Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer stellte am 10. Jänner 1994 bei der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt einen Antrag auf Zuerkennung einer Invaliditätspension. Als Grund für seine eingeschränkte Arbeitsfähigkeit bzw. Invalidität nannte er in erster Linie "Kreuzschmerzen". Im Beiblatt "Versicherungsverlauf" zum Antragsformular gab er unter anderem an, in den Jahren 1965 bis 1968 die Berufsschule in Negotin besucht zu haben; offenbar zur Bezeichnung des Ausbildungsfaches fügte er den Begriff "Maschinenschlosser" hinzu. Bei der Frage nach den Beschäftigungszeiten gab er an, "seit 1973 laufend in Salzburg beschäftigt" gewesen zu sein.
Auf Grund seines Antrages wurde am 11. März 1994 ein ärztliches Gutachten erstellt, nach dem dem Beschwerdeführer weiterhin alle leichten und mittelschweren Arbeiten im Sitzen, Gehen und Stehen in der üblichen Arbeitszeit ohne zusätzliche Pausen möglich und zumutbar seien. Am Ende des Gutachtens findet sich die Bemerkung "auf d. AAM und als Schlosser nicht invalide". Im Anschluss an das Gutachten wurde in einem Bericht an den Pensionsausschuss vom 5. April 1994 zum Antrag des Beschwerdeführers festgehalten, dass dieser innerhalb der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag 173 Monate gearbeitet habe; bei der Beschreibung seiner Tätigkeit ist das Wort "Hilfsarbeiter" durchgestrichen und durch das Wort "Betriebsschlosser" ersetzt worden.
Mit Bescheid vom 18. April 1994 wies die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung einer Invaliditätspension mit der (in den Spruch aufgenommenen) Begründung ab, der Beschwerdeführer sei "nicht invalid". In der Bescheidbegründung wurden - nach einem allgemein gehaltenen Hinweis auf die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Invaliditätspension unter Angabe des für den Beschwerdeführer maßgeblichen Stichtages - die Invaliditätsbegriffe des § 255 Abs. 1 (als "Punkt 1") und Abs. 3 (als "Punkt 2") ASVG inhaltlich wiedergegeben. Nach einer Darstellung des Ergebnisses der ärztlichen Untersuchungen wurde abschließend festgehalten, dass auf Grund der vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeiten ein Berufsschutz nach Punkt 1 nicht vorliege; nach dem Ergebnis der ärztlichen Begutachtung sei er noch imstande, eine auf dem Arbeitsmarkt bewertete Tätigkeit im Sinne von Punkt 2 auszuüben.
Die genannten Bestimmungen des ASVG lauten:
"§ 255. (1) War der Versicherte überwiegend in erlernten (angelernten) Berufen tätig, gilt er als invalid, wenn seine Arbeitsfähigkeit infolge seines körperlichen oder geistigen Zustandes auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten von ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten in jedem dieser Berufe herabgesunken ist.
(2) Ein angelernter Beruf im Sinne des Abs. 1 liegt vor, wenn der Versicherte eine Tätigkeit ausübt, für die es erforderlich ist, durch praktische Arbeit qualifizierte Kenntnisse oder Fähigkeiten zu erwerben, welche jenen in einem erlernten Berufe gleichzuhalten sind. Als überwiegend im Sinne des Abs. 1 gelten solche erlernte (angelernte) Berufstätigkeiten, wenn sie in mehr als der Hälfte der Beitragsmonate nach diesem Bundesgesetz während der letzten 15 Jahre vor dem Stichtag (§ 223 Abs. 2) ausgeübt wurden.
(3) War der Versicherte nicht überwiegend in erlernten (angelernten) Berufen im Sinne der Abs. 1 und 2 tätig, gilt er als invalid, wenn er infolge seines körperlichen oder geistigen Zustandes nicht mehr imstande ist, durch eine Tätigkeit, die auf dem Arbeitsmarkt noch bewertet wird und die ihm unter billiger Berücksichtigung der von ihm ausgeübten Tätigkeiten zugemutet werden kann, wenigstens die Hälfte des Entgeltes zu erwerben, das ein körperlich und geistig gesunder Versicherter regelmäßig durch eine solche Tätigkeit zu erzielen pflegt."
Am 21. Februar 1996 beantragte der Beschwerdeführer die rückwirkende Herstellung des gesetzlichen Zustandes gemäß § 101 ASVG. Diesen Antrag begründete er damit, dass er von Beruf "gelernter Betriebsschlosser" sei, diese Tätigkeit "jahrelang" ausgeübt habe und das Arbeitsverhältnis von seinem letzten Arbeitgeber nach 18 Jahren ausschließlich wegen seiner langen Krankenstände gekündigt worden sei. Es sei daher "aus Versehen festgestellt" worden, "ein Berufsschutz nach Punkt 1" liege "nicht vor", und der Beschwerdeführer sei "irrtümlich in die Gruppe unter Punkt 2. eingestuft" worden. Der Beweis der ausgeübten Tätigkeit bzw. des beruflichen Werdeganges sei "aktenkundig", könne auf Aufforderung aber erneut zugeschickt werden.
Mit Bescheid vom 6. November 1996 wies die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt diesen Antrag ab. Begründend führte sie unter anderem aus, dass mit Bescheid vom 18. April 1994 festgestellt worden sei, dass Invalidität im Sinne des Gesetzes nicht vorgelegen sei. Zu diesem Zeitpunkt sei auch keine Invalidität im Sinne des § 255 Abs. 1 ASVG (Vorliegen eines erlernten (angelernten) Berufes) vorgelegen. "Da im Bescheid vom 18.04.1994 keine Änderung eintritt, sind die Voraussetzungen zur Herstellung des gesetzlichen Zustandes nicht erfüllt."
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer auf Grund der ihm erteilten Rechtsbelehrung Klage beim Arbeits- und Sozialgericht. Nach ihrer Zurückweisung durch das Gericht wurde diese Klage als rechtzeitiger Einspruch behandelt.
In einer Eingabe vom 17. Juni 1997 - die zwar an die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt adressiert ist, sich in Kopie aber auch in den vorgelegten Akten der belangten Behörden befindet - führte der Beschwerdeführer unter anderem noch aus, der "Irrtum", durch den er "versehentlich in die Gruppe der Hilfsarbeiter" statt in die "Gruppe der Facharbeiter" eingeordnet worden sei, sei "auf den ersten Blick festzustellen" gewesen.
Dem Einspruch des Beschwerdeführers gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 28. August 1997 keine Folge.
Diesen Bescheid hat der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 16. Februar 1999, Zl. 97/08/0542, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Nach der Begründung habe die belangte Behörde rechtsirrig die Ansicht vertreten, ein "offenkundiges Versehen" im Sinne des § 101 ASVG könne nicht darin bestehen, dass ein Sachverhalt, dessen Aktenkundigkeit "die belangte Behörde im vorliegenden Fall nicht in Abrede stellt, nicht etwa auf Grund komplizierter rechtlicher Erwägungen, sondern auf Grund eines auf den ersten Blick erkennbaren Versehens rechtlich falsch beurteilt wurde"; diesem tragenden Aufhebungsgrund wurde noch hinzugesetzt, dass die Voraussetzungen des § 101 ASVG auch dann erfüllt wären, wenn der für die rechtliche Beurteilung maßgebliche Sachverhalt nicht im Sinne der Behauptungen des Beschwerdeführers aktenkundig, sondern seine Ermittlung im seinerzeitigen Verfahren unterblieben wäre.
Mit (Ersatz)Bescheid vom 23. Jänner 2001 hat die belangte Behörde dem Einspruch neuerlich keine Folge gegeben. Begründend führte sie nach Darstellung der wesentlichen Verfahrensschritte des Verwaltungsverfahrens und der einschlägigen Rechtsprechung aus, dass die Grundlage für den Bescheid der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt vom 18. April 1994 in erster Linie das fachärztliche Gutachten vom 11. März 1994 gewesen sei. Das Gutachten sei schlüssig und nachvollziehbar. Dieses Gutachten habe ergeben, dass der Beschwerdeführer weder als ungelernte Kraft noch als Schlosser invalide sei. Somit hätten die der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung am 18. April 1994 vorgelegenen Beweismittel ergeben, dass der Beschwerdeführer sowohl in Berufen mit Berufsschutz (z.B. Schlosser) als auch in Berufen ohne Berufsschutz (z.B. Hilfsarbeiter) nicht invalide und arbeitsfähig gewesen sei. Seiner Mitwirkungspflicht sei der Beschwerdeführer insofern nicht nachgekommen, als er keine Beweise für die behauptete Ausbildung als Maschinenschlosser vorgelegt habe und in den Antragsformularen die von ihm ausgeübte Beschäftigung nicht näher umschrieben hätte. Die Entscheidung der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt habe somit auch unter diesem Gesichtspunkt auf der Ermittlung eines Sachverhaltes beruht, dessen Subsumtion unter § 255 Abs. 3 ASVG vertretbar sei. Die für den mit dem Antrag nach § 101 ASVG bekämpften Bescheid vom 18. April 1994 entscheidende und in ihm auch ausdrücklich zum Ausdruck gebrachte Rechtsaufassung, dass beim Beschwerdeführer keine Invalidität im Sinne der §§ 254 und 255 ASVG vorliege, beruhe daher jedenfalls nicht auf einem wesentlichen Irrtum über den Sachverhalt oder auf einem offenkundigen Versehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - ebenso wie die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt - eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde ging davon aus, dass die der mitbeteiligten Pensionsversicherungsanstalt im Zeitpunkt der Bescheiderlassung am 18. April 1994 vorliegenden Beweisergebnisse eine ausreichende Grundlage für die abweisende Entscheidung nicht nur im Hinblick auf Berufe ohne Berufsschutz (z.B. Hilfsarbeiter), sondern auch für Berufe mit Berufsschutz (z.B. Schlosser) gebildet hätte. Dass er in letzteren tätig geworden sei, habe der Beschwerdeführer nicht nachgewiesen. Der Bescheid habe zum Ausdruck gebracht, dass beim Beschwerdeführer keine Invalidität im Sinne der §§ 254 und 255 ASVG vorgelegen sei.
Der Beschwerdeführer behauptet in seiner Beschwerde unter Bezug auf das (Vor)Erkenntnis vom 16. Februar 1999, dass die mitbeteiligte Pensionsversicherungsanstalt, hätte sie "ausreichend" ermittelt, die Tätigkeit des Beschwerdeführers "unter § 255 Abs. 1 (oder Abs. 2) (ASVG)" subsumiert hätte. Der Beschwerdeführer hätte auch darlegen können, dass auf ihn das "Kalkül des § 255 Abs. 3 ASVG" nicht zutreffe.
Gemäß § 101 ASVG ist mit Wirkung vom Tage der Auswirkung des Irrtums oder Versehens der gesetzliche Zustand herzustellen, wenn sich nachträglich ergibt, dass eine Geldleistung bescheidmäßig infolge eines wesentlichen Irrtums über den Sachverhalt oder eines offenkundigen Versehens zu Unrecht abgelehnt, entzogen, eingestellt, zu niedrig bemessen oder zum Ruhen gebracht wurde.
Die Entscheidung, ob der gesetzliche Zustand wegen eines wesentlichen Irrtums über den Sachverhalt oder eines offenkundigen Versehens herzustellen ist, ist eine Verwaltungssache, die Herstellung dieses Zustandes selbst hingegen eine Leistungssache (vgl. dazu zuletzt etwa das Erkenntnis vom 8. September 1998, Zl. 97/08/0639).
Ein Irrtum über den Sachverhalt liegt vor, wenn der Sozialversicherungsträger Sachverhaltselemente angenommen hat, die mit der Wirklichkeit zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung nicht übereinstimmten. Der Irrtum ist dann als wesentlich im Sinne des § 101 ASVG anzusehen, wenn er für die rechtliche Beurteilung des den Gegenstand des Verwaltungsverfahrens bildenden Leistungsanspruches Bedeutung erlangt (vgl. das Erkenntnis vom 18. Februar 2004, Zl. 2002/08/0096, mit weiteren Judikaturnachweisen).
Es kommt also darauf an, ob die vom Irrtum betroffenen und dann richtig gestellten Sachverhaltselemente im Zusammenhalt mit den vom Irrtum nicht betroffenen Feststellungen des seinerzeitigen Bescheides den Anspruch begründet bzw. erhöht hätten (vgl. das Erkenntnis vom 23. April 2003, Zl. 98/08/0391).
Der seinerzeitige Irrtum muss dafür kausal sein, dass die Leistung zu Unrecht verweigert wurde. Führen zunächst außer acht gelassene Tatsachen nicht dazu, dass die Anspruchsvoraussetzungen am Stichtag vorlagen, dann ist ein Antrag gemäß § 101 ASVG abzuweisen (vgl. das Erkenntnis vom 8. September 1998, Zl. 97/08/0639).
Wenn, wie hier, das Ergebnis des Verfahrens von medizinischen Fragen und damit von Sachverständigengutachten abhängt, dann kann zwar in der Außerachtlassung einer gesicherten Erkenntnis des Faches ein offenkundiges Versehen liegen. § 101 ASVG bietet aber keine Handhabe dafür, jede Fehleinschätzung im Tatsachenbereich zu korrigieren, insbesondere auch die Beweiswürdigung, im Nachhinein neuerlich aufzurollen (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 18. März 1997, Slg. Nr. 14640/A).
Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass ein Sachverständiger eine gesicherte Erkenntnis seines Faches außer Acht gelassen habe, er behauptet vielmehr Ermittlungsfehler der Pensionsversicherungsanstalt, ohne allerdings, abgesehen von der Behauptung, "das Kalkül des § 255 Abs. 3 ASVG" treffe auf ihn nicht zu, einen entscheidungswesentlichen Sachverhalt vorzutragen, der bei Erlassung des seinerzeitigen Abweisungsbescheides auf Grund eines Irrtums außer Acht gelassen worden wäre. Das Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde erschöpft sich vielmehr in einer Verfahrensrüge hinsichtlich des seinerzeitigen Abweisungsbescheides, vermag aber weder auf einen Leidenszustand hinzuweisen, der nicht beachtet worden wäre, noch sonst eine konkrete Tatsache zu nennen, über die sich die Pensionsversicherungsanstalt in einem das Ergebnis des Verfahrens beeinflussenden Irrtum befunden hätte. Im Verfahren gemäß § 101 ASVG kann aber nur ein solcher Tatsachenirrtum richtiggestellt werden, nicht aber - anstelle einer nicht erhobenen Klage - ein Rechtsmittelverfahren nachgeholt werden.
Insgesamt ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 26. Mai 2004
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