VwGH 2000/10/0119

VwGH2000/10/011918.12.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde der T-Gesellschaft m.b.H. in Reith, vertreten durch Dr. Hugo Haslwanter, Rechtsanwalt in Telfs, Josef-Schöpf-Straße 1/I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 29. Mai 2000, Zl. U-13.302/14, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

NatSchG Tir 1997 §1 Abs1;
NatSchG Tir 1997 §27 Abs2;
NatSchG Tir 1997 §1 Abs1;
NatSchG Tir 1997 §27 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 13. März 2000 beantragte die beschwerdeführende Partei bei der belangten Behörde die Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung für die Verlegung der Bundesstraße B 171, die Verlegung des Matzener Gießen sowie die Errichtung eines Parkplatzes im Bereich Matzen.

Die belangte Behörde führte am 12. April 2000 eine mündliche Verhandlung durch. Bei dieser wurde ein von einer naturkundefachlichen Amtssachverständigen erstelltes Gutachten vorgetragen und mit den Parteien und sonstigen Beteiligten des Verfahrens erörtert.

Die Bürgermeister von Reith und Brixlegg befürworteten das Vorhaben.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 29. Mai 2000 wies die belangte Behörde den Antrag der beschwerdeführenden Partei ab.

In der Begründung wird ausgeführt, im Rahmen der im Jahr 2002 geplanten Landesgartenschau im Bereich Schlosspark Matzen solle außerhalb des Schlossparkes ein Parkplatz mit 352 Stellplätzen für PKW und 18 Stellplätzen für Busse errichtet werden. Zu diesem Zweck solle die B 171 Tiroler Straße auf einer Länge von rund 740 m nach Nordwesten verschoben werden. Durch diese Verschiebung müsse auch der Verlauf des Matzener Gießen und zwar auf einer Länge von rund 200 m verändert werden. Dabei sollten insgesamt

4.200 m2 Augehölze - davon rund 1.000 m2 alte Bestände - gerodet werden.

Der Matzener Gießen stelle im Zusammenwirken mit seiner angrenzenden Gehölzvegetation im Projektgebiet einen ökologisch sehr wertvollen und daher in hohem Maße schutzwürdigen Lebensraum dar. Dieser Lebensraum sei Rückzugsgebiet für zahlreiche, teilweise geschützte und gefährdete Pflanzen- und Tierarten. Durch die Rodung von rund 4.200 m2 Gehölzbeständen sowie durch die Verlegung des Gießen gingen Habitate der vorkommenden Tier- und Pflanzenarten verloren. Die ökologisch und landschaftlich gravierendste Auswirkung stelle der Verlust der teilweise sehr alten Bäume (vorwiegend Eichen) entlang des Gießen dar. Die eindrucksvollen alten Bäume entlang des Gießen seien eine Rarität und allein schon auf Grund ihres Alters äußerst wertvoll. Der Alt- und Totholzanteil biete nach tierökologischen Untersuchungen spezielle Lebensräume etwa für Höhlenbrüter, Insekten, etc. dar. Jene Arten, deren Lebensweise eng an Altbäume gebunden sei und die auf Grund des geringen Altbaumbestandes in der Kulturlandschaft sehr selten seien, würden durch den Verlust dieser Lebensräume gefährdet. Die Altbäume seien vor allem auch wegen ihrer vogelkundlichen Bedeutung zoologisch wertvoll. Etwa ein Viertel der nachgewiesenen Vogelarten sei als gefährdet einzustufen. Die bestehende Bundesstraße zwischen Matzenpark und den nördlich angrenzenden Wiesenflächen stelle einen bestehenden Störfaktor dar; bei Durchführung des Projektes würde die Bundesstraße direkt entlang des Gießen und seiner Ufervegetation verlegt, wobei der Minimalabstand nur mehr 3 m betrage. Die Pufferung des Gewässerabschnittes würde stark abgemindert. Die dadurch bedingten erhöhten Störeinflüsse bedeuteten einen deutlichen Attraktivitätsverlust dieses Gießenabschnittes vor allem für störempfindliche Arten. Die im Projekt aufgezeigten Kompensationsmaßnahmen seien positiv zu beurteilen. Sie stellten allerdings keinen adäquaten Ersatz für den verloren gegangen Lebensraum dar. Der Ersatz von über 100 Jahre alten Bäumen sei in einem vertretbaren Zeitraum nicht möglich. Während der Bauzeit würde auch gewässerökologisch ein starker Eingriff entstehen, der allerdings nach Abschluss der Bauphase in einem vertretbaren Zeitraum wieder besiedelt würde. Durch die geplanten Kompensationsmaßnahmen könne sich mittel- bis langfristig eine Verbesserung gegenüber dem Ist-Zustand ergeben; dies insbesondere unter Berücksichtigung der Renaturierung des Mündungsbereiches. Das Heranrücken der Bundesstraße an den Gießen stelle allerdings auch langfristig eine Beeinträchtigung der Gewässerökologie dar.

Das Landschaftsbild weise im gegenständlichen Bereich eine hohe Attraktivität auf. Diese wäre einerseits durch die historischen Gebäude und andererseits durch die Auwald-Restbestände und den Gießenbach mit seiner bachbegleitenden Holzvegetation bedingt. Von erheblicher Bedeutung sei auch die unmittelbare Nähe zum Naturdenkmal Matzenpark. Das Projektgebiet präge das Erscheinungsbild der den Matzenpark mitbestimmenden Umgebung wesentlich. Die landschaftsprägende Wirkung des Gießenabschnittes würde durch das Heranrücken der Straße und durch den flächigen Parkplatz, der eine Wiese ersetze, weitgehend verloren gehen. Wie bereits jetzt bachauf- und bachabwärts des Projektsgebietes würde der Abschnitt nur mehr als Gehölzstreifen entlang der Straße in Erscheinung treten. Der derzeitige Eindruck - durch Wiesenflächen strukturiert und durch imposante Holzbestände gebildet - würde verloren gehen. Insbesondere die Entfernung der Altbäume, die generell einen sehr hohen ästhetischen Wert darstellten, würde das Landschaftsbild beeinträchtigen. Insgesamt würde die landschaftliche Wertigkeit (Eigenart und Schönheit) des Gießens und seine historische Umgebung eine Abwertung gegenüber dem Ist-Zustand erfahren.

Diese Beeinträchtigungen der Naturschutzinteressen seien im Gutachten der naturkundefachlichen Amtssachverständigen schlüssig und nachvollziehbar dargetan worden. Sie würden auch bestätigt durch die Ausführungen im Einreichprojekt (vgl. insbesondere die "Naturerhebungen und Maßnahmenbeschreibung" der ARGE Limnologie und die darin enthaltene Fotodokumentation).

Im Jahre 2002 werde im Schlosspark die erste Tiroler Landesgartenschau durchgeführt. Der Bereich Matzenpark stelle schon jetzt ein beliebtes Ausflugsziel dar; an schönen Tagen, besonders am Wochenende und bei Veranstaltungen komme es zu Verkehrsproblemen durch Autos, die entlang der Bundesstraße parkten. Durch die Errichtung des Parkplatzes könnte die Verkehrssituation verbessert werden. Nicht zuletzt würden die Ein- und Ausfahrten in die B 171 von fünf auf drei reduziert. Durch das Abrücken der Bundesstraße würde der Schlosspark an Erholungswert gewinnen. Der Schlosspark selbst würde wegen der Durchführung der Gartenschau saniert und revitalisiert. Diese öffentlichen Interessen ergäben sich aus den Stellungnahmen der beschwerdeführenden Partei anlässlich der mündlichen Verhandlung sowie aus den Stellungnahmen der Marktgemeinde Brixlegg, der Gemeinde Reith und des Tourismusverbandes Reith. Die beantragten Maßnahmen seien nach den §§ 6 lit. a (Errichtung von baulichen Anlagen mit einer zusammenhängend bebauten Fläche von mehr als

2.500 m2), 6 lit. d in Verbindung mit lit. f (Änderung von Straßen, sofern die Naturschutzinteressen berührt werden), 7 Abs. 1 (Ausbaggern und Errichtung von Anlagen im Bereich fließender Gewässer), 7 Abs. 2 (Errichtung von Anlagen, Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen im Bereich des Uferschutzbereiches fließender Gewässer) und 8 (Errichtung von Anlagen, Geländeabtragungen und Geländeaufschüttungen, dauernde Beseitigung von Bäumen und Sträuchern in Auwäldern) bewilligungspflichtig. Darüber hinaus bestünden Bewilligungspflichten nach der Naturschutzverordnung 1997, LGBl. Nr. 95. So würden etwa gänzlich geschützte Pflanzenarten beseitigt, besonders geschützte Standorte beeinträchtigt oder der Lebensraum geschützter Tierarten beeinträchtigt.

Eine naturschutzrechtliche Bewilligung für derartige Vorhaben dürfe nach § 27 Abs. 2 des Tiroler Naturschutzgesetzes nur erteilt werden, wenn die Naturschutzinteressen nicht beeinträchtigt werden oder wenn andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes überwiegen. Eine Bewilligung für Ausnahmen von den Verboten der Naturschutzverordnung dürfe nur erteilt werden, wenn andere langfristige öffentliche Interessen die Interessen des Naturschutzes überwiegen. Die Naturschutzinteressen seien im § 1 Abs. 1 des Tiroler Naturschutzgesetzes als Ziel formuliert, die Natur als Lebensgrundlage des Menschen so zu erhalten und zu pflegen, dass ihre Vielfalt, Eigenart und Schönheit, ihr Erholungswert, der Artenreichtum der heimischen Pflanzenwelt und deren natürliche Lebensräume und ein möglichst unbeeinträchtigter und leistungsfähiger Naturhaushalt bewahrt und nachhaltig gesichert oder wieder hergestellt würden.

Da im Beschwerdefall Interessen des Naturschutzes beeinträchtigt würden, sei eine Interessenabwägung vorzunehmen. Es sei daher zu prüfen, ob die von der beschwerdeführenden Partei und den Gemeinden vorgebrachten Argumente als öffentliche Interessen gelten könnten. Inhaltlich sei dies zunächst die dauerhafte Verbesserung der Verkehrssituation im Abschnitt Matzenpark der B 171 Tiroler Straße. Es sei glaubhaft dargetan worden, dass die Verkehrssituation insbesondere an schönen Wochenendtagen bedenklich sei, weil die Besucher des Matzenparkes entlang der Bundesstraße parkten und damit die Verkehrssicherheit auf der Straße beeinträchtigten. Eine Verbesserung der Situation durch geordnete Parkplätze, geordnete Zu- und Abfahrten von der Bundesstraße und gesicherte Zugänge zum Schlosspark würde diese Situation entschärfen, was nach Ansicht der Behörde ein langfristiges öffentliches Interesse darstelle. Die Langfristigkeit werde darin gesehen, dass der Matzenpark bereits derzeit und wohl in verstärktem Maße in Zukunft nach der Revitalisierung ein beliebtes Ausflugsziel der Region darstelle. Allerdings sei nicht unmittelbar einsichtig, dass dieses Ziel nicht auch auf anderem Weg erreichbar sei. Der beantragte Parkplatz sei im Wesentlichen auf den Grundstücken 1118 und 825/1 vorgesehen. Diese Grundstücke seien landwirtschaftlich intensiv genutzt und könnten zumindest teilweise durchaus ohne Verlegung der Bundesstraße als Parkplatz in Anspruch genommen werden. Das Ausmaß der beantragten Parkplätze orientiere sich an der Durchführung der Landesgartenschau; diesbezüglich sei anzumerken, dass die Durchführung einer einmaligen Veranstaltung nicht als langfristiges öffentliches Interesse zu bezeichnen sei. Die Behauptung, dass die Landesgartenschau für ganz Tirol eine große Aufwertung darstelle, sei nicht näher begründet worden und sei für die Behörde nicht ohne weiteres nachvollziehbar.

Als weiteres Argument sei vorgebracht worden, dass wegen der Landesgartenschau der Matzenpark saniert und revitalisiert werde. Auch darin sei ein langfristiges öffentliches Interesse zu sehen. Diese Maßnahmen würden im Einvernehmen mit dem Bundesdenkmalamt durchgeführt und würden die Gartenanlagen aufwerten (so auch das begleitende Gutachten zur Landesgartenschau 2002 von Dipl.-Ing. A. und Mag. K. im Auftrag des Bundesdenkmalamtes). Allerdings werde auch in diesem Gutachten angeführt, dass der Bau des Parkplatzes zwar den Vorteil biete, dass die Beeinträchtigungen durch den Straßenverkehr abnehmen würden, aus dem ruhenden Verkehr aber wiederum ein visueller und akustischer Nachteil erwachse. Die eigentliche Problemzone und damit zentrale Herausforderung für die Gestaltung ergebe sich im Übergangsbereich zwischen Teichufer und Autoabstellflächen. Von den Planern der Gartenschau sei zur Lösung dieses Problems eine 3 bis 4 m hohe Schlichtung von Findlingen am Teichufer vorgesehen. Diese bleibende Maßnahme solle über einen Weg entlang des Ufers begehbar werden. Da diese Intervention als weithin einsehbare Gestaltung im historischen Kern zum Tragen käme, sei sie aus Sicht der Gartendenkmalpflege abzulehnen.

Insgesamt würden durch die Verlegung des Matzener Gießen sämtliche Naturschutzinteressen nachhaltig und schwer beeinträchtigt; die stärkste Beeinträchtigung sei zweifellos die Entfernung der alten Gehölzbestände entlang des Baches, die sowohl landschaftsästhetisch von besonderer Bedeutung seien als auch als Lebensraum von geschützten Tieren. Diese Beeinträchtigungen könnten auch durch die angebotenen Ausgleichsmaßnahmen in vertretbaren Zeiträumen nicht wettgemacht werden. Andererseits würde durch die Errichtung des Parkplatzes die Verkehrssituation verbessert, was als langfristiges öffentliches Interesse anerkannt werde, allerdings könne ein Überwiegen des öffentlichen Interesses nicht festgestellt werden.

Nach § 27 Abs. 4 des Tiroler Naturschutzgesetzes sei eine Bewilligung selbst bei Überwiegen der anderen langfristigen öffentlichen Interessen zu versagen, wenn der angestrebte Zweck mit einem im Verhältnis zum erzielbaren Erfolg vertretbaren Aufwand auf eine andere Weise erreicht werden könne, durch die die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht oder nur in einem geringeren Ausmaß beeinträchtigt würden.

Voraussetzung für die Durchführung dieser Alternativenprüfung sei demnach, dass ein Überwiegen der zugunsten des Vorhabens sprechenden öffentlichen Interessen angenommen werde. Diese Voraussetzung liege im Beschwerdefall nicht vor, weil das Interesse an der Erhaltung der Natur höher bewertet worden sei. Nichtsdestoweniger bleibe es aber der beschwerdeführenden Partei unbenommen, eine Überarbeitung des Projektes mit dem Ziel vorzunehmen, die sowohl im Einreichprojekt als auch im Gutachten der Amtssachverständigen aufgezeigten Beeinträchtigungen zu vermeiden. Für eine Alternativenprüfung im Rahmen des Naturschutzverfahrens fehle es jedoch an der gesetzlichen Voraussetzung.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die beschwerdeführende Partei bringt vor, es liege sowohl ein rechtskräftiger wasserrechtlicher Bewilligungsbescheid für die Verlegung des Matzener Gießen als auch ein rechtskräftiger Rodungsbescheid vor. Die wasserrechtlichen Einwände und die Einwände nach dem Forstgesetz könnten also nicht greifen.

Die Gemeinden Reith und Münster sowie der Tourismusverband Reith hätten dargelegt, dass an der Genehmigung des gegenständlichen Projektes ein eminentes öffentliches Interesse bestehe. Zum einen solle der Matzenpark als Naherholungsraum der Region saniert werden, zum anderen werde durch die Errichtung eines Parkplatzes die B 171 viel sicherer, da diese dann nicht mehr durch Autos verparkt werde. Die Ein- und Ausfahrten in die B 171 würden von fünf auf drei reduziert. Der Sicherheitsaspekt werde auch von der Gemeinde Reith in den Vordergrund gestellt. Es könne also nicht die Rede von einer einmaligen Veranstaltung sein. Es werde "auch von einer außerordentlichen Bereicherung des kulturellen und touristischen Angebotes berichtet". Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde sei eine Interessenabwägung vorzunehmen. Auf Grund des in der Beschwerde dargestellten massiven öffentlichen Interesses hätte das Projekt bewilligt werden müssen. Der bekämpfte Bescheid sei offensichtlich nur deswegen negativ ausgefallen, weil eine entsprechende politische Weisung vorliege.

Aktenwidrig seien die Ausführungen auf Seite 6 des angefochtenen Bescheides, dass die eigentliche Problemzone und damit zentrale Herausforderung für die Gestaltung sich im Übergangsbereich zwischen Teichufer und Autoabstellflächen ergebe. Die im Bescheid erwähnte Steinschlichtung werde von der beschwerdeführenden Partei schon seit mehr als einem Jahr nicht mehr ins Auge gefasst.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt:

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 27 Abs. 2 des Tiroler Naturschutzgesetzes 1997, LGBl. Nr. 33 (TNSchG 1997) darf eine naturschutzrechtliche Bewilligung

a) für eine über die Instandhaltung oder Instandsetzung hinausgehende Änderung einer bestehenden Anlage im Bereich der Gletscher und ihrer Einzugsgebiete (§ 6 lit. f), für Vorhaben nach den §§ 7 Abs. 1 und 2, 8, 9, 25 Abs. 3 und 26 Abs. 3,

b) für Vorhaben, für die in Verordnungen nach den §§ 10 Abs. 1 oder 11 Abs. 1 eine Bewilligungspflicht festgesetzt ist,

c) für Ausnahmen von den in Verordnungen nach den §§ 13 Abs. 1, 20 Abs. 1 und 25 Abs. 4 festgesetzten Verboten nur erteilt werden,

1. wenn das Vorhaben, für das die Bewilligung beantragt wird, die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht beeinträchtigt oder

2. wenn andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen.

Nach § 27 Abs. 3 TNSchG 1997 darf eine naturschutzrechtliche Bewilligung für Ausnahmen von den in Verordnungen nach den §§ 22 Abs. 1 oder 23 Abs. 1 festgesetzten Verboten nur erteilt werden, wenn andere langfristige öffentliche Interessen an der Erteilung der Bewilligung die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 überwiegen.

Unbestritten ist, dass das Vorhaben der beschwerdeführenden Partei einer Bewilligung (auch) nach den §§ 7 Abs. 1 und 2 und 8 TNSchG 1997 und nach der Naturschutzverordnung 1997, LGBl. Nr. 95, bedarf.

§ 27 Abs. 2 TNSchG 1997schreibt eine Interessenabwägung vor, bei der die Interessen des Naturschutzes im Sinne der in § 1 TNSchG 1997normierten Ziele den langfristigen öffentlichen Interessen an der Erteilung der Bewilligung gegenüberzustellen sind. Die Entscheidung, welche Interessen überwiegen, muss in der Regel eine Wertentscheidung sein, da die konkurrierenden Interessen meist nicht monetär bewertbar und damit berechen- und vergleichbar sind. Dieser Umstand erfordert es, die für und gegen ein Vorhaben sprechenden Argumente möglichst umfassend und präzise zu erfassen und einander gegenüberzustellen, um die Wertentscheidung transparent und nachvollziehbar zu machen (vgl. z. B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Juni 1993, Zl. 93/10/0019, und vom 21. November 1994, Zl. 94/10/0076).

Die Behörde hat in einem Verfahren über eine Bewilligung nach § 27 Abs 2 Tir NatSchG 1997 in einem ersten Schritt zu prüfen, welches Gewicht der Beeinträchtigung der Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs 1 Tir NatSchG 1997 (Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Natur, Erholungswert, Artenreichtum der heimischen Tier- und Pflanzenwelt und deren natürlicher Lebensräume, möglichst unbeeinträchtigter und leistungsfähiger Naturhaushalt) durch das Vorhaben zukommt. Dem hat sie die langfristigen öffentlichen Interessen, denen die Verwirklichung des Vorhabens dienen soll, gegenüberzustellen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. September 2000, 2000/10/0081 u. a.).

Art, Ausmaß und Gewicht der Beeinträchtigung von Naturschutzinteressen, die mit einer Verwirklichung des Vorhabens der beschwerdeführenden Partei verbunden wären, hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides dargestellt, wobei sie festgestellt hat, dass es sich bei diesen Auswirkungen um schwer wiegende Beeinträchtigungen von Naturschutzinteressen handelt. Sie konnte sich dabei auf das in der Begründung auszugsweise wiedergegebene Gutachten der Amtssachverständigen für Naturschutz stützen, gegen das im Verfahren von der beschwerdeführenden Partei nichts vorgebracht wurde. Auch in der Beschwerde wird gegen die Feststellungen im angefochtenen Bescheid über Art, Ausmaß und Gewicht der Beeinträchtigungen von Naturschutzinteressen durch das in Rede stehende Vorhaben nichts vorgebracht.

Die belangte Behörde hat auch jene Umstände berücksichtigt, die allenfalls als langfristige öffentliche Interessen für die Verwirklichung des Vorhabens angesehen werden könnten und ist bei einer Gegenüberstellung mit den durch das Vorhaben bewirkten Beeinträchtigungen von Naturschutzinteressen zu dem Ergebnis gekommen, dass die Bewilligung nicht zu erteilen ist, weil keine überwiegenden langfristigen öffentlichen Interessen für das Vorhaben festzustellen sind. Es wurde somit entgegen den Behauptungen in der Beschwerde eine Interessenabwägung durchgeführt.

Die beschwerdeführende Partei legt lediglich dar, dass es langfristige öffentliche Interessen an der Verwirklichung ihres Projektes gebe, wobei sie keine anderen aufzeigt als jene, die auch die belangte Behörde in ihre Betrachtungen einbezogen hat; ihre Ausführungen lassen aber nicht erkennen, warum diese die langfristigen öffentlichen Interessen des Naturschutzes überwiegen sollen. Nicht schon der Bestand langfristiger öffentlicher Interessen, sondern nur deren Abwägung mit den entgegenstehenden Naturschutzinteressen und ein Überwiegen solcher anderer langfristiger öffentlicher Interessen vermag eine Bewilligung zu begründen. Die beschwerdeführende Partei legt nicht dar, warum die von der belangten Behörde vorgenommene Interessenabwägung unrichtig sein sollte. Allein schon der Umstand, dass die Größe des geplanten Parkplatzes auf die Landesgartenschau ausgerichtet ist, die aber, wie die belangte Behörde zutreffend festgestellt hat, als einmaliges Ereignis keine langfristigen öffentlichen Interessen begründet, vermag das Ergebnis der Interessenabwägung der belangten Behörde zu tragen.

Was die Ausführungen über die Steinschlichtung betrifft, so verkennt die beschwerdeführende Partei deren Bedeutung. Diese Ausführungen bedeuten nicht, dass für das naturschutzbehördliche Verfahren diese Steinschlichtung von entscheidender Bedeutung ist; vielmehr wird damit nur wiedergegeben, dass von Seiten des Denkmalschutzes der Übergang vom Teich zum Park als Problemzone angesehen wird und dass von den Gutachtern die Absicht der beschwerdeführenden Partei, eine Steinschlichtung zu errichten, referiert wird. Entscheidende Bedeutung für die Interessenabwägung hat diese Steinschlichtung nicht, weshalb sich eine Untersuchung darüber erübrigt, ob sie im Projekt enthalten war oder nicht.

Das Vorliegen forstrechtlicher und wasserrechtlicher Bewilligungen bedeutet nicht, dass Beeinträchtigungen von Naturschutzinteressen, die aus der Beseitigung alter Bäume und der Bachverlegung resultieren, nicht mehr berücksichtigt werden dürften.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 18. Dezember 2000

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