbahn Schafjoch auf der Feldringer Alm erschließt 550 Höhenmeter ideales Schigelände. Diese Erschließung würde sicherlich auch dem Tourismus durch Dauerurlauber in Kühtai zugute kommen, auch wenn die Bettenauslastung bereits nahe der oberen Grenze des Möglichen liegt. Es ist jedoch anzunehmen, dass in stärkerem Maße die Tagesbesucher die erhöhte Kapazität des Kühtaier Schigebietes nutzen würden."
An "öffentlichen Interessen, die gegen die Realisierung des Projektes sprechen" führte die belangte Behörde - unter Hinweis auf ihre Feststellungen zu den "öffentlichen Interessen aus der Sicht des Naturschutzes" - Folgendes an:
"Pirchkogel als vielbegangener Schitourenberg
Der Pirchkogel ist einer der Hauptschitourenberge im Großraum Innsbruck-Imst-Ötztal. Mit nur 800 m Höhendistanz, die zur Gänze über baumfreies Gelände führen, ist diese Schitour auch für schwächere Tourengeher möglich. Als Folge seiner isolierten Lage bietet er eine phantastische Aussicht.
Verkehr auf den Zubringerstraßen
Die geplante Erschließung vom Inntal aus war vor allem dazu gedacht, den Verkehr auf den Zufahrtsstraßen durch das Sellraintal bzw. von Ötz aus zu beschränken. Nach dem Projekt wäre aber genau das Gegenteil der Fall, da die gestiegene Kapazität des Schigebietes primär von Tagesbesuchern genützt würde.
Parkplatzsituation in Kühtai
An schönen Schitagen sind derzeit in Kühtai die Parkplätze voll ausgelastet. Ein erhöhter Zusturm von Tagesbesuchern würde die Parkplatzsituation verschlechtern."
Unter der Überschrift "Beweiswürdigung" begründete die belangte Behörde im Einzelnen, aus welchen Gründen sie ihren Feststellungen Befund und Gutachten des naturkundlichen Amtssachverständigen - und nicht die Darlegungen des von der Beschwerdeführerin beigezogenen landschaftsökologischen Beraters - zu Grunde lege.
Sodann führte die belangte Behörde Folgendes aus:
"Auf die mit der Schigebietserweiterung verbundene Attraktivitätssteigerung und die überregionale Bedeutung des Vorhabens verweisen die Abteilung Tourismus des Amtes der Tiroler Landesregierung sowie die Gemeinden Stams, Haiming, Silz, Roppen, Telfs, Mieming und Zirl sowie die Kleinregion 12 - Sellrain, der Tourismusverband Telfs-Mösern, die Ferienregion Innsbruck West, die Ferienregion Kühtai-Sellraintal, die Ferienregion Mittleres Oberinntal, der Tourismusverband Kühtai, die Ferienregion Mieminger Plateau und Fernpassseen, die Bezirkslandwirtschaftskammer Imst, dieWirtschaftskammer Tirol, Bezirksstelle Imst, und die Region Hochötz. Dabei wird offenbar davon ausgegangen, dass die ebenfalls seit längerem in Diskussion stehende Zubringerbahn aus dem Inntal errichtet wird. Diese ist jedoch nicht Gegenstand des eingereichten Projektes."
Im Rahmen ihrer rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, das Vorhaben bedürfe hinsichtlich der Seilbahnen einer eisenbahnrechtlichen Genehmigung. Gemäß § 40 Abs. 2 lit. a TirNatSchG 1997 sei daher die Landesregierung die zuständige Naturschutzbehörde. Die Errichtung der Pisten werde durch die Errichtung der beiden Seilbahnen bedingt und stehe somit mit diesen Anlagen in untrennbarem Zusammenhang. Auch insoweit sei daher die Zuständigkeit der Landesregierung gegeben. Das Projekt falle unter die Tatbestände des § 6 lit. c und e TirNatSchG 1997. Für die Versorgung des geplanten Bergrestaurants mit Trinkwasser solle ein Teil der Schüttung der Quellen im Bereich der sogenannten Krissersprünge genutzt werden. Somit sei auch der Tatbestand nach § 7 Abs. 1 lit. b TirNatSchG 1997 erfüllt. Die Verwirklichung des eingereichten Projektes habe zum Teil massive Beeinträchtigungen der Schutzgüter des § 1 Abs. 1 TirNatSchG 1997 zur Folge. Die Bewilligungsvoraussetzungen nach § 27 Abs. 1 lit. a Z. 1 und Abs. 2 lit. a Z. 1 TirNatSchG 1997 seien daher nicht erfüllt. Es sei daher im Sinne des § 27 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 lit. a Z. 2 TirNatSchG 1997 eine Interessenabwägung durchzuführen. Die durch das Vorhaben hervorgerufenen Beeinträchtigungen seien als gravierend zu beurteilen, da ein technisch nahezu unerschlossener alpiner bis hochalpiner Naturraum technisch überformt werde. Für das Vorhaben spreche die mit der Erweiterung verbundene Attraktivitätssteigerung des Schigebietes Kühtai. Nachdem die Bettenauslastung in Kühtai jedoch bereits nahe der oberen Grenzen des Möglichen liege, sei diese Attraktivitätssteigerung zu relativieren, da im stärkeren Maße die Tagesbesucher die erhöhte Kapazität des Kühtaier Schigebietes nutzen würden. Damit wäre jedoch wiederum eine Erhöhung des Verkehrsaufkommens auf den im Winter bereits jetzt stark frequentierten Zufahrtsstraßen durch das Sellraintal bzw. von Ötz aus und damit eine Erhöhung der Belastung der davon betroffenen Bevölkerung verbunden, was bisherigen Bestrebungen zuwiderlaufe. Auch erscheine es wenig plausibel, dass Tagestouristen in erhöhtem Ausmaß ein Schigebiet frequentieren werden, wenn bei der Anreise regelmäßig mit erhöhtem Verkehrsaufkommen oder sogar mit Staus gerechnet werden müsse. Im Übrigen seien die Parkplätze in Kühtai bereits derzeit ausgelastet. Ein erhöhter Zustrom von Tagesbesuchern würde die Parkplatzsituation noch weiter verschlechtern. Insgesamt ergebe sich sohin, dass die Attraktivitätssteigerung dem Tourismus in Kühtai selbst aufgrund der bereits vorhandenen Bettenauslastung keinen Vorteil bringe. Für die umliegenden Gemeinden käme eine Attraktivitätssteigerung nur dann in Betracht, wenn die bereits jetzt bestehende, allgemein bekannte Verkehrsproblematik gelöst werden könnte. Daher sei auf die weiteren, in den Seilbahngrundsätzen 2000 bis 2004 genannten Voraussetzungen für die Erschließung der Feldringer Alm, nämlich das Vorliegen einer umweltverträglichen Planung und der Nachweis der Wirtschaftlichkeit des Projektes, nicht näher einzugehen. Hinsichtlich der umweltverträglichen Planung sei jedoch grundsätzlich auf die Ausführungen des naturkundlichen Amtssachverständigen zu verweisen. Eine derartige Planung habe auch die Bereiche Landschaftsbild und Erholungswert zu berücksichtigen, welche nach den Feststellungen des Amtssachverständigen durch das gegenständliche Projekt massiv beeinträchtigt würden. Zusammenfassend lasse sich daher feststellen, dass das öffentliche Interesse am beantragten Vorhaben als sehr gering zu bewerten sei. Die Verwirklichung des Projektes hätte massive Beeinträchtigungen der Schutzgüter des TirNatSchG 1997 zur Folge. Die Interessen des TirNatSchG 1997 hätten im gegenständlichen Fall daher deutlich höheres Gewicht. Die Bewilligung sei somit zu versagen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Außerhalb geschlossener Ortschaften bedürfen nach dem mit "Allgemeine Bewilligungspflicht" überschriebenen § 6 TirNatSchG 1997 folgende Vorhaben einer Bewilligung, sofern hiefür nicht nach einer anderen Bestimmung dieses Gesetzes, einer Verordnung auf Grund dieses Gesetzes oder einem der in der Anlage zu § 46 Abs. 1 genannten Gesetze eine naturschutzrechtliche Bewilligung erforderlich ist:
...
"c) die Errichtung von Seilbahnen, sofern sie nicht dem Güter- und Seilwege-Landesgesetz, LGBl. Nr. 40/1970, unterliegen, und die Errichtung von Anlagen in Gletscherschigebieten nach § 5 Abs. 1 lit. d Z. 2 und 3;
...
e) die Errichtung von Sportanlagen, wie Schipisten, Rodelbahnen, Klettersteige, Golf-, Fußball- und Tennisplätze und dergleichen, sowie von Anlagen zur Erzeugung von Schnee;"
...
Nach Abs. 1 lit. b des mit "Schutz der Gewässer" überschriebenen § 7 TirNatSchG 1997 bedarf außerhalb geschlossener Ortschaften im Bereich von fließenden natürlichen Gewässern und von stehenden Gewässern mit einer Wasserfläche von mehr als 2000 m2 die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen einer naturschutzrechtlichen Bewilligung.
Nach § 27 Abs. 1 TirNatSchG 1997 ist eine naturschutzrechtliche Bewilligung, soweit in den Abs. 2 und 3 nichts anderes bestimmt ist, zu erteilen,
a) wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht beeinträchtigt oder
b) wenn andere öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen.
Gemäß § 27 Abs. 2 lit. a TirNatSchG 1997 darf eine naturschutzrechtliche Bewilligung für eine über die Instandhaltung oder Instandsetzung hinausgehende Änderung einer bestehenden Anlage im Bereich der Gletscher und ihrer Einzugsgebiete (§ 6 lit. f), für Vorhaben nach den § 7 Abs. 1 und 2, 8, 9, § 25 Abs. 3 und § 26 Abs. 3 nur erteilt werden,
1) wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht beeinträchtigt oder
2) wenn andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen.
Abs. 1 des mit "Allgemeine Grundsätze" überschriebenen § 1 TirNatSchG 1997 lautet:
"(1) Dieses Gesetz hat zum Ziel, die Natur als Lebensgrundlage des Menschen so zu erhalten und zu pflegen, dass
- a) ihre Vielfalt, Eigenart und Schönheit,
- b) ihr Erholungswert,
- c) der Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume und
d) ein möglichst unbeeinträchtigter und leistungsfähiger Naturhaushalt
bewahrt und nachhaltig gesichert oder wiederhergestellt werden. Die Erhaltung und die Pflege der Natur erstrecken sich auf alle ihre Erscheinungsformen, insbesondere auch auf die Landschaft, und zwar unabhängig davon, ob sie sich in ihrem ursprünglichen Zustand befindet oder durch den Menschen gestaltet wurde. Der ökologisch gestalteten land- und forstwirtschaftlichen Nutzung kommt dabei besondere Bedeutung zu. Die Natur darf nur soweit in Anspruch genommen werden, dass ihr Wert auch für die nachfolgenden Generationen erhalten bleibt."
Gemäß § 27 Abs. 6 TirNatSchG 1997 ist eine Bewilligung zu versagen, wenn eine Voraussetzung für ihre Erteilung nicht vorliegt.
Zu § 27 Abs. 2 leg. cit., welche Vorschrift Vorhaben in Gebieten mit - im Verhältnis zu der Regelung des Abs. 1 - höherem Schutzniveau (Bereich der Gletscher und ihrer Einzugsgebiete, Auwälder, Feuchtgebiete udgl.) betrifft, hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung folgende Auffassung vertreten:
In Verfahren über eine Bewilligung nach § 27 Abs. 2 TirNatSchG 1997 hat die Behörde in einem ersten Schritt zu prüfen, welches Gewicht der Beeinträchtigung der Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 TirNatSchG 1997 (Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Natur, Erholungswert, Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürlicher Lebensräume, möglichst unbeeinträchtigter und leistungsfähiger Naturhaushalt) durch das Vorhaben zukommt. Dem hat sie die langfristigen öffentlichen Interessen, denen die Verwirklichung des Vorhabens dienen soll, gegenüberzustellen. Den Anforderungen an eine gesetzmäßige Begründung entspricht ein aufgrund einer Interessenabwägung ergangener Bescheid nur dann, wenn er in qualitativer und quantitativer Hinsicht nachvollziehbare Feststellungen über jene Tatsachen enthält, von denen Art und Ausmaß der verletzten Interessen im Sinne des § 1 Abs. 1 TirNatSchG 1997 abhängt, über jene Auswirkungen des Vorhabens, in denen eine Verletzung dieser Interessen zu erblicken ist und über jene Tatsachen, die das langfristige öffentliche Interesse ausmachen, dessen Verwirklichung die beantragte Maßnahme dienen soll. Entsprechendes gilt für die nach § 27 Abs. 1 TirNatSchG 1997 bei Vorhaben "außerhalb geschlossener Ortschaften" vorzunehmende Interessenabwägung mit der Maßgabe, dass diese Gesetzesstelle an "andere öffentliche Interessen", Abs. 2 hingegen an "andere langfristige öffentliche Interessen" anknüpft (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 4. November 2000, Zl. 2000/10/0064, und die dort zitierte Vorjudikatur). Fällt ein Vorhaben unter einen der in § 27 Abs. 2 lit. a bis c genannten Tatbestände, ist die Bewilligungsfähigkeit des Vorhabens in seiner Gesamtheit nach der Vorschrift des § 27 Abs. 2 TirNatSchG 1997 zu beurteilen (vgl. hiezu die Erkenntnisse vom 18. Dezember 2000, Zl. 2000/10/0119, vom 29. Mai 2000, Zl. 98/10/0343, und vom 18. Oktober 1993, Zl. 92/10/0134).
Im vorliegenden Fall fehlen in Ansehung der im erwähnten ersten Schritt zu beurteilenden Frage, ob und inwieweit es durch das beantragte Vorhaben zu einer Beeinträchtigung von Interessen des Naturschutzes kommt, in qualitativer und quantitativer Hinsicht hinreichend nachvollziehbare Feststellungen sowohl über jene Tatsachen, die die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 TirNatSchG 1997 (Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Natur, Erholungswert, Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume, möglichst unbeeinträchtigter und leistungsfähiger Naturhaushalt) im fraglichen Gebiet ausmachen, als auch nachvollziehbare Feststellungen über die Auswirkungen des Vorhabens, in denen eine Verletzung der genannten öffentlichen Interessen liegt.
Im angefochtenen Bescheid (im Feststellungsteil) ist davon die Rede, dass es sich beim Pirchkogelmassiv selbst sowie der weiteren Umgebung um hochsensible alpine bis hochalpine und zum Teil nur schwer zugängliche oder unzugängliche Bereiche weitab besiedelter Räume oberhalb der Waldgrenze handle, die keine technischen Erschließungen aufwiesen; der "gegenständliche Bereich" sei von "Abwechslungsreichtum und landschaftlicher Vielfalt an unterschiedlichsten Ensembles" geprägt. Nur randlich werde das beschriebene Gebiet von technischen Einrichtungen bzw. Eingriffen (Schierschließung, Hochspannungsleitung, Forschungsstation) betroffen. Es handle sich um einen alpinen bis hochalpinen natürlichen Raum mit besonderen landschaftlichen Kontrasten, einer speziellen geografischen Lage zwischen Kühtai und Inntal mit weiten Ausblicken in das Oberland und auf den Mieminger Bereich und ebenso mit von weither möglichen Einblicken auf den Pirchkogel selbst, Abwechslungsreichtum im Kleinen, vielfältigen alpinen Lebensräumen mit teilweise besonderem Schutzstatus (Lebensraum des Schnee- und Steinhuhns, Biosphärenreservat) und erhebender Lage. Die vorgesehenen Maßnahmen beträfen überwiegend Naturräume bzw. naturnahe Kulturlandschaften. Aus naturkundlicher Sicht sei der gegenständliche Bereich als hoch schutzwürdig in allen Belangen einzustufen. Es sei "das Gesamtausmaß der mit dem Projekt verbundenen Beeinträchtigungen, insbesondere des Landschaftsbildes und des Erholungswertes, als dauerhaft und irreversibel zu bezeichnen". Im Rahmen der Begründung der Beweiswürdigung wird dargelegt, es sei logisch und nachvollziehbar, dass die Verwirklichung der gegenständlichen Anlagen in einem technisch nahezu unerschlossenen Naturraum im Hochgebirge das Landschaftsbild massiv verändert und beeinträchtigt. Die Achtereinseilumlaufbahn Pirchkogel mit Talstation, Kabinenbahnhof, Zwischenstation und Bergstation solle eine schräge Länge von
2.995 m und insgesamt 20 Stützen aufweisen. Die Sechsersesselbahn Schafjoch mit Talstation, Sesselbahnhof und Bergstation soll eine schräge Länge von 2.079 m und insgesamt 13 Stützen aufweisen. Durch mit Geländeveränderungen verbundenen Pistenneubau werde eine Fläche von 58.320 m2 in Anspruch genommen. Durch Bauhilfs- und Transportwege würden 38.430 m2 beansprucht. Schließlich seien ca.
2.800 lfm Stützverbauungen notwendig, durch welche eine Fläche von
36.412 m2 in Anspruch genommen werden solle. Bei den mit dem Pistenneubau verbundenen Geländeveränderungen werde auch zum Teil massiv in das anstehende Gelände eingegriffen. Ebenso wenig sei zu bestreiten, dass das Anlegen von Schipisten in den davon betroffenen Bereichen bis zur Zerstörung der dort vorhandenen Vegetationseinheiten führen könne. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sich aufgrund der hohen Empfindlichkeit von Lebensgemeinschaften im alpinen bis hochalpinen Bereich jede Störung besonders auswirke. Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung vertritt die belangte Behörde schließlich die Auffassung, dass die Verwirklichung des eingereichten Projekts "zum Teil massive" Beeinträchtigungen der Schutzgüter des § 1 Abs. 1 TirNatSchG 1997 zur Folge habe.
Diese Darlegungen entsprechen nicht den Anforderungen an die gesetzmäßige Begründung eines im Grunde des § 27 Abs. 1 und 2 TirNatSchG 1997 ergangenen Bescheides. Nun mag aufgrund der Hinweise der belangten Behörde auf die weitgehende Ursprünglichkeit des vom Projekt in Anspruch genommenen Naturraumes und auf die Dimensionen des Projektes, insbesondere das Ausmaß der in Anspruch genommenen Flächen im alpinen bis hochalpinen Bereich, die Annahme nahe liegen, dass mit der Ausführung des Projektes Auswirkungen auf die durch § 1 Abs. 1 TirNatSchG 1997 geschützten Güter verbunden sein werden. Ein im Grunde des § 27 Abs. 1 und 2 TirNatSchG 1997 erlassener Bescheid entspricht aber - wie dargelegt - nur dann dem Gesetz, wenn seine Begründung nachvollziehbare Feststellungen über jene Tatsachen enthält, von denen das Gewicht der Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 TirNatSchG 1997 und das Gewicht ihrer Beeinträchtigung durch das Vorhaben abhängt. Erst entsprechende Feststellungen ermöglichen überhaupt eine dem Gesetz entsprechende Gewichtung der Interessen des Naturschutzes und deren Abwägung gegen die öffentlichen Interessen an der Verwirklichung des Vorhabens.
So ist für die Gesetzmäßigkeit der Annahme einer Beeinträchtigung des Landschaftsbildes entscheidend, inwieweit Merkmale, die für den optischen Eindruck, den die Landschaft bietet, maßgeblich sind ("die der Landschaft ihr Gepräge geben") durch die optische Wirkung des Vorhabens beeinträchtigt werden (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 31. März 2003, Zl. 2001/10/0092). Dies kann den oben wiedergegebenen Darlegungen nicht nachvollziehbar entnommen werden; ins Einzelne gehende, in qualitativer und quantitativer Hinsicht konkrete Feststellungen in der aufgezeigten Richtung fehlen nämlich zur Gänze.
Auch in Ansehung der von der Behörde offenbar angenommenen Beeinträchtigung des Erholungswertes fehlen nachvollziehbar begründete Feststellungen, inwieweit in qualitativer wie in quantitativer Hinsicht für den Erholungswert der betroffenen Landschaft maßgebende Umstände durch das Vorhaben beeinträchtigt würden.
Ebenso wenig enthält der angefochtene Bescheid auf die Lebensbedingungen bestimmter Tiere und Pflanzen bezogene, in qualitativer und quantitativer Hinsicht konkrete Feststellungen über die vorhandenen natürlichen Gegebenheiten und eine Prognose für Art und Ausmaß der Beeinträchtigung der geschützten Güter bei Verwirklichung des Vorhabens; die nicht weiter konkretisierte Andeutung, wonach es sich um "vielfältige alpine Lebensräume mit teilweise besonderem Schutzstatus (Lebensraum des Schnee- und Steinhuhns, Biosphärenreservat)" handle, entspricht den soeben dargelegten Anforderungen nicht.
Auf der Grundlage des festgestellten Sachverhaltes kann somit die Auffassung der belangten Behörde, die Verwirklichung des Projektes werde "zum Teil massive Beeinträchtigungen der Schutzgüter des § 1 Abs. 1 TirNatSchG 1997 zur Folge haben", nicht überprüft werden. Aus dem Gesagten folgt weiters, dass die von der belangten Behörde vorgenommene Interessenabwägung schon deshalb nicht dem Gesetz entspricht, weil - wie dargelegt - qualitativ und quantitativ nachvollziehbare Feststellungen über jene Tatsachen fehlen, von denen Art und Ausmaß der verletzten Interessen im Sinne des § 1 Abs. 1 TirNatSchG 1997 abhängen.
Schon aus diesem Grund ist der angefochtene Bescheid rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, wobei nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Vermeidung der bezeichneten Verfahrensmängel zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben. Ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen erübrigt sich.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 22. November 2004
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